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Aus Dagmar Saval Wünsche
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='''Nicht nur Dramaturg … Arthur Kahane'''=='''Schriftsteller - eine Spurensuche'''<span style="color: #ff0000;">Text in Vorbereitung</span>====Vorwort====Immer wieder blättere ich im „'''''Tagebuch des Dramaturgen'''''“, im Buch „'''''Theater. Aus dem Tagebuch''''' ''des Theatermannes''“, lese den einen oder anderen Text nochmals, dann beide Titel erneut von vorne nach hinten und umgekehrt – und finde hinter dem geschriebenen Text die Spuren, die mich zur Person und Persönlichkeit des Schriftstellers Arthur Kahane führen.
''Ich glaube nicht, daß ich meine erste Begegnung mit Max Reinhardt so schnell vergessen werde'', … . ''Meine erste Begegnung mit Reinhardt war natürlich nicht meine e r s t e Begegnung mit ihm. Ich hatte ihn bereits einige Jahre vorher auf der Vierten Galerie des Wiener Burgtheaters kennen gelernt. … Ich … begegnete ihm zum zweiten und zum dritten Male wieder in … Wien, wohin er mit einigen, den jüngeren Kollegen des Brahm-Ensemble in ersten direktorialen Regungen, selbständige Gastspielabstecher unternahm. … Es war im Spätsommer des Jahres 1902. Wir saßen im Café Monopol, an dem langen Stammtisch in der Mitte des Lokals, ... . Da winkte mir Max Reinhardt und ersuchte mich, ihm an einenen Nebentisch zu folgen. … Das Kaffeehaus existiert schon lange nicht mehr, aber der Winkel und der Tisch leben in meiner Erinnerung … Reinhardt sagte mir, daß er für seine Pläne einen Dramaturgen suche … 1)''
'' ''Das Café Monopol an der Friedrichstraße in Berlin-Mitte, war um die Jahrhundertwende der Künstlertreffpunkt und Jobbörse zugleich. Warum der junge Schriftsteller Arthur Kahane von Wien nach Berlin gegangen ist, wir wissen es nicht. Er hatte um 1899 in einem soeben gegründeten Verlag, dem „Wiener Verlag“ die Leitung der literarischen Abteilung übernommen, war intensiv damit beschäftigt diese aufzubauen.
'''Julius Bab'''Im damaligen Österreich, vor der Jahrhundertwende, dominierte für den Jugendlichen aus einem liberalen traditionellen jüdischen Haus das Problem des Eintritts in die große Welt. Kahane begann seinen Weg mit der Literaturgeschichte, Zeitzeuge dieser Entwicklungbegleitet von einer idealistischen Aktivität im aufkommenden Sozialismus – im Gegensatz zu der anderen Möglichkeit, beschreibt nämlich des Anschlusses an die vorherrschende österreichische katholische Welt. Seiner Natur nach war er mehr österreichischer Kulturtraditionalist als Sozialist … Sein romantischer Stolz war es so, in seiner Geschichte „Theater der Gegenwart“immer vornan zu sein im „Modernen“ … und er war Anarchist, Studentenrevolutionär, SArbeiterbildner . 147: … ''2)
Die Bewegung der Anarchisten, entstanden aus einer ursprünglichen studentischen Protesthaltung mit der jeder Jugend innewohnenden Motto: „Die Jugend probt den Aufstand gegen das Alte“ wuchs zu einer politisch orientierten Bewegung, die sich Träume von einem Theaterimperium – das setzt voraus: eine finanzielle Strategie, einen Strategen, gegen jegliches hierarchisches Ordnungsprinzip richtete. Gegen Ende des 19.Jh. verstärkte sich der diese nicht nur theoretisch erarbeitetZulauf zu den anarchischen Gruppierungen, sondern auch durchführtdie gegen die verkrusteten Herrschaftsstrukturen immer stärker opponierten. Die „Anarchistenbewegung“ ist keine einheitliche Partei, und das möglichst unsichtbarsie hat ebenso viele Facetten, unhörbar. Bei Max Reinhardt hieß er '''Edmund Reinhardt'''wie es Gruppierungen unter dem Dach des Begriffs “Anarchie“ gibt.
Kahane war ein begeisterter Anhänger der Ideen, die die Französische Revolution 1789 - „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ - propagiert hatte; das galt in der erstarrten bürgerlichen Gesellschaft des ausgehenden 19.Jh. als Anarchie. Diese Ideen, entwickelt aus den Ideen der Französischen Revolution bildeten die Keimzelle, die man kurz so beschreiben kann: freies Denken, verbunden mit der Forderung nach einer „Neue Gesellschaft“, mit einem „Neuen Menschen“. Das bedeutet – sehr plakativ und sehr pauschal formuliert: Dieses freie Denken wollte Befreiung von den alles beherrschenden hierarchischen Strukturen, verlangte soziale Verantwortung des Einzelnen wie der Gesellschaft; diese Forderungen stießen damit naturgemäß auf die vehemente Ablehnung der bürgerlichen Gesellschaft, der Liberalen sowie der Konservativen.
1894 fuhr Arthur Kahane zu einem Anarchistentreffen nach Zürich; die Zürcher Behörde reagiert mit der Ausweisung vieler Teilnehmer, unter ihnen auch Arthur Kahane. Er reiste anschließend weiter nach Paris, aber auch hier erging es ihm nicht viel besser: er wurde ausgewiesen. Er kehrte nach Wien zurück, beendete sein Studium der Philosophie und Literatur an der Universität Wien.
