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Hermann Scherchen dirigiert Gustav Mahler

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==='''''NIEMAND KONNTE SICH DIESER MUSIK ENTZIEHEN …'''''=======Hermann Scherchen dirigiert Gustav Mahler===='' '''' ''
''Hermann Scherchen dirigiert Gustav Mahler'EINLEITUNG'''
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''„Niemand konnte sich dieser Musik entziehen…“'''EINLEITUNG'. Hermann Scherchen, gerade 15 Jahre alt, Sohn eines Kreuzberger Gastwirts, so beschreibt er es in seinen Erinnerungen „ ''Ma première Vie“'', wie er an schönen Tagen vor der väterlichen Kneipe saß, die Partitur einer Mahler-Symphonie ausgebreitet auf seinen Knieen, mühsam irgendwoher erworben, er anfing diese Partitur zu entziffern, zu studieren.
Für die Uraufführung der ''„Symphonie der Tausend''' '''''“, seiner VIII. Symphonie, Es-Dur, forderte der Komponi<span style="color: #000000;">st Gustav Mahler z</span>usätzlich zu den acht Gesangssolisten, mehrere Chöre, erweiterte Orchesterbesetzung, Zusatzorchester. Das trug der Symphonie ihren Namen ein, sie wurde zur „Symphonie der Tausend“.
''„Niemand konnte sich dieser München, September 1910: Orchester-Proben in der Neuen Musik entziehen…“ . Hermann Scherchen, gerade 15 Jahre alt, Sohn eines Kreuzberger Gastwirts, so beschreibt er es Festhalle in seinen Erinnerungen „ Ma première Vie“München, wie er an schönen Tagen vor dabei das Blüthner-Orchester aus Berlin unter der väterlichen Kneipe Leitung von Georg Göhler. An einem Pult der Bratschisten saß, die Partitur einer Mahlerein knapp 20-jähriger Musiker aus Berlin-Symphonie ausgebreitet auf seinen KnieenKreuzberg, mühsam irgendwoher erworben, er anfing diese Partitur zu entziffern, zu studierenHermann Scherchen. ''
''Für Die Faszination, die Uraufführung der „Symphonie der Tausend“nahezu magische Wirkung, seiner VIII. Symphonie in Es-Dur, forderte die der Komponist Gustav Kosmos Mahler zusätzlich zu auf den acht Gesangssolistendamals 20-jährigen Musiker ausübte, mehrere Chöre, erweiterte Orchesterbesetzung, Zusatzorchester. Das trug der Symphonie ihren Namen ein, sie wurde zur „Symphonie der Tausend“zum lebenslangen Engagement für die Musik Mahlers. ''
''München, September 19101933: Orchester-Proben in der Neuen Musik Festhalle in München, dabei das Blüthner-Orchester aus Berlin unter der Leitung von Georg Göhler. An einem Pult der Bratschisten saß ein knapp 20-jähriger Musiker aus Berlin-Kreuzberg, Hermann Scherchengeht ins Exil.''
''Die FaszinationMit dem Ende des 2.Weltkriegs, 1945 erging es ihm wie vielen anderen Künstlern, die das III. Reich in die nahezu magische WirkungEmigration gezwungen hatte, er konnte an einmal erreichte Erfolge und Bekanntheit nicht mehr anknüpfen.&nbsp; So geriet – nicht nur, die der Kosmos Mahler auf den damals 20-jährigen Musiker ausübteaber auch, wurde zum lebenslangen sein großes Engagement für die Musik Mahlersdas Werk von Gustav Mahler – nahezu in Vergessenheit. ''
''1933: Hermann Ich möchte mit meinem Text über „Hermann Scherchen geht ins Exil. Mit dem Ende des 2.Weltkriegs, 1945 erging es ihm wie vielen anderen Künstlernund Gustav Mahler“, die das III. Reich in die Emigration gezwungen hattenuce entstanden schon während meiner Arbeit am Nachlaß des Dirigenten, er konnte an einmal erreichte Erfolge und Bekanntheit nicht mehr anknüpfen.  So geriet – nicht nurerzählen, aber berichten; vielleicht auch, sein großes Engagement für das Werk von Gustav Mahler – nahezu in Vergessenheitzur weiteren Auseinandersetzung mit diesem nicht unumstrittenen Künstler anregen. ''
<span style="color: #0000ff;">''Ich möchte mit meinem Text über „Hermann … Hermann Scherchen war ein Förderer , ein Fordernder und Gustav Mahler“, in nuce entstanden schon während meiner Arbeit am Nachlaß des Dirigenten, erzählen, berichten; vielleicht auch zur weiteren Auseinandersetzung mit diesem nicht unumstrittenen Künstler anregenein Forscher.''</span>
<span style="color: #0000ff;">''Er förderte mehrere Generationen der komponierenden Avantgarde, er forderte von allen, Hermann Scherchen war ein Förderer Klarheit über das, was sie tun, ein Fordender und ein Forscherer forschte in allen Bereichen der Musik. ''</span>
<span style="color: #0000ff;">''Er förderte mehrere Generationen war jedem akustischen Erleben auf der komponierenden Avantgarde, er forderte von allen, … Klarheit über das, was sie tun, Spur und er forschte in allen Bereichen der Musikwirkte jeder gemütlichen Behäbigkeit mit seiner unbequemen Unerbittlichkeit entgegen.''</span>
''Er war jedem akustischen Erleben auf Mit diesen Worten eröffnete der Spur und wirkte jeder gemütlichen Behäbigkeit mit seiner unbequemen Unerbittlichkeit entgegen. …''Komponist Giselher Klebe (1925 – 2009), Präsident der Akademie der Künste, Berlin von 1986 – 1989,
die Ausstellung „''Mit diesen Worten eröffnete der Komponist Giselher Klebe (1925 – 2009), Präsident der Akademie der Künste, Berlin von 1986 – 1989, die Ausstellung „Hermann Hermann Scherchen. Musiker, 1891 – 1966“  1966“''&nbsp; im September 1986 in der Akademie der Künste, Berlin. Mit dieser Ausstellung und der sie begleitenden Publikation wurde der Nachlaß Hermann Scherchen der Öffentlichkeit vorgestellt und allgemein zugänglich gemacht. 1)''
''1974 hatte das Archiv der Akademie der Künste, Berlin den Nachlaß Hermann Scherchen übernommen; der Komponist Luigi Nono, ehemals Schüler von Scherchen und Hans Ulrich Schmückle, der als Bühnenbildner mit Scherchen zusammengearbeitet hatte, waren die Initiatoren, daß der Nachlaß der Akademie der Künste übergeben wurde. 2)''
''Mit der Ausstellung, mit dem Katalog begann die bis dahin kaum als nennenswert zu bezeichnende Auseinandersetzung mit der Person und dem Musiker, mit der Werkbiographie des Dirigenten. Es gibt viele Unschärfen, bedingt durch eine historisch begründete prekäre Quellenlage.  &nbsp; Möglich, daß auch darin die Ursache zu suchen ist, daß Scherchen um René Trémine zu zitieren, „The „''The best known anknown!''ist  ist&nbsp; – immer noch?  3&nbsp;3)''
''Folgt man den biographischen Daten des Musikers Hermann Scherchen bestimmen drei Zäsuren Leben und Werk:''
''Die erste Zäsur setzt das Jahr 1933 mit seinen politischen Umwälzungen in Deutschland, Hitler und die Nationalsozialisten kommen an die Macht: Hermann Scherchen verläßt Deutschland, - aus politischen wie aus künstlerischen Gründen.''
''Die zweite Zäsur: 1933 – 1945, die Jahre der „Diktatur des Hausknechts“ (Alfred Kerr) – der Aktionsradius des Musikers verengt sich in dem Maße, wie die Nationalsozialisten und der Krieg Europa überrollen. Scherchen wählte als Wohnsitzland die Schweiz. ''
''Die dritte Zäsur: 1945 - 1966.  &nbsp; Nach Kriegsende bleibt die Schweiz Wohnsitzland. Scherchen nimmt seinen weitreichenden künstlerischen Aktionsradius wieder auf.''
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''''' BERLIN &nbsp;BERLIN - Anfänge'''''
'' '' ''Hermann Scherchen, geboren in Berlin am 21. Juni 1891, als Sohn eines Gastwirts in Kreuzberg; er lernte erst Geige, dann Bratsche. Sehr bald folgten erste Engagements in den Kiez- Kneipen, die väterliche Kneipe wirft nicht genug ab für die Familie, der Sohn muß mithelfen die Familie zu ernähren. ''
''1906 erschien die Partitur der 6. Mahler, die sich Scherchen sofort kauft und:''
<span style="color: #0000ff;">''…Ich sehe mich immer noch, wie ich vor unserer Kneipe in der Kurfürstenstraße auf einem Stuhl saß … und solange die Sonne schien, die Partitur studierte … nach ungefähr dreieinhalb Wochen konnte ich diese ganze Mahler-Sinfonie auswendig …''</span>
<span style="color: #0000ff;">''„… Ich arbeitete (…) Ich sage: arbeitete, weil ich nie nur die Partitur gelesen, sondern auch gehört habe. … ''</span>
''<span style="color: #0000ff;">… und dann kam kurz danach (nach einer 7. Beethoven dirigiert von Oskar Fried)  &nbsp; als zweites ganz großes Ereignis die „Siebente“ Mahler zum ersten Mal in Berlin. 4</span>)''
In dem autobiographischen Fragment „ Mein erstes Leben“ 5) beschreibt Scherchen dieses Studium der Partitur genauer:
<span style="color: #0000ff;">…'' und beginne das Studium, NUR aus innerer Klangvorstellung heraus (d.h. ohne jede Zuhilfenahme eines Instrumentes). Eine halbe Stunde benötige ich, bis alle Noten des ersten Taktes als Tonhöhe, Akkordteil, Melodiewert, Klangfarbe und Dynamik klar in mir tönen und sich zum Klangganzen des Orchesters verweben  verweben&nbsp; - danach BESITZE ich diesen Takt in vollkommener Imagination. Die zweite Bemühung beansprucht danach nur noch 29 1/2 Minuten, die dritte 29  29&nbsp; … . Ich „lese“ nicht (wie es selbstbetrügerisch immer wieder von Partiturkennern heißt), sondern HÖRE in kompromißlos strengem Studium, wie sich das Noten-BILD überwältigend in Klang umwandelt. Nach drei bis 4 Wochen habe ich die Symphonie SO erarbeitet, d.h. sie beginnt nun OHNE NOTENBILD aus mir heraus zu tönen  tönen&nbsp; … . ''</span>
Scherchen reflektiert auch die Gedankenwelt, die sich in und hinter den Noten verbirgt:
<span style="color: #0000ff;">''… Noch kann ich die edle Melodik von Mozarts Streichdivertimento in Es-Dur nicht in Beziehung bringen zu Mahlers Dostojewski-Menschentum, um das ich schon weiß, das ich aber noch nicht zur Einheit der Musik zusammenzubinden vermag mit Mozarts Freimaurer-Frömmigkeit. …''</span>
Diese letzten Sätze Scherchens sind noch sehr dem musikalisches Denken der Spätromantik verhaftet; in der Diktion durchaus vertretbar, aber gedanklich  folgt &nbsp;folgt er mit dieser Einschätzung des Komponisten Mozart den Fehlinterpretationen, den Fehlurteilen des 19.Jh.; das romantische 19.Jh, bezog sein musikalisches Kunstverständnis weitgehend auf Beethoven,  nahezu alle musikalischen Wertungen begannen und endeten bei Beethoven!  Mit fatalen Folgen, nicht nur für den Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart.
