Das kkk - ein ganz besonderes Theater in Wolfenbüttel: Unterschied zwischen den Versionen

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KKK - so nannte sein Gründer und Initiator Alexander Walewski sein kleines - frei finanziertes Theater - und der Name ist Programm.
 
KKK - so nannte sein Gründer und Initiator Alexander Walewski sein kleines - frei finanziertes Theater - und der Name ist Programm.
  
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Wer ist Alexander Walewski ? und wieso kommt ein Bühnenmensch, gegen Ende des 20.Jh. auf die Idee, ein kleines freifinanziertes, d.h. aus eigener Tasche finanziertes Theater zu gründen ? - Alexander Walewski, in  Potsdam geboren, wurde ein gesuchter Primoballerino. Er ertanzte sich die Bühnen Europas, Amerikas. Dann - wie alle Tänzer trifft, wenn sie solitisch auftreten, ist Schluß, d.h. soviel wie die körperliche Spannkraft und Disposition entspricht nicht mehr den künstlerischen wie technischen Herausforderungen. Er nahm Schauspielunterricht, führte Regie um nicht, wie oft üblich, als alternder Tänzer kleine bis kleinste Rollen in einm Ballett zu übernehmen. Theaterluft und Theaterleid konnte man auch atmen, wenn man am Regiepult saß, auftrat, sein Showtalent  erweiterte - und in letzter Konsequenz ein eigenes kleines Theater gründete. Er ließ sich in Wolfenbüttel nieder, gründete das kkk - '''KleinKunstKabarett. ''' Fand Sponsoren, die ihn unterstützten, und bei der Auswahl des darstellenden Personal konnte Alexander Walewski auf ein breites Netzwerk zurückgreifen - aus den Jahren seiner Laufbahn als Tänzer, aus seiner späteren Arbeit am Sprechtheater - die bandbreite war groß. Das Tanzen aber ließ ihn dennoch nicht los. also gab es in den ersten Jahren des kkk eine angegliederte Ballettschule, die sich großer Beliebtheit erfreute, erfolgreich war.  Allerdings: Sparmaßnahmen und Arbeitslosigkeit in der Region führten zur Schließung der Schule (Wolfenbüttel und Umgebung werden bestimmt von Wolfsburg und anderen umliegenden Industrien) .
  
Es gibt immer wieder Überraschungen auch in der freien Theaterszene ... die kleinen Theater haben es besonders schwer, denn Sponsoren zu finden vor allem auf dem flachen Land ... es klingt ein wenig märchenhaft, wenn ich von diesem kleinen Theater erzähle, daß durch alle Wirrnisse der letzten rund vierzig Jahre mit etlichen Schrammen zwar, überlebt hat zur Freude seiner Besucher. 
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Es klingt ein wenig märchenhaft, wenn ich von diesem kleinen Theater erzähle, daß durch alle Wirrnisse der letzten rund vierzig Jahre mit etlichen Schrammen zwar, überlebt hat zur Freude seiner Besucher.  - JETZT, anno 2021 gibt es das Theater nicht mehr, Corona, resp. die diversen Maßnahmen, verursachten diesen völlig sinnlosen Schlußstrich
  
Es muß 1995 gewesen sein als ich mit Alexander Walewski, er ist das KKK, an einem sonnigen Spätherbsttag irgendwo in Westberlin in einer etwas ungemütlichen großen Halle ein ausführliches Gespräch geführt habe. Eine gemeinsame Freundin, Schauspielerin in München, hat uns beide zusammengebracht. Sie hatte vor Wochen einer Probe meiner Lesung des Briefwechsels Maria und Erwin Piscator beigewohnt und danach ihren Freund Alexander in Wolfenbüttel angerufen. 
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Es muß 1995 gewesen sein als ich mit Alexander Walewski an einem sonnigen Spätherbsttag irgendwo in Westberlin in einer etwas ungemütlichen großen Halle ein ausführliches Gespräch geführt habe. Eine gemeinsame Freundin, Schauspielerin in München, hat uns beide zusammengebracht. Sie hatte vor Wochen einer Probe meiner Lesung des Briefwechsels Maria und Erwin Piscator beigewohnt und danach ihren Freund Alexander in Wolfenbüttel angerufen. 
  
 
Doch nicht von meinen Auftritten möchte ich erzählen, sondern mit zwei Rezensionen, die ich für das KKK geschrieben habe, diese ganz besonderen Atmosphäre vermitteln, die jeden empfängt, betritt er das kleine Theater.      
 
