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Offenbachiade chez Max Reinhardt

341 Byte hinzugefügt, 21:52, 15. Okt. 2020
keine Bearbeitungszusammenfassung
: Von 1880 – 1886 wohnte die Familie  Reinhardt in Rudolfsheim, in der Schönbrunnerstraße 22 , d.i. heute Äußere Mariahilferstraße 150,  - unweit von „Schwenders Colosseum“;  von der Spielhalle bis zum Tanzparkett, der Bierhalle bis zum Theater wurde dem Besucher  jede nur denkbare Unterhaltung angeboten. Wollte er sich im Grünen entspannen, dann hatte er es nicht weit zu der weitläufigen Parklandschaft rund um das Schloß Schönbrunn. (Die heutige Parkanlage ist nur noch das "Herzstück" der ursprünglichen Anlagen.   
: Das Vorstadttheater Rudolfsheim spielte alles, was unterhält, von der Klassik bis zur Operette; 1893 stand  „'''Orpheus in der''' '''Unterwelt“''' auf dem Spielplan. Die Besetzungsliste verzeichnet  für die Rolle Merkur  - Max Reinhardt/Goldmann. Anzunehmen, daß das Vorstadttheater keine erstklassigen Gesangskräfte engagiert hatte, sondern mit dem hauseigenen Personal besetzt hatte, das sang, tanzte, spielte.  Die Anregung  Operette mit Schauspielern zu besetzen könnte Reinhardt aus  dieser eigenen Erfahrung von diesem Engagement in Rudolfsheim mitgenommen haben.  
: [[Datei:merkur.jpg|194x259px|thumb|right]]
: <span style="color: #800000;">"Orpheus in der Unterwelt", Jacques Offenbach.  Max Reinhardt in der Rolle des Merkur</span>
: <span style="color: #800000;">Wien, Vergnügungspark Schwender: Volkstheater Rudolfsheim , undatierter Programmzettel</span>
: Die Wiener Offenbachtradition(als Kurzfassung) der Wiener Vorstadtbühnen reicht bis zu den ersten Erfolgen des Komponisten - also bis zu "Orpheus in der Unterwelt (UA 1858) zurück Herausragend war das Carltheater, denn dort agierte DER Offenbachspieler und Fan, der Dichter, Schauspieler und Sänger Johann Nestroy. In seinen Bühnenanfängen war Nestroy als Baßbariton aufgetreten, bevor er sich ganz dem Schauspiel verschrieb. Als Sängerdarsteller war er für die Offenbach-Rollen prädestiniert.      
: „Alles ist nur Theater“ … für den Bühnenmenschen Reinhardt gibt es keine Genregrenzen. Wie der Puppenspieler, der an allen seinen Fäden zieht um – „die Puppen tanzen zu lassen“ – oder wie der Theaterdirektor in Goethes „Faust“ greift Reinhardt nach allem, was seine Gestaltungsphantasie und seine Spiellaune aufblühen läßt – und wenn nötig, biegt er sich das Material zurecht. Doch bei der Durchsicht der Aufführungsdaten fällt eine merkwürdige Koinzidenz ins Auge: am 30. Dezember 1905 hatte in Wien, im Theater an der Wien eine Uraufführung stattgefunden, "Die lustige Witwe" von Franz Lehár und nach einem etwas zögerlichen Start trat diese "Witwe" eine bis dahin nie erlebten Siegeszug über die Operettentheaterbühnen an. Wollte der aufstrebende, erfolgsorientierte junge Theaterdirektor und Regisseur zu dieser neuen opulenten, sentimentalen Operettengattung  ein Gegenmodell präsentieren ? 
<span style="color: #800000;">"Orpheus in der Unterwelt", Neues Theater, 13.Mai 1906. Bühnenentwurf von Ernst Stern für das Schlafgemach der Götter auf dem Olymp</span>
<span style="color: #800000;">aus: Gusti Adler, ... aber vergessen Sie nicht die chinesischen Nachtigallen. Erinnerungen an Max Reinhardt</span>
 
 
Für den Theaterhistoriker nicht unwesentlich die Hinweise auf Aussstattungs- und Inszenierungsdetails, die Reinhardt immer wieder – in Varianten, verbessert, erweitert – einsetzen wird – auffällig auch der Zug zum Pomp und Pracht, zur Übersteigerung als Ausdrucksmittel?