Bis diese Fehleinschätzungen über Mozart und seine Kompositionen  ausgeräumt &nbsp;ausgeräumt sein werden, wird nahezu ein weiteres Jahrhundert vergehen müssen. Wer also will es einem jungen Mann von 15 Jahren in Berlin-Kreuzberg ankreiden, landläufige musikalische Einordnungen zu übernehmen. &nbsp;
1907, im Gründungsjahr des Blüthner-Orchesters wurde Hermann Scherchen als Bratschist ins Orchester engagiert. Das Orchester gastierte viel auch außerhalb von Berlin. 6)
Scherchen über Georg Göhler:
<span style="color: #0000ff;">''… Beethoven, Mozart bis Mahler habe ich mit in den schönsten Aufführungen durch ihn erlebt. Leider ging seine Fähigkeit sich mit der Zeit selbst auseinanderzusetzen, gerade nur bis zum jungen Richard Strauss … Göhler aber war ein begeisterter Mahler-Anhänger – eigentlich sehr verwunderlich, wenn er (''den späteren , Anm.d.A''.) Strauss ablehnte. Bei ihm spielten aber tatsächlich ethische Gesichtspunkte mit hinein. Er fand Strauss einen leichtfertigen, oberflächlichen, genialischen Musiker und Mahler einen ganz tief philosophischen und ethisch überbetonten, den man nicht genug in den Vordergrund stellen könne. Deshalb lehnte er über den ‚Don Juan‘ hinaus den ganzen späteren Strauss ab. Ihm verdanke ich die Bekanntschaft mit Mahler, mit der achten Mahler-Sinfonie. Ich glaube, es war 1910, ich kam wieder ins Blüthner-Orchester zurück – ich hatte anderswo im Café gespielt (''Schicksal arbeitsloser Musiker mit Saisonverträgen, Anm. des Autor</span>''<span style="color: #0000ff;">). Gustav Mahler brauchte für die Münchner Uraufführung (…) 250 oder 300 Mann Orchester und stellte mehrere Chöre zusammen (…) damals stellte der Kern dieser ganzen Chöre der wunderbare Riedelsche Gesangsverein unter Göhler. Und Göhler hatte auch die Einstudierung des Werkes im ganzen chorischen Teil und mit den Solisten übernommen ( …) und ich saß im Orchester und konnte nicht mehr spielen und zitterte bei dieser unerhörten Verdichtung von Ausdruckswollen, die diese Musik gestaltete. …  7&nbsp;7</span>)'' 1912 lernte er Arnold Schönberg kennen&nbsp; und dirigierte einige Aufführungen der Uraufführungstournee des „Pierrot Lunaire“, Oktober, November 1912. 8) 1913 organisierte und dirigierte Scherchen eine Privataufführung der 1.Kammersymphonie von Schönberg. Das erste öffentliche Auftreten als Dirigent mit dem Blüthner-Orchester war&nbsp; am 4. Februar 1914: Das Programm: 1. Kammersymphonie von Arnold Schönberg, 5. Symphonie von Gustav Mahler. Scherchen beschreibt es als sein zweites Konzert in seinen Erinnerungen: <span style="color: #0000ff;">''„ … Mein zweites Konzert fand im Jahr darauf statt, ebenfalls in Berlin, in der Singakademie (''heute Maxim-Gorki Theater, Anm. d. Aut.''). Programm: Schönberg ‚Kammersinfonie‘, öffentlich, die erste öffentliche Aufführung in'' ''Berlin, und daran anschließend Gustav Mahler, Fünfte Sinfonie in der neuen Ausgabe, in der neuen Instrumentation. Dieses Konzert führte zu einem großen Skandal. Und zu einer unerhörten Begeisterung. Viele Leute, die wüste demonstrierten, vielleicht noch mehr gegen den Mahler als gegen den Schönberg. Hier waren offensichtlich auch schon antisemitische Tendenzen dabei. …“ 9)''</span> ''&nbsp;''Sommer 1914, Scherchen hat sein erstes Engagement in Dubbeln, Lettland angetreten; dort überraschte ihn der Ausbruch des Ersten Weltkriegs; er wird als Kriegsgefangener nach Rußland gebracht. Nach anfänglicher Odyssee der Kriegsgefangenen wurde Scherchen bis 1917/18&nbsp; in Watkja untergebracht; er entfaltete in der kleinen Kreisstadt am Ural eine umfangreiche und rege Tätigkeit. &nbsp;10) Diese vier Jahre Kriegsgefangenschaft sind für Scherchen keine verlorenen Jahre: er unterrichtete, u.a. deutsch, später gründete er einen Chor, ein Orchester, komponierte, lernte russisch, beschäftigte sich intensiv mit der Gedankenwelt der russischen Revolution – das sollte ihm später das Etikett des „roten“ Scherchen eintragen. In diesen vier Jahren bildete sich das Fundament seiner späteren künstlerischen Tätigkeit heraus – und es zeigte sich seine durch nichts zu bremsende rastlose Arbeitsenergie, das unaufhörliche Suchen nach neuen Herausforderungen.&nbsp; Heimkehr 1918 nach Berlin, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen spielte er wieder im Orchester, als Bratschist.  &nbsp;'''Dirigieren, Lehren, Forschen 1920 – 1933''' '''''&nbsp;'''''''&nbsp;'' Hermann Scherchen übersiedelt 1920 nach Leipzig, nachdem er ein Engagement als Dirigent des Grotrian-Steinweg-Orchesters, Leipzig angenommen hatte; dieses Engagement bot ihm – endlich – die Möglichkeit, seine in Rußland gewonnenen Erkenntnisse als Orchestererzieher auszuprobieren. 11) Auf Leipzig folgte Frankfurt/M., die Museums-Konzerte, 1922 -1924,&nbsp; dann Königsberg,&nbsp; O(stmarken) R(undfunk)AG 1928 -1932,&nbsp; dazu kamen Chorleitung und  Dirigate usw. 12) 1922 wurde er ständiger Gastdirigent für das Stadtorchester Winterthur. Diese Verpflichtung endete 1950 mit seiner Entlassung wegen des Verdachts&nbsp; kommunistischer Umtriebe. 13) Scherchen, der Autodidakt, hatte einen ausgeprägten Zug zum Lehren, Lernen, Erfinden. Verfolgt man die Lebenslinien des Musikers, gewinnt man den Eindruck, daß diese Facetten seiner Begabung ihm oft wesentlicher waren als das praktische Musizieren, das Dirigieren. Der Didaktiker Scherchen plante Arbeitstagungen, Orchestergründungen, publiziert, hält Vorträge, betreibt Forschung für alte (damals) vergessene Musik, arbeitete für das neue Medium Rundfunk. Im November 1932 dirigierte Hermann Scherchen Konzerte in München, aus Anlaß der ''„ Münchner Woche''“ am 22. und 24. November; er erinnert sich: <span style="color: #0000ff;">''… Inzwischen fing jene politische Entwicklung an, die die Jahre von 1933 an gekennzeichnet hat und die ich selbst im Ausland erlebte. ... dann kam mein letztes Konzert im Dezember 1932 in München. … Es war ein unerhörter Triumph für alle Werke: die Erste Sinfonie von Honegger, von Reger, glaube ich, die ‚Romantische Suite‘ und von Mahler das Adagio aus der Zehnten Sinfonie. … &nbsp;14)''</span> &nbsp; Es war Scherchens letztes Konzert in Deutschland bis nach Kriegsende. &nbsp; Scherchen fährt fort in seinen Erinnerungen&nbsp; an das Jahr 1932/33: ''<span style="color: #0000ff;">&nbsp;… Vorher hatte ich das große Glück zum erstenmal das musikalische Wien zu erleben. Das kam so: Ich war nach Wien eingeladen worden, die neunte Mahler- Sinfonie für den Rundfunk aufzunehmen.&nbsp; … Bei der ersten Probe erschien plötzlich eine Schar von Jünglingen und jungen Mädchen feierlich mit einem Fürsprecher. Sie fragten mich, ob ich erlauben würde, daß sie der Probe beiwohnen . … Sie seien Schüler von Webern und von Berg, und es sei für sie sehr wichtig, die Arbeit an der „Neunten“ Mahler zu erleben …</span>'' Nach dieser Begegnung entstand das Orchesterstudio Wien; es folgte das Konzert am 31.Januar 1933 im Wiener Konzerthaus.&nbsp; 15) Scherchen wählte die Schweiz als Exil-Land; bis zum Beginn des 2. Weltkriegs am 1. September 1939 war er als Reisedirigent unterwegs, ausgenommen war Deutschland. 1939 dirigierte er in Athen und in Palästina, organisierte in Straßburg und Brüssel Arbeitstagungen,&nbsp; bis kriegsbedingt der Radius sich ausschließlich auf die Schweiz einengte.&nbsp; 16) 1935 kommt es zur Gründung des Verlags „''Ars viva''“ in Brüssel, das Verlagsprogramm verzeichnet die geplanten und auch teilweise realisierten Publikationen alter und neuer Musik. 17)als begleitende Publikation erscheint die Zeitschrift „''Musica Viva''“, die allerdinges (Geldmangel!) nach drei Nummern, 1937 wieder eingestellt wird. Nach Kriegsende wird mit einem etwas veränderten Namen „ ''Ars Viva''“ ein neuer Verlag, 1949, in Zürich gegründet; aber wie viele Initiativen dieser Art von Scherchen, endeten diese Projekte &nbsp;entweder durch Kapitalmangel oder wurden von anderen Verlagen übernommen. 1940 – 1944 leitete er in Bern eine Dirigentenklasse, gab Kurse für Instrumentation und Interpretation am Konservatorium in Bern, veranstaltete Ferienkurse,&nbsp; - eine Unterbrechung seiner intensiven Tätigkeit bedeuten die Kriegsjahre keineswegs, bestenfalls eine geographische Einengung. 1944 bekommt er Kontakt zur S(chweizerischen) R(undspruch)G(esellschaft). 1945 Übersiedlung nach Zürich; Radio Beromünster engagiert Scherchen als Dirigent für das Orchester des Senders. Radio Beromünster ist der deutschsprachige Sender der S(chweizerischen) R(undspruch)G(esellschaft) mit Studios in Basel, Bern und Zürich. Mit Kriegsende nahm Scherchen seine umfassende Reisetätigkeit als Dirigent und Lehrender wieder auf, in Ankara, Chile, bei den Darmstädter Ferienkursen 18),&nbsp; in Prag usw.; dazu kommen Plattenverträge und Rundfunkarbeit. 1950 kommt es zur Entlassung aus sämtlichen schweizerischen Positionen; der Vorwurf: kommunistische Umtriebe. Scherchen hatte beim Festival „Prager Frühling“ ein Konzert dirigiert und im Rahmen der tschechoslowakischen Kulturwoche in Basel einen Vortrag über „Die Tschechoslowakei 1950“ gehalten.&nbsp; Europa in Zeiten des Kalten Krieges -Grund genug um in der deutsprachigen Schweiz einen Skandal zu entfesseln, Scherchen wurde ein – Bauernopfer (?) seiner Kompromißlosigkeit. Erst 1965 kommt es wieder zur Zusammenarbeit mit einer Schweizer Institution, mit Radio Lugano. 19)
''1912 lernte er Arnold Schönberg kennen  und dirigierte einige Aufführungen der Uraufführungstournee des „Pierrot Lunaire“Ungeachtet dieser Hetzcampagne von 1950 behielt Scherchen den Wohnsitz in Zürich; kommt weiter seinen internationalen Verpflichtungen nach – reist nach Italien, OktoberÖsterreich, November 1912Deutschland,&nbsp; New York usw. 8)''
''1913 organisierte 1954 erwarb Scherchen im dem Tessiner Dorf Gravesano ein altes Bauernhaus. Gravesano wurde Wohnsitz und dirigierte Experimentierzentrum. Scherchen eine Privataufführung ließ den alten, baufälligen Stall umbauen in schalltotes Studio. Es wurde der 1ideale Ort für die Experimente und Aufführungen zeitgenössischer elektronischer Musik.Kammersymphonie von Schönberg20)&nbsp; Zwischen 1954 und 1966 war Gravesano das „Mekka“, zeitweise sogar Mittelpunkt der elektronischen Musik, der elektro-akustischen, schallwissenschaftlichen Szene. ''
''Das erste öffentliche Auftreten als Dirigent mit dem Blüthner-Orchester war  Am 7. Juni 1966 dirigierte Scherchen im Rahmen des Maggio Musicale Fiorentino&nbsp; die Premiere&nbsp; „Orfeide“ (Malipiero). Er stirbt, völlig unerwartet, am 412. Juni 1966 in seinem Hotel in Florenz. Februar 1914:''
''Das Programm: 1. Kammersymphonie von Arnold Schönberg, 5. Symphonie von Gustav Mahler. Scherchen beschreibt es als sein zweites Konzert in seinen Erinnerungen:'&nbsp;'''
''„ … Mein zweites Konzert fand im Jahr darauf statt, ebenfalls in Berlin, in der Singakademie ('Der DIRIGENT'heute Maxim-Gorki Theater, Anm. d. Aut.''). Programm: Schönberg ‚Kammersinfonie‘, öffentlich, die erste öffentliche Aufführung in'' ''Berlin, und daran anschließend Gustav Mahler, Fünfte Sinfonie in der neuen Ausgabe, in der neuen Instrumentation. Dieses Konzert führte zu einem großen Skandal. Und zu einer unerhörten Begeisterung. Viele Leute, die wüste demonstrierten, vielleicht noch mehr gegen den Mahler als gegen den Schönberg. Hier waren offensichtlich auch schon antisemitische Tendenzen dabei. …“ 9)''
'' ''''Sommer 1914BERLIN, Scherchen hat sein erstes Engagement in DubbelnLEIPZIG, Lettland angetretenWIEN -&nbsp; dort überraschte ihn der Ausbruch des Ersten Weltkriegs; er wird als Kriegsgefangener nach Rußland gebracht. Nach anfänglicher Odyssee der Kriegsgefangenen wurde Scherchen bis 1917/18  in Watkja untergebracht; er entfaltete in der kleinen Kreisstadt am Ural eine umfangreiche und rege Tätigkeit.  10)''BIS 1933
''Diese vier Jahre Kriegsgefangenschaft sind für Scherchen keine verlorenen Jahre<span style="color: er unterrichtete, u.a. deutsch, später gründete er einen Chor#0000ff;">&nbsp;'… so lerne ich … mit wenigsten, ein Orchestereinfachen Mitteln, komponierte, lernte russisch, beschäftigte sich intensiv mit der Gedankenwelt der russischen Revolution – das sollte ihm später das Etikett des „roten“ Scherchen eintragen. In diesen vier Jahren bildete sich das Fundament seiner späteren künstlerischen Tätigkeit heraus – künstlerisch wesentlich und es zeigte sich seine durch nichts kompromißlos zu bremsende rastlose Arbeitsenergie, das unaufhörliche Suchen nach neuen Herausforderungen.  arbeiten … '</span>1)''
''Heimkehr 1918 nach Die Symphonien von Gustav Mahler waren in den Jahren zwischen 1900 -1914 als „Novitäten“ heiß umkämpft, gefeiert, abgelehnt. Berlin, um seinen Lebensunterhalt hatte – noch zu verdienen spielte er wieder im Orchester, als BratschistLebzeiten des Komponisten - viele Mahler-Aufführungen erlebt. 1905 hörte Scherchen die 3.Mahler in einem Sonntagsvormittagskonzert&nbsp; 2)''
'' ''1911: Scherchen spielte Bratsche im Berliner <span style="color: #0000ff;">Philharmonischen</span> Orchester; Oskar Fried dirigierte am 24.11.1911 die Berliner EA der VII. Symphonie.
