Meine Werkzeuge

Anmelden

Änderungen

Aus Dagmar Saval Wünsche

Wechseln zu: Navigation, Suche

Hauptseite

29 Byte entfernt, 08:47, 13. Mai 2018
Über Werk und Bio Ralph Wünsche, für Ausstellung und Katalog Olevano Romano 2012
'''[[Ludwig Bösendorfer, Claviermacher]]'''
'''[[Vom Rot zum Grün stirbt alles Gelb (Guillaume Apollinaire]]), ''''''Über den Maler Ralph Wünsche'''
'''Über den Maler Ralph Wünsche''' RW war Maler und Zeichner – immer und in – fast jeder Situation. Ich kann mich an nur wenige Momente des gemeinsamen Lebens erinnern, in denen ihn der Zeichenstift, der Pinsel nicht begleitet hätte. Er zeichnete unentwegt – um wie der Pianist, seine Finger gelenkig, locker, leicht beweglich zu erhalten. Das Skizzenbuch, der Stift (meist ein weicher Bleistift, Nr.3 oder 4, denn man durfte das Schaben der Bleistiftmine auf dem Papier während einer Vorstellung, einer Probe im Theater, der Oper oder im Konzert, nicht hören) gehörte zur Grundausstattung, wohin immer er ging. Die Skizzenbücher, von denen nicht mehr alle erhalten sind, manche gingen im Lauf der Jahre verloren, waren sein Tagebuch. Sie enthalten Notizen, Erinnerungen zu Erlebnissen, Museumsbesuchen, Überlegungen beim Betrachten eines Gemäldes, einer Zeichnung u.a. zu Sujet, Technik, Bildkomposition.<br />Befragt zu seiner Arbeitsweise notierte RW um 1960: <br />„Ich gehe aus von einem Gegenstand, studiere seine Strukturen, Linien, Bewegungen, Farben und entwerfe eine Skizze, die mir von diesem Moment an als reines Instrument dient. Dann beginne ich zu zeichnen und zu malen: die vorliegenden, gesehenen und fixierten Linien, Bewegungen, Farben und Inhalte vereinen sich mit meinen eigenen Empfindungen, Inhalten des Sehens, meinem eigenen Rhythmus; dies alles setzt sich zu einer Form zusammen, die zugleich von den neuentstehenden Werten gesprengt und als Realität in frage gestellt wird.“ <br />Jedes neue Bild bedeutete umfangreiche Vorarbeiten – ein Ritual. Es begann mit der Auswahl des Formats. Quadratisches Format oder ein Hochformat/Querformat? Nur bei den Porträts war die Entscheidung einfacher, – der gewählte Bildausschnitt und die Haltung des Porträtierten bestimmten das Format. <br />Meine Präsenz während der Porträtsitzungen war für beide, für den /die Porträtierte/n und RW gleichermaßen wichtig. Schon während der ersten Begegnung mit der zu porträtierenden Person assistierte ich mit meiner Kamera – hielt auf Wunsch von RW unterschiedliche Positionen mit der Kamera fest, dokumentierte. Der Porträtierte/ die Porträtierte sollte nicht mit langen Sitzungen „gequält“ werden; O-Ton RW. „Das Porträt entsteht dann im Atelier, nach den Skizzen, die Photos dienen der Korrektur.“ Meine Aufgabe war (neben der Photographie) das Gespräch, eine lockere Atmosphäre herzustellen, um die Aufmerksamkeit der porträtierten Person von dem allgegenwärtigen Bleistift, von Feder oder Pinsel, die sie auf Papier oder Leinwand festband, abzulenken.<br />Eine große Ausnahme waren die Sitzungen zu den Porträts der Dirigenten Karl Böhm und Leonard Bernstein. Hier erhielt RW die Erlaubnis im Orchestergraben zu sitzen, zwischen den Musikern, meist am ersten Pult, während der Proben. So konnte er im Rhythmus der Probe ungestört zeichnen, beobachten, zuhören – er verschmolz mit dem Orchester.