Ralph Wünsche, Maler und Zeichner

Aus Dagmar Saval Wünsche

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RALPH WÜNSCHE

Kunst – die praktische Unvernunft“

Maler und Zeichner

1932 – 2004

 

Werkbiographische Streiflichter

von

Dagmar Saval


 

„Ich gehe aus von einem Gegenstand, studiere seine Strukturen, Linien, Bewegungen, Farben und entwerfe eine Skizze, die mir von diesem Moment an als reines Instrument  dient. Dann beginne ich zu zeichnen und zu malen: die vorliegenden, gesehenen und  fixierten Linien, Bewegungen, Farben und Inhalte vereinen sich mit meinen eigenen Empfindungen, Inhalten des Sehens, meinem eigenen Rhythmus; dies alles setzt sich zu einer Form zusammen, die zugleich von den neuentstehenden Werten gesprengt und als Realität in Frage gestellt wird.“

Wer erfinden will, muß räsonnieren , schreibt Lessing in einer seiner theoretischen Aufzeichnungen und RW war ein unermüdlicher „Räsonnierer “, belesen, ein „Doctor pictus“, ständig auf der Suche nach Neuem, dem Unentdeckten in der Malerei auf der Spur; seine Vorliebe und Bewunderung galt den meist nicht so „gehippten“ Malern, Bildhauern, ihren malerischen Geheimnissen, ihrer abseits aller –ismen künstlerischen Sprache .

Als Ralph Wünsche 1932 in Dresden zur Welt kam, war Deutschland, die Weimarer Republik am Ende. Bei den Wahlen Ende Juli 1932 errangen die Nationalsozialisten mehr als 37% der Stimmen – und wenige Monate später wurde aus der brüchigen Demokratie die „Diktatur des Hausknechts“ (Alfred Kerr). Sein erstes Schuljahr war das Jahr in dem der Zweite Weltkrieg begann, am 1.9.1939. Die politischen Ereignisse bestimmten bis fast zuletzt den Lebensablauf des Malers, Kulisse und Handlungsträger zugleich.

Als Ralph Wünsche Anfang 2001 nach Wien übersiedelte, war es sein Ziel, einen neuen –Weg für seine Kunst zu suchen, zu finden; er hoffte in Wien die ausgleichende Distanz zu den turbulenten und schwierigen Jahren der Veränderung in der Zeit der Wiedervereinigung nach den Ereignissen vom 9. November 1989 zu finden.


Dresden – Berlin

Schule, Hochschule, der freischaffende Künstler, Anfang

 

Der 2. Weltkrieg, der Bombenangriff auf Dresden am 13.2 1945, der Alltag im Dritten Reich, die SBZ sowie die darauf folgende Gründung der DDR, bestimmen die Kindheit von RW, seine Schuljahre; diese Zeit prägt das Kind, den Halbwüchsigen, der schon während der ersten Schuljahre sehr dezidiert erklärt: Ich will Maler werden.

Über die Jahre nach 1945, nach Kriegsende, Evakuierung und Rückkehr nach Dresden, bis zum Schulabgang 1950 überlasse ich das Wort seinem besten Freund Manfred Höhne ; 2007 hat er mir seine Notizen überlassen:

 

Die Erinnerung an meine gemeinsame Schulzeit mit Ralph muß der Belastung eines Zeitabstandes von mehr als 6 Jahrzehnten standhalten …

Eine der frühesten Erinnerungen verknüpft sich mit einer ziemlich simplen Gemeinsamkeit: Wir hatten beide eine starke Abneigung gegen das Geräteturnen. In der Turnhalle in der Dresdener Weintraubenstraße gab es Säulen. Wenn wir Schüler in einer Reihe zum Geräteturnen antreten mußten, dann versteckten wir zwei uns regelmäßig erfolgreich hinter einer Säule. Wir hatten dabei nicht etwa Angst, sondern eher Spaß. Überhaupt war das Bemühen, einer durchaus ernsthaften Angelegenheit eine heitere Seite oder wenigstens ein Lächeln – häufig ein sarkastisches – abzugewinnen, sicher eine der uns beiden gemeinsamen und uns beiden verbindenden Eigenschaft. Ich denke dabei an eine Episode aus viel späterer Zeit. Ralph hatte mich zu einem Konzertbesuch in der Berliner „Auster“ animiert, wo Paul Hindemith eigene Werke dirigierte. Irgendwann im Konzert flüsterte mir Ralph zu: „Hindemith macht einen musikalischen Spaß nach dem anderen und die Leute sitzen da mit bierernsten Gesichtern. „

Zurück zur Schulzeit. Man muß verhältnismäßig viel über die Schule wissen, wenn man die Einflüsse erahnen will, die uns damals geprägt haben. Es war die unmittelbare Nachkriegszeit …

Ich habe 1951 das Abitur gemacht; Ralph verließ die Schule wohl etwa ein Jahr früher.

Die Oberschule Dresden Nord war eine große Schule. … Die Vielzahl an Schülern führte zu einer entsprechenden Vielzahl an Lehrern [es gab unterschiedliche Schulangebote von rein technisch bis musisch, Anm.d.Verf.] mit einer erstaunlichen Pluralität an charakterlichen und politischen Individuen. Aus meiner Sicht waren es sich schneidende Kurvenscharen: Typen von links bis rechts und von sympathisch bis fies in allen Kombinationen. … Lange Zeit hatten wir eine streitbare Atmosphäre mit verhältnismäßiger offener Diskussion, in die Schüler und Lehrer einbezogen waren …. Das wurde allerdings bald unterbunden. In der Zeit in der die Verfassung der DDR diskutiert und begründet wurde, warnte uns der Chemielehrer und Rektor der Schule, Dr.Jentzsch, wir sollten die in der Verfassung zugesicherten Rechte nicht für bare Münze nehmen. …

Die vergleichsweise offene Atmosphäre der Schule wurde Ende 1949 im Zusammenhang mit zwei politische Affären massiv beendet.

In der ganzen Woche von Stalins Geburtstag mußten auf höhere Anordnung in jeder Unterrichtsstunde unabhängig vom Fach zehn Minuten dem „großen und weisen Führer der Völker, dem Genius der Menschheit“ gewidmet werden. Die Klassenzimmer waren entsprechend zu schmücken. Eine zwölfte Klasse nahm das zum Anlaß zur parodistischen Opposition. Der Klassenraum wurde zu einer Art Tempel gestaltet mit einer Stalin-Büste, roten Tüchern und gedämpften Licht. Nach anfänglichem Lob folgten der offensichtlichen Verhöhnung Verhaftungen und drastische Eingriffe in das Schulleben. …

Die zweite Affäre ereignete sich um … Rudolf Schmolke. Er wurde aufgrund eines politischen Sketches auf einer Klassenweihnachtsfeier noch währen der Feier verhaftet, …

Unsere gemeinsamen Freizeitinteressen drehten sich um Theater, Konzert, Schachspiel, Literatur, Sagen und Geschichte der Antike sowie allerlei Diskussionen über Gott und die Welt. Über die Jugendorganisation der Schule beschaffte uns Ralph häufig Theaterkarten. Das waren eigentlich nicht Theaterkarten, sondern Berechtigungszettel, für die man an der Abendkasse nicht verkaufte Karten für Oper und Schauspiel unabhängig von der Preisklasse zu einem Bagatellbetrag erwerben konnte. … ab und zu trafen wir uns zum Schachspiel und zu Gesprächen im Hause Weidenmüller. Die Weidenmüllers hatten ihre Villa in der Radeberger Straße räumen müssen, da das ganze Stadtviertel als Wohnbereich für sowjetische Offiziere requiriert worden war. Der Vater Weidenmüller – er war Großkaufmann – hatte es irgendwie geschafft, sich in dem zerstörten, von Wohnungsknappheit gezeichneten Dresden eine moderne kleine Villa in phantastischer Lage am Elbhang zwischen Loschwitz und Pillnitz zu verschaffen. …

Im Zeichenunterricht war das Thema einer Aufgabe eine Brücke. Wir in technischem Denken geprägten Jungen brachten raffinierte Brückenkonstruktionen zu Papier. Ralph lieferte ein Aquarell ab, auf dem auf den ersten Blick gar keine Brücke zu sehen war. Eine zerklüftete, bewaldete Gebirgslandschaft beherrschte das Blatt. Ganz klein in der Mitte entdeckte man dann über einer Schlucht die Brücke. Wir glaubten seinerzeit, Ralph wolle den Zechenlehrer auf den Arm nehmen. Vielleicht spielte das sogar nebenbei eine Rolle. Aber ich begriff bald, daß er die wesentliche Funktion einer Brücke hervorragend erfaßt und dargestellt hatte. …

Ralph beendete die Schule meines Wissens ungefähr am Ende der 11.Klasse. Vermutlich waren seine Zensuren nicht gerade die besten. … (Er) hatte schwierige häusliche Bedingungen. Der Vater war im Krieg gefallen, die Mutter und alle Geschwister waren in der Dresdner Bombennacht umgekommen. Ralph lebte bei Tante und Großmutter … Sie ernährten sich … von Schneiderei und Ralph mußte für sie häufig allerlei Wege erledigen und Besorgungen machen, anstatt sich etwa auf Hausaufgaben konzentrieren zu können. …

Unsere Verbindung blieb lebenslang erhalten. Dank Ralph, auch in der Zeit der Mauer, da er uns – (meine Frau und mich) regelmäßig besuchte, wenn er für (den Kunstdienst) in Ostberlin berufliche Kontakte hatte. …

Ostermontag 2007

 

RW macht eine Ausbildung zum Reklamemaler, es folgen zwei Semester an der Hochschule für bildende Künste in Dresden, Berlin - Weissensee sowie die Meisterschule für Kunsthandwerk in Berlin - Charlottenburg. Dann ein kurzer Hinweis, war es eine Warnung ?, die begonnene Kontinuität des Studiums wird jäh unterbrochen … mitten im Sommersemester 1955 verläßt RW fluchtartig - mit der S-Bahn - den Ostteil der Stadt.

Im Oktober 1955 bewirbt sich RW an der HfBK, besteht die Aufnahmeprüfung.

Aus den Akten, Archiv der Universität der Künste, wie die HfBK (Hochschule für Bildende Künste) heute heißt:

 

Meine Berufswahl

Die Frage nach dem „Warum“ meiner Berufswahl bringt mich jedesmal in eine gewisse Verlegenheit. Vielleicht nur deshalb, weil sie meist mit der Tendenz verbunden ist die praktische Unvernunft dieser Entscheidung nachzuweisen. Es ist nicht leicht für einen künstlerisch interessierten Menschen zu sagen, warum er sein Herz so ganz der Kunst verschrieben hat. Daß mich alles, was mit bildender Kunst zusammenhängt von frühester Jugend an beschäftigte, ist jedenfalls eine Tatsache, besonders was die Malerei anbetrifft. Diese einfache Freude an Farben und Formen in Natur und Kunst ist immer stärker geworden, ebenso das Verlangen mich damit zu beschäftigen. Dies wohl ist die Ursache für den Entschluß mich der Malerei zuzuwenden um die mir gegebenen Fähigkeiten auf diese Gebiete zu entwickeln, wie es jeder andere, er stehe wo er wolle, auch bemüht ist um seinem Wesen Ausdruck zu verleihen durch seine Tätigkeit.

RWünsche

Lebenslauf

Ich, Ralph Waldo Immanuel Wünsche, wurde am 2.7.1932 in Dresden als Sohn des Damenschneiders Johann Wünsche und seiner Ehefrau Liddy Wünsche, geb. Kadner geboren.

In den Jahren 1939 -1943 besuchte ich die Grundschule in Dresden und wechselte 1943 zur Oberschule.

Im Juli 1944 fiel mein Vater im Felde. Am 13.Febraur 1945 kamen beim Angriff auf Dreden meine Mutter und meine drei Geschwister ums Leben.

Im Herbst 1945 mit meinen Pflegeletern aus der evakuierung zurückgekehrt, besuchte ich weiterhin in Dresden die Oberschule. Im März 1950 ging ich in der 11. Klasse ab, um den Beruf eines Reklamemalers zu erlernen. Im Herbst 1952 wurde diese Lehre mit Ablegung der Gehilfenprüfung beendet.

 

Bl.7 der Akte

Zulassungsprüfung

Dresden als seine Heimatstadt interessiert ihn besonders als Kunststadt. Auf dem Gebiet der Musik weiß er gut Bescheid; er sagt, daß Karl(!) Maria von Weber mit seinem „Freischütz“ den italienischen Opernstil durchbrochen und Richard Wagner die Ausdrucksmöglichkeiten der Musik erweitert hat, welchen Weg Richard Strauss weitergeht. „Daphne“ und „Die Liebe der Danae “ hat er gesehen. Als moderne Tondichter nennt er Hindemith, Strawinsky, Bartók. Er kennt Stanislawsky als Schaupieler und Regisseur. Über Bismarck kann er ebenfalls erschöpfend berichten.

  1. Oktober 1955 Bestanden

Akten der UdK 16 II 3896, Berlin

 

Das Studium an der Hochschule in der Hardenbergstraße wird zur doppelten Herausforderung: Existenzsicherung und gezieltes engagiertes Studium. Man könnte es auch umgekehrt formulieren. Die materielle Existenzsicherung, - da RW sich nicht als Flüchtling registrieren ließ, um seine Verwandten in Dresden nicht zu gefährden, - bedeutet für den Studenten, alle Arbeiten annehmen, die sich anbieten, und das sind meist Hilfsarbeiten, schlecht bezahlt, aber es reicht gerade für das Allernötigste.

Er studiert gezielt, intensiv, experimentiert, immer auf der Suche, ein ständiges Ausloten seiner künstlerischen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Den Traum vom Bühnenbildner hat er beiseite geschoben, aber nie wirklich aufgegeben. In der geteilten Stadt sind in den Jahren seines Studiums, und das sind die Jahre 1955 – 1960, der Kalte Krieg der Blöcke steuert auf einen Höhepunkt zu – den Mauerbau - Chancen für die Realisierung seines Traumes mehr als gering .

Das vorherrsche Kunstklima im Berlin der Anfang 50er Jahre ist geprägt von der Dominanz der Abstrakten, ihr theoretischer „Verfechter“, ihr „Pabst“ ist Will Grohmann.

