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Klavier spielen -Liebeserklärung an ein Instrument

237 Byte entfernt, 09:01, 25. Sep. 2020
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Das Instrument zur „Verführung“ potentieller Heiratskandidaten mußte natürlich ein Bösendorfer sein! Noch 1905 konnte ein Rezensent zu Bösendorfers 70. Geburtstag und dem 50-jährigen Firmenjubiläum frisch und fröhlich reimen:
'''''                                           Ludwig Bösendorfer als Ehrenretter des Klaviers '''''
<div style='padding-left: 120px;'>''' ''                                           Ludwig Bösendorfer als Ehrenretter des Klaviers '''''</div>
  <div style="text'padding-alignleft: center360px;"'>''''' '''''''Über weiße Tasten   gleitet''</div>
<div style="text-align: center;">''Eine weiche Frauenhand,''</div>
<div style="text-align: center;">''In ihr glanzerfülltes Auge''</div>
Da höre ich Busoni protestierend ausrufen:
''' ''''''''Man achte das Pianoforte !'''''
'''''Man achte das Pianoforte !''''' '' '' ''Seine Nachteile sind offenbar, stark und unwiderruflich. Das Nicht-Halten des Tones, und die unbarmherzige , harte Einteilung in unalterable Halbtöne. Aber seine Vorzüge und Vorrechte sind kleine Wunder.''
''Ein einzelner Mensch kann hier etwas Vollständiges beherrschen; die Möglichkeit vom Leisesten und Lautesten in einem einzigen Register übertrifft alle anderen Instrumente . … Das Klavier verfügt über die höchsten und die tiefsten anwendbaren Töne. Man achte das Klavier.''
''Und das Klavier besitzt etwas, das ihm ganz allein eigen ist, ein unnachahmliches Mittel, eine Photographie des Himmels, eine Strahl des Mondlichtes: das Pedal. Die Wirkungen des Pedals sind noch unerschöpft, weil sie noch immer die Knechte einer engherzigen und unvernünftigen harmonischen Theorie geblieben sind: man geht damit um, als ob man Luft oder Wasser in geometrische Formen bringen wollte. – Beethoven, der unbestreitbar den größten Fortschritt im Klavier vollführte, ahnte die Natur des Pedals und ihm verdanken wir die ersten Freiheiten.- Das Pedal ist verrufen . Sinnlose Ungesetzlichkeiten sind daran Schuld. Man versuche es mit sinnreichen Ungesetzlichkeiten …3)''
'' '' Als Ferruccio Busoni diesen Text schrieb, da hatte er dreißig Jahre lang „Bösendorfer“ gespielt; mit seinem „Claviermacher Ludwig Bösendorfer“ verband ihn mehr als nur eine Geschäftsbeziehung.
Ich blicke zurück in das Jahr 1876, 8. Februar : Auf dem Podium des Bösendorfersaals sitzt vor dem Flügel ein Junge in Samtanzug und weißem Kragen. Er spielt mit Verve und Emphase, reißt die Zuhörer zu begeistertem Applaus . Es ist  der knapp 10-jährige Busoni, der als Pianist, er spielt ein Rondo von W.A. Mozart und als Komponist, fünf eigene Kompositionen,   sein Debüt gibt. Er tritt in diesem Konzert als Konzertgeber auf, so der Programmzettel, ein für die damalige Zeit übliches Procedere.
Triest, datiert vom 18. Februar 1876
''       Gnädige Frau! Und Herr Ritter von Bösendorfer, Vor meiner Abreise habe ich die Ehre gehabt den Herr Ritter und Frau Gemahlin zuhause zu treffen. Ich mache mich so frei      Ihnen zu schreiben um meine Dankbarkeit Ihnen zu zeigen für die Güte, daß der Herr               Herr  Ritter und die Gnädige Frau für mich gehabt haben.Mein Vater und meine Mutter        Mutter  lassen Sie empfehlen , und ich verbleibe der Ihnen   gnädige Frau und Herr Ritter               gehorsamer Diener Ferruccio Benvenuto Busoni  ''
Ich blättere weiter in den Briefen zwischen Busoni und Ludwig Bösendorfer; meistens geht es um Klavierleihe, um den Transport zu einem Konzert –in Zeiten, in denen es nur die Post als Kommunikationsmittel gab - denn bei der Post geht’s nicht so schnell - bedeutete jeder Klaviertransport eine logistische Meisterleistung.