Diese Spotlights geben - vielleicht?- auch einen Hinweis, warum Arthur Kahane sich letztlich zu einer Übersiedlung nach Berlin entschloß; dabei hatte er eben in dem von '''Oskar Friedmann''' in dem neu gegründeten „''Meine erste Begegnung mit Reinhardt war natürlich nicht meine e r s t e Begegnung mit ihm. Ich hatte ihn bereits einige Jahre vorher auf der Vierten Galerie des Wiener Burgtheaters kennen gelernt. … Ich … begegnete ihn zum zweiten und zum dritten Male wieder in … WienVerlag''“, wohin er mit einigen , den jüngeren Kollegen des Brahm-Ensemblesder vor allem „moderne“ Literatur verlegen wollte, in ersten direktorialen Regungen, selbständige Gastspielabstecher unternahmdie literarische Abteilung übernommen. …''
''Es war im Spätsommer des Jahres 1902. Wir saßen im Café Monopol, 'Arthur Kahane an dem langen Stammtisch in der Mitte des Lokals, in einer großen Gesellschaft von Freunden und Bekannten. Da winkte mir Max Reinhardt und ersuchte mich, ihm an einen Nebentisch zu folgen. … Das Kaffeehaus existiert schon lange nicht mehr, aber der Winkel und der Tisch leben in meiner Erinnerung … Reinhardt sagte mir, daß er für seine Pläne einen Dramaturgen suche … Franz Servaes''':
Das "Café Monopol" junge aufstrebende Reinhardt-Theater, auf der Suche nach Profilierung und zeitgenössischen spielbaren Autoren konnte und wollte an Schnitzler nicht vorbeisehen. Es wurde eine sehr schwierige Arbeitsbeziehung. Der überlieferte Briefwechsel gibt ein sehr lebendiges, eindeutiges Bild der Positionen: da ist das Theater, in der Friedrichstraße warRegel schreibt Arthur Kahane an Schnitzler, Reinhardt selten, bevor das Romanische Café seine Wünsche, Forderungen optimal zum Treffpunkt aller KünstlerAusdruck bringt, oder die es sein wolltendurchsetzen möchte. Der Autor, wurdeSchnitzler, war um die Jahrhundertwende der Künstlertreffpunkt erfahren im Umgang mit Theatern und Jobbörse zugleich. Warum der junge, Schriftsteller Arthur Kahane Wien nach Berlin gegangen istihren Winkelzügen, ob er vorhatte dauerhaft hat sehr genaue Vorstellungen zu bleiben, wir wissen es nichtden Aufführungen seiner Werke. Er hatte weiß sehr genau um 1899 in einem soeben gegründeten Verlag, dem "Wiener Verlag" die Leitung der literarischen Abteilung übernommenProbleme eines Theaterbetriebes, intensiv damit beschäftigt aber bei aller Kulanz ist er nicht bereit eine unbegrenzten Hinhaltetaktik zu akzeptieren; begleitet wird diese aufzubauen. So nebenbei: 1903 veröffentlichte dieser Verlag das später noch Hinhaltetaktik von dem Junktim beide Stücke "heiß''Der einsame Weg''" umkämpfte Spiel und "''Der Reigenjunge Medardus''" von Arthur Schnitzler. Vielleicht lagen die Ursachen für einen Ortswechsel viel tieferzu erhalten ohne verbindliche Zusage zur Aufführung beider Stücke, als es selbst die Erinnerung von insbesondere des Dramas "''Der junge Medardus'Ariel Kahane''', dem jüngsten Sohn von Arthur Kahane, vermuten lassen:".
''Im damaligen Österreich„Reinhardt ein kluger, vor der Jahrhundertwende, dominierte für den Jugendlichen aus einem liberalen traditionellen jüdischen Haus das Problem des Eintritts in die große Welteigentlich angenehmer Mensch. Kahane begann seinen Weg mit der Literaturgeschichte, begleitet von einer idealistischen Aktivität Die Schwierigkeiten im aufkommenden Sozialismus – im Gegensatz zu der anderen MöglichkeitVerkehr zweier Juden bleibt immer, nämlich des Anschlusses an die vorherrschende österreichische katholische Welt. Seiner Natur nach war er mehr österreichischer Kulturtraditionalist als Sozialist … Sein romantischer Stolz war es, immer vornan zu sein im „Modernen“ … sich gegenseitig über das innere und er war Anarchist, Studentenrevolutionär, Arbeiterbildner äußere Esoi hinwegzuschwindeln. … “ ''210)
Doch dann spitzt sich die Situation immer mehr zu. Der politische LiberalismusDichter ist unzufrieden mit der Haltung des Theaters gegenüber seinen Vorschlägen, das Theater seinerseits übt Druck aus, weil es ein Junktim durchsetzen möchte. Der Höhepunkt der schrankenlose wirtschaftliche LiberalismusKrise, der jedes soziale Engagement sowie Verantwortung vermissen ließdann zu einem langjährigen Abbruch der Beziehung führt, ist die genannte Causa „''Der junge Medardus''“ und „''Der einsame Weg“'', 1909. Der umfangreiche Briefwechsel zwischen dem Theater, im konkreten Fall geführt von Arthur Kahane und dem Dramatiker ist, besser noch – wäre –, an sich schon Vorlage für ein Theaterstück. Hier treffen zwei wortgewandte, war mit der „Nährboden“ für aufkommendeLust am Schreiben begabte Menschen aufeinander, tauschen Gedanken, gegensätzliche Standpunkte aus – geschliffen, meist sehr radikale Protestbewegungengelegentlich ironisch-sarkastisch – mit der Lust am Spielerischen trotz gegenseitiger Verärgerung, ohne dabei die Grenzen der gegenseitigen Achtung und des Respekts zu überschreiten. Bei der Lektüre der Briefe von ganz rechts bis ganz linksArthur Kahane kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie etwas „contre coeur“ geschrieben sind. Man findet an vorherrschenden Extremen:Der „Meister“ will es so!
Aus der dem Dirigenten Carl Muck 18) gewidmeten Orchestersuite und der Bühnenmusik für das Deutsche Theater entstand die Oper ''Sehr geehrter Herr, „Turandot''“. Sie wurde 1917 in Zürich uraufgeführt zusammen mit dem Einakter „''Arlecchino''“ als Vorspiel; mit Alexander Moissi als Arlecchino. Eigentlich müßte es heißen: Commedia dell’arte I. und II.