Die Aufzählung seiner Lehrer an der HfBK – von der Grundausbildung bis zur Wahl der Fächer:

1955/56 besucht er vor allem die Klassen von Hans Jaenisch (1907 – 1989) und Albert Klatt (1892 – 1970), bei Max Kaus (1891 – 1977) bleibt er bis 1957/58, Heinz Hajek-Halke (1898-1983) und beendet sein Studium als Meisterschüler in der Meisterklasse Hans Uhlmann (1900 – 1975)

 

Antrag für Weiterstudium (9./10.Semester)

Klasse Uhlmann

Ralph Wünsche

  1. Wünsche nach hat einigen Semestern Malstudium in der Klasse von Professor Kaus mehrere Semester hindurch in einer kleinen Gruppe von Studenten an filmischen Versuchen mitgearbeitet, die seine große Begabung – auch auf einem zunächst fremden Gebiet zeigten. Er setzt seit einiger Zeit sein Malstudium fort; die Ergebnisse zeigen wieder nur, daß man ihm das Weiterstudium zubilligen müßte. Ich bitte, dem Antrag zuzustimmen.

H.Uhlmann

18.Juni 59

 

RW war ein sehr engagierter Studentenvertreter, , nach seinen Berichten hat ihm dies auch in einem noch sehr konservativ geprägten Lehrerumfeld viel Ärger eingetragen; ein besonders herausragendes Merkmal der Persönlichkeit des Studenten RW war seine Hilfsbereitschaft sowie sein soziales Engagement:

M'it Jürgen Pieplow, Graphiker, kommt ein Künstler zu Wort, dem RW „über die Grenze“ geholfen hat:

In der besonderen Schublade eines Atelierschrankes sind die Adresszettel und Taschenkalender aus vergangenen Jahrzehnten verwahrt. Manche der notierten Namen oder Verabredungen erinnern an prägnante Begegnungen auch an entscheidende Lebensbrüche – andere Notizen sind inhaltlich verweht.

Während der Grund- und Oberschuljahre galt ich in meinem Jahrgang beim Zeichnen- und Kunstunterreich offenbar alls bester Schüler, der fortwährend Tagbuchgeschichten mit Zeichnungen herstellte, Wettbewerbe gewann oder Wandzeitungen gestaltete, der sich über Jahre mit der besten Note in Kunst gelobt und bestätigt fühlte. Meine Schulzeit beendete ich nach 12 Jahren mit dem Abitur, der heutige Begriff „Gymnasium“ existierte 1954 für uns nicht. Dieser betraf damals den „unfreien und ausgebeuteten Westen“ Deutschlands, denn wir in Rostock und damit in der DDR gehörten zum „freien und fortschrittlichen“ Teil der Welt, fest verbunden mit der Sowjetunion. Die Mehrzahl von uns Schülern und Lehrern war natürlich nicht blind in der Alltäglichkeit zwischen Schein und Sein.

Nach den permanenten Verweigerungen eines Studienplatzes für Grafik, Illustration oder angewandte Kunst und nach langem Zögern wollte ich mich im Sommer 1956 nach den Chancen für einen Studienplatz an der HfBK in Berlin-Charlottenburg erkundigen, die sich bekanntlich im realen West-Berlin befand.

Schon in den ersten Momenten meiner vorsichtigen Fragen dort im Büro der HfBK wurde ich unterbrochen. Die Mitarbeiterin holte einen Studenten herbei, der vordem schon die DDR verlassen hatte und der sich in den Regularien und diesen speziellen Risiken auskannte.

Der Student Ralph Wünsche, vordem in Dresden, wurde mir vorgestellt und er erklärte mir, wie er mir helfen könne, um das Risiko einer vorstellbaren Fluchtverhinderung durch DDR-Grenzorgane gering zu halten. In meinem Taschenkalender von 1956 befindet sich die damalige Anschrift von Ralph Wünsche: Berlin-Wilmersdorf, Süd-West-Korso 45/IV, bei Semigkeit(?), nicht mehr deutlich erkennbar. Dorthin sollte ich eine Auswahlmappe meiner Bewerbung für die Zulassungsprüfung persönlich bringen. Er bekam auch meine Adresse in Rostock, dorthin wollte Ralph Wünsche dann eine Postkarte schicken mit allgemeinen Grüßen und einer beiläufigen Anmerkung, daß ich an den Geburtstag eines fiktiven Onkel Erich am so und sovielten denken solle. Das Datum wäre dann das positive Signal, daß ich zur Aufnahmeprüfung zugelassen sei und dann zum Beginn der Prüfung erwartet würde.

Diese Postkarte kam mit dem fiktiven Geburtstagsdatum versehen: 8. Oktober 1956.

Ich organisierte meinen eventuellen Grenzwechsel, von dem zunächst nur meine Eltern und meine Freundin wußten. Die viertägige Aufnahmeprüfung gelang, ich blieb sogleich in West-Berlin und konnte endlich Student sein.

Für diese entscheidende Hilfe bei dieser Weichenstellung zum weiteren beruflichen Lebensweg bin ich Ralph Wünsche außerordentlich dankbar.

Jürgen Pieplow , Wedel

 

Hella Rost '', Studienfreundin, lebt in Berlin

Ralph Wünsche – unvergessen – war Mittler und Vermittler der Künste insgesamt – bildende Kunst, Musik, Dichtung, Wort – dieses Miteinander prägte seine künstlerische Arbeit!

Aber nicht nur diese eigene Kunstsicht und Verschmelzung zu einem Ganzen war sein Anliegen und Tun, sondern absolut selten und ungewöhnlich in diesem Maße, war seine Förderung und Anerkennung von Künstlerkollegen – eine großartige Solidarität! Ein Einsatz, den er schon als Student bewies – damals, selbst Student der Hochschule für bildende Künste in West-Berlin(in den 50er, Anfang der 60er Jahre – auch aus dem Osten), half er vielen (neuen) Oststudenten hier im „Westen“ die richtigen „Meldestellen“ zu finden – das vergaß keiner!

Es gab über alle Jahre hinweg, auch über längere Zeiten des Nichtsehens – Begegnungen mit dem Künstler Ralph Wünsche, die mich nachhaltig und immer wieder beeindruckt haben – er bleibt eine unvergessene Persönlichkeit!

Berlin, Juni 2012                                                                                  Hella Rost, Künstlerin

Im März 2020 schreibt Hella Rost auf meine Anfrage, ob sie ihren Zeilen von 2012 vielleicht noch etwas hinzufügen möchte:

Begegnungen mit RW waren, auch wenn wir in der gleichen Zeit studierten, höchst selten, wir sahen uns auf den Fluren, es gab keinerlei nähere Begegnung, kein Gespräch, er war auch immer in einer anderen Abteilung.

Eine neue Begegnung ergab sich viel, viel später, um 1983, im Evangelischen Kunstdienst [Hella Rost meint das Evangelische Forum, Jebensstraße 2, Berlin-Charlottenburg, Anm.d.Verf.] in der Jebensstraße, wo RW seinen im wahrsten Sinne , Kunstdienst inne hatte – er war für die Präsentation von Kunst dieser Kirchen-Institution verantwortlich – so traf ich für eine Ausstellung (meiner Arbeiten) dort in den Räumen wieder mit RW zusammen.

Was sehr schön war: RW mochte meine Arbeiten – und nachhaltig und wann immer er Ausstellungsplätze, wo immer er meinte, sie wären geeignet für diesen oder jenen Ort, (gab er es an mich weiter). Das war außerordentlich – dem Künstler, dem Thema und dem jeweiligen Ort dienend und auch erkennend, wo ein Bild am richtigen Ort ist.

Die Begegnung mit RW war dem Inhalt, dem Thema gewidmet; die Qualität der Bilder waren unsere Verbündete. Unsere Gemeinsamkeit bleibt, bis heute, unvergessen – und auch seine Kunst bleibt – sie ist in vielen Einrichtungen gut verwahrt.

Hella Rost, Kurzbiographie (von ihr selbst verfaßt), 2019

 

1934 in Berlin geboren, lebt in Berlin, Studium an der HdK 1956 -1961

Nach vorzeitigem Ausklang der Studienzeit 1961, allerhand verschiedene Verdienstjobs, ehe sich 1963 beim „Kinder Trickfilm Studio, Cinetrick, Herbert Schulz“, eine künstlerische, doch neue, vor allem handwerkliche Arbeit ergab. „Fummel-Geduldsarbeit“, das alles endete, auch mit persönlichen Unterbrechungen 1975 – danach begann, aus allen möglichen künstlerischen Neu-Orientierungen, das endgültige „freischaffende“, verdammt schwierige Künstlerleben, in der „Westberliner Kunst-Enklave“, aber es wurde, nach besten Möglichkeiten, auch gefördert – das bleibt unvergessen! –Viel Zeit ist unterdessen vergangen – was bleibt ist der Mut, die Kraft u. die Lust, weiter zu arbeiten.

Der Weg zu einer eigenen künstlerischen Handschrift, einer Orientierung – Malerei, Photographik , Film - „alle Umwege führen immer wieder nach Rom“ RW war Maler, er blieb Maler.

Von einem dieser Umwegsversuche gibt es einen kleinen Film. Es begann mit der Mitarbeit i'n der Fotowerkstatt von Hajek –Halke; dort formierte sich ein Filmteam aus Studienkollegen. Die vier Filmemacher, 'Regie: Peter Lilienthal gemeinsam mit Pit Kroke, Jörg Müller, Ralph Wünsche, drehen 'eine „Studie“, BR Deutschland 1958, Experimentalfilm mit der 'Musik von Siegfried Behrens.

Für RW bleibt es bei dem Experiment, seine unteilbare Liebe gehört der Malerei, Photographie und andere repromechanischen Vorgänge sind für ihn lediglich Hilfsmittel zur Verwirklichung seiner Idee auf Papier oder Leinwand.

Nach Abschluß seines Studiums an der HfbK stand RW vor der Frage der materiellen Existenzsicherung; er hatte schon während seines letzten Studienjahres Kontakte geknüpft, erste Aufträge für Mitarbeit an Ausstellungen folgen; Veranstalter ist meist der Senat von West-Berlin oder die Evangelische Kirche.

1965 schloß RW einen Vertrag als freier Mitarbeiter mit dem Evangelischen Forum, EKU.

Das Evangelische Forum/Kunstdienst der Evangelischen Kirche war eine Initiative von


Oskar Söhngen als Pendant zum Kunstdienst der Evangelischen Kirche in Ost-Berlin.
Der Auftrag des Evangelischen Forums war „Kunstvermittlung“, Dokumentationen
und kritische Auseinandersetzung mit zeitbezogenen Themen. Die Präsentationsform
nutzte die damals modernsten zur Verfügung stehenden Medien:
Diashows mit eingesprochenen Texten, kleinere, kurze Filme ergänzten und erläuterten die                                          Dokumentationsausstellungen, Flyer u.a. Druckschriften wurden als
begleitendes Infomaterial herausgegeben.
Der Leiter der Einrichtung war der Reiseschriftsteller und Theologe Eckart Kroneberg.
Das kleine Team: Ralph Wünsche war verantwortlich für die künstlerische Auswahl,
die Gestaltung, Inge Pape, als Graphikerin war die zweite Mitarbeiterin für die optische                                        Präsentation, und für das Handwerkliche war Karlheinz Markgraf zuständig. Um der Wahrheit                                        die Ehre zu geben: Die Dokumentationen waren als Endprodukt Teamwork, erstellt in                                 vielen Diskussionsrunden und gemeinsamer praktischer Arbeit.

Mit dem 9.November 1989 änderte sich für das Evangelische Forum Alltag und Rechtsposition. Das Evangelische Forum wurde wieder zum Kunstdienst der Evangelischen Kirche, und logierte nunmehr in den Räumen eines Seitentrakts im Berliner Dom. Heute, anno 2020 gibt es auch den Kunstdienst nicht mehr.

Mit dem Standort wechsel, der Zusammenlegung mit dem Kunstdienst (Ost) im Berliner Dom wurde das Thema Kunstvermittlung und Erwachsenenbildung umfangreicher; es beschränkte sich keineswegs mehr nur auf Ausstellungen/Dokumentationen. Es wurden Vortragsreihen geplant und abgehalten, Lesungen; für die Inhalte dieser Variante der Kunstvermittlung trug Jürgen Rennert – auch in Zusammenarbeit mit RW – die Verantwortung.

RW stellte zweimal aus: Die aus den Blättern zur „Schwarzen Maske“ zusammengestellte Wanderausstellung Totentanz, sowie eine Show Tanzzeichnungen.

Sabine Sülflohn von der „Neuen Zeit“:


Man mag in dieser apokalyptischen Zeit wohl zaudern, ob der Titel der Ausstellung „Tanzphantasien“, die Malerei und Zeichnung von Ralph Wünsche … wirklich ohne Hintergründigkeit ist. Und es wird auf die Gestimmtheit des Betrachters ankommen, ob er in den ekstatischen, fulminanten Bewegtheiten einen Tanz auf dem Vulkan sieht oder nicht. Der Maler nämlich schreibt keine Deutungen fest. Seine Blätter sind vom Inhaltlichen Her so offen, wie sie im Formalen reich sind. Da vermag man wohl tanzende Gestalten auszumachen, da taucht ganz deutlich ein Gesicht, eine Hand oder ein Bein auf, aber ob das immer ein und dieselbe Figur ist … kann man so genau schon nicht mehr feststellen. Die nervösen Pinselschwünge oder Kreide- und Bleistiftlinien sind so vernetzt und verstrickt miteinander, daß manches Blatt wie ein einziger Wirbel, ja wie ein Sturm daher kommt.. …Es ist als höre man die Klänge des Orchesters und ahne den brausenden Beifall …

Man mag gern Jürgen Rennerts Gedanken aufnehmen, den er zur Eröffnung der Ausstellung äußerte: daß nämlich Ralph Wünsches Kunst den leichtfertigen Blicken widersteht und sich in einem existenziellen Sinn zu Kreuz und Auferstehung verhält. Deutlicher vielleicht mag das in seinem „Trance-Bild“ werden. Denn hier kulminieren nicht nur die tragischen Geschicke individuellen Seins, sondern auch die geschichtlichen. Seine Suggestivität kommt aus dem Abenddämmer des soeben und Jetzt wie aus der Erinnerungsfrühe der Antike. Ralph Wünsche bezeichnet dieses Gemälde selbst als Schlüsselbild, sowohl vom Inhaltlichen her wie vom Formalen. Beides sieht er als Einheit.

