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Aus Dagmar Saval Wünsche

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Ralph Wünsche, Maler und Zeichner

56 Byte entfernt, 21:40, 30. Dez. 2018
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====''Vom Rot zum Grün stirbt alles Gelb'' (Guillaume Apollinaire)====
Dieses Zitat von Guillaume Apollinaire hat '''Ralph Wünsche ''' wie ein Motto für sein Werk verstanden wissen wollen.
Dagmar Saval 
Meine Präsenz während der Porträtsitzungen war für beide, für den /die Porträtierte/n und RW gleichermaßen wichtig. Schon während der ersten Begegnung mit der zu porträtierenden Person assistierte ich mit meiner Kamera – hielt auf Wunsch von RW unterschiedliche Positionen mit der Kamera fest, dokumentierte. Der Porträtierte/ die Porträtierte sollte nicht mit langen Sitzungen „gequält“ werden; O-Ton RW. „Das Porträt entsteht dann im Atelier, nach den Skizzen, die Photos dienen der Korrektur.“ Meine Aufgabe war (neben der Photographie) das Gespräch, eine lockere Atmosphäre herzustellen, um die Aufmerksamkeit der porträtierten Person von dem allgegenwärtigen Bleistift, von Feder oder Pinsel, die sie auf Papier oder Leinwand festband, abzulenken.
Eine große Ausnahme waren die Sitzungen zu den Porträts der Dirigenten ''' Karl Böhm ''' und ''' Leonard Bernstein'''. Hier erhielt RW die Erlaubnis im Orchestergraben zu sitzen, zwischen den Musikern, meist am ersten Pult, während der Proben. So konnte er im Rhythmus der Probe ungestört zeichnen, beobachten, zuhören – er verschmolz mit dem Orchester.
Das Rollenporträt des Weltstars, der Sopranistin '''Leonie Rysanek-Gausmann''', entstand unter ganz besonderen Bedingungen. 1976 sang die Rysanek die Medea (Titelpartie der gleichnamigen Oper von Luigi Cherubini) im Théàtre "Théâtre antique " in Arles. Das Porträt war ein Auftragswerk; wir reisten nach Arles zu den Proben  und zur Premiere der Oper „Medea“. Eine ganz besondere Atmosphäre prägte diese Woche der letzten Proben, zu denen auch die Primadonna frühzeitig angereist war.   Die Proben begannen meist zwischen 10h und 11h, doch vom ersten Tag an gab es einen ungebeteten Mitspieler: den Mistral (das ist ein im RhòneRhône-Tal sehr gefürchteter Fallwind). Bis zur Premiere, sélbst selbst noch am Abend der Premiere bestimmte er den Ablauf. Das führte oft dazu, dass abgebrochen werden musste, weil der Wind im wahrsten Sinn des Wortes – Töne, Noten, Requisiten fortblies. Während dieser zahlreichen Probenunterbrechungen gab es genügend Zeit zu zeichnen, zu beobachten, zu plaudern.
Stunden um Stunden saßen wir im amphitheatralischen Rund des in der Römerzeit erbauten Theaters. RW zeichnete unablässig – die Sängerin, die Sänger, die Kulissen, u.a. mit einem wunderschönen, furchterregenden Drachen aus Pappmaché für Medeas Fahrt in das Reich der Schatten.
Für das Rollenporträt der Rysanek als Medea entwickelte RW eine Dreiphasendarstellung: die Mutter, die ihr Kind wiegt, die rächende Mörderin Medea und die Trauernde, die der Drachenwagen entführt. (Das Rollenporträt befindet sich heute im Österreichischen Theatermuseum, Wien).
 Während der probenfreien Zeit gingen wir in und um Arles aufauf Entdeckungsreisen, suchten nach den Spuren des Malers''' Vincent van Gogh'''(1853-1890), der in Arles einige seiner berühmtesten Bilder gemalt hatte und fanden viele Motive seiner Bilder und Zeichnungen (damals 1976!) erstaunlich unberührt wieder. Es war nicht nur eine Porträtreise gewesen, der künstlerische Ertrag war weit umfangreicher – RW nahm einen schier unerschöpflichen Bildvorrat, „Vorrat“ an Licht und Ambiance mit, ein Reservoire von dem er lange Zeit zehrte, das zu weiteren Reisen nach  Süd-Frankreich anregte. Als wir Arles nach der Premiere verließen, war unser Handgepäck um einige Kilo Papier schwerer geworden, RW hatte ununterbrochen gezeichnet, lose Blätter, Skizzenbücher gefüllt – Seite um Seite.
