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Arthur Kahane. Schriftsteller und Dramaturg

2 Byte hinzugefügt, 10:53, 23. Feb. 2022
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Es machte mich sehr neugierig, warum ein künstlerisch tätiger Mensch zum Schatten wurde?  Mit dem „Mut zur Lücke“ (Cécile Lowenthal-Hensel), die auch sein Nachleben mit einbezieht, bestimmt von der Geschichte des 3.Reichs, habe ich versucht ein Leben, ein Werk wieder aus den Untiefen des Verschwundenseins lebendig werden zu lassen.
 
 
 
''Ich glaube nicht, daß ich meine erste Begegnung mit Max Reinhardt so schnell vergessen werde'',  … . ''Meine erste Begegnung mit Reinhardt war natürlich nicht meine e r s t e  Begegnung mit ihm. Ich hatte ihn bereits einige Jahre vorher auf der Vierten Galerie des Wiener Burgtheaters kennen gelernt.  … Ich … begegnete ihm zum zweiten und zum dritten Male wieder in … Wien, wohin er mit einigen, den jüngeren Kollegen des Brahm-Ensemble in ersten direktorialen Regungen, selbständige Gastspielabstecher unternahm. … Es war im Spätsommer des Jahres 1902. Wir saßen im Café Monopol, an dem langen zu folgen. … Das Kaffeehaus existiert schon lange nicht mehr, aber der Winkel und der Tisch leben in meiner Erinnerung … Reinhardt sagte mir, daß er für seine Pläne einen Dramaturgen suche …  1)''
'' '' Das Café Monopol an der Friedrichstraße in Berlin-Mitte, war um die Jahrhundertwende der Künstlertreffpunkt und Jobbörse zugleich. Warum der junge Schriftsteller Arthur Kahane von Wien nach Berlin gegangen ist, wir wissen es nicht. Er hatte um 1899 in einem soeben gegründeten Verlag, dem „Wiener Verlag“ die Leitung der literarischen Abteilung übernommen,  war intensiv damit beschäftigt diese aufzubauen.
Vielleicht war es tatsächlich so, wie sein jüngster Sohn, Ariel Kahane  in seinem „Pro Memoria“,  anläßlich des 100. Geburtstags seinen Vaters, 1972 beschreibt:
  ''   … Diese Jugend in Wien und in einem wohlhabenden Haus … formte den Menschen        und unterschied ihn von den meisten seiner Sphäre, für welche das Theaterleben nicht nur Sendung, sondern auch ängstlich gewahrter Aufstieg war. Sie gab ihm die ererbte menschliche Sicherheit in Dingen der Kultur und Gesellschaft, Begriffe, die im traditionellsten Sinn damals noch dominierten, und bewahrte ihn vor jedem Snobismus. Sie bildete aber auch den Boden für eine romantische Leichtlebigkeit unter Umgehung einer Auseinandersetzung mit den existentiellen Fragen des persönlichen Seins. Das blieb nicht ohne Komplikationen für sein Dasein, indem er selber nie in den Besitz des elterlichen Wohlstandes kam und damit doch die Härte des Künstlerlebens erfahren mußte, der damals sogar die Angesehenen unter ihnen unterworfen waren, eine Härte, die ihn unvorbereitet traf. ''
''Im damaligen Österreich, vor der Jahrhundertwende, dominierte für den Jugendlichen   aus einem liberalen traditionellen jüdischen Haus das Problem des Eintritts in die große Welt. Kahane begann seinen Weg mit der Literaturgeschichte, begleitet von einer idealistischen Aktivität im aufkommenden Sozialismus – im Gegensatz zu der anderen Möglichkeit, nämlich des Anschlusses an die vorherrschende österreichische katholische Welt. Seiner Natur nach war er mehr österreichischer Kulturtraditionalist als Sozialist … Sein romantischer Stolz war es, immer vornan zu sein im „Modernen“ … und er war Anarchist, Studentenrevolutionär, Arbeiterbildner . … ''2)