Zit.: Sabine Sülflohn, Verschwenderische Fülle zauberhafter Details. Werke von Ralph Wünsche in der Galerie „DOMizil“ ,Neue Zeit, Berlin, 18.2.1991

Das Honorar als freier Mitarbeiter des Evangelischen Forum reichte natürlich nicht einmal für die Miete; wollte RW als freischaffender Künstler überleben, mußte er andere Aufträge dazu übernehmen. 1967 zeigte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, Kunstwerke und Dokumente aus dem Jahrhundert der Reformation im Schloß Charlottenburg. Die erfolgreiche Ausstellung, deren Gestaltung RW übernommen hatte, brachte Aufträge; er wurde sehr bald ein sehr gesuchter Ausstellungsgestalter.

Seine Auftraggeber waren vor allem die einzelnen Einrichtungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatlichen Schlösser und Gärten.

1979 zog RW aus der Arbeitsüberlastung, die die Arbeit an Ausstellungen mit dem dazugehörigen organisatorischen, arbeitstechnischen Aufwand mit sich brachte, einen Schlußtstrich, die Ausstellung „Pflanzen auf Porzellan zum 300 jährigen Bestehen des Botanischen Garten“ in der Orangerie im Schloß Charlottenburg war die letzte große und aufwendige Ausstellung, die seine Handschrift prägte.

1976 erhielt RW seine erste monographische Ausstellung, organisiert vom NBK und der Deutschen Oper, Berlin. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er immer wieder an kleineren und größeren Ausstellung teilgenommen, auch Preise bekommen – oft war die Teilnahme an einer Ausstellung einem Preis vergleichbar; bleibt hinzuzufügen, daß er bis Anfang der 70er Jahre oft nur bedingt genügend Freiraum für das eigene künstlerische Schaffen hatte; die materielle Existenzsicherung durch Fremdausstellungsaufträge forderte ihren Tribut.

Die Ausstellung war gut besucht, auch ein Erfolg. Der große Durchbruch wurde es nicht, es folgten dieser ersten Schau viele weitere größere und kleinere Ausstellungen, oft auch thematisch ausgerichtet, aber sie erreichten immer nur einen sehr kleinen bestimmten Teil des öffentlichen Interesses, nur eine kleine Gruppe Kunstinteressierter.

Walter Huder schreibt im Vorwort des Katalogs zur Einzelausstellung RW im Foyer der Deutschen Oper, Berlin, 1976 und erkennt auch – hellsichtig – die Gründe für den exklusiven Erfolg:

Als Wünsche an der Westberliner Hochschule für bildende Künste … lernte, … kündigte sich bereits in den damaligen Arbeiten nicht nur sein Talent für das Portrait an, sondern erging sich auch seine Tendenz zum östlichen Konstruktivismus, ja in ihr sogar zu einer Art satirischer Heiterkeit. Er zeichnete damals zwar mit leichtem Bleistiftstrich, dafür aner mit scharfem Ausdruck, fast wie in der Nachfolge von Otto Dix, … . Die Ölbilder jener Zeit , also 1960/61, wie z.B. „Femme Fatale“, „Olympia“, „Don Quijote“ und „Frères Jacques“, erinnern ebensosehr an die Manier von Malewitsch wie an die der indischen Miniaturen, nur eben europäisch, mit Heiterkeit und Ordnung. …

Das Bild- und Farb- Erlebnis der „Phantastischen Realisten“ einerseits, sowie die bereits angesprochene Suche nach einer veränderten Bildsprache um das Nichtdarstellbare des erfahrenen Grauens dennoch in Bilder umsetzen zu können bahnt sich unaufhaltsam seine Weg in den Pinsel des Malers.

Walter Huder fährt fort:

Das Unsagbare ist für RW der „ … historische Untergang des alten Dresdens im Zweiten Weltkrieg… fälschlicherweise als ‚historisches Schicksal Dresdens‘ apostrophiert   … der historisch … verordnete, dann sich jedoch geradezu spielerisch ausartende Tod, … “

Und er zitiert die Bilder „Blaue Landschaft“, „Harlekine“, die mit verzerrtem Mienenspiel aus verräucherter Nacht treten, mit verzerrten Lippen, glatzköpfig wie Wasserleichen, anklagend … das Harlekinmotiv begleitet RW, zieht sich wie ein Leitmotiv durch seine Bilder und Zeichnungen. RW war ein hochbegabter Maler, seine Themen und die hochentwickelte Bildersprache entsprach nicht dem Trend der Zeit, die saturiert, und vereinfacht gesagt, auf „Partymeile“ zusteuerte. Berliner Nüchternheit fehlte überdies, Mystizismus gehört nicht zu den herausragenden Eigenschaften des Berliner Publikums. RW fehlte darüber hinaus etwas sehr wesentliches, das „Erfolg“ anzieht, programmiert: Narzissmus und die damit einhergehende hohe Kunst der Selbstdarstellung und das Vermögen zur Selbstvermarktung.

 

Er blieb sich selbst treu, sagte wohl nur etwas traurig, als mal wieder nichts verkauft worden war – wenn auch hochgelobt – „Auch Bilder haben ihre Schicksale“. Er malte nicht in seiner Zeit und für das Publikum dieser Jahre, er war „aus seiner Zeit gefallen“:

… In den surrealistisch anmutenden Bildern Wünsches erfährt der Betrachter, daß die Wirklichkeit nicht nur auf den Fakten der Wahrnehmungswelt, auf Reales zu beschränken ist, daß das Phantastische und andere Erlebnistiefen zum Leben gehören. Wahrnehmung noch hinter den Dingen.

… „Ankunft eines Engels“ … ein Engel landet auf einer längst zerstörten und entvölkerten Welt. Es ist zu spät. Welche Botschaft oder Hilfe soll er noch bringen? …

Dennoch: … nicht nur Blick auf Tod und Ende. Etwas „Prinzip Hoffnung“ bleibt. Und „Feste“ sind seine Bilder und Zeichnungen allemal.

Peter Jung/Dieter Köppe, Annäherung, in: Ralph Wünsche, Theatralisch-Musikalisch. Malerei und Zeichnung. Ausstellung 20.Sept.-3.Nov.1996, Deutsches Theatermuseum München o.Seitenang.

(Kap.4, Abb. 5)

     Aus einer eher zufälligen Begegnung mit dem Pianisten und Komponisten Dieter Brauer entstanden neue Perspektiven; darüber schreibt Dieter Brauer auf die Frage:

Warum Musik zu den Bildern von Ralph Wünsche, im Februar 2000 für das Programm des Hauskonzerts, das am 4.März 1999 im Atelier des Malers Ralph Wünsche stattgefunden hat.

 

Seit Jahren bemühe ich mich um Brücken zwischen der Musik und der bildenden Kunst. Als ich zum ersten Mal Gemälde von Ralph wünsche erblickte, wurde mir sofort klar: nach diesen herrlichen Bildern muß ich unbedingt versuchen, musikalische Reflexionen zu realisieren. Ich habe versucht in den Kompositionen einen Teil der Ausdruckskraft der gleichnamigen, großartigen Bildern in musikalische Ebene zu transponieren, …


Dieses Hauskonzert war Hauptprobe und Generalprobe zugleich für das Wiederaufheben des Ariadnefaden, der lange Zeit beim Betrachten von Bildern vergessen worden war: Die einzelnen Künste der Teil eins Ganzen – DER KUNST.


Gedankensplitter zu den Bildern und Zeichnungen von Ralph Wünsche

 

„Ich möchte den Betrachter meiner Bilder dazu bewegen, die Geschichte, die ich ihm mit Farbe, Strich und Pinsel erzähle, auch wenn es kein erkennbares Sujet gibt, selbst erfindet, erzählt.“

Ralph Wünsche, in einem Gespräch über seine Bilder, warum er dieses oder jenes Sujet gewählt hat; er gerät immer ein wenig in Verlegenheit, wenn er über seine Arbeit, seine Malererei sprechen soll. Er fand dies eigentlich unnötig, denn die Bilder sollten allein für sich erzählen.

Farben türmen sich, stürzen wie ein Wasserfall aus den Bildern, ziehen den Betrachter in das Bild hinein; die Zeichnungen, die farbigen Blätter irritieren mit nervösem rhythmisierten Strichen, lösen Verwirrung aus – und Bewunderung, Begeisterung für die hohe Kunst des Zeichnens, der Farbführung. Auch Ablehnung, Gleichgültigkeit des Nichtverstehens, Abweht gegen allzu komplexe Bildsprache.

Will Grohmann war der Kunsthistoriker – „Papst“ der Nachkriegsjahre, sehr bestimmend für die Tendenzen in der Stadt, deren Teilung –Trennung sich schon sehr bald abzuzeichnen begann. Es ist hier nicht der Anlaß die heftigen Kunstdebatten aus dem Anfang der 50 Jahre zwischen Will Grohmann und Karl Hofer nachzuzeichnen, aber sein gedanklich bildnerischer Einfluß reicht bis weit in die 60er Jahre hinein und beeinflußt zahlreiche Künstlerkarrieren.

Im Katalog 1966, S. 6ff schreibt er:


… Das Hauptproblem für den Künstler unserer Zeit ist die Frage nach der Wirklichkeit, in der er lebt, und die Frage nach dem Begriff der Kunst, der sich mit dem Ende des Krieges grundlegend gewandelt hat. … 'Psychologie und Tiefenpsychologie spielen nach 1945 eine wesentlich geringere Rolle als vordem … Es haben sich zu allen Zeiten nur die Starken durchgesetzt und behauptet. … “

Eine Zitatauswahl – wie Spots - auf den künstlerischen Schaffensprozess, Sichtweisen, Erleben und Leben in der unmittelbaren Nachkriegszeit der jüngeren Generation. Behauptungen, Thesen, die bereits vorhanden oder entstehende Strömungen und Tendenzen steuern, beeinflussen, manipulieren. Beim Durchblättern des Katalogs entdecke ich drei Bilder von RW. Thema, Bildgestaltung, Farbigkeit stehen bei genauere Betrachtung wirken ein Widerspruch der oben zitierten Aussagen; „Narr mit Rose“, 1965, „Alte Frau“, 1966, „Weiblicher Akt“, 1966. Allen drei Bildern ist die dunkle, lastende Farbigkeit gemeinsam, die Verformung der Gestalt, der Pinsel des Malers hat, wie der Archäologe, auf der Leinwand Verdrängtes, Vergessenes, Ängste freigelegt.

Die Bilder stehen im Widerspruch zu den oben aufgestellten Thesen … vor allem zu der These „Psychologie und Tiefenpsychologie“ spielten keine entscheidende Rolle mehr, wenn es um künstlerische Auseinandersetzung mit Zeit und Wirklichkeit geht. Das Bild

Narr mit Rose“, später nannte RW seine Groteskgestalten „Harlekine“, „Clowns“, „Masken“, verweist auf eine andere Wirklichkeit der menschlichen Existenz – nicht auf eine Wirklichkeit der Oberfläche, sondern auf das Abgründige im Menschen, auf das in den Hintergrund der Psyche (um dem Freud’schen ES auszuweichen) verdrängte Erlebte, Erfahrene, das Trauma, den Traum.

Die Wahl der Farben, düster, gebrochen zwischen grau, grün, blau und schwarz changierend, mit wenig gesetzten – wie spots auftauchenden Lichtflecken , im Fall des „Narren“ ist es die rote Rose, die die Blicke des Betrachters fokussieren, in den Albtraum hineinziehen.

Die Assoziation zu den Bilderwelten eines Ingmar Bergman „Abend der Gaukler“, zu Federico Fellinis „La Strada“ stellt sich unwillkürlich ein; hinter dem artistischen Erlebnis „Zirkus“ verbergen sich Lebensformen, Lebensentwürfe, die dem oberflächlichen Blick entzogen sind – „Zirkus“ eine andere Metapher für „Theatrum mundi“. RW, der Mensch und der Maler, setzte sich gleichermaßen intensiv mit Fragen der Metaphysik und der Philosophie auseinander, wie es mit den praktischen Fragen der Maltechniken, der Farbauswahl, dr Wahl der Leinwand des Papiers tat.

Während seiner Studienjahre – er wohnte damals in Charlottenburg oder in Westend – auf seinen Streifzügen durch den Kiez - entdeckte er auf einer Brache hinter dem Funkturm einen kleinen Zirkus, der von einer Zirkusfamilie betrieben wurde. Stunden um Stunden verbrachte er bei den Zirkusleuten, zeichnete und zeichnete unentwegt, freundete sich mit ihnen an – und schenkte ihnen, als sie ihr Zelt abbauten um weiterzuziehen, den Großteil seiner Zeichnungen als Dank für die Teilhabe an ihrer Arbeit, aber auch an ihren Problemen. Nur zwei haben sich in seinem Nachlaß erhalten. (vgl. Kap.2, Abb. 11,12)

Aus den Jahren nach dem Studium sind nur wenige Zeichnungen und Bilder überliefert, als Erklärung bietet sich an, daß RW in diesen Jahren häufig umgezogen ist.

Mit dem Erlebnis Rom – Olevano Romano sollte sich die eher lockere Einstellung zur eigenen Arbeit ändern; er begann seine eigenen Arbeiten zu sammeln, besser zu verwahren, dennoch bleiben Lücken.  

Als RW 1968 das erste Mal in Italien war, besuchte er Gustav René Hocke, der in einem kleine Ort in der Nähe von Rom, in Genzano, lebte. Es wurde ein langer Nachmittag mit einem intensiven Gedankenaustausch über das Werk des Autors, über seine Thesen, wie in „Die Welt als Labyrinth. Manier und Manie in der europäischen Kunst“ (Hamburg 1957). Die Auseinandersetzung mit diesem grundlegenden Werk, mit der damals (in den 60er Jahren) als unorthodox empfunden Sicht auf die Kunst, insbesondere zum Manierismus – Manierismus nicht als Stilepoche – sondern als Phänomen der Kunst -, beförderte in RW die vorhandene Neigung am Magischen, am Grotesken, am Phantastischen. In Verbindung mit der unleugbaren Hinwendung zum Klassischen entstand eine produktive dialektische Spannung, aus der er immer wieder schöpfen konnte; so wie er das Experimentelle an seiner Arbeit, seine farbigen Arbeiten vor allem unterstrich, sie immer wieder definierte als „Versuchsanordnungen“.