EntdeckungsreisenUntergründig blieb aber immer ein Ereignis präsent: Der 13.2.1945, suchten nach den Spuren die Apokalypse der Nacht des Malers Vincent van GoghBombenangriffs auf Dresden. RW hatte diese Nacht durch Zufall überlebt, –  das Erlebte (1853-1890heute würde man es Trauma nennen), der in Arles einige seiner berühmtesten Bilder gemalt hatte und fanden viele prägte fortan seine Bildsprache; die Motive seiner Bilder und Zeichnungen (damals 1976!) erstaunlich unberührt wieder. Es war nicht nur eine Porträtreise gewesendie Maske, der künstlerische Ertrag war weit umfangreicher – RW nahm einen schier unerschöpflichen Bildvorratdas Groteske, „Vorrat“ an Licht Tod und Ambiance mitVerwesung u.a.), auch dann, wenn ein Reservoire von dem er lange Zeit zehrteMotiv heiter und leger zu sein scheint, das zu weiteren Reisen nach  Süddie Farbigkeit (Rauch -Frankreich anregteund Feuerfarben), den „züngelnden“ Strich, den er immer leicht ironisch seine „Stacheldrahtkursive“ nannte.
Als wir Arles nach Die beruflichen Vorstellungen des jungen Malers RW galten dem Theater. Er wollte Bühnenbildner werden. Ein Ansuchen (um 1950) um eine Assistenz bei dem damals in der Premiere verließenDDR sehr bekannten Bühnenbildner''' Karl von Appen''' wurde ohne Begründung abgelehnt. RW wählte einen anderen künstlerischen Weg, den des freien Malers, aber seine künstlerische Fixierung, - ich möchte es Urgebärde nennen-,  auf das Theatralische blieb. Wann immer es möglich war unser Handgepäck um einige Kilo Papier schwerer geworden, besuchte er Proben. In Berlin, an der Deutschen Oper, bekam RW hatte ununterbrochen gezeichnetwieder derart ideale Arbeitsbedingungen wie in Arles während der Medea-Proben, stundenlang zusehen, lose Blätterzuhören zu können. Es war ein besonders glücklicher Zufall, Skizzenbücher gefüllt – Seite um Seitedass er zu den Proben der Ballettkompagnie der Deutschen Oper Zutritt bekam (durch den damaligen Ballettphotographen). 
Untergründig blieb aber immer ein Ereignis präsent: Der 13.2.1945, die Apokalypse der Nacht des Bombenangriffs auf Dresden. RW hatte diese Nacht durch Zufall überlebt, –  das Erlebte(heute würde man es Trauma nennen) prägte fortan seine Bildsprache; die Motive (die Maske, das Groteske, Tod und Verwesung u.a.), auch dann, wenn ein Motiv heiter und leger zu sein scheint, die Farbigkeit (Rauch -und Feuerfarben), den „züngelnden“ Strich, den er immer leicht ironisch seine „Stacheldrahtkursive“ nannte. Die beruflichen Vorstellungen des jungen Malers RW galten dem Theater. Er wollte Bühnenbildner werden. Ein Ansuchen (um 1950) um eine Assistenz bei dem damals in der DDR sehr bekannten Bühnenbildner Karl von Appen wurde ohne Begründung abgelehnt. RW wählte einen anderen künstlerischen Weg, den des freien Malers, aber seine künstlerische Fixierung, - ich möchte es Urgebärde nennen-,  auf das Theatralische blieb. Wann immer es möglich war, besuchte er Proben. In Berlin, an der Deutschen Oper, bekam RW wieder derart ideale Arbeitsbedingungen wie in Arles während der Medea-Proben, stundenlang zusehen, zuhören zu können. Es war ein besonders glücklicher Zufall, dass er zu den Proben der Ballettkompagnie der Deutschen Oper Zutritt bekam (durch den damaligen Ballettphotographen).   Die zahlreichen Zeichnungen, Blätter auf Ölpapier sind eigentlich Versuchstationen: Raum (die dritte Dimension) und Bewegung in der Fläche mit dem Stift, dem Pinsel, der Farbe so zu gestalten, dass Bewegung zum Raum, zum Licht zum Klang wird. Diese Tanzzeichnungen geben keine konkreten Choreographien widerwieder, keine konkreten Tanzszenen, sondern sind Impressionen des Tänzerischen an sich, auch dann, wenn sie durch den Zwang, Bilder bezeichnen zu müssen, konkret angeben „ Pas de deux“ oder auch einen Tänzer benennen.