''Im ' Ferruccio Busoni''' an '''Edith Andreae''' Zürich, (31.12.1915) ''… Inzwischen ist auch die Komposition eines Einakters vorgeschritten. Bei diesem Stück habe ich, im Entwerfen, an Reinhardt gedacht. Es fordert eine Sprechrolle und eine übermüthige Regie. … 19)'' '''Engelbert Humperdinck''' 20) komponiert erstmals 1905 eine Bühnenmusik: für „''Der Kaufmann von'' Venedig“; die Zusammenarbeit mit den Reinhardt-Bühnen endet mit dem Pantomimenspektakel „''Das Mirakel''“, mit dem das Unternehmen Reinhardt auch noch in den 20er Jahren auf Reisen gehen wird. Den Komponisten Engelbert Humperdinck vorzustellen, hieße „''Eulen nach Athen tragen“'', die Märchenoper (nicht nur für Kinder) „''Hänsel und Gretel''“ kennt – fast –jeder. Weniger bekannt ist aber seine langjährige Zusammenarbeit sowie seine Kompositionen für die Reinhardtbühne. Die Korrespondenz und das überlieferte Notenmaterial liegen als ungehobener „Schatz“ im Nachlaß Engelbert Humperdinck in der Frankfurter Universitätsbibliothek. Wolfgang Humperdinck berichtet in der Biographie über seinen Vater, daß die Bühnenmusiken aus der Zusammenarbeit mit Max Reinhardt an den Verlag Max Brockhaus in Leipzig gingen. Dieser stellte daraus u.a. Orchestersuiten zusammen, die weite Verbreitung fanden. 21) Wie immer hatte auch Kahane an der Realisierung der Projekte seinen brieflichen Anteil; er beschreibt die sehr detaillierten Vorstellungen Reinhardts, dessen Wünsche zur musikalischen Gestaltung, zur Instrumentation, wie sie der Komponist umsetzen soll. Humperdinck komponierte die Bühnenmusiken zu den Inszenierungen von: „''Der Kaufmann von Venedig“,'' 9. November 1905, es folgen: „''Das Wintermärchen''“, 15. September 1906, „''Was ihr wollt''“, 17. Oktober 1907, „''Lysistrata''“ 27.Februar 1908, „''Der blaue Vogel''“, 23. Dezember 1912. ''Das Mirakel''“, aufgeführt am 17.September 1912 in Wien, in der Rotunde 22) schließt den Kreis der Kompositionen. Die Pantomime mit Musik in zwei Akten und einem Zwischenspiel nach einer Textvorlage von Carl/Karl Vollmöller nimmt eine Sonderposition im Zusammenhang des Reinhardtschen Opus ein. Sie eignet sich hervorragend für Gastspiele auch in anderssprachigen Ländern, Teil des Repertoires bei den zahlreichen Gastspielreisen der Reinhardt-Truppe in den 20er Jahren. Erste Erfahrungen mit Großraum–Bühnen, mit Arena-Bühnen gab es bereits während der Münchner Sommerfestspiele zwischen 1909 und 1911. Sie kamen den Expansionsbestrebungen Reinhardts entgegen; Reinhardts Phantasie spannte „ihre Flügel“ weiter - kleine Theaterräume wie die der Kammerspiele oder des Deutschen Theaters genügten seinen theatralischen Visionen nicht mehr. In einer Arena, in einem Zirkusrund gab es keine Logenränge, sondern – ähnlich wie in einem antiken Theater – ein aufsteigendes Halbrund des Zuschauerraums (wie es Richard Wagner im Bayreuther Festspielhaus realisiert hatte), ohne Logen und mit einer flacher Bühne. In Berlin gab es den ersten Versuch einer Arena-Bühne mit dem Zirkus Schumann; aufgeführt wurde u.a. der „''Jedermann''“ von Hofmannsthal, 1911. Die „Riesenräume“, die Reinhardt nun bespielte oder bespielen wollte, waren mehr als eine künstlerische Option, sie boten auch einen größeren finanziellen Gewinn (so die Vorstellungen ausverkauft waren), denn die nicht subventionierten Privat-Bühnen mußten wie ein Geschäftsbetrieb geführt werden. Dazu kamen die immer weiter expandierenden Gastspieltourneen des Reinhardt-Theaters. Diese Entwicklung klingt wie ein Kontrapunkt zu dem ursprünglichen Konzept eines kammermusikalischen Theaterideals, das Reinhardt angedacht hatte; sie entspricht aber auch dem allgemeinen Trend seiner Zeit. Ein mit 1911 datierter programmatischer Text, verfaßt von Kahane, veröffentlicht in den ''Blättern des Deutschen Theaters'', gibt darüber Auskunft: ''Das Theater gehört dem Theater … Seine phantastische Buntheit, die Unbegrenztheit seiner Möglichkeiten und Variabilitäten, das Ineinander von Klang, Wort, Farbe, Linie, Rhythmus schaffen den Boden, aus dem seine tiefsten Wirkungen wachsen. Das Theater ist weder eine moralische noch eine literarische Anstalt … Auf einem uns vorgeschriebenen Wege suchten wir den Rahmen des heutigen Theaters zu erweitern, seine Wirkungen zu steigern, den Kontakt mit dem Publikum enger zu machen. So war es kein Zufall, wenn wir vom kleinen Theater in die Arena stiegen. … 23)'' Die in Musik gesetzte Pantomime „''Das Mirakel“'' von Engelbert Humperdinck ist das ideale Stück für Aufführungen in Riesenräumen, erstmals präsentiert in der Olympia Hall in London am 23. November 1911. Plakativ, musikalisch eingängig, sprachlos, auf die große Geste gestellt, einige wenige mobile Dekorationen, dafür aber viel Spiel mit Licht – so könnte die Kurzbeschreibung als Vorgabe für theatralische, musikalische sowie raumgestalterische Umsetzung lauten. 1912 zog Reinhardt mit dem „''Mirakel“'' in Wien ein; gespielt wurde in der „Rotunde“ im Prater. Gleichzeitig wurde das ''„Mirakel''“ verfilmt, Reinhardt führte Regie und trat als Produzent (Max Reinhardt Produktion) auf . Von allen Reinhardt-Inszenierungen ist diese Pantomime vermutlich die finanziell am besten ausgewertete Produktion; Tantiemen, Publikumswirksamkeit, Publizität, internationales Ansehen. Als treibende Kraft für diese totale Auswertung einer in den Herstellungskosten sicherlich sehr aufwendigen Produktion wird man vor allem in Edmund Reinhardt zu suchen haben, die dazugehörige Geschäftskorrespondenz wird Kahane seinem Auftrag gemäß geführt haben. Es bleibt beim Konjunktiv, denn die überlieferten Unterlagen ergeben nur ein sehr unvollständiges Bild. 24) Am 9.Oktober 1920 erklärte Max Reinhardt seinen Rücktritt als Direktor der Theater, die in seinem Besitz sind: Das Deutsche Theater und die Kammerspiele sowie Das Große Schauspielhaus (Deutsche Nationaltheater A.G.). Der Hintergrund dieses Rücktritts ist vielfältig. Holzschnittartig skizziert: mit der Ausrufung der Republik endete die Wilhelminische Ära. Reinhardt hatte sein Theaterkonzept gegen die konservativen Tendenzen, „''Was Kunst ist, bestimme ich!