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Aus Dagmar Saval Wünsche
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===''Offenbachiade ? chez Max Reinhardt''===
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Für ein Reinhardt-Symposium in Bratislava sollte ich über Max Reinhardt und seine Musiktheater-Inszenierungen, seine „musikalische Prägungen“ wie ich es nannte, mit einer tour d'horizon in knapp 20 Minuten einem sehr gemischten Publikum nahebringen. Ich habe mich 2018 für vier ausgewählte Inszenierungen entschieden. Der innere Zusammenhang war evident: dreimal Jacques Offenbach und einmal Johann Strauß. Offenbach und Johann Strauß haben sich 1864 in Wien getroffen; und - so wird berichtet, sich ausgezeichnet verstanden. Im gemeinsamen, sehr musikalischen Gespräch, meinte Offenbach ganz spontan: Monsieur Strauße, warum komponieren Sie nicht Operette ? Zehn Jahre später kam die Operette aller Operetten auf die Bühne des Theater an der Wien: „Die Fledermaus“. Nichts ist so wie es scheint, wie in einer OFFENBACHIADE - das ist „Die Fledermaus“.
Lachen, Lachen; Lachen – ein genußvolles Lachen, wertfrei, ungebunden – vielleicht auch Höllengelächter ? das war es, was Offenbach für sein Publikum wollte und Reinhardt, wenn er Offenbach inszenierte, ebenso. Viele Zeitgenossen Reinhardts genossen diesen Zaubertrank des lachens, wie z. B. Erich Mühsam.
Offenbach komponierte die Rollen seiner Operetten für Sänger, die Schauspieler - oder umgekehrt - waren, schrieb ihnen die Rollen in die Stimme, „auf den Leib“. Das trifft auch auf die unvollendet gebliebenen „Hoffmann’s Erzählungen “ zu. Reinhardt wählte sehr bewußt das Unvollkommene, das Fragmentarische der Rollengestaltung – denn „ nicht ist so wie es scheint“!
Die meisten zeitgenössischne zeitgenössischen Kritiker sahen das natürlich anders, man wollte „Schöngesang“, perfekte Darstellung und begriff nicht, daß im Fragment, dem Unvollendeten, die eigentliche Perfektion verborgen ist. Dem Publikum war‘s egal, es kam zahlreich, amüsierte sich und war begeistert.
Träger und Teil dieser Erfolge war die Wahl der Protagonisten; wenn Reinhardt für die Münchner Inszenierung, 1911, der „Schönen Helena“ Fritzi Massary für die Titelrolle (alternierend mit Maria Jeritza, damals noch am Beginn ihrer Karriere) gewinnen konnte, so landete er einen „Volltreffer“. 4)
: Seine Wahl fiel auf einen jungen aufstrebenden lyrischen Sopran von der Dresdner Hofoper, Eva von der Osten. Sie kam aus einer Schauspielerfamilie, kannte auch die darstellerischen Anforderungen einer Rolle. Beide, Sängerin und Regisseur, sollten sich bei Uraufführung des „Rosenkavalier, 1911 in Dresden wieder begegnen.
: Ich habe in zeitgenössischen Berichten, Rezensionen geblättert: das Experiment mit Schauspielern Gesangspartien zu realisieren um eine Operette aus einem anderen Blickwinkel zu präsentieren – nicht als verkappte Spieloper - wird nicht verkannt, aber nicht unbedingt positiv gewürdigt. [[Datei:orpheus.jpg|thumb|right|279x192px]]
„Orpheus in der Unterwelt“ ist verlangt den Darstellern der Hauptpartien, von Euridike war schon die Rede, einiges an sängerischem Können ab (Orpheus, Pluto, Jupiter, Amor, Styx). Auch wenn die Darsteller Gesangsstunden genommen haben, es reichte nicht. Die sängerischen Mängel wurden von der Kritik doch als sehr störend empfunden.
: Korngold, der Spätromantiker, hatte – so steht zu vermuten – zu der leichtfüßigen, durchsichtigen, ironischen Eleganz der Offenbach‘schen Musik keinen wirklichen Zugang. Johann Strauß und dessen wiegende Melancholie lagen ihm da wohl näher. Entre parenthèse: Vielleicht spielte nicht zuletzt auch seine große Nähe zur Witwe Adele Strauß mit. [[Datei:operette_sich_wernkann.jpg|thumb|right|239x156px]]
Ich habe mir die Frage gestellt, was Reinhardt an '''„La Vie Parisienne'''“ so fasziniert haben könnte, daß er dieses Projekt wie einen unerfüllten Traum immer wieder versuchte zu realisieren, zu inszenieren.
Theaterpraktisch: die Story, (Musik war für Reinhardt nur „Illustration“, kein realer Mitspieler), mit vielen größeren und kleineren Ensembleszenen – vom kammermusikalischen Quartett bis zur Massenszene , mit denen es sich reizvoll spielen ließ. Anders als im „Orpheus“ oder in der „Schönen Helena“ – in beiden gibt es die noch einigermaßen klaren Trennung zwischen Solo, Duo und Ensemble .
Der Antonia-Akt, so hatte es Offenbach geplant, sollte nach dem Giulietta-Akt gespielt werden, als Finale der Traumerzählung von Hofffmann.
Bei der Pariser Uraufführung hatte man den Giulietta-Akt ganz gestrichen(angeblich war er zu lang, tatsächlich noch nicht aufführungsreif); anschließend an die Uraufführung übernahmen die nachspielenden Bühnen die Version mit dem Giulietta- Akt als Finale.
Beim Verlag Peters, Leipzig erschien auf der Basis der Fassung des Pariser Verlags Choudens von 1907 eine deutschsprachige Fassung – die etwas weitläufig formuliert – aus der Fassung Gounsbourough und Choudens besteht. Sie wurde die für den deutschsprachigen Raum die verbindlich-spielbare Fassung, bis 1944 Hans Haug und Otto Maag, Basel, eine neue Fassung erarbeiteten. 1958 folgte dann die Fassung von Walter Felsenstein, Komische Oper Berlin. Zwischenzeitlich könnte man etwas überspitzt formulieren: so viele Theater ebenso viele Hoffmann-Fassungen. Nicht unerwähnt bleiben darf: zwischen 1933 – 1945 galt Jacques Offenbachs Oeuvre als „entartet“, war verboten, er selbst – der Jude Offenbach - ein Verfemter!