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Aus Dagmar Saval Wünsche
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''Die Werke Offenbachs waren auf den Wiener Bühnen heimisch, auch lange noch Nestroys Tod; wenn auch nicht mehr mit der Frequenz wie zu seinen Lebzeiten. Die glanzvolle Wiener Erstaufführung von „Hoffmanns Erzählungen wurde verdrängt, verschüttet durch die Katastrophe des Ringtheater-Brands, stigmatisierte dieses Offenbach’sche Werk für viele Jahre. Erst im 20.Jahrhundert begannen deutschsprachige Bühnen zögernd das letzte Werk von Offenbach aufzuführen. 2)''
''Max Reinhardt, 1893 im Volkstheater Rudolfsheim 3) engagiert, war der Darsteller des Merkur in „Orpheus in der Unterwelt“; von Offenbach als Mythentravestie komponiert. Er liebte – so die Aussage seines Sohnes Gottfried – die Operetten von Jacques Offenbach. (Ich bleibe bei der Bezeichnung Operette, wie sie sich als deutschsprachige Definition für das Offenbach’sche Musiktheater eingebürgert hat).''
''Den in Bratislava präsentierten Text zu drei Inszenierungen von Max Reinhardt: „'''Orpheus in der Unterwelt'''“, „'''Die schöne Helena'''“ und „'''Hoffmann‘s Erzählungen'''“ von Jacques Offenbach sowie “ '''Die Fledermaus'''“ von Johann Strauß, die bei Reinhardt wie eine Offenbachiade über die Rampe kam, wollte ich zu einem feuilletonistischen Apercu erweitern; es entstand am Ende meiner Auseinandersetzung zwischen Offenbach und Reinhardt, zwischen Musik und Theater, Wort oder Ton, entstand ein neuer, veränderter, erweiterter Text. ''
''Lachen, Lachen; Lachen – das war die Reinhardt’sche Intention der Offenbachiade so wie es auch Offenbach gewollt hatte – ein genußvolles Lachen, wertfrei, ungebunden – vielleicht auch Höllengelächter ? Es gab Zeitgenossen, wie Erich Mühsam, die nach dem Besuch der Münchner „Schönen Helena“, die Aufführung wie einen Zaubertrank des Lachens genossen haben. ''
''Die Säle waren ausgebucht, der Erfolg gab Reinhardt recht, und war sehr offenbachisch – die ausgewählten Werke dem Zeitgeist entsprechend anzupassen. Einspruch: war diese umfangreiche Bearbeitung von „Hoffmanns Erzählungen“(wie sie in den Nachlaßpapieren vorliegt, von den ) in Rezensenten sehr kontrovers rezipiert wird) in diesem Umfang gerechtfertigt? Ich komme später darauf zurück.''
''Der Perfektionist Reinhardt besetzte die Rollen (bis auf wenige Ausnahmen) mit Schauspielern, die singen konnten.Das ist uralte Theatertradition – wer auf der Schaubühne Furore machen wollte, der mußte ebenso gut singen und tanzen können wie sprechen. ''
''Die Kritik sah das natürlich anders, man wollte „Schöngesang“, perfekte Darstellung und begriff nicht, daß im Fragment, dem Unvollendeten, die eigentliche Perfektion verborgen ist. Dem Publikum war‘s egal, es kam zahlreich, amüsierte sich und war begeistert.''
