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Aus Dagmar Saval Wünsche

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Klavier spielen -Liebeserklärung an ein Instrument

340 Byte hinzugefügt, 08:54, 25. Sep. 2020
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=Klavier - Klavier - Spielen=<div style='"text-align: center;'">''Ärgernis ?- Liebeserklärung ? '' </div> <div style='"text-align: center;'>'' '' </div"> <div span style='text-align"color: center#0000ff;'">''Wie oft, wenn Deine schlanken Finger springen''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Über das Holz, beglückt durch ihr Berühren,''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Daß wunderbare Weisen ihm entklingen,''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Die wohllautvoll mein Ohr und Herz verführen,''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Beneid ich diese Tasten, wie sie nippen''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Glückseligkeit, von Deiner Hand gespendet,''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Derweil errötend meine armen Lippen''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''I h r Anrecht sehn an kühnes Holz verschwendet.''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Gern würden sie um solche Wonne tauschen''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Mit jeder Taste, die sich tanzend bückt:''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Wenn lieber Deiner Hand melodisch Rauschen''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Das tote Holz als meinen Mund beglückt.''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Doch wenn das freche Holz geküßt sein muß;''</span></div> <div style='"text-align: center;'"><span style="color: #0000ff;">''Reich ihm die Hand, die Lippe m i r  zum Kuß! 1)''</span></div>
Wer war wohl die zauberhafte Schöne, die '''William Shakespeare''' so genußvoll beim Spielen beobachtet, den zarten Klängen des Virginals hingegeben lauscht ?. In diesem Sonett versucht er seine Empfindungen, Sehnsüchte  einzufangen, sie auszusprechen, in der Hoffnung für die Mühe des Zuhörens wenigstens eine Kuss als Lohn zu erhaschen?  – Wer Shakepeares Dichtungen liebt und kennt, weiß, daß Musik ein unverwechselbarer , gestalterischer Teil seines Werkes ist. Doch ich frage mich, hat er  Musik geliebt,  oder war es allein der Theaterpraktiker, der Bühnenmensch,  der wußte – ohne Musik geht’s nun mal nicht . Wenn er süchtig war nach Musik, drückt das Sonett seine magische Faszination aus oder liegt hier nicht vielleicht ein Fall von produktiver Verwechslung  vor mit seinem Objekt der Begierde, der Spielerin,  ? – Wie auch immer, klinisch nüchtern seziert: ein erster Fall von Tastenseuche.
 
Das ''arpicembalo che fà il piano e forte'' von '''Bartolomeo Cristofori'''  löst fast ein Erdbeben in der Spielmanier und Spielkultur aus, animiert die spielenden Komponisten neue Wege der  musikalischen Erfindung zu suchen, zu gehen. Töne sielen nun untereinander zwischen leise- piano und forte – laut in allen Abstufungen, Herausforderung auch für den Instrumentenmacher nach mehr technischen Möglichkeiten einer Verbesserung der Tongebung, der Spielmöglichkeiten zu suchen, sie anzubieten. Instrumentenbauer und Musiker spielen sich die Bälle gegenseitig zu.
Ein Jahrhundert später. Ich blättere in einer Anthologie  von Gedichten aus dem 18.Jahrhundert. Da fällt mein Blick auf ein Gedicht: An Laura von Friedrich Schiller
    <div style='"text-align: center;'">'''An Laura'''</div> <div style='"text-align: center;'">''' '''</div> <div style='"text-align: center;'">''Wenn dein Finger durch die Saiten meistert –''</div> <div style='"text-align: center;'">''Laura, itzt zur Statue entgeistert,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Zauberin! Mit Tönen, wie''</div> <div style='"text-align: center;'">''Mich mit Blicken, zwingst du sie.''</div> <div style='"text-align: center;'">''…''</div> <div style='"text-align: center;'">''Seelenvolle Harmonien wimmeln,''</div> <div style='"text-align: center;'">''ein wollüstig Ungetüm,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Aus den Saiten, wie aus ihren Himmeln''</div> <div style='"text-align: center;'">''Neugeborne Seraphim;''</div> <div style='"text-align: center;'">''Wie, des Chaos Riesenarm entronnen,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Aufgejagt vom Schöpfungssturm, die Sonnen''</div> <div style='"text-align: center;'">''Funkelnd fuhren aus der Nacht,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Strömt der Töne Zaubermacht.''</div> 
'''Friedrich Schiller''' dichtet in vielen Strophen ein klavierspielendes Mädchen, vielleicht auch eine klavierspielende Dame an, setzt ihr ein liebendes Denkmal mit nicht nur einem Gedicht. Wer diese angebetete Laura war, wir wissen über sie genau so wenig wie über die bewunderte Schöne in  Shakespeares Sonett. Beide Gedichte erzählen von der Faszination die Klavierspielen auf den Hörer wie den Spieler gleichermaßen ausübt.
Lernen für einen Beruf, eine Ausbildung durchlaufen, in dem von uns heute verstandenen Sinn des Wortes, war ihnen versagt; eine Frau, die mehr wußte als es gesellschaftlich üblich war  – Motto: Küche, Kind und Kirche,  galt als Blaustrumpf, als non misfits – war als Ehefrau, als Mutter der Kinder, vor allem des Stammhalters völlig ungeeignet. Die männlich dominierte Gesellschaft bestimmte es so und wehe dem armen Mädchen, das ausbrechen wollte! Tat sie es dennoch, weil sie z.B. einen künstlerischen Beruf ergreifen wollte, dann war ihr die gesellschaftliche Ausgrenzung sicher. Die wenigen Frauen, die es trotzdem zu Ruhm und Anerkennung gebracht hatten, bezahlten in der Regel einen sehr hohen Preis. …
Der Durchschnitt, "Lieschen Müller", mußte als „Heiratsgut“ sticken, häkeln, stricken,  kochen lernen – und Klavier spielen. Das galt als weibliche Tugend, war gleichzusetzen mit der materiellen Mitgift.
Die  daraus entstehende „Klavierseuche“ ging auch auf das Konto ehrgeiziger Mütter, die nichts unversucht ließen um die Tochter möglichst rasch an den „Mann zu bringen“, unter die Haube, sie versorgt zu wissen. Eine junge Frau im 19.Jh., die mit zwanzig noch nicht verheiratet war, galt als unanbringbar mit grausamen Folgen.  Sie wurde als „alte Jungfer“ eingestuft,  mußte sich den Lebensunterhalt mühsam verdienen, oft gesellschaftlich heruntergestuft, geduldet als klavierspielende arme Verwandte, als Gouvernante oder als Klavierlehrerin, immer bedroht sich auf der Straße wiederzufinden.
Das Instrument zur „Verführung“ potentieller Heiratskandidaten mußte natürlich ein Bösendorfer sein! Noch 1905 konnte ein Rezensent zu Bösendorfers 70. Geburtstag und dem 50-jährigen Firmenjubiläum frisch und fröhlich reimen:
 