Aus dem Spannungsfeld „Magisch-Groteskes-Phantastisches“ und „Konkret-Klassizistisches“ entwickelte der Maler RW seine ganz persönliche Form – und Farbensprache aus Abstraktion und Gegenständlichkeit, die sich jeder –Ismus-Klassifizierung widersetzt.

Das Porträt

              Als Ralph Wünsche mich porträtiert hat, habe ich einen Künstler erlebt, der sich              hundertprozentig für sein Gegenüber interessierte.

              Vielleicht war es das, was uns gleich so stark verbunden hat.

              Denn meiner Meinung nach zeichnet es den wirklich begabten Schauspieler aus, daß               er sich ausschließlich für die Figur interessiert, die er zu spielen hat und sich ebenso im         Dialog mit seinem Bühnenpartner voll auf diesen Partner konzentriert.

              Eine sehr aktive Art des Zuhörens und Zuschauens!

              Ralph Wünsche hatte diese Fähigkeiten in besonderem Maße!


Michael Heltau erzählt von seiner Begegnung mit dem Maler Ralph Wünsche, Wien, Februar 2020, in einem langen und schönem Gespräch und faßt seine Gedanken in dem zitierten Brief für mich nochmals zusammen . (s. Kap.1, Abb. 1, 2)

Es war, wie damals, als RW den Schauspieler in seinem Wiener Haus besuchte, ein Gespräch in der Dämmerstunde, das immer spärlicher werdende Licht ließ Gedanken, Erinnerungen auftauchen an die vielen Begegnungen in Wien, in Nürnberg, in München …

Das Portrait „Michael Heltau“ war für Ralph Wünsche eine große künstlerische – und menschlicher Herausforderung … jede Begegnung mit dem „Objekt seiner Begierde“ (Bunuel) bedeutete Veränderung, ein sich wieder neu Einstellen, denn der Portraitierte präsentierte sich in immer neuer Tagesverfassung, in einem immer wieder veränderten Mimos. Diese unendlichen Nuancen einzufangen mit dem Stift, später dann mit dem Pinsel auf die Leinwand zu bannen, kam einem nicht enden wollenden Abenteuer gleich .

Begonnen hat alles mit den „Riesen vom Berge“ (Pirandello), in der Regie von

Giorgio Strehler, im Burgtheater 1994. Michael Heltau spielte den Zauberer Cotrone, Gusti Wolf gab die Scrigia; sie hatte RW zu der Vorstellung eingeladen.  

Die Schauspielerin Gusti Wolf war eng mit Heltau befreundet, bewunderte seine Kunst.

Eine ihrer Lieblingsrollen war die Mutter in „My Fair Lady“ (Volksoper 1993), Heltau spielt den Doolittle, ihren Sohn. Aus dem erzählenden Gespräch zwischen Gusti Wolf, RW und mir über die gemeinsame Bühnenarbeit mit Heltau und Wolf entstand die Anregung, der Gedanke an ein Rollenbild von Heltau.  

Die erste persönliche Begegnung zwischen dem Maler und dem Darsteller fand an einem schönen, heißen Sommertag in Wien statt, in dem Haus, das einst Helene Thimig gehört hatte. Es liegt am Rande der Stadt, weit draußen im Grünen im Wienerwald. Geht man einige Schritte weiter bergauf, dann findet man die alten, in die Weinberge geduckten Häuser, sehr romantisch in ihrer äußeren Erscheinung – weiß gekalkt, tief heruntergezogene Dächer, alles etwas windschief … und es klingt, singt beschwingt und schwermütig herüber vom Wienerwald … . Nicht weiter erstaunlich, denn eines dieser kleinen Häuser war einst die Sommerfrische von Johann Strauß, war sein „Komponierhäuschen“.

Das Vorstellungsritual beendet, und schon sind beide, der Maler und der Darsteller „ins Gespräch vertieft“. RW zückt Block und Stift, erste – noch sehr tastende – Skizzen entstehen, wie immer bei einer ersten Kennenlernen-Phase.

Dann, die eingefallene Dämmerung an diesem Hochsommertag beendet das Zeichnen, nicht aber das Gespräch, und der Maler stellt die unvermeidliche Frage: Wann kann ich Sie einmal auf der Bühne - als Chansonnier, als Entertainer erleben ? … Termine wurden ausgetauscht … Ich erinnere mich an eine Reise, vielleicht auch zwei nach München und eine nach Nürnberg.

Der Abend oder die Abendveranstaltungen in München waren streng ritualisiert, wenig inspirierend – das lag vermutlich auch an der Atmosphäre des Hauses – war es das Prinzregententheater ? – auch wenn es tosenden Applaus und viele Zugaben gab.

Völlig anders dann das Treffen in Nürnberg … RW irgendwo an der Seite, er hatte keine Lust sich wie ein „ordentlicher“ Besucher zu setzen; das ging auch ohne Protest der Saalaufsicht, - es war wohl so etwas ähnliches wie eine offene Veranstaltung für ältere Damen und Herren mit Kaffee und Kuchen. An diesem Nachmittag entstanden viele Skizzen, Bewegungsstudien, Kopfstudien, Handstudien – allerdings waren diese so begehrt, daß sie nicht mehr vollständig überliefert sind. „Gucke mal, da zeichnet einer! … “, Neugierde programmiert, die Skizzen wechseln ihren Besitzer …

Dann im Atelier Phase eins: Öl/Lwd – erste Kopfstudien … nicht alle glückten auf Anhieb, alle im kleinen Format. Aber Kopfstudien sind noch kein Porträt – und Ralph wollte unbedingt ein Rollenporträt malen …

Das Outfit von Michael Heltau waren in der Regel Straßenanzüge (wie z.B. im „Schwierigen“, als Kari Bühl von Hofmannstahl) oder Frack und Smocking (auch für seine Chansonabende).  

Die beiden Halbfigurbilder, die dann entstanden, zeigen den Chansonnier und Bühnendarsteller im Frack, einmal mit Zylinder, einmal ohne Zylinder … und es bleibt dem Betrachter überlassen für sich zu erfinden, was oder welche Rolle er nun vor sich sieht: den Chansonnier oder den Bühnendarsteller in einer dramatisch sehr aktiven Situation … Angst, Wahn, wenn er den Bühnendarsteller sehen will (der Zauberer Cotrone in den „Riesen vom Berge“) – oder den Chansonnier in voller Aktion - beim Singen und Darstellen eines vokal-verbalen Höhepunkts, wie z.B. „Amsterdam“ von Jacques Brel. Taucht man das Bild ein, versucht man seine Bildsprache, seine Farben zu entschlüsseln, gerät man immer mehr in Zweifel - wollte RW vielleicht beide, den singenden Mimen, den darstellenden Sänger ineinanderfließen lassen? Es bestätigt sich erneut das Credo des Malers: Ich möchte, daß der Betrachter das Bild zu Ende erzählt, zu Ende malt mit und in seiner Phantasie …

Die Rollenbilder erzählen von den Phasen der zunehmenden Entfernung aus der alltäglichen Realitätsebene (der Frack als Requisit) und das Eintauchen, das sich Verwandeln, die Entstehung einer anderen Realität, eines veränderten „Sich Be- Wußt - Seins“.

Die malerische Handschrift – nicht geglättet, sondern nervös (im Sinne von vibrierend), zerrissen, setzt mit den Farbkontrasten, vor allem schwarz – und rot (ein sehr düsteres sterbendes Rot) den Akzent des Endlichen.

Es sind keine photographisch „schön“ gemalten Bilder, denn sie erzählen dem Betrachter ebenso von den Zwängen, den Ängsten und von den Triumphen des Bühnenalltags.

RW hat mit seinem Pinsel festgehalten, mit seinem Pinsel mehr gesehen, als der Portraitierte von sich preisgeben konnte oder wollte.

Die Bildgestaltung blieb formal bei der klassischen Darstellung, Kopf oder Halbfigur, auch bei Rollenbildern. Der Pinsel, die Farbe, das Licht jedoch folgen nicht dem photographischen abbildenden Kanon, der Maler versuchte mit den malerischen Mitteln die Persönlichkeit, das „Ich“, das vor ihm saß, stand, agierte – der flächigen Vorgabe zum Widerspruch - in seiner Lebendigkeit „einzufangen“. So manche portraitierte Person meinte dann – oft brauchte es ein Weilchen bis sie sich an die Sichtweise gewöhnt hatte und malerische Interpretation sich zu eigen gemacht hatte: „Ich sehe da ganz neue Seiten an mir, die ich noch gar nicht entdeckt habe“ – oder: „ In dieses Porträt muß ich erst hineinleben, altern?“.

Porträts greifen sehr intensiv ein in die Intimsphäre, des Porträtierten, die gemeinsam verbrachte Zeit des Zeichnens und Gezeichnet werden sind ein intensiver Dialog zwischen dem Bleistift, der Feder, dem Pinsel und mit den /die Porträtierte/n. RW wußte sehr genau um die unausgesprochene Problematik der Situation, wollte sein „Objekt“ möglichst wenig belasten, „quälen“, wie es RW, aber auch so manches porträtierte Objekt formulierte. So bat er mich häufig darum, mit meiner Kamera schon während der ersten Begegnung mit der zu porträtierenden Person zu assistieren, Positionen zu dokumentieren. O-Ton RW. „Das Porträt entsteht dann im Atelier, nach den Skizzen, die Photos dienen der Korrektur.“

Das Porträt des Dirigenten Karl Böhm ( Kap.1, Abb.3, 4) war eine Auftragsarbeit der Gesellschaft für Musiktheater, Wien. Nach ersten Vorgesprächen Ende der 70er Jahre über die Möglichkeiten, wie und wann den hochbetagten und schon sehr gebrechlichen Künstler zu treffen, wurde beschlossen, da er sehr häufig in Berlin gastierte, dort die Arbeit an dem Porträt zu beginnen. 1980 war es dann soweit – Böhm kam nach Berlin um ein Konzert mit den Berliner Philharmonikern zu dirigierenzugelassen, sowie in der Deutschen Oper eine Aufführungsserie der „Hochzeit des Figaro“ (Mozart).

RW saß mit Zustimmung des Orchesters und des Dirigenten während der Proben im Orchestergraben, zwischen den Musikern, meist hinter oder neben dem ersten Pult. Proben. So konnte er im Rhythmus der Probe ungestört zeichnen, beobachten, zuhören – er verschmolz mit dem Orchester. Die Erfahrung der intensive Probenarbeit gibt dem Portrait seine ganz besondere Aura, seine Intensität. Böhm war von dem Porträt so angetan, daß er eine zweite, veränderte Fassung, als Geschenk für seine Frau Thea mit RW besprach. – Nur dazu kam es nicht mehr; er starb im Sommer 1981. Das Porträt hängt in den Räumen der Gesellschaft für Musiktheater, Wiens unter Ausschluß der Öffentlichkeit.

Die Porträts Leonard Bernstein (Abb.5), Zubin Mehta entstanden ebenfalls während der Proben, aber unter eher kontraproduktiven Bedingungen. Die Dirigenten wurden von ihren jeweiligen Stäben abgeschirmt, der Maler wurde „gnädig“ (immerhin publicity!) zugelassen konnte zwar während der Proben zeichnen, aber mehr wurde vom „Hofstaat“ nicht gestattet. RW saß also im Zuschauerraum, zeichnete … und kam allen Abschirmungsversuchen der diversen Stäbe trotz alledem mit den einzelnen Dirigenten ins Gespräch.

Eine Ikone des Exils, eine hochbetagte Künstlerin, das ist, das war Maria Ley-Piscator.

(Abb. 6)

Der verschleierte Blick, die weißen Haare, immer in tänzerischer Pose, auch als Sitzfigur, besonders auffallend die Haltung des Kopfes, gefaßt in zarte zerbrechliche – man ist versucht zu sagen – Porzellanfarben , mit teilweise scharfen Pinselstrich konturiert, - versinnbildlicht die eiserne Disziplin der Tänzerin ebenso wie ihren ungebrochenen Lebenswillen wie ihre unerschöpfliche Energie – und sie IST die „Grand old Lady“, die mit ihrem kaum wahrnehmbaren charmanten Lächeln zu sagen scheint – „machs mir doch nach!“

Das Rollenporträt des Weltstars, der Sopranistin Leonie Rysanek-Gausmann, (Abb. 7, 8) entstand unter ganz besonderen Bedingungen. 1976 sang die Rysanek die Medea (Titelpartie der gleichnamigen Oper von Luigi Cherubini) im Théàtre Antique in Arles. Das Porträt war ein Auftrag ihres Mannes, des Musikjournalisten Ernst-Ludwig Gausmann. Wir reisten nach Arles zu den Proben, zur Premiere. Die Proben hatten allerdings von Anfang an einen ungebetenen Mitspieler: den Mistral (das ist ein im Rhône-Tal sehr gefürchteter Fallwind). Bis zur Premiere, selbst noch am Abend der Premiere bestimmte er den Ablauf. Das führte oft dazu, dass abgebrochen werden musste, weil der Wind im wahrsten Sinn des Wortes – Töne, Noten, Requisiten - fortblies. Diese Unterbrechungen, den Sängern und Musikern eher lästig, kamen aber dem Maler zugute. Er konnte, was er immer sehr gerne tat, sich untrhalten, zeichnen, - und er zeichnete alles was in dem weiten Runde des Théatre Antique zu finden war – von der gebrochenen römische Säule bis hin zu einem hinreissenden großen, unheimlichen Drachen aus Pappmaché – jeder spätere Dino wäre blaß vor Neid geworden beim Anblick dieses Ungetüms in Miniaturausgabe. Mit diesem Ungetüm muß Medea

nach dem Mord an ihren Kindern, dem Tod Jasons und Kreusas triumphierend, als gebrochene Frau – in das Reich der Schatten abfahren.