''Träger und Teil dieser Erfolge war die Wahl der Protagonisten; wenn Reinhardt für die Münchner Inszenierung, 1911, der „Schönen Helena“ Fritzi Massary für die Titelrolle (alternierend mit Maria Jeritza, damals noch am Beginn ihrer Karriere) gewinnen konnte, so landete er einen „Volltreffer“.4)''
: '' '''''<span style="color: #0000ff;">''… Sie war in reinster Ausprägung , was der ‚Herr‘ ihrer Zeit liebte und ‚die Dame‘ neidvoll verehrte … Sie sang etwas näselnd, ihre Stimme brach ab und zu weg, aber die Suggestion der Massary auf ihr Publikum war so stark, daß sie ihm war, was sie ihm sein wollte. … ihre Gabe der raffinierten Andeutung, der scharf pointierten Treffsicherheit in Ton und Geste, war ihr … Vermögen , etwas durch Verschwiegen auszudrücken, Zweideutiges durch geschickt genutzte Vieldeutigkeit eindeutig werden zu lassen. …''</span>''' : Otto Schneidereit, zit. nach Wolfgang Jansen, Glanzrevuen der Zwanziger Jahre, S. 32 '' ''
=====Ein kleiner Exkurs: Berlin um 1890=====
Das Kultur- und Gesellschaftsleben: Es gab das konservative, Wilhelminische, rückwärts gewandte, militärisch dominierte Berlin mit „Garde du corps“, das „Donnerwetter –tadellos!“ - das war nicht nur der ironisch-lächelnde Titel einer Revue im Metropoltheater in der Behrensstraße. Das progressive, immer vorwärts drängende, sozial orientierte Berlin, das von Neuem und Neuerungen nie genug bekommen konnte; und bemerkenswert demokratisch – trotz Zensur und Militarismus - seinen Kunstvisionen leben konnte. Wohl weil die offizielle Kunst von „Wilhelm Zwo“ bestimmt, diese Entwicklungen und Strömungen nicht zur Kenntnis nahm, nicht zur Kenntnis nehmen wollte.
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: '''<span style="color: #0000ff;">''… Zwischen Ariern und Semiten besteht eine gegenseitige Assimilation, die bald einen totalen Umschwung der Verhältnisse zur Folge haben kann. Der Jude veridealisiert sich immer mehr. In allen Wissenschaften, in geistigen Fragen dominiert er u. bildet das Hauptkontigent. Er wird abstrakter u. verliert ganz den Boden des Lebens unter seinen Füßen. Immer mehr geht die unpraktische Träumerei u.Sentimentalität (des Deutschen) auf ihn über. Der Arier jedoch eignet sich immer mehr von der jüdischen Geschäftsschlauheit an und gewinnt immer mehr Fuß auf dem realen Boden des Daseins, den der Jude verläßt. Das ist praktischer, jenes idealer. … ''</span>''' : <span style="color: #0000ff;">'' ''</span>
''Ich lasse dieses Zitat sehr bewußt unkommentiert stehen. Wollte ich diese vom jungen Reinhardt notierten Überlegungen zeithistorisch etc. analysieren, würde ich mein eigentliches Thema glatt verfehlen, das Zitat von 1895 „legt den Finger auf die Wunde“ der Assimiliation einer Minderheit. Reinhardt, der sich nie taufen ließ, ahnte die Problematik der – vor allem assimilierten - jüdischen Minderheit.''
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: '''<span style="color: #0000ff;">''… Reinhardt war ein gläubiger Jude, wenn er auch nur einmal im Jahr in den Tempel ging: zum Yom Kippur. Wo immer er auch sein mochte, an diesem Tag fastete er und blieb viele Stunden lang im Tempel. …''</span>'''
''schreibt Gusti Adler in ihren Erinnerungen. Sie war seit 1919 die engste Vertraute von Max Reinhardt, befreundet mit Helene Thimig seit ihrer Kindheit. Viele Details ihrer Aufzeichnungen sind – wenn auch subjektiv verfremdet- eine unerschöpfliche Quelle auch über den Alltag des Regisseurs Max Reinhardt .''