: '''<span style="color: #0000ff;">''"Er nahm der Musik das Dominierende, das Störende“'' .</span>''' 
: Wenn Gottfried Reinhardt mit seiner Einschätzung recht hat, warum aber inszenierte Reinhardt - in Abständen zwar - immer wieder Musiktheater?  Diese Frage mag berechtigt sein, trifft aber nicht unbedingt zu, ich möchte der Behauptung von Gottfried Reinhardt mit einem knappen Briefzitat  von Max Reinhardt, von 1912, widersprechen. 
Max :  Max Reinhardt an Berthold Held vom 21. August 1912: (Anlaß für dieses sehr ausführliche Schreiben voller technischer u.a. Details aus dem hier zitiert wird, ist das Gastspiel "Das Mirakel", Wien, Rotunde 1912. "Das  Mirakel" ist eine Pantomime von Karl Vollmoeller, Musik von Engelbert Humperdinck)
: <span style="color: #0000ff;">'''''... Man vergesse den Riesenraum der Rotunde nicht und daß die Musik das Einzige ist, was an diesem Abend gehört werden soll. ... Ich habe  schon ... angedeutet, daß ... das Ganze als Oratorium wie die "hl.Elisabeth" von Liszt ('''''die 1915 in der Berliner Volksbühne aufgeführt wurde''''') besonders einzuführen ist. Die Musik muß unantastbar, und ich muß das Wort immer wieder brauchen, außergewöhnlich sein . ... '''''</span>
: <span style="color: #000000;">(Die Datierungsdivergenz  geht zu Lasten des Herausgebers Hugo Fetting: der Brief ist mit 21. August 1912 datiert, die Aufführung des Oratorium "Die Legende von der hl. Elisabeth von Franz Liszt an der Berliner Volksbühne war am 17.11.1915, in der Anmerkung 133, S. 471). </span>: Gottfried Reinhardt berichtet außerdem sehr dezidiert, daß Max Reinhardt Operette, ausgenommen eben die Offenbach‘sche Operette  als theatralisches wie musikalisches Genre ablehnte, aber das allein wäre als Begründung nicht ausreichend für die – glaubt man den Berichten – für den etwas anderen „Umgang mit Musik“.: An einem aber besteht kein Zweifel: Reinhardt spielte genußvoll mit der „Offenbachiade“,  vor beim „Orpheus“,- und bei der "Fledermaus",  bei der „Schönen Helena“ gelingt dies nicht wirklich. 
Was ist eine Offenbachiade:  Spiel im Spiel,  das Spiel mit der Maske; die Inversion, denn nichts ist so wie es scheint – Umkehrung einer Realität in die Irrealität. Gepaart mit der Lust am Schaugepränge,  an der Illusion  …  ein schwereloses,  unterhaltsames Spiel, doch nie nur Unterhaltung an sich, ironische – satirische Kritik am Zeitgeschehen, an den Zeitgenossen.
: Der zweite Handlungsstrang ist die '''Muse''' in der Maske des Freundes Niklausse und dem Gegenspieler Hoffmanns Lindorf, das Prinzip des Bösen, der „Übermächte“ (Hofmannsthal).
: Die Muse möchte den Dichter nicht an ein allgemeines bürgerliches Leben verlieren, sie kämpft darum ihn seiner eigentlichen Berufung als Künstler zu erhalten, auch wenn ihm der öffentliche Erfolg versagt bleibt. Lindorf verachtet alles Erfolglose, ihn reizt nur der Erfolg – verkörpert durch Stella.