Doch nicht von meinen Auftritten möchte ich erzählen, sondern mit zwei Rezensionen, die ich für das KKK geschrieben habe, diese ganz besonderen Atmosphäre vermitteln, die jeden empfängt, betritt er das kleine Theater.      
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Ein weiß gekalktes Haus, an einer langen Ausfallstraße in Wolfenbüttel, heute ist es mit dem Bus erreichbar, mit einem kleinen Vorgarten. Ein schmaler Gang, dann öffnet sich die Tür zum Spielraum ... und der Besucher spürt sofort und unmittelbar - hier gibt es noch Theater , so wie es einmal angefangen hat ... unverstellt, ohne technische Spielereien, die vieles vorgaukeln, und dem Theater nicht geben, was des Theaters ist - den unmittelbaren Kontakt, die "Interaktion" würde der Theaterwissenschaftler sagen, zwischen  den Brettern, die die Welt bedeuten und denen die sie mit ihrer Phantasie erschaffen.
 
Ein weiß gekalktes Haus, an einer langen Ausfallstraße in Wolfenbüttel, heute ist es mit dem Bus erreichbar, mit einem kleinen Vorgarten. Ein schmaler Gang, dann öffnet sich die Tür zum Spielraum ... und der Besucher spürt sofort und unmittelbar - hier gibt es noch Theater , so wie es einmal angefangen hat ... unverstellt, ohne technische Spielereien, die vieles vorgaukeln, und dem Theater nicht geben, was des Theaters ist - den unmittelbaren Kontakt, die "Interaktion" würde der Theaterwissenschaftler sagen, zwischen  den Brettern, die die Welt bedeuten und denen die sie mit ihrer Phantasie erschaffen.
  
 
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Alexander Walewski, der Bühnenmensch par excellence, bietet seinem Publikum immer wieder Überraschungen der besonderen Art, diesmal zum Jahreswechsel 2012/13.
Alexander Walewski, Primoballerino, Choreograph, Regisseur, Schauspieler,  einfach ein Bühnenmensch par excellence, bietet seinem Publikum immer wieder Überraschungen der besonderen Art, diesmal zum Jahreswechsel 2012/13.
 
  
  
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Michele Ha spricht ein ausgezeichnetes Italienisch, in den Dialogen, in den Solopartien fällt dies sofort auf. Man kann mühelos dem gesungenen Wort folgen, sodaß man an manchen Stellen meint – „das habe ich doch so noch nie gehört“ – weil es üblicherweise meist „verschluckt“ wird.   Die Stimme ist präzise geführt, sitzt – auch in den Kopftönen -hervorragend, „wackelt“ nicht – und um es kurz zu machen und um mich nicht in gesangstechnische Details zu verlieren, es sieht nach vielversprechender sängerischer Zukunft aus.  Wenn er sich als Rodolfo in Positur wirft – „sono un poeta“ – sein Sakko zuknöpft, erlebt man einen scheuen jungen Dichter, der sich spontan verliebt hat, Mimi unbedingt ins Café Momus ausführen will. Er krönt seine Liebe mit einem strahlend gesungenen hohen Schlußton. Der Abschluß dieses Abends war ihm vorbehalten, er sang das Solo aller Puccini-Soli „Nessun dorma“. Es wurde der triumphale Abschluß eines rundum erfolgreichen und künstlerisch voll gelungenen Abend.
 
Michele Ha spricht ein ausgezeichnetes Italienisch, in den Dialogen, in den Solopartien fällt dies sofort auf. Man kann mühelos dem gesungenen Wort folgen, sodaß man an manchen Stellen meint – „das habe ich doch so noch nie gehört“ – weil es üblicherweise meist „verschluckt“ wird.   Die Stimme ist präzise geführt, sitzt – auch in den Kopftönen -hervorragend, „wackelt“ nicht – und um es kurz zu machen und um mich nicht in gesangstechnische Details zu verlieren, es sieht nach vielversprechender sängerischer Zukunft aus.  Wenn er sich als Rodolfo in Positur wirft – „sono un poeta“ – sein Sakko zuknöpft, erlebt man einen scheuen jungen Dichter, der sich spontan verliebt hat, Mimi unbedingt ins Café Momus ausführen will. Er krönt seine Liebe mit einem strahlend gesungenen hohen Schlußton. Der Abschluß dieses Abends war ihm vorbehalten, er sang das Solo aller Puccini-Soli „Nessun dorma“. Es wurde der triumphale Abschluß eines rundum erfolgreichen und künstlerisch voll gelungenen Abend.
  