''Reinhardt spielte auf seinem Bühnen für ein mittelständisches, großbürgerliches – oft jüdisches - Publikum, aber auch für ein weniger gut betuchtes, weniger gebildetes Publikum, das er – immer mit der Prätention „Volksbühne“ mit Hilfe der Besucherorganisation „Volksbühne“ erreichte. ''
: '''<span style="color: #0000ff;">''„Die Beziehungen Reinhardts zur Volksbühne reichten bis in seine eigenen direktorialen Anfänge zurück … Vor allem war es das Neue Theater unter der Führung des jungen Max Reinhardt, das von der Volksbühne bevorzugt wurde. Gleichzeitig mit dem Pachtvertrag hatte der Vorstand die damals leitenden Köpfe der Reinhardt-Betriebe, Max Reinhardt und dessen Mitarbeiter Felix Hollaender, in den Künstlerischen Ausschuß der Volksbühne aufgenommen. Die Volksbühnenbewegung …. hatte sich am Beginn des neuen Jahrhunderts zu dessen(Max Reinhardtbühne) Kapitalzubringer gewandelt. …. Dem jungen Direktor Max Reinhardt konnte der auf Pachtvorstellungen bedachte Geschäftsbetrieb der Neuen Freien Volksbühne nur angenehm sein. Zu den Abendvorstellungen im Neuen Theater gesellten sich jetzt für ihn ertragreiche Nachmittagsvorstellungen. … ''</span>''''''<span style="color: #0000ff;">''Als Reinhardt das Deutsche Theater übernahm, begleitete ihn die Neue Freie Volksbühne. ''</span>''''''<span style="color: #0000ff;">''Der starke Mann der Volksbühne … und nunmehriger Kassierer, Heinrich Neft, boxte den zweiten Vertrag mit Reinhardt gegen die Bedenken der Mitglieder durch ….''</span>''': '''<span style="color: #0000ff;">''Die Verbindung mit Reinhardt wurde zu einer andauernden. Als die Volksbühne 1915 das Risiko für das eben erst am Bülowplatz eröffnete große Haus nicht mehr tragen wollte, übergab sie es für die drei Spielzeiten 1915/16 – 1917/1918 ... pachtweise an Max Reinhardt . ... Zu kostenloser Pacht…''</span>''': <span style="font-size: 0.939em;">Heinrich Braulich, Max Reinhardt, Theater zwischen Traum und Wirklichkeit, S. 154 ff.</span>
''Reinhardt berichtet dem Freund Berthold Held seine Berliner Erlebnisse, Eindrücke und am 4. Dezember 1894 schreibt er von seiner Idee „volkstümliche Aufführungen“ zum Zwecke „der Volksbildung“ zu machen: ''
An Berthold Held am 4. Dez.1894 aus Berlin
: <span style="color: #0000ff;">'''''… Publikum, schöne Weiber u. gutes Bier. Wir haben die Absicht, den Besuch dieser Konzerte zu forcieren. Ich verstehe von Musik nicht viel, bin aber trotzdem oder vielleicht gerade darum sehr empfänglich für sie. Als Schuljunge begann ich einige Monate herumzuklimpern, konnte dem Scalenspiel jedoch keinen besonderen Geschmack abgewinnen und ließ es bald. Ich bin also in akademischer und technischer Beziehung ein Ignorant in der Musik. Aber ich habe mir jedenfalls die volle empfängliche Naivität darin bewahrt, die mir als Zuschauer im Theater naturgemäß schon öfters fehlt. Jedenfalls übt gute Musik stets eine mächtige Wirkung auf mich aus, die mich überrascht und die ich mir nicht recht erklären kann. Neue ungeahnte Stimmungen erwachen in mir. Alles erweitert sich u. ich freue u. wundere mich darüber wie ein Kind mit einem farbigen Kaleidoskop. […] ich glaube, daß volkstümliche Musikaufführungen dem Zweck der'' Volksbildung weit eher entsprächen als Theatervorstellungen, Bibliotheken … Musik verinnerlicht , befruchtet Seele u.Phantasie.[…] "'' '' ''</span>
Das Gedankenspiel von 1894 nicht nur Sprechtheater zu inszenieren, kehrt in einer Variante in einem Briefentwurf wieder, geschrieben 1931, anläßlich der Inszenierung von „Hoffmanns Erzählungen.“
: '' <span style="color: #0000ff;">'''… ich glaube, daß volkstümliche Musikaufführungen dem Zweck der Volksbildung weit eher entsprächen …'''</span>''
Aber „Orpheus in der Unterwelt“ - eine Operette, eine „opéra bouffe/bouffon“, so bezeichnet sie der Komponist – in einem Sprechtheater ?
Ich gehe zurück in die Anfänge des Regisseurs, in das Jahr 1893. Auf dem Spielplan des Volkstheaters in Rudolfsheim steht neben anderen Unterhaltungsstücken „Orpheus in der Unterwelt“ auf dem Spielplan.