Im Atelier von RW stand eine umfangreiche Bibliothek; unter Kollegen galt RW als „doctor pictus“. Bildbände, Monographien über Maler aus allen Epochen, Bände über die Kunsttheorien, Maltechniken waren das Kernstück;  einen besonderen Schwerpunkt bildete eine kleine Sammlung über „Art brut“ und „Kunst und Wahn“ (s.u.). Literatur, Philosophie und Schachbücher vervollständigten diese Welt der Bücher.
Es folgt Momentaufnahme zwei – der Alltag. Auftragsarbeiten, viele Ausstellungen, die er als Ausstellungsgestalter im Auftrag für andere erarbeitete; Vorträge für die Erwachsenenbildung der Evangelischen Kirche – an denen auch ich einen umfangreichen und wesentlichen Arbeitsanteil hatte.
Momentaufnahme drei: 1968 erhielt RW erstmals das Stipendium Villa Serpentara in '''Olevano Romano ''' der Akademie der Künste, Berlin; 1972 ein zweites Mal. Von diesem Moment an war er, wann immer es möglich war, häufiger Gast in Olevano; so sehr hatte ihn dieser geschichtsträchtige Ort „verzaubert“, die Landschaft und nicht zuletzt die  Erfahrung „einer anderen Welt“. Er betonte immer wieder, daß „ich bin eigentlich ein Südmensch bin.“ So verwundert es nicht, wenn ein großer Teil seines Werkes Motive aus Olevano oder Rom verarbeitet. Die Ausstellungen eigener Arbeiten, entweder als Einzelausstellung oder als Teilnehmer  an  Sammelausstellungen waren nicht auf Berlin beschränkt. Wien war ein wichtiger Ausstellungsort, München und andere deutsche Städte. Eine besondere Ehre allerdings war 1977 die offizielle Einladung zu einer Ausstellung im Kulturpalast in Warschau, Galeria Teatr Studio. Noch war das politische Verhältnis Deutschland –Polen, und speziell die politische Situation Westberlin weit davon entfernt entspannt zu sein, als „normal“
bezeichnet Die Ausstellungen eigener Arbeiten, entweder als Einzelausstellung oder als Teilnehmer  an  Sammelausstellungen waren nicht auf Berlin beschränkt. Wien war ein wichtiger Ausstellungsort, München und andere deutsche Städte. Eine besondere Ehre allerdings war 1977 die offizielle Einladung zu einer Ausstellung im Kulturpalast in Warschau, Galeria Teatr Studio. Noch war das politische Verhältnis Deutschland –Polen, und speziell die politische Situation Westberlin weit davon entfernt entspannt zu sein, als „normal“ bezeichnet werden zu können. Der kurze Aufenthalt in Warschau wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis. Aber: wir wurden so herzlich empfangen, niemand ließ uns die Problematik des Offiziellen spüren – und wir fanden Freunde, u.a. den in Polen sehr populären Schauspieler und Regisseur Aleksandr Bardini (1913-1995), den RW auch porträtiert hat.
 Momente der besonderen Art waren die Aufträge, die mit Bühne, mit Theater und Podium zu tun hatten. Ein Bühnenbild für die Jesuitenkirche/Universitätskirche in Wien für eine Kirchenoper (LA FEDE SACRILEGA von J.J. Fux) war eine ganz besondere Herausforderung. Die Kirche, erbaut im 17.Jh., der Kirchenraum dann Anfang des 18.Jh. von Andrea Pozzo in trompe l`oeil Manier ausgestattet, „spielte“ mit. Die Dekoration nahm die trompe l `oeil Manier des Raumes auf und ließ sie „mitspielen“, hatte aber auch die Funktion Spielfläche und Kirchenraum voneinander abzusetzen.
Es gab über alle Jahre hinweg, auch über längere Zeiten des Nichtsehens – Begegnungen mit dem Künstler Ralph Wünsche, die mich nachhaltig und immer wieder beeindruckt haben – er bleibt eine unvergessene Persönlichkeit!