“'' (Wilhelm II.) , entwickelt, er hatte gegen den Konservativismus gespielt, der keinerlei Veränderungen akzeptierte. Diese Basis gab es nicht mehr. Die politischen Unruhen des Umbruchs von 1918/1920, die unsichere finanzielle Entwicklung waren weitere Faktoren. In der zeitgenössischen Berliner Kritik wurde seine Art Theater zu spielen zunehmend als „etwas Vergangenes“ bewertet, wahrgenommen; eine junge, politisch motivierte Generation – Leopold Jessner, Erwin Piscator, Bertolt Brecht u.a. spielte sich in den Vordergrund, wurde bestimmend für die Theaterlandschaft der Hauptstadt des Deutschen Reichs. Als Reinhardt nach Wien zurückkehrte, begann er mit der Suche nach einem eigenen Haus für seine Schauspieler. Das „gescheiterte Burgtheaterprojekt" könnte man das kurze Kapitel „Reinhardt und das Burgtheater“ betiteln. 1918 war die Direktion des Burgtheaters neu zu besetzen. War das Burgtheater, bzw. die Übernahme der Direktion tatsächlich Reinhardts Vision als er dem Theater das Gastspiel des Deutschen Theaters, mit seinen Schauspielern, anbot? Die Absage war unmißverständlich, vom Direktor bis zum kleinsten Darsteller – „man wollte das Burgtheater bleiben und nicht zu einer Dependance des Deutschen Theaters mutieren“. Doch Wien wäre nicht Wien, hätte man nicht nach einem Kompromiß gesucht auch um das Gesicht zu wahren: die Absage wurde umgewandelt in das Angebot die Redoutensäle zu bespielen, die dafür von Alfred Roller adaptiert wurden. '''Felix Hollaender''' übernahm die Direktion der Berliner Reinhardt-Bühnen und veränderte sein Team. '''Heinz Herald''', seit 1910 als Dramaturg an den Reinhardt-Bühnen engagiert, trat an die erste Stelle im Team; gemeinsam mit Arthur Kahane betreute er die Programmzeitschrift „''Blätter des Deutschen Theater“,'' gab mit Kahane die programmatische Reihe des Theaters „''Das junge Deutschland''“ heraus. Für Kahane, den langjährigen Mitarbeiter änderte sich – oberflächlich beurteilt – nicht allzuviel. Er blieb Dramaturg, seine wesentlichste Funktion, von allem anderen, dem rein Organisatorischen entlastet, wird er wahrscheinlich als Befreiung empfunden haben. Er war, wie sein Sohn Ariel Kahane erzählt, kein Machtmensch. Endlich konnte er, so meine These, sich vermehrt dem „freien“ Schreiben widmen. Die Veränderungen des Berliner Theaterimperiums, das Große Schauspielhaus wird an '''Erik Charell''' 25) vermietet, dafür kommt das Theater am Kurfürstendamm, später die Komödie dazu. Reinhardt kehrt kurzfristig wieder nach Berlin zurück, übernimmt ebenso kurzfristig die Direktion, verpachtet seine Bühnen, kehrt nach Wien zurück, Nach dem Tod von Edmund Reinhardt, 1929, erneute Rückkehr nach Berlin, aber: die schwierige Lage – um es vorsichtig auszudrücken – der Reinhardt-Bühnen ist kein Geheimnis mehr. Die Gründe dafür sind vielfältig und treffen nicht nur die Geschäftsgebahrung der Reinhardt-Bühnen: Inflation, die Luxussteuer, verändertes Publikumsverhalten, der Film sowie die bereits genannte zunehmende Politisierung des Theaters verlangten auch von den Reinhardt-Bühnen ein neues Spielplankonzept. Die Revue war das Gebot der Stunde des Erfolgs, Serienaufführungen mußten in immer größerem Ausmaß geplant werden (Theater am Kurfürstendamm, Komödie) – und dafür waren die geeigneten Stücke zu lesen, zu finden, einzurichten usw. Welchen Anteil Kahane an dieser veränderten Konzeption hatte, bleibt vorerst offen. Reinhardt hatte 1905 dem Theater eine Schauspielschule angegliedert; pauschal formuliert, wer Schauspieler werden wollte, also Sprechen lernen, Rollenstudium, Bewegungsstudium – einfach das „Handwerk“ hatte sehr lange Zeit wenig professionelle Möglichkeiten. Es gab die Möglichkeit des privaten Unterrichts von sehr unterschiedlicher Qualität; die wenigen Konservatorien, die es gab, waren meist privat geführte Einrichtungen und in der Regel sehr kostenintensiv für den lernenden Adepten. '''Gerhard Ebert''' hat die Geschichte der Reinhardtschen Schauspielschule des Deutschen Theaters akribisch aufgearbeitet. Mit Beginn der 20er Jahre kam es zu einer entscheidenden Änderung bei der Einteilung der Rollenfächer: es wurde nicht mehr nach Fach engagiert – wie z.B. Jugendliche Naive, Heldenvater usw. Das hatte auch für die Ausbildung Folgen: ein Rollenstudium im konservativen Kontext war nicht mehr nötig. Das besondere an der Schauspielschule des Deutschen Theaters: Dieses fachbezogene Rollenstudium hatte es an der Schauspielschule Reinhardt im Deutschen Theater als Unterrichtsfach von Anfang an nicht gegeben; statt dessen wurde der Schwerpunkt des Unterrichts auf das Erarbeiten, Verstehen der inneren Zusammenhänge – immer im Kontext mit dem Stück sowie einer, mehrerer Szenen gelegt. Das Resultat dieser Arbeit wurde regelmäßig vor Publikum präsentiert. Berthold Held, der die Schule damals leitete, setzte es als selbstverständlich voraus herzlichst dankend verbleibe , daß Arthur Kahane an dem Resultat der Arbeit der Schauspielschule interessiert war, teilnahm. Sollte doch der Nachwuchs ganz im Sinne der Reinhardtschen Theatervorstellungen herangebildet werden. ''Lieber Kahane, wenn Sie auch sagen, daß Sie Ihre Abende zur Arbeit brauchen, so erscheint mir andrerseits Ihre Anwesenheit im Szene-Abend im Interesse des Deutschen Theaters, der Schule und der Schüler ungemein wichtig. Ihr Votum für ein eventuelles Engagement fällt doch sehr in die Waagschale. 