Das Theater war Teil des Vergnügungsareals „Schwenders Colosseum“ in Rudolfsheim-Fünfhaus. Rudolfsheim war Ende des 19.Jh. ein Arbeiterviertel, mit vielen kleinen Handwerksbetrieben. ( von Von 1880 – 1886 wohnt die Familie Familie Reinhardt in der Schönbrunnerstraße 22 = , d.i. heute Äußere Mariahilferstraße 150, - unweit von „Schwenders Colosseum“.) Nicht vergessen: Rudolfsheim liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu Schloß Schönbrunn und seinen ausgedehnten Gartenanlagen.
Das Vorstadttheater spielt alles , was unterhält, von der Klassik bis zur Operette; 1893 stand „Orpheus in der Unterwelt“ auf dem SpielpanSpielplan. Die Besetzungsliste verzeichnet für die Rolle Merkur Merkur - Max Reinhardt/Goldmann. Anzunehmen, daß das Vorstadttheater keine erstklassigen Gesangskräfte engagiert hatte, sondern mit dem hauseigenen Personal besetzt hatte, das sang und tanzte, spielte. Die Anregung Operette mit Schauspielern zu besetzen könnte Reinhardt aus eigener aus dieser eigenen Erfahrung von diesem Engagement in Rudolfsheim mitgenommen haben.
Nicht unerwähnt bleiben soll, daß die Wiener Vorstadtbühnen – wie z.B. das Carltheater eine ausgeprägte Offenbachtradition hatten; der Komponist war häufiger Gast in Wien. Johann Nestroy war der erste „Offenbach-/Darsteller/ Fan“ – und da er über einen ausgebildeten Bariton verfügte, auch als Sängerdarsteller dafür prädestiniertwar. Soviel zu zur Tradition Wien und Offenbach. Die Spieltradition für die sogen. leichte Muse verlangte Sängerdarsteller – sie mußten singen, sprechen und tanzen können.
„Alles ist nur Theater“ … für den Bühnenmenschen Reinhardt gibt es keine Genregrenzen. Wie der Puppenspieler, der an allen seinen Fäden zieht um – „die Puppen tanzen zu lassen“ – oder wie der Theaterdirektor in Goethes „Faust“ greift Reinhardt nach allem, was seine Gestaltungsphantasie und seine Spiellaune aufblühen läßt – und wenn nötig, biegt er sich das Material zurecht. Doch bei der Durchsicht der Aufführungsdaten fällt eine merkwürdige Koinzidenz ins Auge: am 30. Dezember 1905 hatte in Wien, im Theater an der Wien eine Uraufführung stattgefunden, "Die lustige Witwe" von Franz Lehár und nach einem etwas zögerlichen Start trat diese "Witwe" eine bis dahin nie erlebten Siegeszug über die Operettentheaterbühnen an. Wollte der aufstrebende, erfolgsorientierte junge Theaterdirektor und Regisseur zu dieser neuen opulenten, sentimentalen Operettengattung ein Gegenmodell präsentieren ?
Um es kurz zusammenzufassen: die Kritiker sind nicht wirklich einverstanden mit dem Experiment, das Publikum dagegen jubelt , was die Kritik kommentarlos bestätigt.
Die Kritik in der Vosischen Vossischen Zeitung ist auch eine ausführliche Auseinandersetzung zwischen dem Oeuvre Offenbach als Operettenkomponist, wie man es anno 1906 verstand und der Inszenierung von Max Reinhardt, die zweifellos auch als Experiment gemeint war – in dem Sinn „kann ich auch Musiktheater?“
Für den Theaterhistoriker nicht unwesentlich die Hinweise auf Aussstattungs- und Inszenierungsdetails, die Reinhardt immer wieder – in Varianten, verbessert, erweitert – einsetzen wird – auffällig auch der Zug zum Pomp und Pracht, zur Übersteigerung als Ausdrucksmittel?
