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Ralph Wünsche, Sommer 1989, 1989 Photo Dagmar Saval
=='''RALPH WÜNSCHE'''==
''„Ich gehe aus von einem Gegenstand, studiere seine Strukturen, Linien, Bewegungen, Farben und entwerfe eine Skizze, die mir von diesem Moment an als reines Instrument dient. Dann beginne ich zu zeichnen und zu malen: die vorliegenden, gesehenen und fixierten Linien, Bewegungen, Farben und Inhalte vereinen sich mit meinen eigenen Empfindungen, Inhalten des Sehens, meinem eigenen Rhythmus; dies alles setzt sich zu einer Form zusammen, die zugleich von den neuentstehenden Werten gesprengt und als Realität in Frage gestellt wird.“ ''
Wer erfinden will, muß räsonnieren , schreibt Lessing in einer seiner theoretischen Aufzeichnungen und RW war ein unermüdlicher „Räsonnierer “, belesen, ein „Doctor pictus“, ständig auf der Suche nach Neuem, dem Unentdeckten in der Malerei auf der Spur; seine Vorliebe und Bewunderung galt den meist nicht so „gehippten“ Malern, Bildhauern, ihren malerischen Geheimnissen, ihrer abseits aller –ismen –Ismen künstlerischen Sprache .
Als Ralph Wünsche 1932 in Dresden zur Welt kam, war Deutschland, die Weimarer Republik am Ende. Bei den Wahlen Ende Juli 1932 errangen die Nationalsozialisten mehr als 37% der Stimmen – und wenige Monate später wurde aus der brüchigen Demokratie die „Diktatur des Hausknechts“ (Alfred Kerr). Sein erstes Schuljahr war das Jahr in an dem der Zweite Weltkrieg begann, am 1.9.1939. Die politischen Ereignisse bestimmten bis fast zuletzt den Lebensablauf des Malers, Kulisse und Handlungsträger zugleich.
Als Ralph Wünsche Anfang 2001 nach Wien übersiedelte, war es sein Ziel, einen neuen –Weg für seine Kunst zu suchen, zu finden; er hoffte in Wien die ausgleichende Distanz zu den turbulenten und schwierigen Jahren der Veränderung in der Zeit der Wiedervereinigung nach den Ereignissen in Berlin vom 9. November 1989 zu finden, eingegangen in die Geschichte als Tag an dem die Berliner Mauer gefallen war.
===='''''Dresden – Berlin - Wien'''''====
Der 2. Weltkrieg, der Bombenangriff auf Dresden am 13.2 1945, der Alltag im Dritten Reich, die SBZ (Sowjetische Besatzungszone) sowie die darauf folgende Gründung der DDR, 7.10.1947, bestimmen die Kindheit von RW, seine Schuljahre; diese Zeit prägt das Kind, den Halbwüchsigen, der schon während der ersten Schuljahre sehr dezidiert erklärt: Ich will Maler werden.<br />Über die Jahre nach 1945, nach Kriegsende, Evakuierung und Rückkehr nach Dresden, bis zum Schulabgang 1950 überlasse ich das Wort seinem besten Freund '''Manfred Höhne''' ; 2007 hat er mir seine Notizen überlassen:
''Die Erinnerung an meine gemeinsame Schulzeit mit Ralph muß der Belastung eines Zeitabstandes von mehr als sechs Jahrzehnten<br />''''standhalten …''
''Eine der frühesten Erinnerungen verknüpft sich mit einer ziemlich simplen Gemeinsamkeit: Wir hatten beide eine starke Abneigung gegen das Geräteturnen. In der Turnhalle in der Dresdener Weintraubenstraße gab es Säulen. Wenn wir Schüler in einer Reihe zum Geräteturnen antreten mußten, dann versteckten wir zwei uns regelmäßig erfolgreich hinter einer Säule. Wir hatten dabei nicht etwa Angst, sondern eher Spaß. Überhaupt war das Bemühen, einer durchaus ernsthaften Angelegenheit eine heitere Seite oder wenigstens ein Lächeln – häufig ein sarkastisches – abzugewinnen, sicher eine der uns beiden gemeinsamen und uns beiden verbindenden Eigenschaft. Ich denke dabei an eine Episode aus viel späterer Zeit. Ralph hatte mich zu einem Konzertbesuch in der Berliner „Auster“ [ ''heute Haus der Kulturen der Welt, ehem. Kongresshalle, Tiergarten, Anm.d.Verf.''] animiert, wo Paul Hindemith eigene Werke dirigierte. Irgendwann im Konzert flüsterte mir Ralph zu: „Hindemith macht einen musikalischen Spaß nach dem anderen und die Leute sitzen da mit bierernsten Gesichtern. „"''
''Zurück zur Schulzeit. Man muß verhältnismäßig viel über die Schule wissen, wenn man die Einflüsse erahnen will, die uns damals geprägt haben. Es war die unmittelbare Nachkriegszeit … ''