'''''Anmerkungen'''''Scherchen&nbsp; erinnert sich:
* <span style="color: #0000ff;">''1… da war Mahler mit der gewaltigen Bekenntnismusik des ersten Satzes, den skurril selbstverlorenen zwei Nachtmusiken, dem wild verzweiflungsvollsten „Scherzo“ – und dem lauten „Amerika“-finale, voll von verheimlichter wienerischer Zärtlichkeit. Die weite Raumhaftigkeit der Mahlerschen Symphonik erschloß sich mir mühelos – nichts war zu lang, nichts zu unbedeutend, nichts zu übergewichtig an der 80 Minuten dauernden Symphonie! Sie begann zu klingen voll so unerhörter Lebensintensität, daß sie seit jenem ersten Zusammentreffen mit ihr – für immer weiter tönte in mir (trotzdem ich das Werk bis zu meiner eigenen Plattenaufnahme davon dann 45 Jahre lang nicht mehr hörte!) . Frieds Arbeit machte die Aktualität Mahlers als künstlerisches Großereignis um die Jahrhundertwende voll bewußt: NIEMAND konnte sich dieser Musik entziehen im Orchester, als sie sich brennend reliefhaft realisierte. Wir ertrugen ihre mehr als einundeinviertelstündige Zeitdehnung, nein: ertrugen sie nicht, sondern LEBTEN sie in atemberaubender Hingegebenheit! War ich in Mahlers VII. zuerst jenem neuen Kunstgefühl begegnet, das den Expressionismus einzuleiten begann, so schlug mir dessen Feueratem voll entfacht aus Schönbergs Werk entgegen.&nbsp; …''''Luigi Nono, (1924 – 19903), Komponist und Schüler von Hermann Scherchen ''</span>
''Hans Ulrich Schmückle, (1916 – 1993), Bühnenbildner<span style="color: #000000; u">Bei</span> der UA der VIII.a. Zusammenarbeit mit Scherchen bei „Idomeneo“(Mozart)Mahler in München, Neapel Teatro San Carlo 10.3.1962am 12. ''September 1910: …
<span style="color: #0000ff;">''2) Giselher Klebeund ich saß im Orchester und konnte nicht mehr spielen und zitterte bei dieser unerhörten Verdichtung von Ausdruckswollen, Komponist, (1925 – 2009die diese Musik gestaltete. …'''' 4). Giselher Klebe, Vorwort. In: Hermann Scherchen. Musiker,1891 -1966. Berlin 1986, S. 3''</span>
''3) Die lückenhafte Überlieferung des Nachlasses hat historische UrsachenAm 4.'' Februar 1914&nbsp; dirigierte Scherchen hat oft den Wohnsitz gewechselt, jeder Umzug bedeutete „Ballast abwerfen“öffentlich zum ersten Mal eine Mahler –Symphonie.  Wirklich seßhaft wurde er erst ab 1954, aber auch aus dieser Zeit ist das Material eher lückenhaft überliefertEr wählt die V. Locker formuliert, er ging nicht besonders sorgfältig mit seinem zukünftigen Nachlaß umSymphonie und dazu &nbsp; ein übriges trugen - programmatisch gezielt&nbsp; ausgewählt - von Arnold Schönberg die Umstände bei, die dazu führten, daß das Nachlaßmaterial Scherchen erst 1974 auf Betreiben von Luigi Nono und Hans Ulrich Schmückle aus dem verlassenen Grundstück (nach dem Tod von Pia Scherchen 1968) in Gravesano in das Archiv der Akademie der Künste, Berlin gebracht werden konnte1. Kammersymphonie.
Hermann Scherchen war fünfmal verheiratet: mit Pauline/Paula RistenpartNach der Probe zu diesem Konzert, Auguste Jansenschreibt Schönberg an den jungen Dirigenten, Gerda Müller- und es ist anzunehmen, Schauspielerin, Hsiao Shushien, Komponistin, Pia Scherchendaß die kritisierten allzu schnellen Tempi auch den Mahler „trafen“: 5)
4) ''Klemm, S. 28f. <span style="color: #0000ff;">''7. Mahler: Am 24.1.1911… Ihre Tempi durchaus viel zu schnell … Sie scheinen auch in dem Irrtum befangen zu sein, UATemperament heißt ‚schnell‘! Während Temperament an sich gar nichts heißt … Legen Sie diesen Irrtum ab, erstmals vollständig in Berlinund musizieren Sie&nbsp; mit gedämpften, dirigiert von Oskar Friedverhaltenem Temperament . Vgl. Lucchesi, S. 161 f.''</span>
5) LucchesiDiese „''Symphonie Nr. 5“'' wird Hermann Scherchens ganzes Dirigentenleben „begleiten“, sie zieht sich wie Ariadne-Faden durch seine künstlerische musikalische Existenz.; er hat sie 22 mal dirigiert. Im Mai 1966 dirigierte er die V. Symphonie in Bremen; es sollte sein letztes Konzert sein, wenige Tage danach, Sam 12. 155fJuni 1966 ist er in Florenz gestorben.
6) Georg GöhlerDie  Zitate aus den autobiographischen Aufzeichnungen des Dirigenten erzählen von der lebenslangen Faszination, 1874 -1954die die Mahler’sche Musik auf den Musiker ausübte, Komponistwie sie ihm den Weg öffnete zur Dirigentenlaufbahn, Dirigent, Musikschriftstellerzum Erkennen seines didaktischen Talents.&nbsp; als Chordirigent leitete 1919 veröffentlicht er aus Anlaß eines Konzerts in Leipzig den Riedel-Vereindem er die III. Er setzte sich für die Kompositionen Anton Bruckners einMahler dirigieren wird, einen Aufsatz, gehörte zum Kreis der Förderer der Musik von Gustav Mahler. 9.1.1914: Göhler dirigiert die letzte (sogen. Neu)Fassung der V. Symphonie, die Mahler kurz vor seinem Tod vollendet hatte. Der Nachlaß (u.a.mehr als 23.000 Briefe)  wird in der Ratsschulbibliothek, Zwickau verwahrtMusiker-Philosoph.
''BlüthnerScherchen versucht das Phänomen Mahler -Orchester''Musiker-Philosoph und Prophet&nbsp; zugleich&nbsp; zu entschlüsseln; er erkennt, 1907 in Berlin gegründetdaß die vermeintliche musikalische „Trivialität“ der Mahler‘schen&nbsp; Sprache – &nbsp;Volksmusik und Volkstänze, ab 1925 Berliner Sinfonie-Orchester, heute Konzerthausorchester Berlinwie z.B. Benannt nach Ländler – sind ihm nur Ausdrucksmittel zum Zweck – dienen dem Sponsor „Julius Blüthner Pianofortefabrik “, 1853 von Julius Blüthner in Leipzig gegründet. Gespielt wurde im „Blüthner-Saal“ höheren Ziel des Klindworth-Scharwenka-Konservatorium, Genthiner Straße 11 , Berlin-Tiergarten.Geistigen :
<span style="color: #0000ff;">''Riedelverein''… Gleichnisse haben hier den Weg zeigen sollen, Gesangsverein für geistliche Musikunvollkommene Bilder erklären wollen, Leipzigwas aus der Architektonik des Werkes selbst sichtbar wird. Diese riesenhafte Formidee wäre nicht möglich gewesen, gegründet von Carl Riedel (1827 ohne den Phropheten in dem Musiker Mahler, die kühne cyklopische Rhythmik des ersten Satzes als der rein musikalische Einfall kaum niedergeschrieben worden: ein Hinweis darauf, wie durch diesen Künstler-1888), Kapellmeister Mischtyp auch das rein Musikalische erweitert und Komponist, Pionier mit Aufführungen vor allem der Bach’schen Chormusikenneu geformt werden kann. Mitbegründer des A(llgemeinen)D(eutschen)M(usik)V(erein… '''&nbsp;'''6)''</span>
7) Klemm In seiner Autobiographie „''Mein erstes Leben“'' berichtet Scherchen außerdem von einem - fast möchte ich sagen - „expressionistischen“ Gespräch, S. 21f.das in einem Kaffeehaus stattgefunden hat; Schönberg lebte damals in Berlin:
<span style="color: #0000ff;">''8) … Was damals in der Kunsterkenntnis unter Künstlern vor sich ging, zeigt folgendes Wiener Begebnis: Gustav Mahler, mit Schönberg lebte zwischen 1911-12 in Berlinverabredet, trifft diesen und seine Schüler im Kaffeehaus. Albertine Zehme Sich zu ihnen setzend, beginnt er über Dostojewski zu sprechen, mit dessen neuen Charakteren und Hauptpersonen (1857-1946Mörder und Dirne in „Schuld und Sühne“)die Exklusivität des geschmacklich Approbierten des Kunstwerkes sich auflöste. Von Dostojewskis Voll – und Gleichwertigkeit „ ALLER Menschenkreatur, Diseuse und Sopranistingleich welcher Gestalt“ nahm Mahler sich das Recht, Fetzen von Soldatenliedern, gab vulgären Tanz –und Liebesweisen als Melodiegrundlagen in die Anregung Symphonik einzuführen! Kaum hatte Mahler geendet, so springt der junge Anton von Webern auf, hebt eifernd den Finger und ruft aus: „Ja aber wir haben den Strindberg“ dafür (das war zur Vertonung des Textes von Albert Giraud.Zeit, als Schönberg daran dachte, Balzacs Swedenborg-Novelle „Seraphita“ in ein Opernbuch umzuwandeln ) …''''7)''</span>
''9) Klemm, S, 37:Das  zweite öffentliche Konzert: 18.3.1914 mit J. Haydn, Symphonie 103, W.A. Mozart,  Les Petits Riens, Scherchen und seiner Generation galt Mahler als „Vollender“ einer musikalischen Sprach – und Ausdrucksform sowie gleichermaßen als Schöpfer eines Weges auf der Suche nach einer neuen Tonsprache – und A. Bruckner, 9. Symphonie– Form.''
''Die Folge Zeit, Kunst- ein Engagement als zweiter Dirigent nach Dubbeln (Lettland) mit und Lebensgefühl&nbsp; des&nbsp; jungen Scherchen sind geprägt von dem Symphonischen  Orchester  Rigaum 1910 in Berlin alles dominierenden Expressionismus&nbsp; - von der Kunstszene bis zur politischen Haltung.''&nbsp; 8)
''10) KlemmMit Beginn seiner Dirigentenlaufbahn, S. 71 ff.  Wjatka: eine kleine Stadt(40so stellt es sich jedenfalls retrospektiv dar, entstand das Image – Scherchen, der „Gegentypus“ zu den Pultstars, älterer wie jüngerer Generation.000 Einwohner) im Ural ''
'' ''Die meisten seiner Zeitgenossen, nicht nur Musiker, &nbsp;beschreiben ihn als erfolgreichen Außenseiter,&nbsp; insbesondere wegen seiner rigorosen Kompromißlosigkeit – nicht nur in musikalischen Dingen.