'''''                                           Ludwig Bösendorfer als Ehrenretter des Klaviers '''''
<div style='text-align: center;'>''Über weiße Tasten   gleitet''</div>
 
<div style='text-align: center;'>''Eine weiche Frauenhand,''</div>
<div style="text-align: center;">''Über weiße Tasten   gleitet''</div><div style="text-align: center;">''Eine weiche Frauenhand,''</div><div style="text-align: center;">''In ihr glanzerfülltes Auge''</div> <div style='"text-align: center;'">''Blickt ein Jüngling unverwandt.''</div> <div style='"text-align: center;'">'' ''</div> <div style='"text-align: center;'">''Und sie gießen in das Tonmeer''</div> <div style='"text-align: center;'">''Liebestrunkenen Choral,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Dabei treten ihre Füße''</div> <div style='"text-align: center;'">''Hübsch gemeinsam das Pedal.''</div> <div style='"text-align: center;'">'' ''</div> <div style='"text-align: center;'">''Nebenan spielt Liszt, Beethoven''</div> <div style='"text-align: center;'">''Ein gepriesner Virtuos,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Sieht das Kleine nur im Großen,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Und sieht sich den Kleinen groß.''</div> <div style='"text-align: center;'">'' ''</div> <div style='"text-align: center;'">''Eine höhre Tochter martert''</div> <div style='"text-align: center;'">''Mitleidslos das Instrument,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Ihre Mutter meint dann selig:''</div> <div style='"text-align: center;'">''„Nicht wahr, Elsa hat Talent!“''</div> <div style='"text-align: center;'">'' ''</div> <div style='"text-align: center;'">''Bei der neuzeitigen Folter''</div> <div style='"text-align: center;'">''Mich nur eines nicht verdrießt''</div> <div style='"text-align: center;'">''Daß vom alten Bösendorfer''</div> <div style='"text-align: center;'">''Das Klavier gezimmert ist.''</div> <div style='"text-align: center;'">'' ''</div> <div style='"text-align: center;'">''Meine ramponierten Nerven''</div> <div style='"text-align: center;'">''Wärn zersägt, zerfressen schon''</div> <div style='"text-align: center;'">''Hätte nicht der „Bösendorfer“''</div> <div style='"text-align: center;'">''Seinen wundervollen Ton.''</div> <div style='"text-align: center;'">'' ''</div> <div style='"text-align: center;'">''Deshalb ist zu seinem Preise''</div> <div style='"text-align: center;'">''Höchstes Lob erst groß genug,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Denn sein „Flügel“ hat geschaffen''</div> <div style='"text-align: center;'">''Des Klavieres „Höhenflug“.2)''</div> <div style='"text-align: center;'">'' ''</div>
Da höre ich Busoni protestierend ausrufen:
<div style='"text-align: center;'">''Mit Recht erscheint uns das Klavier,''</div> <div style='"text-align: center;'">''Wenn’s schön poliert, als Zimmerzier.''</div> <div style='"text-align: center;'">''Ob’s außerdem Genuß verschafft.''</div> <div style='"text-align: center;'">''Bleibt hin und wieder zweifelhaft.''</div> <div style='"text-align: center;'">'' ''</div>
Wilhelm Busch reimt „''Musik wird störend oft empfunden''“ und und ''Fipps der Affe'' begründet dies:
<div style='text-align: center;'>'' Oft wird es einem sehr verdacht,''</div>
 
<div style='text-align: center;'>''Wenn er Geräusch nach Noten macht.''</div>
 
<div style='text-align: center;'>''Der Künstler fühlt sich stets gekränkt,''</div>
<div style="text-align: center;">'' Oft wird es einem sehr verdacht,''</div><div style="text-align: center;">''Wenn er Geräusch nach Noten macht.''</div><div style="text-align: center;">''Der Künstler fühlt sich stets gekränkt,''</div><div style="text-align: center;">''Wenn’s anders kommt , als wie er denkt''. 4)</div>