Die zweite Gruppe : Tanz – Theater - Zirkus

… Wir erfinden die Gestalten nicht, unsere Augen sehnen sie herbei. Ihr Schauspieler gebt den Phantasiegestalten einen Körper, damit sie leben! Wir machen umgekehrt aus unseren Körpern Phantasiegestalten … auf der Suche nach ihnen muß man wahrlich nicht weit gehen. Man muß sie nur aus sich herauslassen. All die Wahrheiten, die das Gewissen verdrängt; ich entreisse sie dem Geheimnis der Sinne, zuweilen auch – die fürchterlichen Wahrheiten – den Abgründen der Triebe …

… der Zauberer Cotrone („Die Riesen vom Berge“, Pirandello) im Gespräch mit der Gräfin Ilse, Prinzipalin einer Wandertruppe, über das Geheimnis der Verwandlung, der Phantasie, das unauflösliche Rätsel von Welt und Gegenwelt, von Sein und Schein. Der Künstler fabuliert sich in diese Welt hinein – ob er nun malt, dichtet, komponiert, auf der Bühne steht … immer findet es im Kopf statt und mit dem Medium der Sinne erhält es den Status der Realität. Die Bilder von Ralph Wünsche, fabuliert in Farbe, komponiert in der Bewegung, der Farbe, werden zu Musik, die andere erklingen lassen.

Welt und Gegenwelt, das Geheimnis der Verwandlung fasziniert schon das Kind Ralph Wünsche. Bühnenbildner zu werden war sein Ziel, sein großer beruflicher Traum. Erste „Schule des (theatralischen) Sehens“ war der Besuch der Dresdner Museen und der häufige Besuch der Theateraufführungen, Konzerte, Opern – und die Tanzabende der Palucca/Schule im zerstörten Dresden. (Abb. 8) Bedauerlicherweise sind aus der Frühzeit sowie aus den Studienjahren des Malers nur wenige Arbeiten überliefert; drei kleinen Skizzenbüchern aus Dresden zeigen die ersten zeichnerischen Schritte

Aus der Bekanntschaft mit dem Ballettphotographen der Deutschen Oper, Peter Riesterer von kranichphoto, wurde eine langjährige Arbeitsfreundschaft. Peter Riesterer ermöglichte RW die Besuche der Ballettproben der Compagnie der Deutschen Oper, bei Gastspielen anderer Compagnien. RWs besondere Bewunderung galt Maurice Béjart.  

Die zahlreichen farbigen Tanz – und Bühnenzeichnungen, bezeichnete RW gerne – wie die meisten seiner Arbeiten – als „Versuchstationen“; Experiment, die offene Form sind ein wesentliches Charakteristikum seiner Bildersprache. Für die Tanzzeichnungen bedeutet dies: Raum (die dritte Dimension) und Bewegung in der Fläche mit dem Stift, dem Pinsel, der Farbe so zu gestalten, dass Bewegung zum Raum, zum Licht, zum Klang wird.

Die zunächst flüchtig, aber noch sehr konkret gezeichneten Figuren(im dunklen Zuschauerraum) in den unterschiedlichsten Tanzpositionen, solo, à deux, ensemble verwandelten sich auf dem Zeichentisch in „Tanzimpressionen“ , so möchte ich beschreibend die Blätter bezeichnen, die der Betrachter vor sich sieht, die ihm jeden Spielraum des Weitersehens anbieten. Er sieht keine akribisch gezeichneten „schöne“ Tänzer /innen in Kostüm und Maske, vor einem eben solch akribisch ab/nachgezeichneten Bühnenbild , er sieht sich konfrontiert mit

„ … Versuche(n), das Dreidimensionale von Raum und Bewegung ins Zweidimensionale des Bildes zu übersetzen. Gleichzeitig läßt Wünsche seine Phantasie bis zum Surrealen und Abstrakten spielen. Manche seiner Skizzen muten an wie Figurinen oder Entwürfe zu Choreographien. … So, wie Ralph Wünsche Raum in Fläche verwandelt, so kreiiert er in seinen Bildern wiederum räumliche Tiefe. Und manchmal verläßt er die Fläche und wird zum Bühnenbildner oder Ausstellungsarchitekten . … Die Konturen der Gestalten [zerfließen], gehen in Schwingungen, … Stimmungen über, … seine Phantasien gewinnen Oberhand wie im „Hexensabbat“ oder „Sommernachtstraum“ … Zeichnungen, die … zur Auflösung neigen, bis hin zu Formspielen verwischt, gekleckst. … “

schreibt Konrad Bertram nach einem Interview mit RW im Ballet-Journal.

Choreographische Bildformen. Die Tanzphantasien des Berliner Malers Ralph Wünsche, BallettJournal-Tanzarchiv,1.10.1989, 37.Jg.

Abb. 3 – 10

Zeichnungen, Aquarelle für die Programmhefte konzertanter Opernaufführungen im Oeuvre des Malers RW   - ein besonders Kapitel seines Oeuvre

  1. Kap. 2 die unter 1 und 2 abgebildeten Blätter


„Über meine Arbeit an den Aquarellen und Zeichnungen zur ‚Schwarzen Maske‘ .

Die Aquarelle und Zeichnungen in diesem Programmheft sollen dem Zuhörer, der diese Oper noch nie auf der Bühne gesehen hat, die theatralische Dimension nahebringen. So dachte ich zunächst als ich die ersten Skizzen zu Papier brachte. Ich begann mit dem intensiven Studium des Textbuches und der Musik. Zunächst einmal stellte sich die Faszination zu dem mir gestellten Thema über den gesungenen Text ein. Beim Hören und beim Lesen entstand der Bild-Gedanke: Totentanz. Bei diesem Gedanken veränderte sich meine Konzeption. Das bildnerische Umsetzen dieses Grundmotivs durfte keine Illustration des gesungenen und gesprochenen Wortes sein, sondern eine Kette von assoziativen Bildern, die sowohl dem Duktus der Musik wie auch dem der theatralischen Gebärde folgt.

Die Grundstimmung, beginnend im Parlando eines musikalischen Konversationsstückes, steigert sich zum Furioso. Das Ende – Dies Irae- der Tag des Zorns – legt wie einst prophezeit wurde, alles in Schutt und Asche. Die erzählte Oberfläche und die metaphysische Ebene werden von den Bildern zusammengefaßt – der Totentanz – auch des 20.Jahrhunderts, ist die „Schwarze Maske“.

Erläutert RW im Programmheft 1996, München seine Arbeit für die konzertanten Aufführungen, im konkreten für die „Schwarze Maske“ .

Es war Norbert Thomas, 1988 Intendant des Symphonische Orchester Berlin(SOB), der RW anbot, für konzertante Opernaufführungen in den Programmheften – wie RW schreibt – die theatralischen Dimension zu visualisieren. „Norma“ , die Oper von Vincento Bellini war der erste Auftrag. Norbert Thomas hatte mit dem SOB Orchester große Pläne. Als Liebhaber der bildenden Kunst wollte er die Künste zusammen bringen. Das war seine Vision, doch damit war er seiner Zeit – vernachlässigt man Vergangenes - zu weit voraus.

Und wieder einmal kam alles anders. Thomas wechselte nach München, als Intendant der Münchner Philharmonikern unter Celibidache. Doch es dauerte nicht lange, dann wurde die in Berlin begonnene Zusammenarbeit fortgesetzt.

Für „Norma“, (Abb.1) zeichnete RW viele kleinformatige Tusch-Federzeichnungen, formelhaft und zerrissen, holzschnittartig, manche ähneln bei näherer Betrachtung Comics;   Damals galt – noch schlagwortähnlich falsch – Bellini als Meister der „süßen“ Melodie, als Melomane. Mit den etwas sperrig gezeichneten Blättern hat RW nicht nur das konfliktreiche, letal endende Drama nachgezeichnet, er hat die in der Musik versteckten Dissonanzen mit Feder und Stift unnachgiebig hervorgeholt, festgehalten, bloß gelegt, gelegentlich leicht satirisch gefärbt.

Die schwarze Maske“, (Abb.2) die Oper von K. Penderecki nach Gerhart Hauptmanns gleichnamigen Drama, war der letzte Programmheftauftrag für die Münchner Philharmoniker, er wurde zur besonderen Herausforderung.

Die Galerie Ruf, zeigte während der OPEN ART 97 Arbeiten von RW, auch Blätter aus der „Schwarzen Maske“ :

… Ralph Wünsche gilt als Maler und Zeichner von großer Gelehrsamkeit. Gleichzeitig sind seine Werke von überschäumender Vitalität geprägt. Die Figuren sprühen vor Bewegung, festgehalten in einem Augenblick, aus dem sie jeden Moment heraustanzen könnten. Oder sie laden den Menschen vor dem Bild ein, hereinzukommen, sich von dem Zauber der Szene mit einfangen zu lassen. Und portraitierte Persönlichkeiten scheinen aus der Leinwand heraus mit dem Betrachter sprechen zu wollen ….

Zit. : A(bend)Zeitung, München, 11.11.1997, Ausstellung „Ralph Wünsche: Bilder und Aquarelle“, anlässlich der Open Art 97 München, Galerie Ruf, München-Gasteig

Unter dem Titel „Totentanz“, betreut vom Kunstdienst der Evangelischen Kirche in Berlin,   ging diese Ausstellung auf „Tournee“ , die Galerie Ludwig Lange plante 2003/2004 eine Ausstellung, bei der dieser „Totentanz“ präsentiert werden sollte.


An Galerie Ludwig Lange

Wien , 28.3.2003

Lieber Herr Lange, in der Anlage meine Kurzbiographie und über meine künstlerische Tätigkeit – auf dem neuesten Stand.

Um ein mögliches Mißverständnis auszuräumen über die „Schwarze Maske“ nochmals: Es handelte sich um eine konzertante Aufführung in der Münchner Philharmonie, also kein Theater - Oper keine Kulissen, keine Szene, wie auch bei „Iris“(Mascagni) und „Die Bassariden“ (Henze). Diese beiden Programmhefte (DIN A 4) haben Sie auch.

  • 1) 'Ich hatte den Auftrag das Programmheft künstlerisch so zu gestalten, daß der Hörer sich bewußt wird, daß essich um ein Musiktheater-Werk handelt.Die Münchner Philharmonie hat 2500 Plätze – es handelte sich um 4 Abo Abaende unter der musikalischen Leitung des Komponisten – insgesamt 8000 Hörer!
  • 2) 'Eine Dokumentationsausstellung über das Werk im Foyer vor dem Saale (Gasteig) war ebenfalls ein Auftrag an mich.

       Dazu holte ich Bühnenmodell, Kostümentwürfe, Photos etc. vom Salzburger               Festspielarchiv – die Materialien über Penderecki vom Schott-Verlag, der den      Komponisten betreut.

Ich hatte dazu völlig freie Hand im großzügig veranschlagten finanziellen Rahmen u. Kontakte vorbereitende Gespräche mit dem Komponisten wurden mir ermöglicht (auf Puerto Rico!) etc. Also von der Planung bis zur Durchführung ein großes Projekt.

Zusätzlich wurden die Originale - meine Zeichnungen und Aquarelle in der Galerie Ruf gezeigt – die Galerie war an den 4 Abenden für die Konzertbesucher bis spät abends geöffnet – also eine abgerundete Show!

Ein Jahr später sollte “Paradise Lost“ (ebenfalls Penderecki) konzertant dort aufgeführt werden, auch dies hatte ich bereits mit dem Komponisten und Dirigenten vorbesprochen. Durch den plötzlichen Intendantenwechsel nach dem Tod celiboidaches wurden die Verträge mit Penderecki gelöst und auch mein e Arbeit mit dem orchester nicht mehr weitergeführt. Das Programmheft war (wie Bassariden)auf DINA 4 mit farbigem Umschlag von mir konzipiert ich mußte mich dank der neuen Leitung mit dem neuen DINA5 Heft begnügen. Sehr schade! Aber dann fanden Kunstfreunde diese Arbeiten doch so interessant, daß eine kleine Wanderausstellung daraus wurde – immerhin ein tröstlicher Ausklang ! Herzliche Grüße Ihr Ralph Wünsche


Die dritte Gruppe: Olevano Romano, Rom – das Latium


… Nach Dresdner und Berliner Studienjahren empfing er in Italien Impressionen, die zu einer – barocke und klassizistische Eindrücke umfassenden – Synthese verschmolzen.

Die immense Anschauungskraft des Künstlers wird in ihrer Vielseitigkeit zum Ausdruck gebracht. Die Spannweite seines Schaffens wird da am deutlichsten, wo die Skizzen in ihren freien zeichnerischen und farblichen Strukturen, in ihrem Überschwang vibrierender Bewegungen de Porträts gegenübergestellt werden. …. höchste Konzentration und kontemplatives Eingehen … atmosphärische(r)Dichte, …

zit.: Rolf Flügel, Ein Maler, der Theater-Atmosphäre vermittelt, Münchner Merkur, München 9.1.1981


1968 erhielt RW erstmals das Stipendium Villa Serpentara in Olevano Romano der Akademie der Künste, Berlin; 1972 ein zweites Mal. Von diesem Moment an war er, wann immer es möglich war, häufiger Gast in Olevano; so sehr hatte ihn dieser geschichtsträchtige Ort „verzaubert“, die Landschaft und nicht zuletzt die Erfahrung „einer anderen Welt.

1967 hatte RW für das Stipendium der Villa Romana, Florenz eingereicht, dazu Hans Jaenisch, Professor für Aquarell … am 12.Juli 1967 in seinem Gutachten:

 

Herrn Ralph Wünsche war während seines Studiums an der Staatlichen Hochschule für bildende Künste in Berlin u.a. 2 Semester in der Klasse für Grundlehre. Schon während dieser Zeit gehörte Herr Wünsche zu den begabten Schülern der Klasse. Er fiel durch sehr phantasievolle, Gestaltungsübungen und Analysen in der Formlehre wie auch durch sehr gut beobachtet und mit besonderem Talent übersetzte Naturstudien auf. Auch später – nach Beendigung seines Studiums an der Hochschule – habe ich mit großem Interesse seine künstlerische Weiterentwicklung auf Ausstellungen verfolgen können. Seine neuesten Bilder ragen den Stempel einer sehr gepflegten und disziplinierten Malweise, die einen starken hintergründigen, surrealen Ausdruck vermittelt. Seine Aquarelle und Zeichnungen haben – stark verdichtet – gleiche Wesenszüge. Aus diesen Gründen wird gegenwärtig besonders seine Porträtmalerei sehr geschätzt. Ich würde es begrüßen, wenn der Antrag des Herrn Wünsche Berücksichtigung finden könnte.