Die anfänglich eingegangenen festen Engagements als Dirigent sind nur von kurzer Dauer: Leipzig 1920/22, Frankfurt 1922/24, Königsberg 1928/31. '' '&nbsp;''Dirigieren, Lehren, Forschen 1920 – 1933'''9)''
''''' ''''''' ''Mit einer Ausnahme: Winterthur. Werner Reinhart, Schweizer Industrieller und Kunstmäzen, engagierte den jungen Dirigenten, dem längst ein hervorragender Ruf als Orchestererzieher – und leiter vorauseilte, 1922 für das Stadtorchester Winterthur. Scherchen erhielt Konditionen, die seinen künstlerischen Vorstellungen entsprachen, vor allem reizte ihn die Aufgabe das Stadtorchester, das zunächst von Musikliebhabern gestellt wurde, zu einem professionellen Klangkörper nach seinen Vorstellungen zu formen. Erst 1950 (die „Kommunistenaffäre“)wird Scherchen von dieser Position zurücktreten. 10)
''Hermann Scherchen übersiedelt 1920 nach Leipziglernte Th.W. Adorno, nachdem er ein Engagement als Dirigent des Grotrian-Steinweg-Orchestersder zum Kreis von Alban Berg gehört, Leipzig angenommen hattewährend seiner Frankfurter Jahre kennen; dieses Engagement bot ihm – endlich – die Möglichkeitdem jungen aufstrebenden Musikerphilosophen erscheint Scherchen als der Repräsentant einer neuen, seine in Rußland gewonnenen Erkenntnisse als Orchestererzieher auszuprobierenheraufkommenden Dirigentengeneration. 11)''
''Auf Leipzig folgte Frankfurt/MDas in den „Musikblättern des Anbruch“ von Th.W. Adorno, die Museums-Konzerte1926 veröffentlichte Porträt ist mehr als ein literarisches Porträt, 1922 -1924,  dann Königsberg,  O(stmarken) R(undfunk)AG 1928 -1932,  dazu kamen Chorleitung und –dirigate usw. 12)''es gleicht einer Analyse:
''1922 wurde &nbsp;<span style="color: #0000ff;">„… Scherchen repräsentiert erstmals wohl nach Art und Gesinnung einen neuen Typus des Dirigenten“ … ihm sei es … „um die Wirklichkeit der Werke wahrhaft zu tun. Deren Organon ist geschichtliche Erkenntnis, aber eben nicht die zuschauerhafte des Historikers, sondern die leidenschaftliche gegenwärtig im Material geleistete, die den Stand der Wahrheit in Werken ermißt&nbsp; und zu reproduzieren trachtet (…) Die Idee der konstruktiven Erhellung der Werke leitet ihn, er ständiger Gastdirigent für das Stadtorchester Winterthur. Diese Verpflichtung endete 1950 mit seiner Entlassung wegen folgt ihr besonnen und bleibt des Verdachts  kommunistischer UmtriebeRestes von Unerhellbaren, in Konstruktion nicht aufgehenden gedenk, der in jedem Werk lagert. 13“ 11)</span>''
''Scherchen, der Autodidakt, hatte einen ausgeprägten Zug zum Lehren, Lernen, Erfinden. Verfolgt man die Lebenslinien des Musikers, gewinnt man den Eindruck, daß diese Facetten seiner Begabung ihm oft wesentlicher waren als das praktische Musizieren, Die real-musikpraktische Darstellung verfaßte Paul Stefan; insbesondere unterstreicht Stefan das Dirigieren. Der Didaktiker große Talent von Scherchen plante Arbeitstagungen, Orchestergründungenbinnen kurzem aus&nbsp; „bunt zusammengewürfelten“ Musikern, publiziertganz unterschiedlicher Herkunft und Schule ein eingespieltes Orchester, hält Vorträge, betreibt Forschung für alte (damals) vergessene Musik, arbeitete für das neue Medium Rundfunk. ''einen Klangkörper zu formen:
Im November 1932 dirigierte Hermann Scherchen Konzerte in München<span style="color: #0000ff;">''…&nbsp; er hat, vom Radio abgesehen, aus Anlaß der „ Münchner Woche“ am 22offiziell recht wenig Förderung erfahren. und 24. November; er erinnert sichUmsomehr haben seine Freunde getan:ein Orchester von nichts weniger als Dilettanten steht ihm in freiwilligem Dienst zur Verfügung … ''</span>
<span style="color: #0000ff;">''… Inzwischen fing jene politische Entwicklung anIn diesen Konzerten wurden aufgeführt, Krenek, die die Jahre von 1933 an gekennzeichnet hat und die ich selbst im Ausland erlebte1. ... dann kam mein letztes Konzert im Dezember 1932 in München. … Es war ein unerhörter Triumph für alle Werke: die Erste Sinfonie von Honegger, von RegerSymphonie, glaube ich, die ‚Romantische Suite‘ und von Mahler das Adagio zweite Mal der langsame Satz aus der Zehnten Sinfonie. Mahlers nachgelassener Zehnter  ''14'')''</span>
  Es <span style="color: #0000ff;">''Daß sich Scherchen überall da als geradezu unheimlich disponierender und mit äußerster Deutlichkeit interpretierender Dirigent erwies, dabei keineswegs lehrhaft, sondern von einer inneren Bewegtheit, die sein Erlebnis jedesmal unfehlbar auf die Hörer übertrug, war Scherchens letztes Konzert trotz allem nicht so sehr das Wunder dieser Aufführungen. Wunderbar war vielmehr, was der Dirigent in Deutschland bis nach Kriegsende.  der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit, oft nur in wenigen Stunden aus dem Orchester gemacht hatte, das ja nicht etwa „eingespielt“ war … Man hat selten, und bei den besten Berufsorchestern einen solchen Zusammenklang, eine solche Einheitlichkeit der Leistung, einen solchen Elan feststellen können … ''12'')''</span>
Scherchen fährt fort Eine späte Würdigung des Dirigenten schreibt der Mahler-Forscher Henry –Louis de la Grange in seinen Erinnerungen  an das Jahr 1932/33Diapason 2003 anläßlich der CD -Veröffentlichung der III. Symphonie, eines Mitschnitts einer Aufführung 1960 in Leipzig (vgl. Diskographie) durch&nbsp; TAHRA:
 <span style="color: #0000ff;">''… Vorher hatte ich das große Glück zum erstenmal das musikalische Wien zu erleben. Das kam so: Ich war nach Wien eingeladen wordenHermann Scherchen n‘a pas seulement compté parmi les plus grands chefs de sa géneration, die neunte il a été de surcroît un admirable interprète de Mahler- Sinfonie für den Rundfunk aufzunehmen.  … Bei der ersten Probe erschien plötzlich eine Schar von Jünglingen und jungen Mädchen feierlich mit einem Fürsprecher. Sie fragten michAprès plusieurs disques pirates qui ne lui faisaient pas honneur, ob ich erlauben würde, daß sie der Probe beiwohnen . le voici enfin avec cette&nbsp; splendide Troisième qui prend place d’emblée dans le peloton de tête des versions disponibles Sie seien Schüler von Webern und von Berg, und es sei ''''für sie sehr wichtig, die Arbeit an der „Neunten“ Mahler zu erleben … 13)''</span>
Nach dieser Begegnung entstand Um diese kleine Dokumentation zur Dirigentenpersönlichkeit Scherchen abzurunden, darf die Stimme des Orchesters nicht fehlen. Diese Stimmen sind allerdings zwiespältig:  Ablehnend, wenig freundlich die einen, andere berichten weitgehend übereinstimmend, daß die Orchester-Proben unter ihm ein Erlebnis gewesen wären. Kein anderer konnte Tempi, Rückungen usw. so gut erklären wie er, das Orchesterstudio Wien; es folgte das Konzert am 31Durchspielen eines Stückes während einer Probe ergab einmalige Interpretationserfahrungen.Januar 1933 im Wiener Konzerthaus.  15)
Scherchen wählte die Schweiz als ExilNur dann -Land&nbsp; bis zum Beginn des 2. Weltkriegs am 1. September 1939 war er als Reisedirigent unterwegsAbend der Aufführung im Konzertsaal, Scherchen im Frack, da geschah – nicht immer, ausgenommen aber doch  - etwas Merkwürdiges: plötzlich war Deutschland. 1939 dirigierte er in Athen und in Palästinaalles anders, organisierte in Straßburg und Brüssel Arbeitstagungen,  das Probierte verflachte bis kriegsbedingt der Radius sich ausschließlich auf die Schweiz einengtezur rein technischen Wiedergabe.  16)
1935 kommt es zur Gründung des Verlags „''Ars viva''“ Harry Goldschmidt, als junger Musiker bei Scherchen in BrüsselKönigsberg an der ORAG, das Verlagsprogramm verzeichnet die geplanten und auch teilweise realisierten Publikationen alter und neuer Musik. 17)als begleitende Publikation erscheint die Zeitschrift „''Musica Viva''“versuchte dieses Phänomen der Verwandlung zu erklären; es war ein Gespräch, die allerdinges (Geldmangel!) nach drei Nummerneine Diskussion während eines&nbsp; Symposiums, 1937 wieder eingestellt wirddas der DDR-Rundfunk im Juni 1986 organisiert hatte .
Nach Kriegsende wird mit einem etwas veränderten Namen „ <span style="color: #0000ff;">''Ars Viva''“ … Sobald er den Frack anziehen mußte, fühlte er sich beengt. Denn er war ein VerlagMann,1949der mit seinen Musikern arbeitete, in Zürich gegründet; aber wie viele Initiativen dieser Art von Scherchen, endeten diese Projekte  -entweder durch Kapitalmangel oder wurden von anderen Verlagen übernommenund die Arbeitsatmosphäre war die Voraussetzung für höchste künstlerische Norm und ihre Erfüllung.… ''14'')''</span>
1940 – 1944 leitete er Er war Teil der sich immer mehr erweiternden Mahler-Rezeption in Bern eine Dirigentenklasse, gab Kurse für Instrumentation den 20er und Interpretation am Konservatorium in Bern, veranstaltete Ferienkurse,  - eine Unterbrechung seiner intensiven Tätigkeit bedeuten die Kriegsjahre keineswegs, bestenfalls eine geographische Einengung30er Jahren.
1944 bekommt er Kontakt zur S(chweizerischen<span style="color: #0000ff;">''… die Besonderheiten der Durchsetzung Mahlers … Neben den Kürzungen, die mit der Begründung einer einfacheren Verbreitung vorgenommen wurden, zeigte sich, daß berühmte Dirigenten wie Nikisch, Walter, Horenstein, Furtwängler, Klemperer, Mengelberg, Scherchen und Pringsheim bis zu Beginn der 20er Jahre auch durch die Auswahl der Werke traditionelle Aspekte in den Vordergrund rückten … Hinsichtlich der Merkmale der Interpretation lassen sich für die Jahre bis 1930 lediglich Vermutungen anstellen, da die für die Interpretation wichtigen Tonaufnahmen mit Werken Mahlers erst vereinzelt Anfang der 30er Jahre entstanden sind. Die erste Tonaufzeichnung liegt mit Oskar Frieds Einspielung der II. aus dem Jahr 1924 vor … 15) R(undspruch)G(esellschaft).''</span>
1945 Übersiedlung nach Zürich; Radio Beromünster engagiert Scherchen als Dirigent für das Orchester des Senders. Radio Beromünster ist der deutschsprachige Sender der S(chweizerischen) R(undspruch)G(esellschaft) mit Studios in BaselIn dem zitierten Text von Metzger, Bern und ZürichMahler-Rezeption gibt es zwei Stichworte, die ich herausgreifen möchte.
Mit Kriegsende nahm Scherchen seine umfassende Reisetätigkeit als Dirigent und Lehrender wieder aufProgrammplanung: die übliche Programmplanung setzte wenig zeitgenössische Musik ein, in Ankara, Chileder Schwerpunkt war Beethoven, viel Klassik und Romantik. Leidglich Richard Strauss als zeitgenössischer Musiker genoß die Gunst des Publikums. Welche Rolle bei den Darmstädter Ferienkursen 18)der Programmplanung die Musikverlage sowie die Konzertagenturen&nbsp; dabei spielten,  in Prag usw.; dazu kommen Plattenverträge und Rundfunkarbeitwäre ein interessanter Nebenschauplatz.
1950 kommt es zur Entlassung aus sämtlichen schweizerischen Positionen; der Vorwurf: kommunistische Umtriebe. Scherchen hatte beim Festival „Prager Frühling“ ein Konzert dirigiert und im Rahmen der tschechoslowakischen Kulturwoche in Basel einen Vortrag über „Die Tschechoslowakei 1950“ gehalten.  Europa in Zeiten des Kalten Krieges -Grund genug um in der deutsprachigen Schweiz einen Skandal zu entfesselnplante seine Programme „modern“, Scherchen wurde ein – Bauernopfer (?) seiner Kompromißlosigkeit. Erst 1965 kommt es wieder zur Zusammenarbeit mit einer Schweizer Institution, mit Radio Lugano. 19)strukturiert:
Ungeachtet dieser Hetzcampagne <span style="color: #0000ff;">''… Vier Absichten bestimmten das Gesamtbild meiner Programme von 1950 behielt Scherchen den Wohnsitz in Zürich; kommt weiter seinen internationalen Verpflichtungen nach – reist nach Italien1922-24: Das Bewußtmachen des die Zeit aufwühlenden Werkes Gustav Mahlers (IX., III., II. Symphonie), Österreichdas Heranführen des sie neu befruchtetenden Geists Arnold Schönbergs, Deutschlanddie Erweckung der sie vorbereitenden musikschöpferischen Feinstkraft im Werk Max Regers,  New York usw.und die Aufzeigung der vorgereiften Großwerke Richard Strauss`schen Komponierens … ''16'')''</span>
''1954 erwarb Scherchen im dem Tessiner Dorf Gravesano ein altes Bauernhaus. Gravesano wurde Wohnsitz und Experimentierzentrum. Scherchen ließ den alten, baufälligen Stall umbauen in schalltotes Studio. Es wurde der ideale Ort für die Experimente und Aufführungen zeitgenössischer elektronischer Musik. 20)  Zwischen 1954 und 1966 war Gravesano Der zweite Punkt ist das „Mekka“, zeitweise sogar Mittelpunkt der elektronischen Musik, der elektro-akustischen, schallwissenschaftlichen SzeneThema: Kürzungen. ''
''Am 7Bis weit in die erste Hälfte des 20. Juni 1966 dirigierte Scherchen im Rahmen des Maggio Musicale Fiorentino  die Premiere  „Orfeide“ (Malipiero)Jh. Er stirbthinein war es durchaus üblich an den klassischen, völlig unerwartetromantischen aber auch an zeitgenössischen Werken Striche, am 12Instrumentationsveränderungen zu setzen. Juni 1966 in seinem Hotel in FlorenzEs ist der Dirigent Arturo Toscanini, der damit beginnt den Originaltext einer Komposition zum Maß einer musikalischen Aufführung zu machen, der Texttreue rigoros einforderte. ''
''''' '''''Noch nach 1945 blieb Hermann Scherchen bei seiner Gewohnheit –Striche, Änderungen am musikalischen Text vorzunehmen, eine Tatsache, die viel kritisiert wurde.
''Anmerkungen''Das Problem dieser Einstellung zu einer Komposition, für die Scherchen kompromisslos eintrat, Striche, Veränderungen an der Instrumentation vorzunehmen, ist&nbsp; bei einer historisch-kritischen Beschreibung des Dirigenten Scherchen nicht leicht zu erläutern. Für die Striche, mit denen Scherchen nach 1945 weiter arbeitete, fehlt – von seiner Seite – für die Instrumentalmusik jede Begründung, wenn es denn überhaupt eine gäbe. Bleibt die Spekulation.
Einerseits vertritt er die Position der „punktgenauen“ (pointiert formuliert) Wiedergabe der musikalischen Textur, wie er es z.B. in seinem Aufsatz die '' „Kunst des Dirigierens“''verlangt. 17) Dann wiederum fordert Scherchen rigorose Striche, vor allem wenn er Oper dirigiert und erklärt seine „Strichfreudigkeit“&nbsp; mit musikalisch- dramaturgischer Notwendigkeit „ ''wir leben nicht mehr im Zeitalter der Postkutsche''“ 18).
''11) GrotrianBei symphonischen Werken hingegen besteht dazu keinerlei Notwendigkeit, dieses Argument sticht nicht. Wenn es – wie bei Platteneinspielungen – keine ökonomischen Zwänge waren, -Steinweg Orchester: auf Initiative des Leipziger Konzertverein gegründet 1920was bewog ihn dann dazu – zu streichen? Diese Frage bleibt ungeklärt, finanziert von der Klavierbaufirma Grotrian – Steinweges gibt dazu keine wie auch immer geartete, Leipzig. Scherchen übernimmt im selben Jahr die Orchesterleitung&nbsp; auch keine&nbsp; die dauerhafte finanzielle Absicherung schriftliche Aussage des Orchesters bedeutete das Musikers. (Zumindest wurde diese bis jetzt nichtgefunden. Das Orchester muß um seinen Erhalt finanziell zu erreichen populäre Konzerte spielen) Aber vielleicht war es sein absolut subjektives Empfinden wie er die musikalische Erzählung am besten zum Klingen, im Palmengartenals Hörerlebnis erfahrbar machen könne, im Leipziger Zoo uswdie ihn zu diesen Eingriffen „verführten“. Die Inflation von 1923 tut ein übriges; das Ensemble löste sich aufNur bei tatsächlich zeitgenössische Musik unterblieb die „Lust am Streichen“.    ''
''12) 1924 leitete Scherchen sein erstes Rundfunkkonzert, Arnold Schönberg steht Im Nachlaß sind zu den Mahler-Symphonien bis auf dem Programmdie VIII. Scherchen eignete sich – autodidaktisch – umfangreiches technisches Wissen über und das neue Medium Rundfunk an Adagio aus der X. keine eingestrichenen Partituren überliefert, beschäftigte sich mit Fragen der Akustik – das ging um so weitnachzulesen, daß er sich immer wieder aktiv mit Lösungsvorschlägen einschalten konntewas ihn zu den Strichen bewogen haben mag.''