''Ich habe 1951 das Abitur gemacht; Ralph verließ die Schule wohl etwa ein Jahr früher. ''''Die Oberschule Dresden Nord war eine große Schule. … Die Vielzahl an Schülern führte zu einer entsprechenden Vielzahl an Lehrern [''es gab unterschiedliche Schulangebote von rein technisch bis musisch, Anm.d.Verf.''] mit einer erstaunlichen Pluralität an charakterlichen und politischen Individuen. Aus meiner Sicht waren es sich schneidende Kurvenscharen: Typen von links bis rechts und von sympathisch bis fies in allen Kombinationen. … Lange Zeit hatten wir eine streitbare Atmosphäre mit verhältnismäßiger offener Diskussion, in die Schüler und Lehrer einbezogen waren …. Das wurde allerdings bald unterbunden. In der Zeit in der die Verfassung der DDR diskutiert und begründet wurde, warnte uns der Chemielehrer und Rektor der Schule, Dr.Jentzsch, wir sollten die in der Verfassung zugesicherten Rechte nicht für bare Münze nehmen. …''
''In der ganzen Woche von Stalins Geburtstag mußten auf höhere Anordnung in jeder Unterrichtsstunde unabhängig vom Fach zehn Minuten dem „großen und weisen Führer der Völker, dem Genius der Menschheit“ gewidmet werden. Die Klassenzimmer waren entsprechend zu schmücken. Eine zwölfte Klasse nahm das zum Anlaß zur parodistischen Opposition. Der Klassenraum wurde zu einer Art Tempel gestaltet mit einer Stalin-Büste, roten Tüchern und gedämpften Licht. Nach anfänglichem Lob folgten der offensichtlichen Verhöhnung Verhaftungen und drastische Eingriffe in das Schulleben. …''
''Die zweite Affäre ereignete sich um … Rudolf Schmolke. Er wurde aufgrund eines politischen Sketches auf einer Klassenweihnachtsfeier noch währen der Feier verhaftet, …''
''Unsere gemeinsamen Freizeitinteressen drehten sich um Theater, Konzert, Schachspiel, Literatur, Sagen und Geschichte der Antike sowie allerlei Diskussionen über Gott und die Welt. Über die Jugendorganisation der Schule beschaffte uns Ralph häufig Theaterkarten. Das waren eigentlich nicht Theaterkarten, sondern Berechtigungszettel, für die man an der Abendkasse nicht verkaufte Karten für Oper und Schauspiel unabhängig von der Preisklasse zu einem Bagatellbetrag erwerben konnte. … ab Ab und zu trafen wir uns zum Schachspiel und zu Gesprächen im Hause Weidenmüller. Die Weidenmüllers hatten ihre Villa in der Radeberger Straße räumen müssen, da das ganze Stadtviertel als Wohnbereich für sowjetische Offiziere requiriert worden war. Der Vater Weidenmüller – er war Großkaufmann – hatte es irgendwie geschafft, sich in dem zerstörten, von Wohnungsknappheit gezeichneten Dresden eine moderne kleine Villa in phantastischer Lage am Elbhang zwischen Loschwitz und Pillnitz zu verschaffen. …''
''Im Zeichenunterricht war das Thema einer Aufgabe eine Brücke. Wir in technischem Denken geprägten Jungen brachten raffinierte Brückenkonstruktionen zu Papier. Ralph lieferte ein Aquarell ab, auf dem auf den ersten Blick gar keine Brücke zu sehen war. Eine zerklüftete, bewaldete Gebirgslandschaft beherrschte das Blatt. Ganz klein in der Mitte entdeckte man dann über einer Schlucht die Brücke. Wir glaubten seinerzeit, Ralph wolle den Zechenlehrer auf den Arm nehmen. Vielleicht spielte das sogar nebenbei eine Rolle. Aber ich begriff bald, daß er die wesentliche Funktion einer Brücke hervorragend erfaßt und dargestellt hatte. …''
''Ostermontag 2007 ''
'' '' RW macht eine Ausbildung zum Reklamemaler, es folgen zwei Semester an der Hochschule für bildende Künste in Dresden, dann wechselt er nach Berlin - Weissensee sowie an die Meisterschule für Kunsthandwerk in Berlin - Charlottenburg. Dann ein Eines Tages: Ein kurzer Hinweis, war es eine Warnung ?, die begonnene Kontinuität des Studiums wird jäh unterbrochen … mitten im Sommersemester 1955 verläßt RW fluchtartig - mit der S-Bahn - den Ostteil der Stadt.
Im Oktober 1955 bewirbt sich RW an der HfBK, besteht die Aufnahmeprüfung.