Jaenisch

Die „Villa Romana“ bekam RW nicht, aber ein Jahr fuhr er doch nach Italien, nach Olevano Romano, in die Villa Serpentara als Stipendiat der Akademie der Künste, Berlin.

Es wurde eine Liebe auf den ersten Blick – sie hielt ein Leben lang. RW war ein „Südmensch“, so sein Kommentar zum „Süden“. Wie sehr RW den Süden geliebt hat, vor allem WAS ihn an „Süden“ fasziniert, gefesselt hat, was er für die Lebendigkeit seiner Inspiration brauchte –wie andere Rock, Pop oder und, und … – das beschreibt er auf einer Grußkarte  aus Rogznica, Kroatien, vom 18. September 2003, an mich:

 

Einen Gruß von der Küste Dalmatiens, von Buchten und Mittelmeer, Palmen, Zypressen, Pinien und windzerzausten alten Olivenbäumen in einer steinigen kargen Landschaft, von eigenartigem Zauber. Darüber ein blauer Himmel und eine sengende Sonne. … Heute eine große Schiffs-Küstenfahrt zum Nationalpark. Das Himmelblau, das hellblaugrüne Wasser! Am Morgen und das Licht – unglaublich !

Dann 1972 der zweite Aufenthalt als Stipendiat in der Villa Serpentara, er schreibt an mich aus Olevano Romano an mich:

Olevano, Freitag 13. Oktober 1972

… vielleicht hast du durch Nordegg auch eine Empfehlung zu Seefellner ? Bin auf die Resultate sehr gespannt. … pauschal kann ich sagen; alle Bilder und Zeichnungen, Aquarelle, die du als Repros hast (im Sinne der Dias), sind es vielleicht 12 Bilder, die ich noch habe. Frühere (sehr amüsante, aber völlig andere ) Bilder meiner Meisterschülerzeit habe ich auch noch, aber die fallen völlig aus dem Rahmen. Wie viele Zeichnungen und farbige Blätter zusammenkommen, die mir akzeptabel erscheinen, weiß ich nicht im Kopf, vielleicht 30 Blätter etwas, ohne die Bernini-Zeichnungen. …  

[…]. Die Zeit hier ist gleich zu Ende und ehrlich gesagt das ist sehr gut so!- oder ich müßte noch einige Monate bleiben können. Ich glaube auch, daß mir die Eindrücke hier, meist mehr unbewußt nachwirkend jetzt erst richtig zugute kommen. Es ist auch gut wieder in Berlin zu sein, denn das hier ist auf Dauer doch recht aus der Zeit und ich möchte meine neuen Ideen und Erkenntnisse anwenden – diese Arbeit wird spannend, alles in allem brauche ich viel Energie, … .

… Es gab ein großes Essen mit den ebenfalls anwesenden olevanischen Repräsentanten, dem Bürgermeister etc. von Bendheim organisiert mit Carabinieri –Schutz. – sehr komisch die Olevaner Bosse, alle so dick und rosig kugelig aussehend wie meine deutschen Großväter aus den Gründerjahren. Vormittags wurde ich gefragt, ob ich für die Gemeinde im Rathaussaal eine Wand malen wolle, nachmittags waren nach Abreise des Botschafters der Bürgermeister und seine Leute bei mir zu Gast.

Gestern habe ich den Saal angesehen und die Flächen ( 4,50 x 1,90m) sehr hübsch , würde ich gerne machen, wenn ich Zeit haben sollte….. vielleicht Mai-Juni einige Wochen in Olevano.   …

Ein kleiner Exkurs zu Olevano Romano, das Stipendium und seine Bedeutung. Die Geschichte des Ortes als Teil der Kunstgeschichte, der Romantik, beginnt mit dem Maler und Zeichner Joseph Anton Koch (1768 -1839). Er entdeckte diese, auch heute noch abseits der Touristenströme liegende Landschaft auf seinen Wanderungen durch Italien, 1794, die ihn bis nach Paestum geführt hatten. Er lebte zeitweilig in Olevano Romano, heiratete ein olevanisches Mädchen, Cassandra Ranaldi. Später lebte er mit seiner Familie in Rom, starb in Rom und liegt auf dem Deutschen Friedhof in Rom begraben.

Das Geheimnis dieser Landschaft – auch heute noch ungebrochen, wenn auch inzwischen reichlich „verletzt“ durch Autobahn, Betonungetüme, Industrie – den Wunden des „Fortschritts“ – bleibt ungebrochen. Diese Landschaft haben viele Künstler, Reisende beschrieben (nicht aber Goethe, der hat sich nie ins Latium „verirrt“). Ihnen allen ist eines gemeinsam – das sinnliche Eintauchen in eine uralte Kulturandschaft.


…Die Gipfel der Sabiner Berge erscheinen in Lapislazuli-Blau und bleichem Gold, während ihr Fuß und ihre Seiten in einer Tönung aus violett-purpurnem Dampf schwimmen. Einige schöne Wolken, die vom Abendwind wie leichte Wagen mit unvergleichlicher Grazie … getragen werden … … Diese Landschaft … bleibt immer neu und groß für mich, und sie erweckt mir, wenn ich sie verließ, immer wieder dieselbe Sehnsucht.…

Ferdinand Gregorovius, gek., (Kunstführer Dumont, S. 143)

… Diese seltsamen Örtlichkeiten, deren geheimnisvolle Einsamkeit mich so innig berührte! … Da sind Subiaco, Alatri, Civitella, Genesano(Gennazzano), Isola di sora, San Germano, Arce, die armen alten verlassenen Klöster, deren Kirchen weit offen stehen … die Mönche gibt es nicht mehr … nur die Stille wohnt noch hier … weite Kastanienwälder mit dunklem Blätterwerk, dazwischen verstreut einsame Ruinen … bei Dunkelheit zeigen sich hie und da menschliche Gestalten, um sofort wieder geräuschlos zu verschwinden … Hirten und Räuber   …

Hector Berlioz, Memoiren, hg. V. Wolf Rosenberg , München 1979, S.146


In Olevano lebte eine sehr gastfreundliche Familie, die Baldis, die die herumreisenden Künstler gerne bei sich aufnahmen; heute ist das ehemalige Wohnhaus der Familie das zweite Stipendiatenhaus in Olevano Romano, La Casa Baldi.

Olevano Romano war eine kleine Stadt mit einer weitgehend bäuerlichen Bevölkerung , Weinbau und Oliven prägten die Landschaft. Wer denkt da nicht an Horaz ! – Stimmt, er hatte im Aniene-Tal seine Weingärten, Kaiser Nero bezog seine Forellen aus der dortigen Forellenzucht.

RW kam 1968 in einen Ort, in dem die Zeit stehen geblieben war. Die Villa Serpentara war davon nicht ausgenommen, Wasser aus der Zisterne, die abendliche Beleuchtung mit der Petroleumlampe – und da es im Winter in Olevano feucht, ungemütlich kalt und nebelig ist, wurde, mußte geheizt werden, das Heizmaterial waren alte , abgeholzte Olivenbäume. Olevano Romano liegt im Herzen des römischen Kernlandes Latium, nur rund 60 km von Rom entfernt, - und so heißt es häufig: auf nach Rom!  

Die Romfahrten, die Streifzüge durch die Landschaft, die verlassenen Orte lösten in dem Maler RW eine Fülle von bildnerischen Ideen aus … festgehalten, notiert, gezeichnet in zahlreichen Skizzenbüchern, Serienzeichnungen, Bildern.

1976 schreibt Walter Huder im Begleittext zum Katalog der Einzelausstellung RW in der Deutsche Oper, Berlin:

… Wünsche war zweimal Stipendiat der Westberliner Akademie der Künste in der Villa Serpentara, Olevano unweit von Rom, ja in Roms Bannmeile … in der Folge entstanden … die .. Serien „Römische Impressionen“, „ Latium“. Sein Skizzenbuch füllte sich damals mit zahlreichen Aufzeichnungen, einer Topographie der Landschaft und der Kunst jener Weltgegend, deren Faszination schon viele Stipendiaten vor ihm zu zeichnerischer und gemalter Wiedergabe erregte, … und die wie für ihn wie zu einer Entdeckung gewordenen Kunstwerke des Bernini. … Er setzte sie in seinen Zeichnungen auf die ihm eigene Weise um, versuchte deren Thematik weiter zu entwickeln, ja für Paraphrasen zu benutzen. …  

 

Walter Huder spielt in seinem Text auf die vielen Stipendiaten der Serpentara, der Casa Baldi an; viele hatten sich für erwiesene Gastfreundschaft bei olevanischen Familien mit Zeichnungen, Bildern bedankt, mancher war auch in Olevano seßhaft geworden. – Eine der gastfreundlichsten Familien neben den Baldis war die Familie Riccardi. Einer der zahlreichen Söhne, Domenico, hatte Germanistik studiert, war Lehrer geworden und war sehr geschichtsbewußt, kunstinteressiert, suchte gezielt den Kontakt zu dem Stipendiaten. So konnte es nicht ausbleiben, daß er eines Tages bei Wein und Oliven mit RW über die Idee eines Museums für Olevano Romano philosophierte, Ideen entwickelte. 1989 wurde das Museum gegründet, wurde Wirklichkeit. Heute besitzt Olevano ein eigenes kleines Museum, Anlaß für Künstler den Bestand durch Schenkungen zu erweitern. Der olevanische Teil des Nachlasses von RW ging an das Museo Civico.  

Abb. 1 - 14

Die Blätter, entstanden in und um Olevano, Palestrina, Genazzano beginnen in der Regel als Skizze, man könnte sie als Notate bezeichnen. Die Skizze entfernt sich auf dem Papier vom Vorbild, meist bereits reduziert auf das rein Strukturelle. Die danach entstehende Zeichnung, das Aquarell usw. bringt eine Art Resumé, vergleichbar einer Rückkehr von der Abstraktion/der Struktur/ zum Gegen-Ständlichen der geträumten Vorstellung des Gesehenen, Erlebten.

Nach diesem zweiten Aufenthalt in Olevano, 1972, wird die Palette heller, der Duktus der Zeichnungen leichter, federnder, durchsichtiger. Zu dem Italienerlebnis kam eine weitere sehr prägende Erfahrung: während seiner vielen Aufenthalte in Wien ab 1972 fing RW an sich sehr intensiv mit der Zeichenkunst von Gustav Klimt zu beschäftigen, während der vielen Reisen nach Frankreich und Paris mit den Impressionisten.

Es würde zu weit führen die Maler und Zeichner anzuführen, mit denen er sich künstlerisch auseinandergesetzt hat und die einen – wie im Falle der zunehmenden Verfeinerung des Zeichnens – mehr oder minder großen Einfluß auf sein Schaffen hatten, William Turner steht für die Auseinandersetzung Licht und Farbe im Werk RWs, Picasso und die Surrealisten lösten die Auseinandersetzung mit der „Art brut“ aus. Die Akademie der Künste, Berlin zeigte eine umfassende Schau der Werke von Jean Dubuffet, der sein Werk auch den Anregungen dieser „Art brut“ zuschreibt; nahezu gleichzeitig wurde im Haus am Waldsee, Berlin-Zehlendorf die „Sammlung Hans Prinzhorn - Die Bildnerei der Geisteskranken“ gezeigt; wenig später fand in Wien eine Ausstellung „Kunst und Wahn“ statt – für RW weitere Quellen der Inspiration, der künstlerische Auseinandersetzung für die eigene Bildsprache.

 

…. Unverkennbar … der (dem Land Sachsen) benachbarte schlesische Mystizismus , der historisch zunächst verordnete Tod, dann sich jedoch geradezu spielerisch ausartende Tod (das erlebte vielfache Sterben in der Bombennacht von Dresden, 1945), sein Schatten über der Landschaft, .. Kulisse des Hintergrunds .. diese dunkle historische Tatsache, diese Verfinsterung bis hinein ins persönliche Unterbewußtsein, in Farbe und Stil, … (das) Licht ist verhangen, auch das der in Italien (Bilder). Sonne dringt … durch Wolkenschleier, die an Rauch und Qualm erinnern. Wo einmal das Sonnenlicht bis zum Erdboden durchdringt, reflektiert es dessen Dunkelheit, nicht selten mit theatralischem Elan, mit transparentem Realismus'. …

Zit.: Walter Huder, Zur Ausstellung und über Ralph Wünsche, Vorwort zum Ausstellungskatalog „Ralph Wünsche“, Berlin 1976, NBK in Zusammenarbeit mit der Deutschen Oper ,Berlin

 


 

 

Vom Rot zum Grün stirbt alles Gelb (Guillaume Apollinaire)

Dieses Zitat von Guillaume Apollinaire hat Ralph Wünsche wie ein Motto für sein Werk verstanden wissen wollen.

Dagmar Saval 


Biographie
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RW war Maler und Zeichner – immer und in – fast jeder Situation. Ich kann mich an nur wenige Momente des gemeinsamen Lebens erinnern, in denen ihn der Zeichenstift, der Pinsel nicht  begleitet hätte. Er zeichnete unentwegt  – um wie der Pianist, seine Finger gelenkig, locker, leicht beweglich zu erhalten. Das Skizzenbuch, der Stift (meist ein weicher Bleistift, Nr.3 oder 4, denn man durfte das Schaben der Bleistiftmine auf dem Papier während einer Vorstellung, einer Probe im Theater, der Oper oder im Konzert, nicht hören) gehörte zur Grundausstattung, wohin immer er ging. Die Skizzenbücher, von denen nicht mehr alle erhalten sind, manche gingen im Lauf der Jahre verloren, waren sein Tagebuch. Sie enthalten Notizen, Erinnerungen zu Erlebnissen, Museumsbesuchen, Überlegungen beim Betrachten eines Gemäldes, einer Zeichnung u.a. zu Sujet, Technik, Bildkomposition.