25)'' Eines aber bleibt unverändert - sein tägliches Metier, wenn er in seiner nunmehr sehr kleinen Kammer hinter seinem Schreibtisch sitzt, Stücke liest, Ratschläge gibt, immer skeptisch, freundlich, wenn Schauspieler mit Forderungen Anschuldigungen oder euphorischen Ergüssen bei ihm auftauchen, enttäuschte Autoren tröstet … Schauspieler trösten, skeptisch bleiben, sie dennoch „befrieden“, wie Kahane das tat, berichtet '''Bernhard Reich''' etwas mißbiligend. Er beschreibt wie Kahane in solchen Situationen seine ganz besondere Gabe, Phantasie anderer zu entzünden, gerne eingesetzt habe. Eine Charge, Friedrich Kühne, wollte gerne „mehr sein“. Arthur Kahane überredete Kühne, die winzige Rolle dennoch anzunehmen. Max Reinhardt wiederum animierte daraufhin den Darsteller bei den Proben durch Selbstspielen zu eigenen Einfällen. ''… auf diese Weise wurde die winzige Rolle zu einer großen'' ''… Nach der Generalprobe hatte Kahane ein ernstes Gespräch mit Kühne: „großartig, zu großartig. Sie sprengen das Stück und gefährden den Erfolg. „'' ''Ich (Bernhard Reich) erklärte Max , das gehe so nicht; wir müssen hier und dort einige üppige Wucherungen abschneiden''. … 26) Bei der Premiere war die Rolle auf ihre ursprüngliche "Winzigkeit" zurückgeschrumpft. Bernhard Reich weiter: ''… Bei meiner ersten Besprechung mit Reinhardt waren seine intimsten Ratgeber, Arthur Kahane und Felix Hollaender anwesend. Kahane, der unermüdliche Peripathetiker, sprach mit leiser Stimme. Er war mager, nachlässig gekleidet … Er hatte eine Vorliebe für feinschmeckerische psychologische Deutungen und Beobachtungen. Seine Analysen regten Literaten an, verwirrten aber Schauspieler. Er schien theaterfremd zu sein; das Spielen indessen war sein Element . … 27)'' Bernhard Reich, der bekennende Kommunist vertrat eine andere Form des theatralischen Geschehens seit seinen Anfängen. Er wollte – wie z.B. Erwin Piscator – ein politisches, proletarisches Theater. Theater das propagandistisch den Zuschauer ideologisch „erzieht“ und nicht unterhält. Mit diesem zugegeben sehr pauschal formulierten gedanklichen Hintergrund sind das Urteil und die Beobachtungen von Bernhard Reich über Arthur Kahane zu lesen; lassen den Gegensatz hervortreten, der die beiden trennt. Zugleich aber wird deutlich, daß Kahane seit Beginn seiner Mitarbeit an den Reinhardt-Bühnen der „Dritte Mann“ war, der im Hintergrund – Edmund Reinhardt vergleichbar - nicht ohne entscheidenden Einfluß war. Welche Briefwechsel, Autobiographien oder Biographien der Zeitgenossen man liest, auch wenn sie nicht unbedingt direkt mit dem Theaterbetrieb verbunden waren, der Name Arthur Kahane ist immer wieder zu finden. Der jeweilige Briefschreiber, der Autor erzählt wie er die Person Kahane wahrnimmt, beschreibt seine Persönlichkeit sowie seine Arbeit im Theater. Das Résumé dieser Lektüre klingt in etwa so: Er war charmant in einer sehr altösterreichischen Weise (ich höre oder lese vielmehr das heute unendlich ausgewalzte Cliché vom österreichischen Schmäh und Charme) , wie sie das eher kühle Berlin nicht kannte, unaufdringlich, gelegentlich ironisch bis sarkastisch, aber nie verletzend, seine herausragendste Eigenschaft war: er besaß nicht das geringste Machtbewußtsein, wollte auch keine Macht ausüben, weswegen er auch nie Regie führen wollte. Die beiden letzten Eigenheiten befähigten ihn, dem Machtmenschen Reinhardt standzuhalten und dennoch für ihn zu arbeiten ohne Persönlichkeitsverlust; was anderen nicht gegeben war, denn viele, die als Dramaturgen bei Reinhardt engagiert wurden, verließen mitunter schon nach wenigen Wochen das Reinhardt–Imperium 28) Eine kleine Auswahl aus dem Chor der Zeitgenossen soll das Bild Arthur Kahane abrunden, ergänzen; ich bitte '''Tilla Durieux''' auf die Bühne. ''… Unter den Dramaturgen, die in den ersten Jahren Reinhardt berieten, von denen Kahane ein stiller, fleißiger Schriftsteller und Efraim Frisch ein richtiger Gelehrter war, ragte Felix Hollaender hervor, der Typus des talentvollen fanatischen Juden. Er war es, der Reinhardts große Allüren unterstützte; und er war es, der ihn, als Fürsten auf einen Thron setzen wollte. Aber er machte ihn zum Industriellen. … 29)'' ''''' '''''Eduard von Winterstein: ''… Kahane war ein Wiener Journalist und nach Berlin gekommen, um hier sein Glück zu versuchen. Wir hatten ihn an unserem Nachmittagsstammtisch im Café Monopol kennengelernt, und Reinhardts erste Tat, als er die Direktion übernahm, war, daß er Arthur Kahane engagierte. Kahane war ein kluger und feiner Kopf, im Gegensatz zu dem mit breiten Ellenbogen dahergehenden Berliner Felix Hollaender, … Hollaender war laut, Kahane war leise …'' ''Kahane war der eigentliche Dramaturg des Theaters, er las gewissenhaft alle eingereichten Stücke. Aber daneben hatte er noch das schwere und undankbare Amt des Direktionssekretärs. Wenn Hollaender den Verkehr mit der Presse leitete, so hatte Kahane den Verkehr mit den Schauspielern. Reinhardt hatte von Anfang an das Bestreben, eine Mauer um sich zu bauen, alles Unangenehme, Fatale von sich fernzuhalten, es auf andere abzuwälzen. Auf andere, das hieß in erster Linie auf Kahane. Wenn ein Schauspieler unzufrieden war, wenn er eine Rolle nicht bekam, die er sich gewünscht hatte, oder wenn er eine bekam, die ihm nicht paßte oder ihm seiner unwürdig schien, so lief er zu Kahane, und Kahane hörte geduldig und still alle Klagen , alle Beschwerden, alle Flüche und Verwünschungen an. Wie oft hat es dieser stille und kluge Mann verstanden, in ruhiger Auseinandersetzung die Wogen der Erregung zu glätten! Andrerseits mußte er oft Schauspieler zu sich bitten, um ihnen Unangenehmes zu sagen. Er war darum bei den Schauspielern nicht allzu beliebt. Immer und immer wieder ärgerte ich mich über den Mangel an Achtung und die Respektlosigkeit, die so viele Schauspieler, unfähig, den Wert dieses Mannes zu erkennen, Arthur Kahane gegenüber bewiesen. Ich persönlich schätzte ihn sehr, ich möchte beinahe sagen, ich liebte ihn. Ich habe stundenlang, wenn mir die Probe dazu Zeit ließ, bei ihm in seinem kleinen Büro gesessen und mich mit ihm unterhalten. Manche dieser Unterhaltungen hat er in Zeitungsartikeln niedergelegt, die er im „Berliner Tageblatt“ unter dem Titel “Gespräche mit einem Schauspieler“ erscheinen ließ. Er hatte die Angewohnheit in einem Diarium, das er neben sich liegen hatte, jedes Gespräch, das er in seinem Büro führte, auch wenn es die banalsten Dinge betraf, schriftlich festzuhalten. Er allein wäre der Mann gewesen, die dreißigjährige Geschichte der Ära Reinhardt zu schreiben … 30)'' '' ''Welche Funktion Reinhardt von allen seinen Mitarbeitern erwartete, ihnen zumutete, insbesondere von Kahane, zitiere ich nochmals: ''Reinhardt hatte von Anfang an das Bestreben, eine Mauer um sich zu bauen, alles Unangenehme, Fatale von sich fernzuhalten, es auf andere abzuwälzen. Auf andere, das hieß in erster Linie auf Kahane …'' Wie dieses „Mauer bauen“ formuliert wurde, darüber gibt ein Brief von Kahane an '''Busoni''' vom 14. 