'''Aus den Akten, Archiv der Universität der Künste, wie die HfBK (Hochschule für Bildende Künste) heute heißt:'''
''Die Frage nach dem „Warum“ meiner Berufswahl bringt mich jedesmal in eine gewisse Verlegenheit. Vielleicht nur deshalb, weil sie meist mit der Tendenz verbunden ist die praktische Unvernunft dieser Entscheidung nachzuweisen. Es ist nicht leicht für einen künstlerisch interessierten Menschen zu sagen, warum er sein Herz so ganz der Kunst verschrieben hat. Daß mich alles, was mit bildender Kunst zusammenhängt von frühester Jugend an beschäftigte, ist jedenfalls eine Tatsache, besonders was die Malerei anbetrifft. Diese einfache Freude an Farben und Formen in Natur und Kunst ist immer stärker geworden, ebenso das Verlangen mich damit zu beschäftigen. Dies wohl ist die Ursache für den Entschluß mich der Malerei zuzuwenden um die mir gegebenen Fähigkeiten auf diese Gebiete zu entwickeln, wie es jeder andere, er stehe wo er wolle, auch bemüht ist um seinem Wesen Ausdruck zu verleihen durch seine Tätigkeit. ''
''RWünsche''
<u>Lebenslauf</u>
''Ich, Ralph Waldo Immanuel Wünsche, wurde am 2.7.1932 in Dresden als Sohn des Damenschneiders Johann Wünsche und seiner Ehefrau Liddy Wünsche, geb. Kadner geboren. ''''In den Jahren 1939 -1943 besuchte ich die Grundschule in Dresden und wechselte 1943 zur Oberschule.''
'' ''Bl.7 der Akte
<u>Zulassungsprüfung ''Dresden als seine Heimatstadt interessiert ihn besonders als Kunststadt. Auf dem Gebiet der Musik weiß er gut Bescheid; er sagt, daß Karl(!) Maria von Weber mit seinem „Freischütz“ den italienischen Opernstil durchbrochen und Richard Wagner die Ausdrucksmöglichkeiten der Musik erweitert hat, welchen Weg Richard Strauss weitergeht. „Daphne“ und „Die Liebe der Danae “ hat er gesehen. Als moderne Tondichter nennt er Hindemith, Strawinsky, Bartók. Er kennt Stanislawsky als Schaupieler und Regisseur. Über Bismarck kann er ebenfalls erschöpfend berichten.''</u>
'' ''Das Studium an der Hochschule in der Hardenbergstraße wird zur doppelten Herausforderung: Existenzsicherung und gezieltes engagiertes Studium. Man könnte es auch umgekehrt formulieren. Die materielle Existenzsicherung, - da RW sich nicht als Flüchtling registrieren ließ, um seine Verwandten in Dresden nicht zu gefährden, - bedeutet für den Studenten, alle Arbeiten annehmen, die sich anbieten, und das sind meist Hilfsarbeiten, schlecht bezahlt, aber es reicht gerade für das Allernötigste.
Er studiert gezielt, intensiv, experimentiert, immer auf der Suche, ein ständiges Ausloten seiner künstlerischen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Den Traum vom Bühnenbildner hat er beiseite geschoben, aber nie wirklich aufgegeben. In der geteilten Stadt sind in den Jahren seines Studiums, und das sind die Jahre 1955 – 1960, der Kalte Krieg der Blöcke steuert auf einen Höhepunkt zu – den Mauerbau - Chancen für die Realisierung seines Traumes mehr als gering .
Das vorherrsche Kunstklima im Berlin der Anfang 50er Jahre ist geprägt sehr facettenreich, da sind die alten Konservativen, dann die verfechter einer neuen Sachlichkeit, aber dominiert werden alle diese Strömungen von der Dominanz der den "Abstrakten, ihr theoretischer „Verfechter“, ihr „Pabst“ ". Ihr herausragender Verfechter ist der Kunsthistoriker Will Grohmann.
Seine Lehrer an der HfBK – von der Grundausbildung bis zum Abschluß als Meisterschüler:
''18.Juni 59''
RW war auch ein sehr engagierter Studentenvertreter, , nach . Nach seinen Berichten hat ihm dies in einem noch sehr konservativ geprägten Lehrerumfeld viel Ärger eingetragen; ein besonders . Ein herausragendes Merkmal der Persönlichkeit des Studenten RW war seine Hilfsbereitschaft Hilfsbereitschat sowie sein soziales Engagement:.
Mit '''Jürgen Pieplow,''' Graphiker, kommt ein Künstler zu Wort, dem RW „über die Grenze“ geholfen hat: ''
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<span style="color: #ff0000;">Abb.: Sergiu Celibidache, Dirigent, Bleistift, Tusche, Feder, laviert, 29, 7 x 21, RW 95, Privatbesitz</span>