<br />Das Rollenporträt des Weltstars, der Sopranistin Leonie Rysanek-Gausmann, entstand unter ganz besonderen Bedingungen. 1976 sang die Rysanek die Medea (Titelpartie der gleichnamigen Oper von Luigi Cherubini) im Théàtre antique in Arles. Das Porträt war ein Auftragswerk; wir reisten nach Arles zu den Proben und zur Premiere der Oper „Medea“. Eine ganz besondere Atmosphäre prägte diese Woche der letzten Proben, zu denen auch die Primadonna frühzeitig angereist war. Die Proben begannen meist zwischen 10h und 11h, doch vom ersten Tag an gab es einen ungebeteten Mitspieler: den Mistral (das ist ein im Rhòne-Tal sehr gefürchteter Fallwind). Bis zur Premiere, sélbst noch am Abend der Premiere bestimmte er den Ablauf. Das führte oft dazu, dass abgebrochen werden musste, weil der Wind im wahrsten Sinn des Wortes – Töne, Noten, Requisiten fortblies. Während dieser zahlreichen Probenunterbrechungen gab es genügend Zeit zu zeichnen, zu beobachten, zu plaudern. <br />Stunden um Stunden saßen wir im amphitheatralischen Rund des in der Römerzeit erbauten Theaters. RW zeichnete unablässig – die Sängerin, die Sänger, die Kulissen, u.a. mit einem wunderschönen, furchterregenden Drachen aus Pappmaché für Medeas Fahrt in das Reich der Schatten. <br />Für das Rollenporträt der Rysanek als Medea entwickelte RW eine Dreiphasendarstellung: die Mutter, die ihr Kind wiegt, die rächende Mörderin Medea und die Trauernde, die der Drachenwagen entführt. (Das Rollenporträt befindet sich heute im Österreichischen Theatermuseum, Wien).'''
<br />1) RW zwischen den „Schönen der Nacht“, Arles 1976 ,Photo
Ralph Wünsche – unvergessen – war Mittler und Vermittler de Künste insgesamt – bildende Kunst, Musik, Dichtung, Wort – dieses Miteinander prägte seine künstlerische Arbeit! <br />Aber nicht nur diese eigene Kunstsicht und Verschmelzung zu einem Ganzen war sein Anliegen und Tun, sondern absolut selten und ungewöhnlich in diesem Maße, war seine Förderung und Anerkennung von Künstlerkollegen – eine großartige Solidarität! Ein Einsatz, den er schon als Student bewies – damals, selbst Student der Hochschule für bildende Künste in West-Berlin(in den 50er, Anfang der 60er Jahre – auch aus dem Osten), half er vielen (neuen) Oststudenten hier im „Westen“ die richtigen „Meldestellen“ zu finden – das vergaß keiner!<br />Es gab über alle Jahre hinweg, auch über längere Zeiten des Nichtsehens – Begegnungen mit dem Künstler Ralph Wünsche, die mich nachhaltig und immer wieder beeindruckt haben – er bleibt eine unvergessene Persönlichkeit!<br />Berlin, Juni 2012 Hella Rost, Künstlerin
   <br />'''Zum Werk <br />von<br />Dagmar Saval''' 
<br />Farben türmen sich, stürzen wie ein Wasserfall aus den Bildern, ziehen den Betrachter wie in einen Trichter in das Bild hinein – und Zeichnungen irritieren mit nervösem rhythmisierten Strichen, lösen Verwirrung aus – und Bewunderung, Begeisterung für die hohe Kunst des Zeichnens, der Farbführung. RW betonte immer: „Ich möchte den Betrachter meiner Bilder dazu bewegen, die Geschichte, die ich ihm mit Farbe, Strich und Pinsel erzähle, auch wenn es kein erkennbares Sujet gibt, selbst erfindet, erzählt.