''13) Winterthur: Das Orchester besteht zunächst Die Rezensionen, aus Amateurenwelchen Jahren auch immer, vor 1933/38 oder nach 1945 geben keinen Anhaltspunkt, keine Hinweise&nbsp; über Striche oder sonstige Veränderungen; Scherchen ergänzte das Orchester durch das Engagement professioneller Musiker und formte es zu einem professionellen Klangkörpernur die Tonaufnahmen belegen dies. Das gespielte Programm reichte von schweizerischer Barockmusik bis zu zeitgenössischer Musik.''19)
''14) Klemm, S. 51f. Nach Recherchen in der Münchner Stadtchronik konnte das Konzert Scherchens Interpretationsästhetik – nicht festgestellt werdennur für die Rundfunkaufnahmen – zielte auf Deutlichkeit, weder mit Kritiken noch mit Programmen. Das bedeutet aber nichtKlarheit, daß das Konzert nicht stattgefunden hätte; es könnte seinabsolut Transparenz im Klanglichen, daß die Behauptung des Kritikers Alexander Berrsche(eigentlich LöschDifferenzierung der Stimmen – richtete sich gegen den „verschwommenen, 1883-1940)süffigen, Musikschriftstellerromantischen“ Wohlklang, Musikredakteur gegen den „Hall“ der Münchner Zeitung zutrifft, - wie es auch Scherchen berichtet - es würden keine Rezensionen über das Scherchen - Konzert erscheinen. Er erklärte Scherchen, Grund wäre dessen Konzert traditionellen Konzertsäle; Kompromisse für Auftritte in Hamburg gewesen, das er – Scherchen - im roten Pullover dirigiert haben soll mit propagandistischem Inhaltden traditionellen Sälen wurden durch Umstellungen des Orchesters versucht um seine Klangvorstellungen möglichst optimal umzusetzen. Scherchen hatte zu diesem Zeitpunkt kein Konzert in Hamburg dirigiert; derartige Machinationen waren Teil der NS-gesteuerten Diffamierungscampagnen (die lange vor der „ Machtergreifung“ begannen20), nicht nur gegen Scherchen. ''
15) Klemm, S. 52f. Am 22. August 1932 dirigierte Scherchen in der RAVAG ein Funkkonzert mit dem Wiener Sinfonieorchester/Wiener Symphoniker/. Auf dem Programm stand: Rudolf Mengelberg, Sinfonische Variationen für Violoncello und Orchester, EA, Solist: Rafael Lanes und Gustav Mahler, IX. Symphonie.
Wenig später dirigierte er im Rahmen einer Arbeitstagung mit Absolventen der Musikschulen ein sogen. Studio-Konzert; anzumerken wäre, daß in den Rezensionen immer auf ein erstes Konzert hingewiesen wird, zu dem – bis jetzt - keine Unterlagen auffindbar sind.
Wien, Orchesterstudio'''DAS MUSICA VIVA – ORCHESTER&nbsp; -Konzert im Großen Saal des Wr. Konzerthauses:EIN WIENER ZWISCHENSPIEL&nbsp; 1937/38'''
31.1.1933
BeethovenMit den beginnenden 30er Jahren zeichnen sich die veränderten und verändernden politischen Ereignisse, Große Fuge B-DurGefahren immer stärker ab; der zunehmende Antisemitismus, das Erstarken der extremen Rechtsnationalen, der Nationalsozialisten, schaffen ein zerrissenes gesellschaftliche und kulturelles Klima. In diesen Sog gerät auch die Rezeption von Mahlers Musik. Nach dem Februaraufstand 1934, der Ermordung des Bundeskanzler Dollfuß, entsteht der Ständestaat, ein autoritäres Regime mit einem demokratischen Mäntelchen. Das kulturelle Wien brauchte neue Impulse und so meinen ''Gerhard Scheit, Wilhelm Svoboda ''in ihrer Publikation'' „Feindbild Gustav Mahler“ (''s. Lit.angaben) wäre der Komponist Gustav Mahler, der ehemaliger Hofoperndirektor reine ideale Identifikationsfigur. Treibende Kraft war Alma Mahler, die Witwe.
StrawinskijBruno Walter, 1als behutsamer Sachwalter Mahlers, als Vertreter einer älteren Generation (in den Augen einer jüngeren Generation: konservativ), genügte diesem Anspruch nicht mehr.KlavierkonzertEine jüngere Generation, nüchtern und kühl, Solist Jakob Gimpelmit einem anderen Musikverständnis sollte sich mit Mahler beschäftigen. In der Person von Hermann Scherchen glaubte man die Gegenposition gefunden zu haben, die zu einer veränderten Auseinandersetzung mit der Musik Mahlers führen sollte, ihr den neuen notwendigen Drive geben. 21)
MahlerMan könnte auch so argumentieren, Adagio aus daß sich die Highlights der Xprominenten Dirigentengarde lieber mit dem Wohlbekannten, Vertrauten – wie etwa Beethoven und Brahms – dem Publikum präsentierten. Es&nbsp; war erst diese jüngere Generation, freilich keineswegs noch prominent genug, die dem weit verbreiteten Vorurteil&nbsp; von der „hypertrophen Kapellmeistermusik“, wie man Mahlers Musik gerne etikettierte, vehement widersprach. In diesem zerrissenen musikalische Klima im Wien der 30er Jahre wirkte eine Persönlichkeit wie Hermann Scherchen quasi als Kristallisationspunkt – wenigstens in den vielversprechenden Ansätzen, die auch zukunftsweisend waren, bis zum abrupten Ende mit dem 12.März 1938. Symphonie /Fassung Krenek
DirigentEnde Juli 1937 kommt Scherchen von seiner in Budapest abgehaltenen&nbsp;Arbeitstagung/Dirigierkurs nach Wien um mit dem soeben zusammen-gestellten Musica Viva –Orchester zu arbeiten. Vorausgegangen war die Gründung eines Vereins der Musicophilen, mit Sitz in Zürich, der das <span style="font-size: Hermann Scherchen0.939em;">Projekt auch finanziell unterstützte. 22)</span>
NEUE FREIE PRESSEAlma Mahler übernahm die Ehrenpräsidentschaft, gezdas war die Voraussetzung für die Zustimmung zu einem Mahler-Zyklus; zusätzlich ergab sich damit die Möglichkeit langfristiger Planung. IDieses ambitionierte Unternehmen fand am 12., Nr3.1938 mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Österreich sein abruptes Ende – aus der Republik wurde die Ostmark. 24566Alles was nicht in „''Die Diktatur des Hausknechts''“ (Alfred Kerr) paßte, 2.2verschwand – quasi über Nacht.193323)
'' … Von einem kleinen Kreis auf den Schild gehoben, hat Hermann Scherchen, der ehemalige Königsberger Rundfunkdirigent, mit einem Orchester, das sich im wesentlichen aus jungen Absolventen der großen Wiener Musikschulen zusammensetzt, nach einem ersten, weniger geglückten Versuche ein zweites Konzert veranstaltet  … den Willen zu interessanter Programmbildung ebenso überzeugend dokumentierte wie den Mut,  mit weniger erprobten Kräften an schwerste Aufgaben heranzugehen. Die Dirigiertechnik Scherchens hat viel Gewaltsames und den Verzicht auf den Taktstock  möchten wir nicht gerade für eine Errungenschaft haltenProgrammplanung&nbsp; er ist übrigens ebensowenig neu wie die Orchesteraufstellung (erste bis 1938/39 sah drei wichtige Schwerpunkte vor: zu dem geplanten Mahler-Zyklus kommt ein Zyklus der Brandenburgischen Konzerte und zweite Violinen linksanderer Kompositionen von J.S. Bach, Celli rechts vom Dirigenten) und den dritten Schwerpunkt bilden die zur Verbesserung der Akustik angebrachte Wandverkleidungsogen.  „Manuskriptkonzerte“, d.s.Konzerte zeitgenössischer Komponisten deren Werke im Konzert sozusagen „aus dem Manuskript“ gespielt werden sollten.''&nbsp;
''Die Aufführung ließ Der Mahler-Zyklus: Aufführungen sämtlicher Mahler-Symphonien, ausgenommen die VIII. (wegen des zu großen Aufwands an dasMitwirkenden, noch unter dem Eindruck dieser Reinheit, wohl damit auch an Exaktheit in den exponierten Partien manches ein zu wünschen übrighoher finanzieller Einsatz). Wir würden dasGeplant waren sieben Konzerte im Großen Musikvereinssaal, noch unter die zwischen dem Eindruck dieser Musik 6.11. 1937 und der glühenden Begeisterung stehend, mit der die jungen Leute im Orchester bei der Sache waren, nicht hervorheben, wenn nicht gerade Scherchen als das Muster eines'' ''Genauigkeitsfanatikers und Einstudierers mit ostentativer Beflissenheit gegen andere Wiener Dirigenten ausgespielt'' ''würdedem 22.5.1938 stattfinden sollten.''
16)Zu den Arbeitstagungen:'''''&nbsp;'''''
1933 Straßburg, 193 8 die sechste und letzte in Braunwald/Schweiz. Das Programm dieser Tagungen: jungen Musikern die Möglichkeit der Begegnung mit Musik zu bieten, die in Deutschland verfemt wurde, diese zu studieren, Künstlern zu begegnen, die in Deutschland nicht mehr auftreten durften – in einem Arbeitsklima ohne jede Einschränkung, politischer Repression usw.'''''Der Mahler- Zyklus''' &nbsp;25)''
17) Lucchesi, S.35# '' Konzert im Mahler-Zyklus''
18) Darmstädter Ferienkurse: Scherchen kommt in Kontakt mit der jungen Musikergeneration ''6.11.1937 Großer Saal des deutschsprachigen Raums.   Musikverein''
''19) Seit Scherchen 1944 als Leiter der Musikabteilung von Radio Beromünster ernannt worden war – eine Ernennung, die vonseiten der deutschschweizerischen rechtspopulistischen Presse heftig angegriffen wurde – schwelte dieser Konflikt, der dann mit dem Basler Vortrag von 1950 voll zum Ausbruch kam und zu Scherchens Entlassung aus allen öffentlichen Schweizer Ämtern führte. Scherchen war nicht der einzige, der solchen Angriffen ausgesetzt war; fast ist man versucht zu sagen, sie waren für die in die Schweiz niedergelassenen Exilanten Alltag zwischen 1933Musica Viva-1945.Orchester''
''20) Klemm, S. 63f.;  Manfred Krause, Das Gravesaner Studio und seine Ausstrahlung. Erinnerungen eines Außenseiters. S. 116ff. sowie Abb. S. 114 und S. 115  InDirigent: Hermann Scherchen. Musiker 1891-1966. Berlin 1986''
''Alt: Enid Szantho''
# ''Mahler, 9. Sinfonie in D'Der DIRIGENT''&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; &nbsp; Kindertotenlieder''
BERLIN, LEIPZIG, WIEN -  BIS 1933'''''&nbsp;'''''
'' ''Neues Wiener Journal, 8.11.1937, Nr. 15.795
''… so lerne ich … mit wenigsten, einfachen Mitteln, künstlerisch wesentlich und kompromißlos zu arbeiten … ''''1)''Hans E. Heller
<span style="color: #0000ff;">''Die Symphonien von Gustav Mahler waren … er hat Wien um ein hochwertiges Orchester reicher gemacht, er hat aber auch das ewige Programmeinerlei mit schöpferischer Kraft durchbrochen und gezeigt, daß auch in den Jahren zwischen 1900 -1914 als „Novitäten“ heiß umkämpftdieser Zeit Erfolg erzielt werden kann, gefeiert, abgelehnt. Berlin hatte wenn man an Stelle des Betriebes eine Überzeugung setzt und sie – allen hämischen Nörgleien zum Trotz noch zu Lebzeiten des Komponisten - viele Mahler-Aufführungen erlebt. 1905 hörte Scherchen in die 3Tat umzusetzen bereit ist. Mahler in einem Sonntagsvormittagskonzert  2)''</span>
<span style="color: #0000ff;">''1911: Das zweite Konzert des Musica Viva Orchesters war das erste des angekündigten Mahler-Zyklus. Scherchen spielte Bratsche im Berliner Philharmonischen Orchester; Oskar Fried dirigierte am 24machte es sich und den Höreren nicht leicht.11.1911 die Berliner EA Er stürzte kopfüber in den Ozean Mahlerscher Musik und begann dort, wo Mahler aufhörte: bei der VII. Symphonie.„Neunten“ …''</span>
<span style="color: #0000ff;">''Scherchen  erinnert sich:Man wird bis jetzt vielleicht eine kritische Würdigung der Dirigierleistung Scherchens gesucht haben. Es wird aber beim Suchen bleiben, denn angesichts solcher Vollkommenheit muß jedes kritische Wort wie kindliches Gestammel wirken. Es war eine Apotheose der Vollendung.''</span>
''… da war Mahler mit der gewaltigen Bekenntnismusik des ersten Satzes, den skurril selbstverlorenen zwei Nachtmusiken, dem wild verzweiflungsvollsten „Scherzo“ – und dem lauten „Amerika“-finale, voll von verheimlichter wienerischer Zärtlichkeit. Die weite Raumhaftigkeit der Mahlerschen Symphonik erschloß sich mir mühelos – nichts war zu lang, nichts zu unbedeutend, nichts zu übergewichtig an der 80 Minuten dauernden Symphonie! Sie begann zu klingen voll so unerhörter Lebensintensität, daß sie seit jenem ersten Zusammentreffen mit ihr – für immer weiter tönte in mir (trotzdem ich das Werk bis zu meiner eigenen Plattenaufnahme davon dann 45 Jahre lang nicht mehr hörte!). Frieds Arbeit machte die Aktualität Mahlers als künstlerisches Großereignis um die Jahrhundertwende voll bewußt<span style="color: NIEMAND konnte sich dieser Musik entziehen im Orchester, als sie sich brennend reliefhaft realisierte. Wir ertrugen ihre mehr als einundeinviertelstündige Zeitdehnung, nein: ertrugen sie nicht, sondern LEBTEN sie in atemberaubender Hingegebenheit! War ich in Mahlers VII. zuerst jenem neuen Kunstgefühl begegnet, das den Expressionismus einzuleiten begann, so schlug mir dessen Feueratem voll entfacht aus Schönbergs Werk entgegen.  …''#0000ff;">'' 3)&nbsp;''</span>
''Bei der UA der VIIINeue Freie&nbsp; Presse, 10.11. Mahler in München1937, am 12Nr.September 1910: …''26282
''und ich saß im Orchester und konnte nicht mehr spielen und zitterte bei dieser unerhörten Verdichtung von Ausdruckswollen, die diese Musik gestalteteGez. U. …'''' 4)''
<span style="color: #0000ff;">''Am 4.Februar 1914  dirigierte .. Hätte Scherchen öffentlich zum ersten Mal eine Mahler –Symphoniekeine anderen Verdienste als die Wiedergabe des symphonischen Werkes Mahlers in meisterlich studierten Aufführungen, sein Wirken mußte in der Konzertgeschichte unserer Stadt bedeutsam bleiben. Er wählt die V. Symphonie Seit Clemens Krauss Abgang ist es um Mahlers Symphonien recht still geworden … Die Aufführung, völlig erfüllt vom Geiste des genialen Werkes, hatte technische Vollkommenheit, tiefe und dazu  - programmatisch gezielt  ausgewählt - ''von Arnold Schönberg die 1einen unnachahmlichen Zug ins überdimensionale. ''KammersymphonieMochte man vielleicht in Einzelheiten des Orchesterklanges noch Wünsche haben, etwa stärkere Besetzung und größere Fülle des Streicherkörpers, weichere Rundung des Hörnerklanges, als Gesamtleistung war diese Aufführung so schön, daß man ihrer nur mit aufrichtiger Bewunderung und Dankbarkeit&nbsp; gedenken kann.''</span>
Nach der Probe zu diesem Konzert, schreibt Schönberg an den jungen Dirigenten, - und es ist anzunehmen, daß die kritisierten allzu schnellen Tempi auch den Mahler „trafen“: 5)
''… Ihre Tempi durchaus viel zu schnell … Sie scheinen auch in dem Irrtum befangen zu sein, Temperament heißt ‚schnell‘! Während Temperament an sich gar nichts heißt … Legen Sie diesen Irrtum ab, und musizieren Sie  mit gedämpften, verhaltenem Temperament ..''