Die einfühlsame, den Sänger unterstützende, führende und fordernde Begleitung des Pianisten Burkhard Bauche (er war auch der Korrepetitor), der sich auch gelegentlich leicht ironisch in die Conference einschaltete, gab dem Abend jenen touch, der aus einem(zwangsläufig) in Ausschnitten bestehenden Opernabend ein geschlossenes Ganzes werden ließ. Als ob es gar nicht anders sein könnte.
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Die einfühlsame, den Sänger unterstützende, führende und fordernde Begleitung des Pianisten Burkhard Bauche (er war auch der Korrepetitor), der sich gelegentlich leicht ironisch in die Conference einschaltete, gab dem Abend jenen touch, der aus einem(zwangsläufig) in Ausschnitten bestehenden Opernabend ein geschlossenes Ganzes werden ließ. Als ob es gar nicht anders sein könnte.
  
 
Da sage noch einer: in Wolfenbüttel ist nichts los! Dank dem kkk und seinem Direktor Alexander Walewski, der mit solchen Abende in Wolfenbüttel immer wieder für Sensationen sorgt.
 
Da sage noch einer: in Wolfenbüttel ist nichts los! Dank dem kkk und seinem Direktor Alexander Walewski, der mit solchen Abende in Wolfenbüttel immer wieder für Sensationen sorgt.

Version vom 17. November 2021, 11:38 Uhr

alexander.jpg
K(lein)K(unst)K(abarett)

KKK - so nannte sein Gründer und Initiator Alexander Walewski sein kleines - frei finanziertes Theater - und der Name ist Programm.

Wer ist Alexander Walewski ? und wieso kommt ein Bühnenmensch, gegen Ende des 20.Jh. auf die Idee, ein kleines freifinanziertes, d.h. aus eigener Tasche finanziertes Theater zu gründen ? - Alexander Walewski, in  Potsdam geboren, wurde ein gesuchter Primoballerino. Er ertanzte sich die Bühnen Europas, Amerikas. Dann - wie alle Tänzer trifft, wenn sie solitisch auftreten, ist Schluß, d.h. soviel wie die körperliche Spannkraft und Disposition entspricht nicht mehr den künstlerischen wie technischen Herausforderungen. Er nahm Schauspielunterricht, führte Regie um nicht, wie oft üblich, als alternder Tänzer kleine bis kleinste Rollen in einm Ballett zu übernehmen. Theaterluft und Theaterleid konnte man auch atmen, wenn man am Regiepult saß, auftrat, sein Showtalent  erweiterte - und in letzter Konsequenz ein eigenes kleines Theater gründete. Er ließ sich in Wolfenbüttel nieder, gründete das kkk - KleinKunstKabarett.  Fand Sponsoren, die ihn unterstützten, und bei der Auswahl des darstellenden Personal konnte Alexander Walewski auf ein breites Netzwerk zurückgreifen - aus den Jahren seiner Laufbahn als Tänzer, aus seiner späteren Arbeit am Sprechtheater - die bandbreite war groß. Das Tanzen aber ließ ihn dennoch nicht los. also gab es in den ersten Jahren des kkk eine angegliederte Ballettschule, die sich großer Beliebtheit erfreute, erfolgreich war.  Allerdings: Sparmaßnahmen und Arbeitslosigkeit in der Region führten zur Schließung der Schule (Wolfenbüttel und Umgebung werden bestimmt von Wolfsburg und anderen umliegenden Industrien) .

Es klingt ein wenig märchenhaft, wenn ich von diesem kleinen Theater erzähle, daß durch alle Wirrnisse der letzten rund vierzig Jahre mit etlichen Schrammen zwar, überlebt hat zur Freude seiner Besucher.  - JETZT, anno 2021 gibt es das Theater nicht mehr, Corona, resp. die diversen Maßnahmen, verursachten diesen völlig sinnlosen Schlußstrich. 

Es muß 1995 gewesen sein als ich mit Alexander Walewski an einem sonnigen Spätherbsttag irgendwo in Westberlin in einer etwas ungemütlichen großen Halle ein ausführliches Gespräch geführt habe. Eine gemeinsame Freundin, Schauspielerin in München, hat uns beide zusammengebracht. Sie hatte vor Wochen einer Probe meiner Lesung des Briefwechsels Maria und Erwin Piscator beigewohnt und danach ihren Freund Alexander in Wolfenbüttel angerufen. 