6.1913 Auskunft: Die Saison ist fast zu Ende; Busoni hatte einen Brief an Reinhardt geschickt und darauf schreibt Kahane: ''… Reinhardts Adresse kann ich Ihnen leider nicht angeben, denn ich weiß sie selbst nicht. Er dürfte wohl noch unterwegs sein und bis jetzt keine feste Adresse haben. … Natürlich bin ich gerne bereit, sobald ich Reinhardts Adresse habe, ihm Ihren Brief nachzusenden, fürchte aber sehr, daß er unbeantwortet bleibt, weil Reinhardt während der Ferialmonate naturgemäß niemand hat, der ihn bei seiner Correspondenz unterstützt. … Unverbindlich möchte ich hinzufügen, daß ich einerseits weiß, daß in der ersten Hälfte der nächsten Spielzeit Reinhardts Zeit bereits so vergeben ist, daß die Uebernahme einer neuen Regieaufgabe ausschaltet, während ich andrerseits weiß, daß er sich für Sie und Ihr werk außerordentlich interessieren wird. … 31)'' '''Stefan Grossmann,''' gehörte für kurze Zeit zum Team Reinhardt, bevor er sich wieder seiner eigentlichen Berufung – dem Schreiben - widmete, zu einem an einem Theater sehr seltenen Jubiläum, 25 Jahre Dramaturg gewesen zu sein: '' '''' … '''Auch das ist ein Jubiläum. Arthur Kahane ist am 1. Oktober fünfundzwanzig Jahre bei Reinhardt. Uff, das war eine Leistung Arthur! Die meisten Dramaturgen Reinhardts – wer war bei ihm nicht Dramaturg? – rannten nach einer Saison davon. Der Betrieb fraß Nerven und Hirn, Reinhardt, der große Menschenfresser, benutzte seine Dramaturgen bei Tag und Nacht, als Vorleser, Bearbeiter, Vorzimmerhüter, Beschwichtiger, Verleugner, Entdecker, Versöhner, auf der Bühne und auf der Reise, zu Hause und im Bureau. … einer hielt aus … unerschütterlich, … ein rührender Apologet, Laufbursche und Theoretiker seines Meisters: Kahane. Von Natur aus ein sehr begabter Schriftsteller – schwieg er fast fünfundzwanzig Jahre, sein Herr ließ ihm keine Zeit. … ein analytischer Kopf, ein an Franzosen geschulter Zweifler, hat er an seinem Herrn Reinhardt nicht zwei Minuten gezweifelt. Als junger Rebell zog Kahane ins Deutsche Theater, mit etwas ergrautem Haupt, wandelt er jetzt, Familienvater mit Geldsorgen durch das Haus, ohne das er nicht leben kann.Er hat einem Genie das Kernstück seines Lebens ohne Bedenken geschenkt. 'Möge er dafür nicht zu bitter büßen. 32)'' ===='''Der''' '''Schriftsteller – Romane, Feuilleton, Essays '''====''' '''''…Als kritischer Feuilletonist- Essayist stand er unter einem günstigeren Stern [''denn als Buchautor, so die Meinung von Ariel Kahane, Anm.d.Verf''.] In gewählter, oft scharf satirischer Sprache brachte er Bilder aus dem Theaterleben, Begegnungen mit den verschiedensten außergewöhnlichen Persönlichkeiten, welche sich ihm gegenüber offener Worte bedienten, Kulturkritiken und Stellungnahmen zu künstlerischen Problemen. Gewiß ohne Sensationen, ohne Enthüllungen, nicht dramatisiert, hingegen reich mit Humor durchsetzt. Das häufige Gedrucktsein in großen Blättern gab ihm eine Genugtuung, auch eine gewisse Popularität, wenn er auch dabei manchem Redakteur wie Leser zu feinästhetisch oder moralisierend erschien. Zwischen der unmittelbaren Theatertätigkeit und seinem freien Schriftstellertum stand seine Herausgebertätigkeit der Zeitschrift „Das junge Deutschland“ , welche das Auffinden von jungen modernen, damals eben expressionistischen Talenten und ihre Uraufführungen im geschlossenen Kreis seitens der Reinhardt-Bühnen begleitete. Hierin ging er mit der Zeit, avantgardistisch und wußte Talente herauszufinden und zu fördern ….'' '' ''Und ''…[ Er] bezeugte doch einen entwickelten Sinn für diese [bildenden Künste] und ihre Einordnung in das Theater zu einem stilgereiften Gesamtkunstwerk. Was wir ihm Nahestehenden in seinem Leben vermißten, war seine Unterlassung, zu Gunsten seiner späteren Romane, der Abfassung des beruflichen Grundwerkes, zu dem er wie nur wenige berufen war: Der deutschen Dramaturgie. Eine solche war damals fällig. Kahane schritt nie zur Systematisierung seines einzigartigen Theaterwissens, behandelte nur Einzelaspekte, oder wenn er in das Umfangreiche trat, dann nur in Sammeldarstellungen … '' ''' ''''' … Während ihn diese Schlüsselposition [''als Dramaturg der Reinhardt-Bühnen, Anm.d.Verf''.] im Theaterleben in seinen jüngeren Jahren ganz in Anspruch nahm, glich er im Reifealter seinen Verzicht … durch eine Nebentätigkeit als Dichter-Schriftsteller aus. Als Dichter … [traf ] er nicht mehr den Stil der Zeit. Als Schriftsteller, weite Verbreitung … heute [findet man] keinen Nachdruck oder Nachhall mehr von diesem Wirken … 1)'' ''' Ariel Kahane''', der jüngste Sohn Arthur Kahanes erfaßt hellsichtig das „Dilemma“ des Schriftstellers Kahane, der dem Theater verfallen ist, der sich nie davon wird lösen können. Das selbstbestimmte Schreiben, als freier Schriftsteller, ist sein Fluchtpunkt, sein Refugium, frei von jeder Bindung an das Theater (als Institution); bei kritischer Betrachtung fehlt dennoch der allerletzte Schritt der Lösung von allen Vorbildern, es ist als lese man in Texten einer „gefesselten Phantasie“. Das essayistische Oeuvre, die Rezensionen und andere kleine literarische Formen, veröffentlicht in Zeitschriften, Zeitungen, Beiträge zu Programmbüchern, sowie für den Rundfunk spannen thematisch einen weiten Bogen; greifen