: Die beiden, Muse und Lindorf,  werden – unwissentlich zu Verschwörern/Verbündeten, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven: eine Versöhnung Hoffmann und Stella darf nicht stattfinden.: Der 5. Akt führt diese unterschiedliche Stränge/ Handlungsebenen zusammen: der betrunkene Hoffmann (der Weinkeller als Topos für das „Außer sich sein“, das Heraustreten aus dem Alltäglichen Ich und Welt) nimmt Stella, die erst im 5.Akt als handelnde Person in Erscheinung tritt, nicht wahr; noch weniger ihren Abgang mit Lindorf. Die Muse /der verwandelte Niklausse/ behält den Dichter: '''''„ Cesse d'être homme Hoffmann!Je t'aime! soit poète!“''''': Die Muse, Stella und Lindorf sind die mit Masken handelnden Figuren, ebenso die Diener.: Muse= Niklausse 
Stella = Olympia, Antonia‚ Giulietta
Lindorf = Coppelius, MirakleMirakel, Dapertutto
Andres = Cochenille, Frantz, Pitichinaccio
: <span style="color: #800000;">"Hoffmanns Erzählungen", Olympia- Akt, Spalanzani stellt der Gesellschaft den Automaten als seine Tochter Olympia vor .</span>
: <span style="color: #800000;">Berlin, Großes Schauspielhaus 1931</span>
''M''it : Mit dem letzten Satz beschreibt Reinhardt den Trend der Zeit, wie auch seinen angestrebten, immer wieder formulierten  Anspruch „Wort und Ton“ dem Drama gemäß  zusammenzubringen. Reinhardt schreibt nicht expressis verbis von Musiktheater/Oper, Operette; ich spekuliere – vielleicht tendierte Reinhardt doch dahin Musiktheater zu inszenieren?: Dafür spricht auch ein im Nachlaß Reinhardt überlieferter  Brief von Heinz Tietjen (aus dieser Zeit) mit dem Angebot den „Don Giovanni“ an der Staatsoper Unter den Linden zu inszenieren.: Das oben auszugsweise zitierte Schreiben enthält noch mehr:  er geht  anfänglich sehr nüchtern auf die alltäglichen Überlegungen zur Regie ein,  zur Zusammenarbeit,  auf die „Publikumsverführung“ durch gesteigerte Wirkung des Szenischen erzielt wird. Es folgen Bemerkungen zur Gattung Oper, Steigerung der Wirkung  durch die Bearbeitung des Textbuchs mit den eingestreuten (neuen) Prosaszenen, in den Nebensätzen verbergen sich Reinhardt’sche Visionen zum Theater.: Bereits in seinen Anfängen hat sich Reinhardt intensiv mit der Frage nach einem „volkstümlichen“ Theater auseinandergesetzt (daß er später eher  für die Elite Theater machte, gehört zu den Widersprüchen seines Theaterlebens) , er schreibt am 4.Dezember 1894 an Berthold Held (ich zitiere nochmals aus die''sem Brief):''
: <span style="color: #0000ff;">'''''... ich glaube, daß volkstümliche Musikaufführungen dem Zweck der Volksbildung weit eher entsprächen …'''''</span>
: <span style="font-size: 0.939em;">In dem Briefentwurf von 1931 erweitert Reinhardt seine Vorstellung:</span> 
: ''    <span style="color: #0000ff;">'''... In der phan''''''<span style="color: #0000ff;">tastischen Welt des Offenbach‘schen Werkes ist Gelegenheit diese beiden Elemente des Th(eaters) zu gestalten, wenn es gelänge</span> diese Kunst(gattung) einem großen Publikum nahezu bringen, so wäre die wesentliche Aufgabe eines Volksstückes erfüllt.  ...'''</span>''<span style="color: #0000ff;">''''' '''''</span>
War es das Fragment des Offenbach’schen Oeuvre, das den Sprechtheaterregisseur Reinhardt, der sich immer wieder zum Musiktheater hingezogen fühlte, das er als Herausforderung der besonderen  Art annehmen wollte ?   
Reinhardt bekennt   
              .'''<span style="color: #0000ff;">''.. daß in ... dem französischen Original, die Musik einen großen, der Dialog einen viel zu kleinen Spielraum Spielraum ''</span>'''<strong style="font-size: 0.939em;"><span style="color: #0000ff;">''hatte ...''</span></strong>
:: '''<span style="color: #0000ff;">''hatte ...''</span>'''
Der Theatermann Reinhardt, der Regisseur Reinhardt fühlt sich von der Musik Offenbachs  „ entmachtet “?
: Fortsetzung folgt    '' ''