Hella Rost, Unglaubliches Geschehen. Ausstellung Berlin 2022

Aus Dagmar Saval Wünsche

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Unglaubliches Geschehen

Vergeßt den Frieden nicht!
Bilder von

Hella Rost

Peace Gallery des Anti-Kriegs-Museums
Brüsseler Straße 21, 13353 Berlin
 

Ein kleiner Laden im Wedding, in der Brüsseler Straße, unscheinbar, versteckt – und dennoch viel gesucht und besucht, das ANTI- KRIEGS-MUSEUM, gegründet von – hier muß ich in die Geschichte zurück gehen; das Anti-Kriegs-Museum von heute – feierte am 2.Mai 2022 sein 40-jähriges Jubiläum, gab es bereits 1923 und das heutige kleine, aber wichtige Museum hatte eine Vorgänger-Institution.


Das erste Berliner Anti-Kriegs-Museum, 1923 von Ernst Friedrich (1894-gegründet, er war der Großvater des heutigen Museumsleiters Tommy Spree, als Mahnmal gegen die Schrecken und Zerstörungen des Ersten Weltkriegs, wurde sofort 1933 nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten zerstört. Friedrich floh mit seiner Familie in die Tschechoslowakei, ging dann nach Brüssel und gründete dort 1936 nochmals ein Anti-Kriegs-Museum. 1940, beim Einmarsch der Deutschen Wehrmacht wurde es erneut zerstört. Es folgt die erneute Flucht nach Frankreich. Internierung, Résistance und nach dem Krieg Gründung und Aufbau einer „Friedensinsel“ in Le Perreux-sur-Marne.  


Und an diesem geschichtsträchtigen Ort nun die Ausstellung zum aktuellen Geschehen unter dem Titel  „Unglaubliches Geschehen. Vergeßt den Frieden nicht! “ Bilder von Hella Rost.

Es ist nicht ihre erste Einzelausstellung im Anti-Kriegs-Museum; sie hat  - „Frieden in unserer Zeit“ bereits mehrmals in diesen Räumen ausgestellt. Hella Rost, Jahrgang 1934, weiß um die Schrecken, die Zerstörungsmaschinerie des Krieges. Ihre „sanften“ Bilder- Inhalte setzen der Aggression ausgeprägt heftigen Widerstand entgegen.


Hella Rost führt mich erzählend durch ihre Bilderwelt. Nicht alle gezeigten Objekte sind aktuell zum Thema des Kriegsgeschehens in der Ukraine  entstanden; es werden auch Arbeiten aus einer weiter zurückliegenden Arbeitsphase der Künstlerin gezeigt. Die dunkle Welt aus Angst und Qual, mit der Sehnsucht nach der hellen Welt des Friedens, hat Hella Rost eigentlich schon immer zur bildhaften Darstellung in Öl, Kohle, Pastell oder als Stoffcollage angeregt, hat den Prozess der Bildgestaltung freigesetzt.


Der Betrachter sieht sich unmittelbar mit einer Zeichnung konfrontiert, das an die Bilderwelt der Goya`schen  „Los Desastres de la guerra“ erinnert; Hella Rost überträgt diese in ihre Sprache, in die Bildsprache des 20.Jhs.


Sie verwandelt, überhöht das Grauen des Krieges, die Wunden, die er dem einzelnen und einer Gesellschaft zufügt, in ihre poetische – in der Farbgebung oft sehr dunkle – Sprache, die von Hoffnung erzählt, von einem Traum nach Frieden.


Hella Rost zeigt ihre Bilder ohne Titel. Die Namenslosigkeit der gezeigten Objekte – wirkt (und hier spreche ich natürlich nur für mich) anregend und setzt den Modus des inneren Bild-Erzählens frei … in dem gemalten Raum, den erfundenen Gestalten die Geschichte zu entdecken, und sie zu Ende zu erzählen; das gelingt nur bedingt, denn Räume, die sich ins Unendliche verlieren, Gestalten im Auflösungsprozess, erlauben keinen Abschluß, vermitteln keinen Ruhepunkt, der Halt vermitteln könnte.

Anders verhält es sich mit den gezeigten Nähcollagen – hier findet der Betrachter konkrete Motive, konkrete Farben; das scheinbar eindeutige Motiv, z.B. ein Vogel, der sich als Taube identifizieren läßt, als Friedenstaube; hinter diesen konkreten Bildgestalten verbergen sich andere Erzählebenen; das Eindeutige wird zum Symbol – wie die genannte Taube zur Darstellung der Hoffnung auf Frieden. Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß das Motiv der Friedenstaube in biblische Zeiten zurückverweist,


Die Besucher rund um uns, viele jüngere Menschen, hören interessiert zu bei unserem Frage- und Antwortgespräch – stellen wohl auch mal zu dem einen oder anderen Bild-Motiv eine Frage; Fragen, die auch die Ratlosigkeit erkennen lassen, um KRIEG als Erfahrungswert zu begreifen. In der bildhaft-künstlerischen Überhöhung, Zuspitzung wird diese – vielleicht – dem einen oder anderen Betrachter nahe kommen, ihn berühren, vielleicht ahnen lassen, was das ist: KRIEG – Ausdruck der totale Sinnlosigkeit.


Dagmar Saval, Berlin, im September 2022