# ''Diese „Symphonie Nr. 5“ wird Hermann Scherchens ganzes Dirigentenleben „begleiten“, sie zieht sich wie AriadneKonzert im Mahler-Faden durch seine künstlerische musikalische Existenz.; er hat sie 22 mal dirigiert. Im Mai 1966 dirigierte er die V. Symphonie in Bremen; es sollte sein letztes Konzert sein, wenige Tage danach am 2.Juni 1966 ist er in Florenz gestorben.Zyklus''
''Die wenigen Zitate aus den autobiographischen Aufzeichnungen 15.12 1937 Großer Saal des Dirigenten erzählen von der lebenslangen Faszination, die die Mahler’sche Musik auf den Musiker ausübte, wie sie ihm den Weg öffnete zur Dirigentenlaufbahn, zum Erkennen seines didaktischen Talents.  1919 veröffentlicht er aus Anlaß eines Konzerts in dem er die III. Mahler dirigieren wird, einen Aufsatz, ''''Gustav Mahler, der Musiker-Philosoph.Musikverein''
''Scherchen versucht das Phänomen Mahler Musica Viva- Musiker-Philosoph und Prophet  zugleich  zu entschlüsseln; er erkenntOrchester, daß die vermeintliche musikalische „Trivialität“ der Mahler‘schen  Sprache –  Volksmusik und VolkstänzeMusica Viva Frauenchor, wie z.B.Ländler – sind ihm nur Ausdrucksmittel zum Zweck – dienen dem höheren Ziel des Geistigen :Wiener Sängerknaben''
''… Gleichnisse haben hier den Weg zeigen sollen, unvollkommene Bilder erklären wollen, was aus der Architektonik des Werkes selbst sichtbar wird. Diese riesenhafte Formidee wäre nicht möglich gewesen, ohne den Phropheten in dem Musiker Mahler, die kühne cyklopische Rhythmik des ersten Satzes als der rein musikalische Einfall kaum niedergeschrieben wordenDirigent: ein Hinweis darauf, wie durch diesen Künstler-Mischtyp auch das rein Musikalische erweitert und neu geformt werden kann. … ''' '''6)Hermann Scherchen''
''In seiner Autobiographie „Mein erstes Leben“ berichtet Scherchen außerdem von einem -fast möchte ich sagen - „expressionistischen“ Gespräch, das in einem Kaffehaus stattgefunden hat; Schönberg lebte damals in BerlinAlt: Maria Basilides''
# ''… Was damals in der Kunsterkenntnis unter Künstlern vor sich ging, zeigt folgendes Wiener Begebnis: Gustav Mahler, mit Schönberg verabredet, trifft diesen und seine Schüler im Kaffeehaus3. Sich zu ihnen setzend, beginnt er über Dostojewski zu sprechen, mit dessen neuen Charakteren und Hauptpersonen (Mörder und Dirne Sinfonie in „Schuld und Sühne“) die Exklusivität des geschmacklich Approbierten des Kunstwerkes sich auflöste. Von Dostojewskis Voll – und Gleichwertigkeit „ ALLER Menschenkreatur, gleich welcher Gestalt“ nahm Mahler sich das Recht, Fetzen von Soldatenliedern, vulgären Tanz –und Liebesweisen als Melodiegrundlagen in die Symphonik einzuführen! Kaum hatte Mahler geendet, so springt der junge Anton von Webern auf, hebt eifernd den Finger und ruft aus: „Ja aber wir haben den Strindberg“ dafür (das war zur Zeit, als Schönberg daran dachte, Balzacs Swedenborg-Novelle „Seraphita“ in ein Opernbuch umzuwandeln ) …''''7d –moll 26)''
''Scherchen und seiner Generation galt Mahler als „Vollender“ einer musikalischen Sprach – und Ausdrucksform sowie gleichermaßen als Schöpfer eines Weges auf der Suche nach einer neuen Tonsprache – und – Form.'''&nbsp;'''''
''ZeitAlma Mahler, Kunst- und Lebensgefühl  des  jungen Scherchen sind geprägt von dem um 1910 in Berlin alles dominierenden Expressionismus  - von nach der Kunstszene bis zur politischen HaltungAufführung der III.  8)''Symphonie:
<span style="color: #0000ff; font-size: 0.939em;">''Mit Beginn seiner Dirigentenlaufbahn, so stellt es sich jedenfalls retrospektiv dar… gestern erlebte ich eine unbeschreiblich herrliche Aufführung von Gustav Mahlers 3. Symphonie. Alles wird daneben zu Nichts, entstand wenn man das Image – Scherchenerleben kann, der „Gegentypus“ zu was ich erlebte. Dieses unvergleichliche Werk unter Hermann Scherchens Leitung: Das Wiedererstehen meiner damaligen starken Erschütterung im Jahre 1903 bei den Pultstars, älterer wie jüngerer GenerationAufführungen in Köln und Krefeld… .&nbsp;&nbsp;''</span>
<span style="color: #0000ff;">''Die meisten seiner Zeitgenossen, Scherchen wird dem Werk vollkommen gerecht. Seine mangelnde Genialität hindert ihn nicht nur Musiker,  beschreiben ihn als erfolgreichen Außenseiterdurch Fleiß,  insbesondere wegen seiner rigorosen Kompromißlosigkeit – nicht nur in musikalischen DingenSubtilität und äußerste Hingabe an das Werk wirkliche genialische Wirkungen hervorzubringen. .. ''''27)''</span>
''Die anfänglich eingegangenen festen Engagements als Dirigent sind nur von kurzer Dauer: Leipzig 1920/22Neues Wiener Journal, Frankfurt 1922/2416.12.1937, Königsberg 1928/31Nr. 15. ''' '''9)''833
''Mit einer Ausnahme: WinterthurHans E. Werner Reinhart, Schweizer Industrieller und Kunstmäzen, engagierte den jungen Dirigenten, dem längst ein hervorragender Ruf als Orchestererzieher – und leiter vorauseilte, 1922 für das Stadtorchester Winterthur. Scherchen erhielt Konditionen, die seinen künstlerischen Vorstellungen entsprachen, vor allem reizte ihn die Aufgabe das Stadtorchester, das zunächst von Musikliebhabern gestellt wurde, zu einem professionellen Klangkörper nach seinen Vorstellungen zu formen. Erst 1950 (die „Kommunistenaffäre“)wird Scherchen von dieser Position zurücktreten. 10)''Heller
<span style="color: #0000ff;">''… Großartig musizierte Scherchen lernte Thden ersten Satz.WEs ziemt sich wohl, daß man hier die phänomenale Leistung des ersten Posaunisten Hoffmann gebührend erwähnt. Adorno, der zum Kreis von Alban Berg gehört, während seiner Frankfurter Jahre kennen; Klar klangen die Holzbläser und volle Anerkennung dem jungen aufstrebenden Musikerphilosophen erscheint Scherchen als der Repräsentant einer neuen, heraufkommenden Dirigentengeneration.Schlagwerk …''</span>
''Das in den „Musikblättern des Anbruch“ von ThReichspost, 17.W12. Adorno1937, 1926 veröffentlichte Porträt ist mehr als ein literarisches Porträt, es gleicht einer Analyse: ''Nr. 346
'' „… Scherchen repräsentiert erstmals wohl nach Art und Gesinnung einen neuen Typus des Dirigenten“ … ihm sei es … „um die Wirklichkeit der Werke wahrhaft zu tunGez. Deren Organon ist geschichtliche Erkenntnis, aber eben nicht die zuschauerhafte des Historikers, sondern die leidenschaftliche gegenwärtig im Material geleistete, die den Stand der Wahrheit in Werken ermißt  und zu reproduzieren trachtet (…) Die Idee der konstruktiven Erhellung der Werke leitet ihn, er folgt ihr besonnen und bleibt des Restes von Unerhellbaren, in Konstruktion nicht aufgehenden gedenk, der in jedem Werk lagertR.T.“ 11)''
Die real-musikpraktische Darstellung verfaßte Paul Stefan<span style="color: #0000ff; insbesondere unterstreicht Stefan das große Talent von ">''Gustav Mahlers dritte Symphonie unter Hermann Scherchen, binnen kurzem aus  „bunt zusammengewürfelten“ Musikern, ganz unterschiedlicher Herkunft und Schule ein eingespieltes Orchester, einen Klangkörper zu formen:''</span>
<span style="color: #0000ff;">''…  er … Bruno Walter, … sucht krasses und Grelles gerne etwas zu mildern und die echt romantischen Gefühlswerte dieser Musik voll zur Wirkung zu bringen. Hermann Scherchen dagegen unterstreicht eher all das, was sich gegen ein Zusammenzufügen zu sträuben scheint, noch besonders. Die romantische Ironie, die Selbstpersiflage bleibt ungemildert stehen. Das Posaunensolo im ersten Satz, das vom Komponisten die Bezeichnung „sentimental“ erhalten hat, vom Radio abgesehenwird sozusagen übersentimental gebracht, offiziell recht wenig Förderung erfahrenso daß es an die Saxophonmanier in der Jazzmusik erinnert. Umsomehr haben seine Freunde getanDagegen läßt der langsame Satz am Schluß, der zum Schönsten gehört, was Gustav Mahler geschrieben hat, den Glanz und die Wärme der Streicher vermissen, wohl auch darum, weil diesen durch eine übertonte (sic!, gemeint ist: ein Orchester von nichts weniger als Dilettanten steht ihm in freiwilligem Dienst zur Verfügung überbetonte) Forderung des Pianissimo die Kraft zum Ausschwingen genommen wird. … ''</span>
''In diesen Konzerten wurden aufgeführt, Krenek, 1. Symphonie, das zweite Mal der langsame Satz aus Mahlers nachgelassener Zehnter …''
''Daß sich Scherchen überall da als geradezu unheimlich disponierender und mit äußerster Deutlichkeit interpretierender Dirigent erwiesNeue Freie Presse, dabei keineswegs lehrhaft, sondern von einer inneren Bewegtheit19.12.1937, die sein Erlebnis jedesmal unfehlbar auf die Hörer übertrug, war trotz allem nicht so sehr das Wunder dieser AufführungenNr. Wunderbar war vielmehr, was der Dirigent in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit, oft nur in wenigen Stunden aus dem Orchester gemacht hatte, das ja nicht etwa „eingespielt“ war … Man hat selten, und bei den besten Berufsorchestern einen solchen Zusammenklang, eine solche Einheitlichkeit der Leistung, einen solchen Elan feststellen können … ''12'')''26321
''Eine späte Würdigung des Dirigenten schreibt der Mahler-Forscher Henry –Louis de la Grange in Diapason 2003 anläßlich der CD -Veröffentlichung der IIIgez. Symphonie, eines Mitschnitts einer Aufführung 1960 in Leipzig (vglU. Diskographie) durch  TAHRA:''
Die Rezension der ''… Hermann Scherchen n‘a pas seulement compté parmi les plus grands chefs de sa génerationNeuen Freien Presse'' erklärt die ungeglätteten Dissonanzen, Härten und Schärfen mit der geringen Erfahrung und mangelndem Können des Orchesters, il a été de surcroît un admirable interprète de Mahlerlobt dagegen den schönen Streicherklang. Après plusieurs disques pirates qui ne lui faisaient pas honneur, le voici enfin avec cette  splendide Troisième qui prend place d’emblée dans le peloton de tête des versions disponibles … ''''13)''&nbsp;
Um diese kleine Dokumentation zur Dirigentenpersönlichkeit Scherchen abzurunden, darf die Stimme des Orchesters nicht fehlen. Diese Stimmen sind''&nbsp;''
allerdings zwiespältig: Ablehnend, wenig freundlich die einen, andere berichten weitgehend übereinstimmend, daß die Orchester# '' Konzert im Mahler-Proben unter ihm ein Erlebnis gewesen wären. Kein anderer konnte Tempi, Rückungen usw. so gut erklären wie er, das Durchspielen eines Stückes während einer Probe ergab einmalige Interpretationserfahrungen.Zyklus''
Nur dann -  am Abend der Aufführung im Konzertsaal, Scherchen im Frack, da geschah – nicht immer, aber eben doch - etwas Merkwürdiges: plötzlich war alles anders, das Probierte verflachte bis zur rein technischen Wiedergabe''21.1.1938 Großer Saal des Musikverein ''