Doch nicht von meinen Auftritten möchte ich erzählen, sondern mit zwei Rezensionen, die ich für das KKK geschrieben habe, diese ganz besonderen Atmosphäre vermitteln, die jeden empfängt, betritt er das kleine Theater.      

Ein weiß gekalktes Haus, an einer langen Ausfallstraße in Wolfenbüttel, heute ist es mit dem Bus erreichbar, mit einem kleinen Vorgarten. Ein schmaler Gang, dann öffnet sich die Tür zum Spielraum ... und der Besucher spürt sofort und unmittelbar - hier gibt es noch Theater , so wie es einmal angefangen hat ... unverstellt, ohne technische Spielereien, die vieles vorgaukeln, und dem Theater nicht geben, was des Theaters ist - den unmittelbaren Kontakt, die "Interaktion" würde der Theaterwissenschaftler sagen, zwischen  den Brettern, die die Welt bedeuten und denen die sie mit ihrer Phantasie erschaffen.

Alexander Walewski, der Bühnenmensch par excellence, bietet seinem Publikum immer wieder Überraschungen der besonderen Art, diesmal zum Jahreswechsel 2012/13.


ZARAH trifft MARLENE oder Kann denn Liebe Sünde sein


Marlene – Gabriele Nickolmann

Zarah – Alexander Walewski

Klavier: Burkhard Bauche.

Regie: Alexander Walewski


Seit 20 Jahren unterhält man sich im kkk in der Ahlumerstraße 25 in Wolfenbüttel  auf vielfältige, amüsante Weise, mal leichtsinnig - leichtfertig, mal etwas intellektuell –snobistisch, um nicht zu sagen sophisticated, – immer ist für jeden, der gerne ins Theater geht, etwas dabei; seit wenigen Jahren gibt es  – aus besonderem Anlaß –  Opern-oder Operettenabende.

Das 20-jährige Jubiläum des kkk war Anregung und Anlaß zwei „monstres sacrées“ der Studios der UFA in Babelsberg auf die Bühne zu stellen und zu feiern; die Babelsberger Studios hatten vor 100 Jahren ihren Betrieb aufgenommen …. Wenn Studios plaudern könnten!

Der unverkennbare Sound der 20er Jahre empfängt den Besucher, der blaue, schillernde Vorhang vermittelt Kabarettatmosphäre. Gespannt erwartet man, wie die angekündigte, einmalige (fiktive) Begegnung der beiden „monstres sacrées“ der UFA, Zarah Leander und Marlene Dietrich verlaufen würde. Würden sie sich bekriegen, wie zwei fauchende Katzen aufeinander losgehen, oder die Krallen einziehen und auf Sammetpfötchen umeinander mit aufgestellten Barthaaren, pardon Haupthaaren herumstolzieren ???

Es wurde nichts dergleichen – es wurde ein sehr vergnüglicher, heiter beschwingter, ironisch distanzierter Revue-Chansonabend, dem Anlaß entsprechend, den Jahreswechsel von 2012 zu 2013 mit leichter Hand zu feiern.

Schon die Besetzung der beiden ehemaligen UFA-Größen: Zarah Leander mit Alexander Walewski, der auch die Regie des Abends übernommen hat und Gabriele Nickolmann als Marlene Dietrich sorgte ohne dass beide auch nur einen Ton gesungen hätten, für gute Laune. Song wechselte auf Song, nur die im ersten und zweiten Teil gelegentlich eingestreuten Dialoge bremsten wie raschelndes altes Papier das vergnügte Tempo.

Umwerfend Alexander Walewski in der Maske der Zarah Leander – ohne ein Abziehbild zu sein, ließ er ahnen, wieso die schwedische Diva mit der Bassstimme ihr Publikum – auch als alternder Star, immer noch „im Griff“ hatte. Aus den vielen Titeln der gesungenen Chansons nur zwei, die – für mich – besonders gelungen präsentiert wurden: „Waldemar“ und als das berühmte Tüpfelchen auf dem i das Chanson von Ralph Benatzky „Yes Sir“. – hinreißend ironisch distanziert, mit süffig- süffisanter Betonung …