Dann, endlich, finde ich das Credo des Claviermachers Bösendorfer, in einen Brief an Ferruccio Busoni, datiert vom 16.März 1906…
:: ''              ''''Hochverehrter Meister, Ihr so überaus liebenswürdiger Brief hat mir größte Freude               gemacht. Eine so wohlwollende Äußerung und mich schonende Anordnung vonseiten        eines so großen Künstlers dem die ganze musikalische Welt Verehrung und      Bewunderung zujubelt, würde mich stolz machen können, '''wenn nicht der Gedanke    bei mir feststünde, daß der Claviermacher fortgesetzt verbessern muß um dem             vorausgeeilten Künstler dienen zu können.''''''''' Die großen Pianisten habe ich stets als               meine Lehrmeister betrachtet.''''': '''''              Mit Dankschuld im Herzen begrüße ich Sie in Hochachtung und Vertrauen, Ihr treu       ergebener Bösendorfer'''''
Diese Credo hat Bösendorfer noch erweitert:
'''              '''                     '''       ''… das Klavier darf nicht gequält werden …'''''
Nach Ludwig Bösendorfer ist das Instrument, das Klavier, kein Objekt, es ist Subjekt. Als solches muß  es entsprechend behandelt, gepflegt, gespielt werden.
              ''Prüfungstag, Ludwig Bösendorfer saß in der Jury.''
:: ''              Der Prüfling litt aus Angst unter reichlich schweißnassen Fingern und Händen,              nachdem er seinen Part beendet hatte, zeigte Tastatur sehr sichtbare Spuren dieser            nassen Finger.'' :: ''              Für den nachfolgenden Prüfling mußte die Tastatur in ihren ursprünglichen – also trockenen Zustand  zurückversetzt werden. Auf nassen Tasten tanzen keine Finger!   Dem Saaldiener wird der Auftrag erteilt, die Tasten trocken zu wischen. '': ''              Der  Saaldiener kommt, wischt mit einem Tuch über die Tasten, geht. Da         springt               Ludwig Bösendorfer auf, geht mit energischen Schritten zum Klavier, zieht aus               seiner Hosentasche ein weiches, weißes Tuch … und fängt an – jede einzelne Taste,    ob schwarz oder weiß, wird liebevoll, sanft und behutsam in voller Länge behandelt,          so lange bis sie tatsächlich trocken ist. Danach zieht sich Ludwig Bösendorfer beruhigt       beruhigt  und zufrieden wieder auf seinen Juryplatz zurück: das Klavier darf nicht gequält               werden. ''
Nun steht, zur Massenware geworden, das einstmals aristokratische Instrument in den bürgerlichen Wohnungen und dort muß sich seither allerlei gefallen lassen, das reicht von der  Ablage für Mäntel, Bücher, Blumen, Wassergläser , die Liste ist beliebig zu erweitern. Es dient  als „Zimmerzier“, wie ''Fipps der Affe ''von Wilhelm Busch meint:  
Ich stehe vor einem Imperial, dem Flügel aller Flügel. Auch wenn Wilhelm Busch gerade versucht zu behaupten, das Musik als störend oft empfunden , darum sollte das Klavier besser schweigen, das . Das ist falsch.
Das Instrument „Klavier“  gibt uns immer Antwort, wenn wir nach Antworten suchen, mit Tönen, egal wie wir es traktieren; ob technisch perfekt, mit jeu perlé, wuchtig mit Akkordpasssagen, mit dem Ellbogen die Tasten vehement niederdrücken - so entsteht ein Cluster -, mit dem Daumen oder auch mit der ganzen Hand über die Saiten gewischt, ergibt ein mehr oder minder klingendes, wohllautendes Glissando, der Spielarten sind ebenso vielfältig wie das Instrument technisch komplex gebaut ist.
Anmerkungen
:* ''1) ''William Shakespeare, Sonett 128, S.1595 -1605:* ''2) ''''Wiener Caricaturen, 16.April 1905'' 
3)    Ferruccio Busoni, Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst, Wilhelmshaven 2001,
:# 138 
4)    Wilhelm Busch, Fipps der Affe,Gesamtausgabe, Hamburg 1959, Bd.2, S.331-336