Harry Goldschmidt, als junger Musiker bei Scherchen in Königsberg an der ORAG, versuchte dieses Phänomen zu erklären. Anlaß war das  Symposium, das der DDR''Musica Viva-Rundfunk im Juni 1986 organisiert hatte .Orchester''
''… Sobald er den Frack anziehen mußte, fühlte er sich beengt. Denn er war ein Mann, der mit seinen Musikern arbeitete, und die Arbeitsatmosphäre war die Voraussetzung für höchste künstlerische Norm und ihre Erfüllung. … ''14'')Dirigent: Hermann Scherchen''
''Er war Teil der sich immer mehr erweiternden Mahler-Rezeption in den 20er und 30er Jahren.Bass: Alexander Kipnis''
# ''… die Besonderheiten der Durchsetzung Mahlers … Neben den KürzungenMahler, die mit der Begründung einer einfacheren Verbreitung vorgenommen wurden, zeigte sich, daß berühmte Dirigenten wie Nikisch, Walter, Horenstein, Furtwängler, Klemperer, Mengelberg, Scherchen und Pringsheim bis zu Beginn der 20er Jahre auch durch die Auswahl der Werke traditionelle Aspekte 1. Sinfonie in den Vordergrund rückten … Hinsichtlich der Merkmale der Interpretation lassen sich für die Jahre bis 1930 lediglich Vermutungen anstellen, da die für die Interpretation wichtigen Tonaufnahmen mit Werken Mahlers erst vereinzelt Anfang der 30er Jahre entstanden sind. Die erste Tonaufzeichnung liegt mit Oskar Frieds Einspielung der II. aus dem Jahr 1924 vor … ''''15)D''
''In dem zitierten Text von Metzger, Mahler-Rezeption gibt es zwei Stichworte, die ich herausgreifen möchte. &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Vier Orchesterlieder''
''Programmplanung: die übliche Programmplanung setzte wenig zeitgenössische Musik ein, &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Adagio aus der Schwerpunkt war Beethoven, viel Klassik und Romantik. Leidglich Richard Strauss als zeitgenössischer Musiker genoß die Gunst des Publikums. Welche Rolle bei der Programmplanung die Musikverlage sowie die Konzertagenturen  dabei spielten, wäre ein interessanter Nebenschauplatz10. Sinfonie''
''Scherchen plante seine Programme „modern“, strukturiert:&nbsp;''
''… Vier Absichten bestimmten das Gesamtbild meiner Programme von 1922-24: Das Bewußtmachen des die Zeit aufwühlenden Werkes Gustav Mahlers (IX.Neues Wiener Journal, III30., II1. Symphonie), das Heranführen des sie neu befruchtetenden Geists Arnold Schönbergs, die Erweckung der sie vorbereitenden musikschöpferischen Feinstkraft im Werk Max Regers, und die Aufzeigung der vorgereiften Großwerke Richard Strauss`schen Komponierens … ''16'')''1938
Der zweite Punkt ist das Thema: KürzungenHans E.Heller
Bis weit in die erste Hälfte des 20.Jh. hinein war es durchaus üblich an den klassischen, romantischen aber auch an zeitgenössischen Werken Striche, Instrumentationsveränderungen zu setzen. Es ist der Dirigent Arturo Toscanini, <span style="color: #0000ff;">''Das dritte Konzert … brachte neben der damit beginnt den Originaltext einer Komposition zum Maß einer musikalischen Aufführung zu machen, Erste Symphonie noch das Adagio aus der Texttreue rigoros einforderteFragment gebliebenen Zehnten Symphonie.…''</span>
Noch nach 1945 blieb <span style="color: #0000ff;">''Hermann Scherchen bei seiner Gewohnheit –Strichehat mit dem jungen Orchester ein Wunder zustande gebracht. … Freilich Scherchen ist ein durchaus eigener Kopf. Seine Auffassung von Mahler deckt sich nicht mit der verschiedener Mahler-Interpreten. Aber was besagt das? Scherchens geistige Spannkraft ist eine so ungeheure, Änderungen am musikalischen Text vorzunehmendaß auch er bis auf den tiefsten Grund der Musik Gustav Mahler dringt, eine Tatsachedaß er sie ausschöpft, aber in seinem Sinn, die viel kritisiert wurdein dem Sinn eines großen Musikers von heute.…''</span>
Das Problem dieser Einstellung zu einer Komposition, für die Scherchen kompromisslos eintrat, Striche, Veränderungen an der Instrumentation vorzunehmen, ist  bei einer historisch-kritischen Beschreibung des Dirigenten Scherchen nicht leicht zu erläutern. Für die Striche, mit denen Scherchen nach 1945 weiter arbeitete, fehlt – von seiner Seite – für die Instrumentalmusik jede Begründung, wenn es denn überhaupt eine gäbe. Bleibt die Spekulation.<span style="color: #0000ff;">''&nbsp;''</span>
Einerseits vertritt er die Position der „punktgenauen“ (pointiert formuliert) Wiedergabe der musikalischen Textur, wie er es z''4.B. in seinem Aufsatz die „Kunst des Dirigierens“ verlangt. 17)Konzert im Mahler-Zyklus''
Dann wiederum fordert Scherchen rigorose Striche, vor allem wenn er Oper dirigiert und erklärt seine „Strichfreudigkeit“  mit musikalisch- dramaturgischer Notwendigkeit „ ''wir leben nicht mehr im Zeitalter der Postkutsche24.2.1938''“ 18).
Bei symphonischen Werken hingegen besteht dazu keinerlei Notwendigkeit, dieses Argument sticht nicht''Gustav Mahler: 2. Wenn es – wie bei Platteneinspielungen – keine ökonomischen Zwänge waren, Symphonie&nbsp; c- was bewog ihn dann dazu – zu streichen? Diese Frage bleibt ungeklärt, es gibt dazu keine wie auch immer geartete,  auch keine  schriftliche Aussage des Musikers. (Zumindest wurde diese bis jetzt nicht gefunden.) Aber vielleicht war es sein absolut subjektives Empfinden wie er die musikalische Erzählung am besten zum Klingen, als Hörerlebnis erfahrbar machen könne, die ihn zu diesen Eingriffen „verführten“. Nur bei tatsächlich zeitgenössische Musik unterblieb die „Lust am Streichen“.moll ''
Im Nachlaß sind zu den Mahler-Symphonien bis auf die VIII. und das Adagio aus der X. keine eingestrichenen Partituren überliefert, um so nachzulesen, was ihn zu den Strichen bewogen haben mag''Das Konzert wurde abgesagt.28)''
Die Rezensionen, aus welchen Jahren auch immer, vor 1933/38 oder nach 1945 geben keinen Anhaltspunkt, keine Hinweise  über Striche oder sonstige Veränderungen'''''&nbsp; nur die Tonaufnahmen belegen dies. 19)'''''
Scherchens Interpretationsästhetik – nicht nur für die Rundfunkaufnahmen – zielte auf Deutlichkeit, Klarheit, absolut Transparenz im Klanglichen, Differenzierung der Stimmen – richtete sich gegen den „verschwommenen, süffigen, romantischen“ Wohlklang, gegen den „Hall“ der traditionellen Konzertsäle; Kompromisse für Auftritte '''''SCHERCHEN DIRIGIERT MAHLER in den traditionellen Sälen wurden durch Umstellungen des Orchesters versucht um seine Klangvorstellungen möglichst optimal umzusetzen. 20)WIEN  - NACH 194''''''5'''''
 Glaubt man der Kritik, dann verfolgte Scherchen einen kontinuierlichen, klaren Dirigierstil, sein ästhetisches Klangideal läßt sich vielleicht am besten so zusammenfassen: kühle Transparenz in der technischen Wiedergabe, Präzision im metrisch-rhythmischen und als herausragendes Merkmal – speziell bei Mahler - das Nichtglätten komplexer musikalischer Vorgänge, Sequenzen und Phrasen (im Gegensatz zu Bruno Walter, der zur „Harmonisierung“ der Extreme neigte, was auch von der Kritik bescheinigt wird). Die (scheinbar) disharmonischen Teile bleiben unverändert stehen, sind als Ausdrucksmittel zu verstehen, werden mitunter besonders unterstrichen.
Diese Tendenz des Dirigenten (für die damals noch konservativ, eher harmonisch geschulten Ohren) das Widersprüchliche der musikalischen Sprache Mahlers hörbar zu machen, hat sicher ihre Wurzeln in der seit seiner Jugend andauernden Auseinandersetzung und Beschäftigung mit der Musik der Zeitgenossen, besonders mit Schönberg, Berg, Webern.
Mit der Etablierung des Dritten Reichs erfährt die Karriere des Musikers Scherchen eine Zäsur. Ein Schicksal und eine Erfahrung, die er mit vielen anderen teilte; als dann der Krieg zu Ende war, erlebte Scherchen ähnliches wie viele andere auch, die sich unvermutet einer geringeren Wertschätzung ausgesetzt sahen, als sie ihnen eigentlich zukam.     
Die Zäsur 1933 – 1945 (in jeder Beziehung), die durch die Herrschaft der Nationalsozialisten entstanden war, findet sich spiegelbildlich in der Publikumstruktur, seiner Reaktion – und der – Rezeption durch die Kritik wieder. Das wird sich erst Anfang der 60er Jahre zögernd, langsam ändern mit einer neuen Generation von Hörern, Kritikern usw.
Anmerkungen<span style="color: #0000ff;">''… das Publikum, von dem die Rezeption Mahler’scher Musik in den zwanziger und dreißiger Jahren getragen worden war, hatte zu keinem geringen Teil aus Menschen jüdischer Herkunft bestanden – sie wurden nach 1938 vernichtet oder vertrieben. Nur wenige kehrten nach 1945 zurück.  Das Konzertpublikum aber, das aus dem Dritten Reich hervorgegangen war, stand den Symphonien Mahlers nach wie vor ablehnend gegenüber. Die Schallplattenindustrie förderte Mahler ebenfalls nicht – für sie bedeuteten zu diesem Zeitpunkt Produktionen eines symphonischen Werkes ein erhebliches finanzielles Risiko. … ''29)</span>
Hermann Scherchen hat nach Kriegsende in Wien nur noch zweimal Mahler dirigiert: Am 15. April und am 13. Juni 1951 dirigiert Scherchen die VIII. Symphonie, im 13. Juni 1956 die IX. Symphonie.
''1)KlemmScherchens Mahlerkonzerte nach 1945 treffen auf dieselben Probleme der Beurteilung wie vor 1933/38; immer noch  herrschen Unverständnis oder Mißverständnis, daß die Musik Mahlers spätromantisch, Epoche abschließend sei, quasi eine Art Resumé aus Beethoven, Schubert, Bruckner  - wenn nicht noch bösartigere Kommentare ausgesprochen werden. Man könnte als Argument einbringen es fehle noch die Erkenntnis, daß in den Kompositionen Mahlers, Sseine musikalische Sprache vieles von den Entwicklungen aus dem frühen 20. Jh. 169vorwegnimmt, Lucchesi„geheime“ Verbindungen zur musikalischen Avantgarde der Zweiten Wiener Schule „unterhält“ (zit. nach Scheit/Svoboda, S. 16  ''224). Es gibt eine Ausnahme, sie wird etwas weiter unten zitiert.
''Im April 1951 kehrte Scherchen in seinem Bericht aus den Jahren seiner russischen Gefangenschaft; Spiegelbild der Erfahrungen seiner täglichen Realität als Musiker, Lehrer und Überlebenskünstler in Zeiten des Mangelsnach Wien zurück um die VIII. Es wird Mahler zu seinem Arbeitsmotto.''dirigieren:
''2) Lucchesi, S. 154Dazu schreibt Kurt Blaukopf: Scherchen, Mein erstes Leben:… ich höre an einem Sonntagvormittag die III. Symphonie von Mahler .. ''
''3) Lucchesi <span style="color: #0000ff;">„Hermann Scherchens künstlerische Leistung sollte geeignet sein, Sin Wien eine epochale Wendung einzuleiten: die Besinnung auf den größten österreichischen Sinfoniker des 20. 161fJahrhunderts.“ </span>''
''Oskar Fried (1871 Die Forderung, der Wunsch von Kurt Blaukopf verhallte ungehört. Scherchen dirigierte zwar wieder mehrmals in Wien, aber keine Mahler-Symphonien – Programme u.a. mit Bach, Brahms, Schönberg. Erst am 13.Juni 1956, - im Mozart-Jahr -1941), Dirigent und Komponist''stand wieder Mahler auf seinem Konzertprogramm.