Befragt zu seiner Arbeitsweise notierte RW um 1960:

„Ich gehe aus von einem Gegenstand, studiere seine Strukturen, Linien, Bewegungen, Farben und entwerfe eine Skizze, die mir von diesem Moment an als reines Instrument dient. Dann beginne ich zu zeichnen und zu malen: die vorliegenden, gesehenen und fixierten Linien, Bewegungen, Farben und Inhalte vereinen sich mit meinen eigenen Empfindungen, Inhalten des Sehens, meinem eigenen Rhythmus; dies alles setzt sich zu einer Form zusammen, die zugleich von den neuentstehenden Werten gesprengt und als Realität in frage gestellt wird.“

Jedes neue Bild bedeutete umfangreiche Vorarbeiten – ein Ritual. Es begann mit der Auswahl des Formats.  Quadratisches Format oder ein Hochformat/Querformat? Nur bei den Porträts war die Entscheidung einfacher, – der gewählte Bildausschnitt und die Haltung des Porträtierten bestimmten das Format.

Meine Präsenz während der Porträtsitzungen war für beide, für den /die Porträtierte/n und RW gleichermaßen wichtig. Schon während der ersten Begegnung mit der zu porträtierenden Person assistierte ich mit meiner Kamera – hielt auf Wunsch von RW unterschiedliche Positionen mit der Kamera fest, dokumentierte. Der Porträtierte/ die Porträtierte sollte nicht mit langen Sitzungen „gequält“ werden; O-Ton RW. „Das Porträt entsteht dann im Atelier, nach den Skizzen, die Photos dienen der Korrektur.“ Meine Aufgabe war (neben der Photographie) das Gespräch, eine lockere Atmosphäre herzustellen, um die Aufmerksamkeit der porträtierten Person von dem allgegenwärtigen Bleistift, von Feder oder Pinsel, die sie auf Papier oder Leinwand festband, abzulenken.

Eine große Ausnahme waren die Sitzungen zu den Porträts der Dirigenten Karl Böhm und Leonard Bernstein. Hier erhielt RW die Erlaubnis im Orchestergraben zu sitzen, zwischen den Musikern, meist am ersten Pult, während der Proben. So konnte er im Rhythmus der Probe ungestört zeichnen, beobachten, zuhören – er verschmolz mit dem Orchester.

Das Rollenporträt des Weltstars, der Sopranistin Leonie Rysanek-Gausmann, entstand unter ganz besonderen Bedingungen. 1976 sang die Rysanek die Medea (Titelpartie der gleichnamigen Oper von Luigi Cherubini) im "Théâtre antique" in Arles. Das Porträt war ein Auftragswerk; wir reisten nach Arles zu den Proben  und zur Premiere der Oper „Medea“. Eine ganz besondere Atmosphäre prägte diese Woche der letzten Proben, zu denen auch die Primadonna frühzeitig angereist war.   Die Proben begannen meist zwischen 10h und 11h, doch vom ersten Tag an gab es einen ungebeteten Mitspieler: den Mistral (das ist ein im Rhône-Tal sehr gefürchteter Fallwind). Bis zur Premiere, selbst noch am Abend der Premiere bestimmte er den Ablauf. Das führte oft dazu, dass abgebrochen werden musste, weil der Wind im wahrsten Sinn des Wortes – Töne, Noten, Requisiten fortblies. Während dieser zahlreichen Probenunterbrechungen gab es genügend Zeit zu zeichnen, zu beobachten, zu plaudern.

Stunden um Stunden saßen wir im amphitheatralischen Rund des in der Römerzeit erbauten Theaters. RW zeichnete unablässig – die Sängerin, die Sänger, die Kulissen, u.a. mit einem wunderschönen, furchterregenden Drachen aus Pappmaché für Medeas Fahrt in das Reich der Schatten.

Für das Rollenporträt der Rysanek als Medea entwickelte RW eine Dreiphasendarstellung: die Mutter, die ihr Kind wiegt, die rächende Mörderin Medea und die Trauernde, die der Drachenwagen entführt. (Das Rollenporträt befindet sich heute im Österreichischen Theatermuseum, Wien).

 Während der probenfreien Zeit gingen wir in und um Arles auf Entdeckungsreisen, suchten nach den Spuren des Malers Vincent van Gogh(1853-1890), der in Arles einige seiner berühmtesten Bilder gemalt hatte und fanden viele Motive seiner Bilder und Zeichnungen (damals 1976!) erstaunlich unberührt wieder. Es war nicht nur eine Porträtreise gewesen, der künstlerische Ertrag war weit umfangreicher – RW nahm einen schier unerschöpflichen Bildvorrat, „Vorrat“ an Licht und Ambiance mit, ein Reservoire von dem er lange Zeit zehrte, das zu weiteren Reisen nach  Süd-Frankreich anregte. Als wir Arles nach der Premiere verließen, war unser Handgepäck um einige Kilo Papier schwerer geworden, RW hatte ununterbrochen gezeichnet, lose Blätter, Skizzenbücher gefüllt – Seite um Seite.

Untergründig blieb aber immer ein Ereignis präsent: Der 13.2.1945, die Apokalypse der Nacht des Bombenangriffs auf Dresden. RW hatte diese Nacht durch Zufall überlebt, –  das Erlebte (heute würde man es Trauma nennen) prägte fortan seine Bildsprache; die Motive (die Maske, das Groteske, Tod und Verwesung u.a.), auch dann, wenn ein Motiv heiter und leger zu sein scheint, die Farbigkeit (Rauch -und Feuerfarben), den „züngelnden“ Strich, den er immer leicht ironisch seine „Stacheldrahtkursive“ nannte.

Die beruflichen Vorstellungen des jungen Malers RW galten dem Theater. Er wollte Bühnenbildner werden. Ein Ansuchen (um 1950) um eine Assistenz bei dem damals in der DDR sehr bekannten Bühnenbildner Karl von Appen wurde ohne Begründung abgelehnt. RW wählte einen anderen künstlerischen Weg, den des freien Malers, aber seine künstlerische Fixierung, - ich möchte es Urgebärde nennen-,  auf das Theatralische blieb. Wann immer es möglich war, besuchte er Proben. In Berlin, an der Deutschen Oper, bekam RW wieder derart ideale Arbeitsbedingungen wie in Arles während der Medea-Proben, stundenlang zusehen, zuhören zu können. Es war ein besonders glücklicher Zufall, dass er zu den Proben der Ballettkompagnie der Deutschen Oper Zutritt bekam (durch den damaligen Ballettphotographen).  

Die zahlreichen Zeichnungen, Blätter auf Ölpapier sind eigentlich Versuchstationen: Raum (die dritte Dimension) und Bewegung in der Fläche mit dem Stift, dem Pinsel, der Farbe so zu gestalten, dass Bewegung zum Raum, zum Licht zum Klang wird. Diese Tanzzeichnungen geben keine konkreten Choreographien wieder, keine konkreten Tanzszenen, sondern sind Impressionen des Tänzerischen an sich, auch dann, wenn sie durch den Zwang, Bilder bezeichnen zu müssen, konkret angeben „ Pas de deux“ oder auch einen Tänzer benennen.

Im Atelier von RW stand eine umfangreiche Bibliothek; unter Kollegen galt RW als „doctor pictus“. Bildbände, Monographien über Maler aus allen Epochen, Bände über die Kunsttheorien, Maltechniken waren das Kernstück;  einen besonderen Schwerpunkt bildete eine kleine Sammlung über „Art brut“ und „Kunst und Wahn“ (s.u.). Literatur, Philosophie und Schachbücher vervollständigten diese Welt der Bücher.

Die Maltechnik von RW, handwerklich noch erlernt in Dresden an der Hochschule für Bildende Künste (Insider wie RW sprachen dann nur von der Brühlschen Terrasse), in Berlin-Weißensee. Die Maltechnik, die dafür nötigen Malmittel hat er autark nach eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen abgewandelt und weiterentwickelt. Aber: immer  orientierte er sich technisch an den alten Maltechniken. Erst in den letzten Jahren, nach 2000 entstanden Farbversuche und Techniken, die von dem bisher Gebrauchten  abwichen ohne es in Frage zu stellen.

Er sprach immer von „schwimmenden trüben Medien“, benutzte als Grundierung noch Bleiweiß, mischte dies mit Eigelb, Malmittel, Terpentin; er hatte im Laufe der Jahre in seiner „Giftküche“ eine eigene Mischung entwickelt.

Bleiweiß (heute verboten, weil als giftig definiert), erklärte er mir immer, wäre deswegen so wichtig, weil nur mit Bleiweiß ein bestimmter Farbklang zu erreichen sei, es ließe den Farbauftrag schwimmender erscheinen, und da er mit Vorliebe mit Erd- und Naturfarben arbeitete,  kam dieses Bleiweiß (das nicht wirklich weiß war) seiner Intention entgegen, mit vielen kleinen vielfach abgetönten Pinselstrichen (er benutzte fast nur hauchdünne Haarpinsel) Farbe zu gestalten, zum Schwingen und zum Klingen zu bringen, Licht einzufangen . 

Es folgt Momentaufnahme zwei – der Alltag. Auftragsarbeiten, viele Ausstellungen, die er als Ausstellungsgestalter im Auftrag für andere erarbeitete; Vorträge für die Erwachsenenbildung der Evangelischen Kirche – an denen auch ich einen umfangreichen und wesentlichen Arbeitsanteil hatte.

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Momentaufnahme drei: 1968 erhielt RW erstmals das Stipendium Villa Serpentara in Olevano Romano der Akademie der Künste, Berlin; 1972 ein zweites Mal. Von diesem Moment an war er, wann immer es möglich war, häufiger Gast in Olevano; so sehr hatte ihn dieser geschichtsträchtige Ort „verzaubert“, die Landschaft und nicht zuletzt die  Erfahrung „einer anderen Welt“. Er betonte immer wieder, daß „ich bin eigentlich ein Südmensch bin.“ So verwundert es nicht, wenn ein großer Teil seines Werkes Motive aus Olevano oder Rom verarbeitet.

Die Ausstellungen eigener Arbeiten, entweder als Einzelausstellung oder als Teilnehmer  an  Sammelausstellungen waren nicht auf Berlin beschränkt. Wien war ein wichtiger Ausstellungsort, München und andere deutsche Städte. Eine besondere Ehre allerdings war 1977 die offizielle Einladung zu einer Ausstellung im Kulturpalast in Warschau, Galeria Teatr Studio. Noch war das politische Verhältnis Deutschland –Polen, und speziell die politische Situation Westberlin weit davon entfernt entspannt zu sein, als „normal“ bezeichnet werden zu können. Der kurze Aufenthalt in Warschau wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis. Aber: wir wurden so herzlich empfangen, niemand ließ uns die Problematik des Offiziellen spüren – und wir fanden Freunde, u.a. den in Polen sehr populären Schauspieler und Regisseur Aleksandr Bardini (1913-1995), den RW auch porträtiert hat.

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 Momente der besonderen Art waren die Aufträge, die mit Bühne, mit Theater und Podium zu tun hatten. Ein Bühnenbild für die Jesuitenkirche/Universitätskirche in Wien für eine Kirchenoper (LA FEDE SACRILEGA von J.J. Fux) war eine ganz besondere Herausforderung. Die Kirche, erbaut im 17.Jh., der Kirchenraum dann Anfang des 18.Jh. von Andrea Pozzo in trompe l`oeil Manier ausgestattet, „spielte“ mit. Die Dekoration nahm die trompe l `oeil Manier des Raumes auf und ließ sie „mitspielen“, hatte aber auch die Funktion Spielfläche und Kirchenraum voneinander abzusetzen.

Die Auftragsarbeit für die Münchner Philharmoniker: Für die Programmbücher konzertanter Opernaufführungen Bildmaterial zu zeichnen, das dem Zuhörer die theatralische Dimension nahe bringt ohne „illustrativ“ zu sein.

Momentaufnahme vier: Eines Tages hatte ich die Idee Hauskonzerte als Treffpunkt und als „Salon“ zu organisieren, die Idee eines „Salon“ wieder zu beleben. Die Künste sollten sich im kleinen Kreis möglichst zwanglos begegnen: Musik und Malerei, Literatur. Es sollte ein Forum sein für Künstler, die den Weg an die Öffentlichkeit noch nicht gefunden hatten. RW ging begeistert darauf ein. Wir veranstalteten diese Abende während der letzten Berliner Jahre (1997 – 2000) und in Wien (2001 – 2004) bis zu seinem Tod. Sie waren sehr gefragt, beliebt und immer gut besucht.