: <span style="color: #0000ff;">'''''... Heute sehen wir in den wilden Späßen [ Offenbachs] nicht nur den Mutwillen, sondern auch eine Zug von Genialität und auch die musikalische Welt scheint geneigt, den übermütigen Hexenmeister [ Offenbach] , … der alle Taschen voll Talent hatte und mit diesem Reichtum Verschwendung trieb, anders zu werten als ehemals.'''''</span> : <span style="color: #0000ff;">'''''Aber gerade in dieser veränderten Stellung … lag das Verhängnis der … Neuaufführung. … Programmatisch war ein großer Ulk vorbereitet … [doch] immer wieder meldete sich ein Respekt, der mit seinen Umständlichkeiten … das natürliche rasche Tempo gefährdete … . Man hatte viele Striche aufgemacht, sodaß die Farce … die Ausdehnung einer großen Oper erhielt [vier Stunden Dauer, Anm.d.Verf.]. '''''</span> : <span style="color: #0000ff;">'''''Der Text war neu redigiert worden … [aber] man hätte besser getan, die unverständlich gewordenen Scherze … zu beseitigen[z.B. Anspielung auf die Marokko-Konferenz, Anm.d.Verf.]. … Zum Schluß des zweiten Aktes gab es einen wilden Göttercancan, der Zug in die Unterwelt, … flutete auf einer improvisierten Brücke über das Orchester weg ins Parterre hinein… . Aber zu diesem … Übermut wollte die viel zu prächtige und komplizierte, mit ernsthafter Romantik spielende Ausstattung nicht recht stimmen. Da gab es einen Himmel mit phantastischen Wolkenlagern, in die Sterne unmittelbar hineinleuchteten, ein Plutogemach mit bizarren Bildern im Totentanzgeschmack und im Kuppelsaal des Unterwelt-Banketts ein dämonisches Schattenspiel hinter den schwarzen Gittern – malerische Cappriccios, deren dämonischer Humor einen ganz fremdartigen Rahmen zu dem rationalischen Hohn der Parodie bildete … . Alles drängt in dieser Skizze [gemeint ist die opéra bouffe von Offenbach, Anm.d. Verf.] zum einfachen, treffenden , karikaturistischen Streich, nicht zur bizarren Romantik hin, und die verlotterte Götterwelt der Offenbachiade verliert ein Gutteil'' ''ihres Charakters, wenn ihre Kostüme in allzu großer Pracht entgegenschimmern … .'''''</span> : <span style="color: #0000ff;">'''''Das Überwiegen des schauspielerischen Teils über den gesanglichen war vielfach unverkennbar. Ob es dem Geist der Offenbachiade entsprach, ist eine andere Frage. …'''''</span> : Vossische Zeitung, 14.Mai 1906, Nr.233, Zweite Beilage
„Orpheus in der Unterwelt“ so hat es Offenbach erdacht und komponiert, endet in der Unterwelt mit einem Bacchanal, mit dem „Galop infernal“ , der unerkannt als „Cancan“ durch die Literatur, die Gazetten etc. wandert. Getanzt mit Spitzenhöschen, Röcke und Beine werfen, so wie es eben die Touristen(und nicht nur diese!) vom Montmartre gerne sehen. WIE Offenbach das Finale erdacht, gespielt hatte, überliefert eine Zeichnung nach einem Gemälde von Gustave Doré.
„ Die Schöne Helena“ hat Offenbach musikalisch „befreit“, er hat an musikalischer Ausdruckskraft gewonnen (das soll genügen, alle weiteren Details findet man in der einschlägigen Literatur). Anders als im „Orpheus“ – die Verführung setzt die Handlung erst in Gang – ist in der „Schönen Helena“ die Verführungszene , d.i, die Traumszene – „Es ist ein Traum …“ der Höhepunkt und Drehpunkt der Handlung. Und sie ist im Sinne Offenbachs keine Offenbachiade. Sie ist ein Spiel um Sex und Liebe mit etwas Zeitsatire.