''Berliner Philharmonisches Orchester''Er dirigierte die 9. Symphonie. Die Programmzusammensetzung   ist– vorsichtig formuliert – auch wegen der Reihenfolge und der zeitlichen Ausdehnung  - etwas merkwürdig: Scherchen begann mit Mahler, IX. Symphonie, es folgte nach der Pause: Mozart: c-moll Klavierkonzert  KV 491, gespielt von Clara Haskil sowie Zoltan Kodaly: Harry Janos-Suite.
''4) Die Kritiken zu diesem Konzert sind höflich bis positiv, aber doch bei aller Anerkennung für die Dirigierleistung von Scherchen war als Bratschist , der hohen Interpretationskunst von Clara Haskil etwas irritiert, ausgehend von 1907 - 1912 im Berliner Philharmonischen Orchester engagiert; 1918 spielt er nach der Rückkehr aus der russischen Gefangenschaft wieder im Berliner Philharmonischen OrchesterProgrammzusammenstellung.''
5) InDer Inhalt wie die Wortwahl  der Kritiken zu beiden Mahler- Konzerten, dirigiert von Scherchen, unterscheidet sich, auch wenn es eine andere, zum Teil sogar jüngere Generation an Rezensenten ist, eigentlich nur wenig von den Rezensionen der Vorkriegszeit, vielleicht sind sie sogar noch um einiges weniger präzise: Arnold Schönberg, Briefez. B. Ausgewzur 9.Symphonie  heißt es u.hg.v.Erwin Stein. Mainz 1958, Sa. 44
<span style="color: #0000ff;">''6) Freie Deutsche Bühne … mit sorgsamer Herausarbeitung (durch den Dirigenten, Berlin 1919/20, 1Anm.d. JgA.)aller Einzelzüge und tiefem, H. 1liebevollen Verständnis für die letzten Klangvisionen  des großen Meisters … (Arbeiterzeitung, S17. 446 ff6. 1956). Sic!''</span>
''Die Zeitschrift „Freie Deutsche Bühne“ gehört wie der „Sturm“Eine einzige Rezension erkennt klarsichtig – man möchte sagen endlich (!)– die unsichtbaren Fäden, die „Aktion“ Mahlers Musik mit der Neuen Musik zu den vielen Zeitschriften Beginn des Expressionismus20. ''Jahrhunderts verknüpft und der, der diese Fäden erkannt und bloßgelegt habe, sei Scherchen:
Im Abend,  15.Juni 1956, schreibt Karl Heinz Füssl unter dem Titel „''7) Lucchesi, S. 162.Quelle des Neuen''“:
<span style="color: #0000ff;">''Scherchen schrieb seine autobiographischen Aufzeichnungen um 1960… Es ist Musik, die einmal in der eines Alban Berg und Arnold Schönberg, ein andermal in der eines Dimitri Schostakowitsch ihre Nachfolge erlebt, der große Auftakt zur neuen Kunst von Weltgeltung. Die neue Musik fließt aus vielen Quellen. Das inhaltlich Wesentliche daran sind Die vielleicht reichste, schönste, ist die Überlegungen zu den musikalischen Bausteinen Musik Gustav Mahlers.  ''</span>
<span style="color: #0000ff;">''8) Die Wurzeln des „Expressionismus“ Wiener Symphoniker sind vielschichtig; Nietzsche steht am Beginn dieser Kunstepoche; die „O Mensch“ – „Schrei in die Welt“ – Attitüdedafür das denkbar geeignetste Instrument, wurde wie ein Etikett dem Expressionismus „aufgeklebt“Hermann Scherchen ist ganz jener Dirigent, trifft das Wesentliche – bedeutetder große Musik braucht: Revolte. ein Kunstbesessener ohne Eitelkeiten …''</span>
Retrospektiv möchte ich zusammenfassen. Die Ausstellung „''Hermann Scherchen, Musiker“''Man findet nur selten in der Akademie der Künste 1986 30) war der Versuch einer ersten behutsamen Annäherung an den Menschen und den Schriften Scherchens konkrete Bezüge zur Kunstentwicklung seiner Zeit; dagegen finden sich in seiner Sprache viele zeittypische AusdrucksformenDirigenten Hermann Scherchen, sollte der Öffentlichkeit einen lange vergessenen Künstler, auch der – in privaten Äußerungen - wie zder Diktion des 21.BJh.  Übersteigerung des Ausdrucks, bis hin zur Atemlosigkeit, Verkürzungen  … Merkmale des/r (Sprache) Expressionismusein „Multitalent“ war – und schon zu Lebzeiten aus allen Schemata herausfiel.''
''9) Leipzig, Grotrian Steinweg-Orchester, Chorleitungen usw., mit Mahler – Vorträgen, von denen allerdings nur noch die Ankündigungen und Rezensionen vorhanden sind.''
# a. Thomas Schinköth, Hermann Scherchen in Leipzig 1920 – 1930'' ''
In : Das Orchester, Nr. 7-8, 1996, S. 11'''SCHLUSSBEMERKUNG'''
''10&nbsp;Hermann Scherchen ist in der Literatur der Mahler-Rezeption kein Unbekannter&nbsp; mehr – wie er es noch 1986 war. Hinzufügen möchte ich, daß ich die Mahler-Dirigate für die Jahre nach 1945 auf Wien eingegrenzt habe, was nichts darüber aussagt, wie oft und wie viel Scherchen Mahler dirigiert hat. Da er seinen Arbeitsschwerpunkt – aus unterschiedlichen Gründen weitgehend nach Übersee, speziell nach Lateinamerika verlagert hatte, gibt es zwar eine ungefähre Vorstellung der dirigierten Programme, aber noch nicht ausreichend Material um darüber zu berichten. Wichtigste Quelle bleiben immer noch die Briefe, die er von seinen Reisen an seine Frau Pia geschrieben hat und die auszugsweise publiziert vorliegen. 1) Winterthur:''
''Das Stadtorchester wurde 1875 gegründetMeine, den Vertrag schloß zugegeben, sehr kursorische Dokumentation und Darstellung des Dirigenten Scherchen,&nbsp; denn das Gesagte gilt selbstverständlich auch für seine Mahlerinterpretation, versucht herauszukristallisieren, wo seine Stärken lagen, was seine „Schwächen“ waren. Wesentlich aber bleibt: Scherchen mit dem Musikkollegium Winterthur (gegrwollte nicht nur Musik aufführen, er wollte Menschen, seine Hörer, ob im Konzertsaal, am Radio in das Wesen der Musik hineinführen. 1629)Dafür setzte er alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten ein: Vorträge, Einführungen, Schriften, Arbeitstagungen – und als Summe aller seiner Intentionen - Konzerte.''&nbsp;Mit den Worten von Jens Malte Fischer möchte ich diese Annäherung an „Scherchen dirigiert Mahler“ schließen:&nbsp;
<span style="color: #0000ff;">&nbsp;''Die Verbindung zu Werner Reinhart und Winterthur … Hermann Scherchen, …, hat Ernst Georg Wolff (1883-1962bis auf die Sechste 2)alle Symphonien irgendwann eingespielt oder mitschneiden lassen, Schweizer Komponist und Schönberg-Schüler, 1912, hergestellt. Wolff war ein Jugendfreund von Werner ReinhartScherchens Mahler verblüfft durch energisch durchgepeitschte&nbsp; Muskolosität, da rutscht nichts in einem Brief vom 4.4.1916 an Reinhart erzählt WolffHarmlosigkeit oder Nettigkeit ab, daß Scherchenda ist alles tiefernst, der in der russischen Gefangenschaft Briefe erhalten konnte und sich selbst finanzieren mußtestürmisch (!mit teilweise allzu rasanten Tempi) für und emphatisch: Wo jedoch Zeit zum Atmen und Ausschwingen sein Überleben dringen 300 Mark benötige; die könnten ihm über Wien nach Wjatka geschickt werden. In einem späteren Brief berichtet Wolff auch davonmüßte, daß da vergewaltigt Scherchen komponiere und Musikunterricht erteileMahlers Musik durch seinen grimmigen Ausdruckswillen.&nbsp; …&nbsp; als eine extreme Lesart immer aufregend.''</span>
<span style="color: #0000ff;">''Zit. nach Lucchesi, S. 255, Anmerkung 5&nbsp;''</span>
Vgl''1)''''Hermann Scherchen, Das „zweite Leben“ ''in Briefen, ausgew. und eingel. Anmerkung 19von Dagmar Wünsche. In: Hermann Scherchen, ScherchenMusiker. 1891 -Biographie1966, Berlin 1986, S. 125ff.
''11) Th.W.AdornoDie im Nachlaß überlieferten Briefe an die Komponistin Xiao Shusien, Drei DirigentenScherchens vierte Frau, Musikblätter des Anbruch, Wien 1926, Hfür die Jahre 1936-1950 und an Pia Andronescu-Scherchen sind noch gesperrt. 7, ''
# '' 315ff&nbsp;2) Jens Malte Fischer, S. 887f.''
''Es werden drei völlig unterschiedliche Musikerpersönlichkeiten analysiert: als Rettung: Wilhelm Furtwängler, als quasi statische Darstellung: Hermann Scherchen, als visionäre Beschwörunghat in Leipzig folgende Konzerte mit Mahler dirigiert: Anton Webern.''
''Adorno  hatte an der Frankfurter Universität u23.a1.auch Musikwissenschaft studiert, und sich 1924 dem Kreis der Zweiten Wiener Schule angeschlossen1921 – III. ''Symphonie; 20.2. 1921 – V. Symphonie;
''Bekanntschaft mit Alban Berg anläßlich der UA der „Drei Bruchstücke für Gesang und Orchester aus Wozzeck“ in Frankfurt/M12., 159.61921 -&nbsp; VI.1924, Scherchen dirigierte die UASymphonie; 18.''9. 1921 – IX. Symphonie
''Das eher außermusikalische Porträt von Elias Canetti  nachzulesen in:''&nbsp;
''Elias Canetti, Das Augenspiel, München, Wien, 1985, S. 49 f.''&nbsp;&nbsp;
12 )Paul Stefan, eigentlich Paul Stefan Grünfeld (1879 – 1943), Musikkritiker und Musikschriftsteller,'''DANKSAGUNG'''
Zit. „Musikblättern des Anbruch“, Oktober 1932, H. 8Viele ehemalige Kollegen haben mich mit Rat und Tat unterstützt: in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek wie auch im Archiv der Akademie der Künste, SBerlin. 184fBei ihnen allen möchte ich mich sehr herzlich bedanken.
und Fragment im NachlDes weiteren gilt mein Dank der Archivarin Frau Petri vom ORF, Dokumentationsarchiv&nbsp; für die Angaben zu den Radioprogrammen 1932, dem Archivar Herrn Hermann in der Ratsschulbibliothek, Zwickau für den Nachlaß Georg Göhler. HSCH Nr.391
''13) Henry-Louis La Grange (1924 -Meinen besonderen Dank spreche ich Myriam Scherchen aus, lebt in Paris), Musikwissenschaftler, Mahlerbiograph''die mir – jahrelang freundschaftlich verbunden wie auch René Trémine – mit vielen weiteren Hinweisen geholfen hat und die Zustimmung zur Veröffentlichung der Texte ihres Vaters erteilt hat.
''Zit. : Bouclet TAHRA 497/498, 2003: 3. Symphonie und 10. Symphonie, Adagio, Leipzig 1960''Dagmar Saval
14) Harry Goldschmidt (1910-1986)&nbsp;Wien, Musikwissenschaftlerim Oktober 2015
In: Festschrift Goldschmidt, S. 397&nbsp;
''15 'Nachwort''') Lt. Metzger, S.238 ''
16) Lucchesi&nbsp;Im Oktober 2015&nbsp; übergab ich diesen Text der Mahlergesellschaft, Sauf deren Wunsch und Anregung er überhaupt geschrieben wurde. 190– was dann folgte hatte Nestroy’sche oder Kafkaeske Dimensionen – je nach Sichtweise – von heller Begeisterung, Zustimmung – und jetzt tritt Kafka auf: und der erste Wächter schickte B. Frankfurt, 23zum zweiten und so fort.3Ich verlor jedes Interesse an einer Publikation und zog den Text zurück.1923: Scherchen dirigierte Abgelegt, vergessen, bis er mir vor einiger Zeit wieder in die Symphonie NrHände fiel - weil ich umgezogen war.3,&nbsp;&nbsp;&nbsp;
dIch halte auch 2021 immer noch für lesenswert-moll von Gustav Mahler in den Museums-Konzerteninformativ, darum stelle ich ihn auf meine website.
17) Lucchesi, S. 225ff.: Die Kunst des DirigierensDagmar Saval
18) Der „Idomeneo“ wurde auf 1 ½ Stunden reduziert !Berlin, im November 2021
vgl. den Vortrag von Scherchen auf der Tagung des ITI, Berlin, 11.12.1962: Dramaturgie und Regie der Oper, publiziert in: Hermann Scherchen. Musiker. 1891-1966., s. 103f. &nbsp;
19 ) Einschränkend nur für Konzerte,  denn bei Plattenaufnahmen ist bekannt, daß es sich dabei um technische/ökonomische Zwänge handelte &nbsp;
20) Scherchens ästhetische Akustikvorstellungen haben ihre Wurzeln in seiner Beschäftigung mit dem „Vater“ der Akustik, dem Physiker Joseph Sauveur (1653-1716).&nbsp;
In „Die Kunst des Dirigierens“ spricht sich Scherchen für eine umfassende und tiefgreifende Kenntnis der Partitur aus, die auch in aufführungspraktische Details reicht, … ''besitzt der Interpret eine vollkommene Technik, so ist die erste Bedingung zur Klangwerdung des vom Komponisten angestrebten Klangleibes gegeben. Er muß aber mehr sein: ein wirklicher Reproduzent des durch ihn überhaupt erst erklingenden Kunstwerkes, ein Künstler, dessen eigenschöpferische Spannweite es erlaubt, mit der Idee identisch zu werden.'' … &nbsp;
Zit. Lucchesi, S. 225 f.?&nbsp;
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