 Ingrid Schramm, Schriftstellerin und Malerin:

 Über den Salon Wünsche,  in Wien-Hietzing, Feldmühlgasse

 ... Heutzutage leben Künstlerabende im privaten Kreis nur mehr als Legende in Büchern. Und doch blühte im Verborgenen um die Jahrtausendwende ein Salon der besonderen Art wieder auf: Der Salon Wünsche-Saval, geleitet von Dagmar Saval und ihrem Mann, dem Maler Ralph Wünsche. In ihrem großen Wohnzimmer lebte die längst verschollene Tradition wieder auf. Von der Wand, vor der der Flügel stand, blickte der Dirigent Zubin Meta mit humorvollem Blinzeln auf die Besucher herab. …

Als ich Dagmar Saval … kennenlernte, hatte ich gerade meinen ersten Roman „Die Traumspur“ veröffentlicht. Ich beklagte mich bei ihr, dass man als Schriftsteller heutzutage kaum mehr Möglichkeiten habe, sich zu präsentieren. Dagmar Saval sagte mit bitterem, aus eigenen Erfahrungen schöpfendem Lächeln: „Na, dann kommen Sie halt zu uns“ Ich wurde in den kommenden Tagen eingeladen, um bei den Vorbereitungen für einen Literaturabend zu helfen, an dem ich über die Entstehungsgeschichte meines Romans reden und eine heiße Diskussion zum Thema Wiedergeburt entfachen wollte. Die Tür wurde geöffnet und ein mittelgroßer, gedrungener Mann mit einer Menge wirrer weißer Haare stand vor mir. Er führte mich in das große Wohnzimmer, das an dem besagten Abend in einen Salon umgewandelt werden sollte. Mein erster Blick fiel auf die Wand, an der ein Flügel stand. Das Porträt des Dirigent Zubin Meta, - das mich sofort in Bann schlug, … in einem Feuer aus Rottönen …

 Ich hielt mich nicht mit Höflichkeitsfloskeln auf, sondern bedrängte Ralph Wünsche, mir mehr von seinen Werken zu zeigen. Er holte eine Mappe aus seinem Arbeitszimmer, blätterte Seite um Seite um und betäubte mich mit einem Rausch von Farben. Ich war nur mäßig beeindruckt. Nach Zubin Meta ließ mich alles kalt. Plötzlich zauberte er ein Ölporträt der Schauspielerin Christine Ostermayer hervor. … Ihr Gesicht verschwamm in Blaugrau-Tönen. Sie selbst trat vollkommen zurück hinter ihren Augen, die einen hypnotisch in ihre innersten Geheimnisse zogen. Man konnte ihr glitzerndes Lachen hören, ihre einzigartige Stimme, hoch und glasklar. Diese Augen waren so lebensecht, dass sie ihr ganzes Inneres preisgaben, Humor, Schalk, Spott, Trauer, maßlose Wut, die gebändigt war durch die Dressur, sich als Dame geben zu müssen. …

Für den Literaturabend „Die Traumspur“ zeichnete Ralph Wünsche ein Porträt von mir, doppeläugig. Er hing es als Plakat an die Eingangstür. Die doppelten Augen passten genial zum Thema Wiedergeburt. …

 Nach der Lesung entstand eine lebhafte Diskussion, und Zubin Meta blickte nun ein wenig höhnisch auf uns herab.

Ich habe danach mehrere Musikabende im Salon Wünsche erlebt, an denen Dagmar Saval als Moderatorin mitwirkte. …

Einmal gab es auch einen Abend, an dem Ralph Wünsche seine Bilder ausstellte. Ich stand den ganzen Abend vor dem Porträt von Christine Ostermayer, das er eigentlich nicht aufhängen wollte. Erst als ich ihn eindringlich darum bat, tat er mir den Gefallen, und ich ersoff im Rausch dieses Gemäldes.

Hella Rost, langjährige Freundin und Studienkollegin, erinnert sich: 

 Ralph Wünsche – unvergessen – war Mittler und Vermittler de Künste insgesamt – bildende Kunst, Musik, Dichtung, Wort – dieses Miteinander prägte seine künstlerische Arbeit!

Aber nicht nur diese eigene Kunstsicht und Verschmelzung zu einem Ganzen war sein Anliegen und Tun, sondern absolut selten und ungewöhnlich in diesem Maße, war seine Förderung und Anerkennung von Künstlerkollegen – eine großartige Solidarität!  Ein Einsatz, den er schon als Student bewies – damals, selbst Student der Hochschule für bildende Künste in West-Berlin(in den 50er, Anfang der 60er Jahre – auch aus dem Osten), half er vielen (neuen) Oststudenten hier im „Westen“ die richtigen „Meldestellen“ zu finden – das vergaß keiner!

Es gab über alle Jahre hinweg, auch über längere Zeiten des Nichtsehens – Begegnungen mit dem Künstler Ralph Wünsche, die mich nachhaltig und immer wieder beeindruckt haben – er bleibt eine unvergessene Persönlichkeit!

Berlin, Juni 2012                                                         Hella Rost, Künstlerin


Jürgen Pieplow,  Erinnerung an einen anderen Ralph Wünsche

 In der besonderen Schublade eines Atelierschrankes sind dieAdresszettel und Taschenkalender aus vergangenen >Jahrzehnten verwahrt. Manche der notierten namen oder Verabredungen erinnern an prägnante Begegnungen auch an entscheidende Lebensbrüche – andere Notizen sind inhaltlich verweht.

Während der Grund- und Oberschuljahre galt ich in meinem Jahrgang beim Zeichnen- und Kunstunterreichoffenbar als bester Schüler, der fortwährend Tagbuchgeschichten mit Zeichnungen herstellte, Wettbewerbe gewann oder Wandzeitungen gestaltete, der sich über Jahre mit der besten Note in Kunst gelobt und bestätigt fühlte. Meine Schulzeit beendete ich nach 12 Jahren mit dem Abitur , der heutige Begriff „Gymnasium“ exisitierte 1954 für uns nicht. Dieser betraf damals den „unfreien und ausgebeuteten Westen“ Deutschlands, denn wir in Rostock und damit in der DDR gehörten zum „freien und fortschrittlichen“ Teil der Welt, fest verbunden mit der Sowjetunion. Die Mehrzahl von uns Schülern und Lehrern war natürlich nicht blind in der Alltäglichkeit zwischen Schein und Sein.
Nach den permanenten Verweigerungen eines Studienplatzes für Grafik, Illustration oder angewandte Kunst und nach langem Zögern wollte ich mich im Sommer 1956 nach den Chancen für einen Studienplatz an der HfBK in Berlin-Charlottenburg erkundigen, die sich bekanntlich im realen West-Berlin befand.
Schon in den ersten Momenten meiner vorsichtigen Fragen dort im Büro der HfBK wurde ich unterbrochen. Die Mitarbeiterin holte einen Studenten herbei, der vordem schon die DDR verlassen hatte und der sich in den Regularien und diesen speziellen Risiken auskannte.
Der Student Ralph Wünsche,vor dem in Dresden, wurde mir vorgestellt und er erklärte mir, wie er mir helfen könne, um das Risiko einer vorstellbaren Fluchtverhinderung durch DDR-Grenzorgane gering zu halten. In meinem Taschenkalender von 1956 befindet sich die damalige Anschrift von Ralph Wünsche: Berlin-Wilmersdorf, Süd-West-Korso 45/IV, bei Semigkeit(?), nicht mehr deutlich erkennbar. Dorthin sollte ich eine Auswahlmappe meiner Bewerbung für die Zulassungsprüfung persönlich bringen. Er bekam auch meine Adresse in Rostock, dorthin wollte Ralph Wünsche dann eine Postkarte schicken mit allgemeinen Grüßen und einer beiläufigen Anmerkung, daß ich an den Geburtstag eines fiktiven Onkel Erich* am so und so vielten denken solle. Das Datum wäre dann das positive Signal, daß ich zur Aufnahmeprüfung zugelassen sei und dann zum Beginn der Prüfung erwartet würde.
Diese Postkarte kam mit dem fiktiven Geburtagsdatum versehen: 8. Oktober 1956.
Ich organisierte meinen eventuellen Grenzwechsel, von dem zunächst nur meine Eltern und meine Freundin wußten. Die viertägige Aufnahmeprüfung gelang, ich blieb sogleich in West-Berlin und konnte endlich Student sein.
Für diese entscheidende Hilfe bei dieser Weichenstellung zum weiteren beruflichen Lebensweg bin ich Ralph Wünsche außerordentlich dankbar
Jürgen Pieplow 
Wedel ,24.10. 2013  
* Der genannte fiktive Onkel Erich verbirgt viel Ironie. Es ist eine Anspielung auf Erich Honecker(1912-1994), 1955 noch Vorsitzender der FDJ, Sicherheitssekretär der SED. Generalsekretär des ZK der SED seit 1971
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Zum Werk

von

Dagmar Saval

 Farben türmen sich, stürzen wie ein Wasserfall aus den Bildern, ziehen den Betrachter wie in einen Trichter in das Bild hinein – und Zeichnungen irritieren mit nervösem rhythmisierten Strichen, lösen Verwirrung aus – und Bewunderung, Begeisterung für die hohe Kunst des Zeichnens, der Farbführung. RW betonte immer: „Ich möchte den Betrachter meiner Bilder dazu bewegen, die Geschichte, die ich ihm mit Farbe, Strich und Pinsel erzähle, auch wenn es kein erkennbares Sujet gibt, selbst erfindet, erzählt.“ Das ist auch für mich, viele Jahre nach seinem Tod, der rote Faden durch sein Werk.

Bei diesem Versuch etwas über ihn und sein Werk zu schreiben gehört der Griff nach DEN Büchern, die seine  - und auch meine - theoretischen Bildvorstellungen nachhaltig geprägt haben.

Da waren: „DER Doerner “, das Buch über Malmittel.

Zwei Kultbücher der späten 50er Jahre für alle, die mit und für die Kunst leben wollten: 

André Malraux, Das imaginäre Museum, 1957 und Gustav René Hocke, Die Welt als Labyrinth, 1957.

In einer späten Begegnung mit Hocke in Italien (1969) konnte er dem Autor selbst seine Bewunderung mitteilen. Die Auseinandersetzung RW mit diesem grundlegenden Werk, mit der damals (in den 50er Jahren) als unorthodox empfunden Sicht auf die Welt/das Phänomen des Manierismus in Kunst und Literatur, weckte in RW die ursächlich vorhandene Lust am Magischen, am Grotesken, am Phantastischen, am „Ab-Wegigen“.  Fast bin ich versucht zu sagen, seine Ur-Gebärde zu diesen Phänomenen vertiefte sich noch dadurch – und in Verbindung mit der unleugbaren Neigung zum Klassizismus entstand eine produktive dialektische Spannung, aus der er immer wieder schöpfen konnte. Immer wieder betonte er das Experimentelle an seiner Arbeit, seine farbigen Arbeiten vor allem, seien „Versuchsanordnungen“.

So verwundert es nicht, dass er in seiner Bibliothek auch eine kleine Sammlung wichtiger theoretischer Werke über „Art brut“ (Jean Dubuffet), „Kunst und Wahn“ (Ausstellungskatalog von Werner Hofmann), Hans Prinzhorn, Die Bildnerei der Geisteskranken, 1922, Leo Navratil, Schizophrenie und Kunst, 1965 besaß; die grundlegenden Schriften des  Surrealismus von Guillaume Apollinaire und Bildwerke über den Surrealismus.    

Aus dem Spannungsfeld „Magisch-Groteskes-Phantastisches“ und „Konkret-Klassizistisches“  entwickelte der Maler RW seine ganz persönliche Form – und Farbensprache aus Abstraktion und Gegenständlichkeit, die sich jeder –ismus-Klassifizierung widersetzt. Der ARIADNEFADEN  durch diese verwirrend-bestürzende Welt der Farben und des Ausdrucks ist- „Der theatralische Gestus – Die ganze Welt ist Bühne“ - in seiner subtilsten Ausdrucksform: Rhythmus, Tanz. Rhythmus und Tänzerisches  durchziehen alle Werke, gleichgültig welches Sujet, welche Bildkomposition, Papier oder Leinwand, umgesetzt in Farbe und Strich, Versuche mit dem Pinsel, dem Zeichenstift oder mit Fingermalerei Licht , Raum und Musik, auf die Zweidimensionalität der Leinwand oder des Papier/Karton zu bannen.

1991 wurden im Berliner Dom, im DOMizil Tanzzeichnungen ausgestellt.

... es wird auf die Gestimmtheit des Betrachters ankommen, ob er in den ekstatischen, fulminanten Bewegheiten einen Tanz auf dem Vulkan sieht oder nicht. …Da vermag man wohl tanzende Gestalten auszumachen, da taucht ganz deutlich ein Gesicht, eine Hand oder ein Bein auf, aber ob das immer ein und dieselbe Figur ist  … Die nervösen Pinselschwünge der Kreide- und Bleistiftlinien sind so vernetzt und verstrickt miteinander, dass manches Blatt wie ein einziger Wirbel, ja wie ein Sturm daherkommt. …Es ist als höre man die Klänge des Orchesters und ahne den brausenden Beifall …

Zit.: Sabine Sülflohn, Verschwenderische Fülle zauberhafter Details. Werke von Ralph Wünsche in der Galerie „DOMizil“, Neue Zeit, Berlin, 18.2.1991

 Zu der ununterbrochenen Auseinandersetzung mit dem „theatrum mundi“  gehörten auch die Auftragsarbeiten für verschiedene Programmbücher, erst in Berlin für das Orchester der Berliner Symphoniker (heute Deutsches Symphonieorchester), später für die Münchner Philharmoniker.

Für das Programmbuch „Die schwarze Maske“ von K. Penderecki verfasste RW folgenden Text, den man als Credo seiner Intentionen lesen kann:

… Die Aquarelle und Zeichnungen … sollen dem Zuhörer, der diese Oper noch nie auf der Bühne gesehen hat, die theatralische Dimension nahe bringen. … Das bildnerische Umsetzen des Grundmotivs durfte keine Illustration des gesungenen und gesprochenen Wortes sein, sondern eine Kette von assoziativen Bildern, die sowohl dem Duktus der Musik wie auch dem der theatralischen Gebärde folgt. … Meine assoziativen Bilder verknüpfen die unsichtbaren wie sichtbaren Fäden vom Bild zu Wort und Ton – sie gehen den Weg von einer Kunst zur anderen.

zit.: Ralph Wünsche, Konzertprogramm der Münchner Philharmoniker für die Oper „Die Schwarzen Maske“( Kzrysztof Penderecki) München 14. – 18. November 1997, S. 66/67

 Selbst der Kunstkritik blieb nicht verborgen, dass der Maler Ralph Wünsche sich intensiv mit Fragen und Problemen der Kunstgeschichte ebenso auseinandergesetzt hat wie mit Philosophie. Anlässlich einer Ausstellung in der Galerie Ruf, während der OPEN ART 97 schreibt die Münchner Abendzeitung:

… Ralph Wünsche gilt als Maler und Zeichner von großer Gelehrsamkeit. Gleichzeitig sind seine Werke von überschäumender Vitalität geprägt. Die Figuren sprühen vor Bewegung, festgehalten in einem Augenblick, aus dem sie jeden Moment heraustanzen könnten. Oder sie laden den Menschen vor dem Bild ein, hereinzukommen, sich von dem Zauber der Szene mit einfangen zu lassen. Und portraitierte Persönlichkeiten scheinen aus der Leinwand heraus mit dem Betrachter sprechen zu wollen ….

Zit. : A(bend)Zeitung, München, 11.11.1997

Ausstellung „Ralph Wünsche: Bilder und Aquarelle“, anlässlich der Open Art 97 München, Galerie Ruf, München-Gasteig