Marlene – schon optisch das absolute Gegenteil zu Zarahs junonischer Erscheinung: klein, blond, zierlich, spitzzüngig und schlagfertig, kühl und charmant und zugleich hausfraulich handfest -  Gabriele Nickolmann „servierte“ Marlene Dietrich und die Chansons, die die Dietrich berühmt gemacht haben mit viel Wärme und ohne jede Sentimentalität, immer ein wenig distanziert, „maskiert“ gelegentlich à la Dietrich. Aus der Fülle der Friedrich Hollaender-Chansons der Dietrich möchte ich besonders hervorheben – „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ oder „Kinder, heut abend such ich mir was aus“ – und „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“ …  oh, was für ein Vergnügen, in der Kehle der Nickolmann das erotische – ironisierend- abkühlende, heiße Gurren vibrieren zu hören …

Mit dem Chanson„Kinostar“ von Ralph Benatzky, als Duett dargeboten, schloß der Abend – eine amüsante Anspielung, auch optisch - an das legendäre Duett der 20er „Wenn die beste Freundin mit der besten Freundin…“ (dargeboten damals von Marlene Dietrich und Margo Lion, in der ebenso legendären Revue von Friedrich Hollaender „Es liegt in der Luft…“) . Was Wunder, wenn das Publikum begeistert mitging und - wäre es nicht bereits Mitternacht gewesen – vermutlich Zugabe um Zugabe erklatscht hätte – bis zur Mitternacht. Ad multos annos für das kkk!

 

Alexander Walewski liebt die Oper, und ganz besonders Puccini. 


„Vissi d’arte … „

Giacomo Puccini. Großer Opernabend mit Heidrun Klava, Alek Otto, Burkhard Bauche und Alexander Walewski


Die Operngala der besonderen Art im k(lein)k(kunstk(abarett), Wolfenbüttel.

Ein Bericht von Dagmar Saval,  Oktober 2012


Die Ankündigung „Großer Opernabend“ im K(lein)K(unst)K(abarett), Wolfenbüttel machte mich neugierig; ich fuhr also von Dresden nach Wolfenbüttel. Neugierig, auch ein wenig skeptisch, was ich erleben würde, machte ich mich auf den Weg. Wann erlebt man in Zeiten des subventionierten Theaters, der überdimensionierten Events mit xxx Tenören – so fragte ich mich, dass ein kleines Privattheater den Luxus einer Operngala anbietet.

Erwartungsvoll betrat ich den mir von früheren Besuchen vertrauten Raum – ein Ballettsaal zum K(lein)K(unst)K(abarett) – an diesem Abend zum K(lein)K(unst)O(pernhaus) verwandelt. Schon das Ambiente vor der Vorstellung, kleine runde Marmortische, ein Sternenhimmel – das alles verwandelte den nüchternen Probenraum in eine südliche Landschaft, nur der blaue Vorhang erinnerte mich daran, dass ich im Theater war, das alles an diesem Abend Oper war. Nach dem Blick in das Programm: eine ganz opernübliche Umbesetzung. Statt Alex Otto sang ein junger koreanischer Tenor, Michele Ha, Braunschweig.

Alexander Walewski hatte die Moderation übernommen; er führte charmant und sachkundig durch das Programm, skizzierte Leben und Werk Puccinis wie einstmals der legendäre Marcel Prawy, bekannt als Mister Opera. Das musikalische Programm folgte der Lebenschronologie des 1858 in Lucca geborenen Komponisten Giacomo Puccini.

Es begann mit dem ersten großen Erfolg des Komponisten, mit „Manon Lescaut“(Turin 1893) und endete  mit „Turandot“ (Mailand 1926), der letzten von Puccini nicht mehr vollendeten Oper. Der Komponist war, während er am letzten Akt arbeitete an seiner schweren Krankheit, Kehlkopfkrebs, 1924 in Brüssel gestorben. Dazwischen spannte sich der Bogen von „La Bohème“, zu „Tosca“, „Madame Butterfly“, „La Fanciulla del West“, „La Rondine“, „Gianni Schicchi“ bis zu „Turandot“. Hervorragend die Auswahl der gesungenen Arien und Szenen, mit sehr viel Fingerspitzengefühl für die sparsamen – auch räumlichen - Mittel einer kleinen Bühne. Regie: Alexander Walewski. So wurde dem Publikum ein Programm geboten, das nicht das Schema der im Fernsehen oder bei teuren Events so beliebten Aneinanderreihung von Arien- Highlights bediente, sondern dem Konzept einer geschickt ausgewählter Abfolge sparsam angespielter Szenen folgte, die vielleicht deswegen besonders eindrucksvoll über die Rampe kamen. Die beiden Sänger agierten so harmonisch als hätten sie schon immer miteinander gespielt, miteinander gesungen. In den Duetten verschmolzen beide Stimmen dort ineinander, wo es Text und Partitur verlangten, trennten sich, standen einander gegenüber – wurden zum pointiert gut artikulierten Parlando. Die einzelnen Arien waren so ausgewählt, dass sie die Duette, die duettierten Gespräche abschlossen , weiterführten. Doch nun zu den Protagonisten:

Ich beginne – ladies first – mit Heidrun Klava. Die Sängerin verfügt über schöne, warme gut geführte Stimme, moduliert mit großer Sensibilität, phrasiert, auch an Pianostellen, immer mit voller Wortverständlichkeit. Sie  trat auf  mit der kapriziösen Eleganz der Manon, verwandelte sich in das verliebte Mädchen Manon, das dem Geliebten bedingungslos zu folgen bereit ist; war das arme Nähmädchen Mimi, das eigentlich Lucia heißt, mit etwas verschämter Koketterie. Sie stand als einsame Floria Tosca vor uns, die als Gebet der Tosca bezeichnete Arie „Vissi d’arte … “ gestaltete sie sehr zurückgenommen, ja verstört, - Folge ihrer Auseinandersetzung mit Scarpia, dem skrupellosen sexbesessenen Polizeichef von Rom, der von ihr das Äußerste fordert, - mit ihm eine Nacht zur Rettung des Geliebten zu verbringen.       

Nach der Pause die von ihrem Geliebten verlassene Geisha Butterfly  - verzweifelt, berührend der Abschied von ihrem Kind – „va!! gioca!!“ – ein letztes Aufbäumen, dann schickt sie den kleinen Jungen, der dankenswerter Weise die Rolle des Kindes übernommen hatte, mit einer herben, verzweifelten Geste, mit fast gebrochener Stimme von der Bühne, bevor sie Harakiri begeht. Es fogte das verliebte kleine Biest, die kokette  Lauretta, die ihrem Vater(A. Walewski) mit „O mio babbino caro“ so lange zusetzt bis er klein beigibt und in die Heirat mit Rinuccio einwilligt.   

Und der Tenor Michele Ha ?! Er war für den verhinderten Alek Otto eingesprungen. Er verwandelte die eher undankbare Rolle des „Einspringers“ mit leichter Hand und einer wunderbaren Stimme zu seinem ganz persönlicher  Triumph. Er eroberte im Nu sein Publikum -mit Bravour, tenoralem Schmelz und sängerischer Kraft, die vielleicht an der einen oder anderen Passage hätte etwas gedämpfter sein können, mit großer stimmlicher Präsenz – als Desgrieux, Rodolfo, Linkerton und zuletzt als Kalaf.

Michele Ha spricht ein ausgezeichnetes Italienisch, in den Dialogen, in den Solopartien fällt dies sofort auf. Man kann mühelos dem gesungenen Wort folgen, sodaß man an manchen Stellen meint – „das habe ich doch so noch nie gehört“ – weil es üblicherweise meist „verschluckt“ wird.   Die Stimme ist präzise geführt, sitzt – auch in den Kopftönen -hervorragend, „wackelt“ nicht – und um es kurz zu machen und um mich nicht in gesangstechnische Details zu verlieren, es sieht nach vielversprechender sängerischer Zukunft aus.  Wenn er sich als Rodolfo in Positur wirft – „sono un poeta“ – sein Sakko zuknöpft, erlebt man einen scheuen jungen Dichter, der sich spontan verliebt hat, Mimi unbedingt ins Café Momus ausführen will. Er krönt seine Liebe mit einem strahlend gesungenen hohen Schlußton. Der Abschluß dieses Abends war ihm vorbehalten, er sang das Solo aller Puccini-Soli „Nessun dorma“. Es wurde der triumphale Abschluß eines rundum erfolgreichen und künstlerisch voll gelungenen Abend.

Die einfühlsame, den Sänger unterstützende, führende und fordernde Begleitung des Pianisten Burkhard Bauche (er war auch der Korrepetitor), der sich gelegentlich leicht ironisch in die Conference einschaltete, gab dem Abend jenen touch, der aus einem(zwangsläufig) in Ausschnitten bestehenden Opernabend ein geschlossenes Ganzes werden ließ. Als ob es gar nicht anders sein könnte.

Da sage noch einer: in Wolfenbüttel ist nichts los! Dank dem kkk und seinem Direktor Alexander Walewski, der mit solchen Abende in Wolfenbüttel immer wieder für Sensationen sorgt.