Alltagsthemen auf ebenso wie philosophische Überlegungen und zeitbezogene Themen, auch zu dem sich immer mehr verbreitenden Antisemitismus, konkret müßte es heißen: Gegen die sich immer weiter ausbreitende Propaganda der Nationalsozialistischen Partei, deren bestimmender Programmpunkt der Antisemitismus ist: rassistisch, antikapitalistisch und antireligiös. Das zentrale Thema seiner Schriften, ob Feuilleton oder Roman, bleibt dennoch das Theater in allen seinen Formen, Farben, Spielformen. Die Form und Sprache des Wiener Feuilletons des ausgehenden 19.Jh. formen den Schriftsteller Arthur Kahane; aus der Fülle der bekannten Namen stehen einige wenige als pars pro toto: L<span style="font-size: 0.939em;">udwig Speidel</span><span style="font-size: 0.939em;">, Theater- und Musikkritiker der „Neuen Freien Presse“, Julius Bauer, der Librettist, schrieb für das „Illustrierte Wiener Extrablatt“ Theaterkritiken; Sigmund Schlesinger, schrieb neben seinen beliebten Feuilletons Theaterkritiken für die „Wiener Morgenpost“, vor allem aber für das „Neue Wiener Tagblatt“,, sowie Berichte zum Wiener Gesellschaftsleben. Seine Salonstücke wurden mit viel Erfolg im Burgtheater aufgeführt. Sein Bruder Max war in erster Linie Gesellschaftsjournalist und berichtete über „tout Vienne“. Ich erlaube mir die Überlegung: waren es vielleicht die Schriften der Brüder Sigmund und Max Schlesinger, die das Oeuvre von Arthur Kahane beeinflußt haben, sprachlich formal, thematisch ? Was macht das Wesen des Feuilletons, eine heute verlorengegangene Form und Art des Denkens aus ? Leichtigkeit, scheinbar spielerisches Verbergen des Schweren unter der glatten, und dennoch keineswegs geglätteten Oberfläche – so könnte man in wenigen Worten dem Phänomen „Feuilleton“ näher kommen.</span> Die kleine Form, das Feuilleton, bestimmt das umfangreiche publizistische Werk des Schriftstellers Arthur Kahane; darauf im einzelnen einzugehen wäre einerseits eine Geschichte der Reinhardt-Bühnen, andrerseits entstünde ein – oftmals penibel gemaltes Panorama seiner Zeit, seines Umfelds. Er hat vier Romane geschrieben: „''Clemens und seine Mädchen''“, Widmung für Hermann Bahr, ist ein Entwicklungsroman. „''Willkommen und Abschied''“, der Roman ist Willi Handl gewidmet; eine Dreiecksgeschichte, geschrieben wie ein Kolportage-Roman. „''Die Tarnkappe''“ ist ein Unterhaltungsroman, der Widmungsträger Karl von Levetzow. 2) „''Der Schauspieler''“ Widmung für Max Reinhardt Allen diesen vier Titeln ist gemeinsam: die Verwandlung, das Geheimnis der Verwandlung literarisch zu erfassen, Verwandlung ist Leben, oder um mit Euripides zu sprechen: „''Leben ist immer ein Anfang“. '' „''Die Novellen aus der Bibel“'' könnte man aus der Sicht literaturhistorischer Kategorien als Anthologie definieren. Möglich, daß die Herausgeber, in diesem Fall Arthur Kahane und sein Verleger, Erich Reiss, eine andere Intention verfolgten: 1917, das ist das Erscheinungsjahr des Titels, war das schwerste Jahr des Weltkriegs – ist in die Geschichte eingegangen als der sogen. Steckrübenwinter. Der Hunger dominierte alles, und man aß diese Rüben als Marmelade, Kartoffel , trank sie als Kaffee. Die Siegeseuphorie von 1914 war in die Realität des kommenden Untergangs umgeschlagen. Die Texte, die Kahane aus dem Alten Testament in der Übersetzung von Martin Luther zusammenstellte, erzählen von Krieg, Verlust, Vertreibung, aber vor allem von dem Prinzip Hoffnung. 3) Die 1930 erschienene Geschichte „''Die Thimigs. Geschichte einer Schauspielerfamilie''“ ist mehr als nur die werkbiographische Beschreibung einer Schauspielerfamilie; es ist die Erzählung und Darstellung einer theatergeschichtlichen Epoche, die 1874 beginnt und zum Zeitpunkt des Erscheinens noch immer andauert. Die „vier Thimigs“ waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung quasi omnipräsent im Film, im Theater. Die Spiel- Kunst der Thimigs wurzelt in der Tradition des Hof–Burgtheaters; mit dem Engagement an die Reinhardt-Bühnen wird die Tradition des ehemaligen Hoftheaters um die neue Tradition des Reinhardtschen Schaupieler-Theaters erweitert. Über die Einzeldarstellung spannt der Autor Kahane ein weites Panorama des Theaterlebens, der Theatergeschichte. Er führt den Leser vom k.k. Hofburgtheater in Wien nach Berlin, an das preußische königliche Schauspielhaus, wechselt zum Deutschen Theater, und kehrt auf Umwegen nach Wien zurück, zu den „Schauspielern des Theaters in der Josefstadt unter der Führung von Max Reinhardt“. Um es mit einem bühnentechnischen Wort zu beschreiben: die Zentralperspektive ist der Versuch, sich dem „Mythos“ Burgtheater wie dem „Phänomen“ Max Reinhardt anzunähern. Es treten auf: ''Hugo Thimig'' (1854 – 1944) Franz von Dingelstedt, von 1870-1881 Direktor des k.k.Hofburgtheaters, engagierte1874 den jungen gerade zwanzig Jahre alt gewordenen Hugo Thimig, als jugendlichen Liebhaber: Hugo Thimig wechselte aber sehr bald in das komische Fach, brillierte vor allem in Rollen, die die Kunst und das Können eines Darstellers der commedia dell’arte forderten. Es folgten Rollen im Charakterfach, zuletzt die „Väterrollen.“ Mit der Darstellung des alten Weiring in „Liebelei“ von Arthur Schnitzler im Th.i.d.Josefstadt, Regie: Paul Kalbeck verabschiedete sich Hugo Thimig 1933 endgültig von der Bühne. 