======Berlin, Juni 2012                                                         Hella Rost, Künstlerin <span style="font-size: 12pt;">'''<span lang="DE" style="margin: 0px; color: windowtext; font-family: 'Calibri','sans-serif';">Erinnerung an einen anderen Ralph Wünsche</span>'''</span>===
===Erinnerung an einen anderen Ralph Wünsche==='''von Jürgen Pieplow '''
 '''====Zum Werk '''====
von
Dagmar Saval
 Farben türmen sich, stürzen wie ein Wasserfall aus den Bildern, ziehen den Betrachter wie in einen Trichter in das Bild hinein – und Zeichnungen irritieren mit nervösem rhythmisierten Strichen, lösen Verwirrung aus – und Bewunderung, Begeisterung für die hohe Kunst des Zeichnens, der Farbführung. RW betonte immer: „Ich möchte den Betrachter meiner Bilder dazu bewegen, die Geschichte, die ich ihm mit Farbe, Strich und Pinsel erzähle, auch wenn es kein erkennbares Sujet gibt, selbst erfindet, erzählt.“ Das ist auch für mich, viele Jahre nach seinem Tod, der rote Faden durch sein Werk.
Das ist auch für mich, viele Jahre Bei diesem Versuch etwas über ihn und sein Werk zu schreiben gehört der Griff nach seinem TodDEN Büchern, der rote Faden durch sein Werkdie seine  - und auch meine - theoretischen Bildvorstellungen nachhaltig geprägt haben.
Bei diesem Versuch etwas Da waren: „'''DER Doerne'''r“, das Buch über ihn und sein Werk zu schreiben gehört der Griff nach DEN Büchern, die seine  - und auch meine - theoretischen Bildvorstellungen nachhaltig geprägt habenMalmittel.
Da warenZwei Kultbücher der späten 50er Jahre für alle, die mit und für die Kunst leben wollten: „DER Doerner“, das Buch über Malmittel. 
Zwei Kultbücher der späten 50er Jahre für alle, die mit und für die Kunst leben wollten: '''''André Malraux'', ''' Das imaginäre Museum, 1957 und '''''Gustav René Hocke''''', Die Welt als Labyrinth, 1957.
In einer späten Begegnung mit Hocke in Italien (1969) konnte er dem Autor selbst seine Bewunderung mitteilen. Die Auseinandersetzung RW mit diesem grundlegenden Werk, mit der damals (in den 50er Jahren) als unorthodox empfunden Sicht auf die Welt/das Phänomen des Manierismus in Kunst und Literatur, weckte in RW die ursächlich vorhandene Lust am Magischen, am Grotesken, am Phantastischen, am „Ab-Wegigen“.  Fast bin ich versucht zu sagen, seine Ur-Gebärde zu diesen Phänomenen vertiefte sich noch dadurch – und in Verbindung mit der unleugbaren Neigung zum Klassizismus entstand eine produktive dialektische Spannung, aus der er immer wieder schöpfen konnte. Immer wieder betonte er das Experimentelle an seiner Arbeit, seine farbigen Arbeiten vor allem, seien „Versuchsanordnungen“.
''... es wird auf die Gestimmtheit des Betrachters ankommen, ob er in den ekstatischen, fulminanten Bewegheiten einen Tanz auf dem Vulkan sieht oder nicht. …Da vermag man wohl tanzende Gestalten auszumachen, da taucht ganz deutlich ein Gesicht, eine Hand oder ein Bein auf, aber ob das immer ein und dieselbe Figur ist  … Die nervösen Pinselschwünge der Kreide- und Bleistiftlinien sind so vernetzt und verstrickt miteinander, dass manches Blatt wie ein einziger Wirbel, ja wie ein Sturm daherkommt. …Es ist als höre man die Klänge des Orchesters und ahne den brausenden Beifall … ''
Zit.: Sabine Sülflohn, Verschwenderische Fülle zauberhafter Details. Werke von Ralph Wünsche in der Galerie „DOMizil“ Neue , Neue Zeit, Berlin, 18.2.1991
 Zu der ununterbrochenen Auseinandersetzung mit dem „theatrum mundi“  gehörten auch die Auftragsarbeiten für verschiedene Programmbücher, erst in Berlin für das Orchester der Berliner Symphoniker (heute Deutsches Symphonieorchester), später für die Münchner Philharmoniker.