: '' ''<span style="color: #0000ff;">'''''… Die Schöne Helena von Offenbach ist unter Reinhardts Regie zu einer ganz köstlichen Humorleistung geworden. Man mag gegen Reinhardt sagen was man will, er ist doch der einzige, der Theater spielen kann, und das ist wohl sein wervollstes Verdienst, daß er einem wieder ins Bewußtsein gebracht hat, daß Theater Theater und nicht Wirklichkeitskopie ist. Er arbeitet mit Farben, Bewgung, Tönen, Abstimmungen – und so gehört es sich auf der Bühne. Es gab Bühnenbilder (Ausstattung von Ernst Stern), die ganz blenden schön waren. Die Offenbachsche Musik klang herrlich durch den Raum, eine so einschmeichelnde, tänzerische, zierliche Musik, wie sie wohl nie wieder geschrieben werden wird. Und gespielt wurde köstlich. Der Menelaus von Pallenberg wird mir in seiner Komik unvergesslich sein. Den Agamemmnon gab Zettl in meiner Maske, sogar der Kneifer fehlte nicht, blos war er viel länger als ich. Die Helena spielte Mizzi Jeritza , die eine sehr schöne Stimme hat, den Calchas Gustav Charlé sehr lustig. Rudolf Ritter ssah als Paris sehr gut aus und sang recht schön. … Die Inszenierung war ganz glänzend. Sehr wirksam ein Steg, der durch den Zuschauerraum auf die Bühne führte, und von dem aus – also mitten durch die Zuschauer hindurch ein großer Teil der Mitwirkenden auftrat.. Lustige einfälle in hellen Haufen. Eine Glanzleistung Reinhardts, deren Eindruck sich in stiller Selbsteinkehr sicher kein Snob entzieht. …'''''</span>
'' ''''Erich Mühsam ist kein berufsmäßiger Theaterrezensent, sondern Schriftsteller, er notiert spontan und kreativ seine Eindrücke … Eine Glanzleistung Reinhardts, deren Eindruck sich in stiller Selbsteinkehr sicher kein Snob entzieht. … und überliefert ein sehr lebendiges, fast greifbares Theatererlebnis. ''
Den Umbau übernimmt Hans Poelzig , 1919 ; das neue Haus wird von den Berliner spöttisch-liebevoll „Tropfsteinhöhle“ getauft.
Nach dem Ende der Ära Charell übernimmt Reinhardt erneut die Direktionsgeschäfte und bespielt das Große Schauspielhaus für eine kurze Zeit wieder in Eigenregie.
: <span style="color: #0000ff;">'''''… gleich zu Anfang - der „Schönen Helena“ - wurde zu den Klängen der Ouvertüre auf der Vorderbühne aus einer Kiste (über der Versenkung) tänzerisch ein Arsenal homerischer Klamotten gefischt … die Requisiten des Abends - das Spiel kann beginnen … das ist der Reinhardt’sche Auftakt .'''''</span>
: <span style="color: #0000ff;">''''' … Die alabasterne Schönheit und glockenreine Stimme der Novotna verlieh der Heldin … Noblesse und Lyrik, aber keinen Sex-Appeal. Hans Moser war ein zwerchfellerschütternder Menelaus, aber kein KÖNIGLICH komischer. '''''</span>
: <span style="color: #0000ff;">''''' … Ein Meistergriff: das Urteil des Paris – nicht die ursprüngliche Arie, keine Erzählung, sondern aufgelöst in ein Quartett mit den drei visionär erscheinenden Göttinnen – mit einem Knalleffekt: das Striptease der aus dem Schaum des Berliner Landwehrkanals geborenen La Jana. …'''''</span>
Gottfried Reinhardt über die Aufführung von 1931, aber er ist nicht wirklich zufrieden mit dieser Aufführung im Theater am Kurfürstendamm; seiner Meinung nach sei sie „zerflattert“, weil zu episodisch, de große alles verbindende Bogen fehlt; auch die Besetzung ist seiner Meinung nach nicht gut gewählt .
'''1929 ''' ist Max Reinhardt erneut auf der Suche nach einem Erfolgsstück für die Sommerwochen; er denkt erneut an „ La Vie Parisienne“, ein alter Plan aus seinen Anfängen als Regisseur. 1913 wird es für das Deutsche Theater angekündigt, aber nicht realisiert.
Nach den erfolgreichen Erfahrungen mit „Orpheus in der Unterwelt“ 1906, und der „Schönen Helena“, 1911, möchte Reinhardt diese Idee endlich realisieren. Erich Wolfgang Korngold redet ihm diese Idee erfolgreich aus, und daraus wird dann eine „Fledermaus“ – als Offenbachiade.