“ <br />Das ist auch für mich, viele Jahre nach seinem Tod, der rote Faden durch sein Werk. <br />Bei diesem Versuch etwas über ihn und sein Werk zu schreiben gehört der Griff nach DEN Büchern, die seine - und auch meine - theoretischen Bildvorstellungen nachhaltig geprägt haben. <br />Da waren: „DER Doerner“, das Buch über Malmittel.<br />Zwei Kultbücher der späten 50er Jahre für alle, die mit und für die Kunst leben wollten: André Malraux, Das imaginäre Museum, 1957 und Gustav René Hocke, Die Welt als Labyrinth, 1957. <br />In einer späten Begegnung mit Hocke in Italien (1969) konnte er dem Autor selbst seine Bewunderung mitteilen. Die Auseinandersetzung RW mit diesem grundlegenden Werk, mit der damals (in den 50er Jahren) als unorthodox empfunden Sicht auf die Welt/das Phänomen des Manierismus in Kunst und Literatur, weckte in RW die ursächlich vorhandene Lust am Magischen, am Grotesken, am Phantastischen, am „Ab-Wegigen“. Fast bin ich versucht zu sagen, seine Ur-Gebärde zu diesen Phänomenen vertiefte sich noch dadurch – und in Verbindung mit der unleugbaren Neigung zum Klassizismus entstand eine produktive dialektische Spannung, aus der er immer wieder schöpfen konnte. Immer wieder betonte er das Experimentelle an seiner Arbeit, seine farbigen Arbeiten vor allem, seien „Versuchsanordnungen“.<br />So verwundert es nicht, dass er in seiner Bibliothek auch eine kleine Sammlung wichtiger theoretischer Werke über „Art brut“ (Jean Dubuffet), „Kunst und Wahn“ (Ausstellungskatalog von Werner Hofmann), Hans Prinzhorn, Die Bildnerei der Geisteskranken, 1922, Leo Navratil, Schizophrenie und Kunst, 1965 besaß; die grundlegenden Schriften des Surrealismus von Guillaume Apollinaire und Bildwerke über den Surrealismus. <br />Aus dem Spannungsfeld „Magisch-Groteskes-Phantastisches“ und „Konkret-Klassizistisches“ entwickelte der Maler RW seine ganz persönliche Form – und Farbensprache aus Abstraktion und Gegenständlichkeit, die sich jeder –ismus-Klassifizierung widersetzt. Der ARIADNEFADEN durch diese verwirrend-bestürzende Welt der Farben und des Ausdrucks ist- „Der theatralische Gestus – Die ganze Welt ist Bühne“ - in seiner subtilsten Ausdrucksform: Rhythmus, Tanz. Rhythmus und Tänzerisches durchziehen alle Werke, gleichgültig welches Sujet, welche Bildkomposition, Papier oder Leinwand, umgesetzt in Farbe und Strich, Versuche mit dem Pinsel, dem Zeichenstift oder mit Fingermalerei Licht , Raum und Musik, auf die Zweidimensionalität der Leinwand oder des Papier/Karton zu bannen.<br />1991 wurden im Berliner Dom, im DOMizil Tanzzeichnungen ausgestellt.<br />... es wird auf die Gestimmtheit des Betrachters ankommen, ob er in den ekstatischen, fulminanten Bewegheiten einen Tanz auf dem Vulkan sieht oder nicht. …Da vermag man wohl tanzende Gestalten auszumachen, da taucht ganz deutlich ein Gesicht, eine Hand oder ein Bein auf, aber ob das immer ein und dieselbe Figur ist … Die nervösen Pinselschwünge der Kreide- und Bleistiftlinien sind so vernetzt und verstrickt miteinander, dass manches Blatt wie ein einziger Wirbel, ja wie ein Sturm daherkommt. …Es ist als höre man die Klänge des Orchesters und ahne den brausenden Beifall … <br />Zit.: Sabine Sülflohn, Verschwenderische Fülle zauberhafter Details. Werke von Ralph Wünsche in der Galerie „DOMizil“ <br />Neue Zeit, Berlin, 18.2.1991