 Diese  Diese sehr persönliche Erinnerung an seinen Vater Arthur Kahane zeichnet ein sehr eindrucksvolles Bild von der Atmosphäre sowie der Stimmung, die das kulturelle und politische Klima in der k.u.k. Residenzstadt Wien bestimmte. Trotzdem: Ich muß mich – um den Rahmen nicht über Gebühr auszuweiten - mit einer  sehr kursorischen Schilderung der vorherrschenden politischen, kulturellen Tendenzen in Wien in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts begnügen. Wien ist die Haupt- und Residenz-Stadt eines 51 Millionen Menschen umfassenden Staatengebildes, das zahlreiche Völker und Nationen unter seiner Herrschaft zusammenfaßt.
Der politische Liberalismus sowie der schrankenlos agierende wirtschaftliche Liberalismus, der jedes soziale Engagement,  wie etwa Verantwortung der arbeitenden Bevölkerung gegenüber vermissen ließ, war der „Nährboden“ für die entstehenden sehr radikalen Protestbewegungen, von ganz rechts bis ganz links.
Arthur Kahane an Franz Servaes:
  ''Sehr geehrter Herr, ''
''Ich fühle mich verpflichtet, Ihnen mitzuteilen, daß sich in Wien ein moderner „Wiener Verlag“ gegründet hat, dessen literarisch-artistische Organisation ich übernommen habe. Und mich an Sie mit der dringlichen Bitte um Ihre freundliche Gesinnung zu wenden. In erster Linie freilich könnten Sie uns diese dadurch erweisen, dass Sie uns Manuskripte überlassen. Aber auch sonst gibt es viele Felder, auf denen wir Ihres Rates und Ihrer Unterstützung bedürftig werden könnten. Ich bitte Sie daher am liebsten gleich oder an einem der ersten Tage der kommenden Woche eine halbe Stunde zu schenken und will Ihnen dann Wesen und Aussichten unserer Pläne mündlich explicieren. Und nicht am wenigsten, will ich Ihnen offen gestehen, handelt es sich mir dabei um Ihren Rat in Dingen des Schmucks und der Ausstattung.''
''III., Kolonitzg. 9   ''7)
 Ich lasse Ariel Kahane weiter erzählen:
Ich lasse Ariel Kahane weiter erzählen:   '' … Zu diesem Modernsein gehörte damals, was bis in die zwanziger Jahre anhalten sollte, das Theater. Der Wiener-Burgtheater-Enthusiasmus, welcher ja zu seiner Gemeinschaft mit Reinhardt führte, wurde mehr als ein Kultur – und Zeiterlebnis empfunden, denn als eine Berufsentscheidung. Das „Rad der Zeit“ schien sich im Theater am sichtbarsten zu drehen. …2)'' '' ''
'' ''Die „Legende Burgtheater – Enthusiasmus“, wie es Ariel Kahane nennt, ist Teil der Geschichte des Hauses, seit es unter Josef II. zum k.k. Hof-und Nationaltheater  erhoben wurde, zum Mythos stilisiert, begleitet von einem einmal lauter oder einmal leiseren Chor ständiger, vehementer Kritik an der Spielplangestaltung, der Personalpolitik usw.
Die Fangemeinde, die sich täglich einfindet um den Stehplatz (zunächst nur auf der „Vierten“, heute gibt es das Stehparterre zusätzlich) zu erobern, ist Teil dieses Burgtheater-Mythos.  Der Schüler, der Student Arthur Kahane, gehört zu dieser Fan-Gemeinde, in der aus allen gesellschaftlichen Schichten junge Leute zusammentreffen, mehrmals in der Woche, gelegentlich sogar täglich. Beim Neubau des Theaters folgte man dem Vorbild des ebenfalls neu erbauten Opernhauses, 1867 eröffnet, in dem es Stehplätze gab, im Parterre, auf der Vierten Galerie. Nun gibt es diese endlich auch für das Neue Haus am Ring, wie das Hofburgtheater anfänglich noch genannt wird. 8) 
Arthur Kahane hat eine Textauswahl aus dem Alten Testament, in der Übersetzung von Martin Luther zusammengestellt und dafür den Titel „Novellen aus der Bibel“ gewählt; dahinter verbirgt sich – vielleicht ? – die Intention, einem divergenten Lesepublikum, in schwerer Zeit – es ist der berühmt-berüchtigte „Steckrüben-Winter“ -  bisher religiös definierte Texte als Erzählung der Hoffnung nahezubringen. Der letzte Abschnitt ist das „Buch Tobias“, und erneut übertragen auf die Zeit, - vielleicht - ein Lese- Wegweiser, auch in Notsituationen den Mut nicht zu verlieren.
1918, mit Kriegsende,  folgen weitere Titel bis 1920, u.a.''„Clemens und seine Mädchen“Mädchen''“,
„''Die Tarnkappe''“. Die weiteren Werke von Kahane erscheinen in unterschiedlichen Verlagen.