1912 übernahm er nach dem plötzlichen Tod von Alfred von Berger die Direktion des k.k. Hofburgtheaters; 1917 legte er dieses Amt nieder, die Mehrfachbelastungen, Schauspieler, Regisseur und Direktor waren zu viel geworden. Nicht unerwähnt bleiben darf die Sammelleidenschaft von Hugo Thimig: alles was mit Theater auch nur entfernt zu tun hatte, sammelte er; sein Sammlungsschwerpunkt war, neben sehr seltenen Theatertexten, alles was zur Geschichte des Burgtheaters gehörte – von den Resten einer Logenbrüstung als dem alten Haus am Michaelerplatz bis hin zu Theaterbillets. Seine Sammlung bildet das Kernstück des heutigen Theatermuseum in Wien; er hatte seine Sammlung an die Österreichische Nationalbibliothek gegeben, um die Gründung einer Theatersammlung zu ermöglichen. ''Helene Thimig'' (1889 – 1974) Helene Thimig debütiert am königlichen Schauspielhaus in Berlin, 1911, sie gehört dem Ensemble bis 1917 an; im gleichen Jahr wechselt sie an das Deutsche Theater, spielt als erste Rolle die Elsalil in „Winterballade“ von Gerhart Hauptmann. Sie spielt in Berlin, sie spielt in Salzburg bei den Festspielen, sie gehört wie ihre beiden Brüder und ihr Vater zum Ensemble des Theaters in der Josefstadt. Die Beziehung zu Max Reinhardt beginnt 1917 – es folgt die Heirat 1935, sie folgt ihm in die USA ins Exil, kehrt 1947 nach Wien zurück, es folgt ein Engagement an das Burgtheater, später an das Th.i.d.Josefstadt. 1953 übergibt sie einen Teilnachlaß Max Reinhardt der Österreichischen Nationalbibliothek, Theatersammlung, heute Theatermuseum. ''Hermann Thimig'' (1890 – 1982) Hermann Thimig kommt als junger Schauspieler 1915 nach Berlin, gastiert am königlichen Schauspielhaus sowie an der Volksbühne. 1916 folgen erste Filmrollen; er wird ein erfolg- reicher Filmschauspieler erst im Stummfilm anschließend im Tonfilm. Mitte der 30er Jahre kehrt er zum Theater zurück, gibt aber das Filmen nicht auf . Er beendet seine Theater- Laufbahn als Kammerschaupieler des Burgtheaters. ''Hans Thimig'' (1900 – 1991) Hans Thimig beginnt seine Laufbahn als jugendlicher Darsteller am Burgtheater von 1918 – 1924; wechselt dann im gleichen Jahr in das Theater in der Josefstadt. Daraufhin wurde das Theater liebevoll spöttisch „Thimigtheater“ genannt. Nach 1938, als aus Österreich die Ostmark geworden war, übernimmt Hans Thimig die Leitung des Th.i.d,Josefstadt, gemeinsam mit Heinz Hilpert (für das Deutsche Theater in Berlin) – und wie dieser wird er das Haus dem ideologischen Zugriff der Nationalsozialisten entziehen. 1949 folgt dann das Engagement an das Burgtheater; erneut treffen sich die Geschwister in einem Theater. „ ''Das Judenbuch''“.1931 erscheint im Berliner Tiergarten Verlag „''Das Judenbuch''“ von Arthur Kahane; darin setzt er sich – in sehr subjektiver Form - mit dem Zionismus, der für ihn zwei Gesichter hat, ein westliches (politisch, national) und ein östliches (mystisch, religiös) ebenso auseinander wie mit den Problemen der Assimilation einer Minderheit (der Juden) an eine dominierende Mehrheit (die christliche Gesellschaft). Er bekennt sich als Jude, lehnt allerdings jeden religiösen Bezug ab, denn Religion in jeder Form ist ihm fremd, wenn nicht gar suspekt. Wir wissen nicht, wann Kahane mit der Arbeit an dem Manuskript zu seinem Buch „''Das Judenbuch''“ begonnen hat. Ich erlaube mir die These, daß der immer mehr um sich greifende, zunehmend aggressiver werdende Antisemitismus das movens war. Der Antisemitismus (ich beziehe mich hier nur auf Berlin) nahm gegen Ende des 19.Jh. immer mehr zu. Der Mord an dem Politiker Matthias Erzberger 1921 sowie die Ermordung des Außenminsters Walther Rathenaus 1922, wirkten wie ein Fanal, wer begreifen wollte begriff: die Welle des Nationalsozialismus war nicht mehr aufzuhalten. Die bis heute am häufigsten zitierten Titel von Arthur Kahane sind „''Tagebuch des'' ''Dramaturgen'' “ sowie „''Theater. Tagebuch des Theatermannes''“. Es sind zwar getrennt erschienene Bücher, dennoch sind sie ein Buch: die Autobiographie des Theatermannes Arthur Kahane in zwei Bänden, erschienen in Berlin 1928 und 1930. Die einzelnen Kapitel, unterschiedlich umfangreich, essayistisch formuliert, klingen leicht im Ton, folgen einer selbstironischen, pointierten, immer distanzierten Sprachmelodie. Er beschreibt darin seine ganz persönlichen Erlebnisse, die Auseinandersetzungen des Theateralltags, zieht Résumé, entwickelt Thesen, Analysen, häufig gepaart mit einer fundierten psychologischen Sichtweise. Er erzählt von dem Auf-und Ab vor und hinter der Bühne – jedoch nie als Voyeur – sondern als Mitspieler, als ein Mitspieler auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“. Die Summe dieser Texte ergibt: der Autor denkt „Theater “. In diesen Texten verbirgt sich der Schlüssel für die ungebrochene Zugewandtheit des Menschen Kahane zu dem menschenverschlingenden, menschenverbrauchenden Regisseur und Theatermann Reinhardt. Und ebenso auch die Lösung dafür, daß ihn, Arthur Kahane, Max Reinhardt zwar immer wieder „gebrauchen“ konnte, verbrauchen“. – wie es unzählige andere im Umkreis Reinhardt erfahren mußten. Für die Aufführung von „Orpheus in der Unterwelt“ von Jacques Offenbach im Großen Schauspielhaus 1922 hat Kahane für das Programmbuch das Vorwort geschrieben; der Titel ist Programm: „Phantasie über Offenbach“ – zugleich auch das Bekenntnis des Essayisten Kahane in seiner Doppelrolle Schriftsteller und Dramaturg zu sein: '' … Offenbach ist im Thalia sagt Busch. Falsch, Thalia ist im Offenbach. Wie nie vorher in Einem und nie Einem nachher.'' ''Die als heiter bezeichnete Muse pflegt dies nämlich sonst mit Unterbrechung, mit vorzüglicher Hochachtung Einschränkungen oder mit Albernheit zu sein. Sie lächelt bekanntlich mit einem Auge, um mit dem anderen weinen zu dürfen. Welches Schielen man als Definition des Humor ansieht. Ihr Lachen kommt nie ohne Nebengeräusch aus; ethisches, philosophisches, sentimentales Raunzen, satirisches Grinsen, moralisierendes Meckern. Sie ist trostlos wie ein Humorist oder banal albern wie das Normallustspiel. … Es wird wohl mit Offenbach wie mit allen ganz Großen sein: jede Zeit macht sich ihren eigenen. … 4)'' ====''<br data-attributes="%20/"> '''''Nachdenkliches – ein Nachwort'''====''' ''' Stefan Grossmann schließt seinen Nachruf für Arthur Kahane 1932 mit dem nahezu prophetisch klingenden Satz „''Möge er dafür nicht zu bitter büßen''“, daß er, Kahane, …'' einem Genie das Kernstück seines Lebens ohne Bedenken geschenkt ''[hat]. Arthur Kahane, der Schriftsteller, der der Dramaturg von Max Reinhardt war, wurde von der Nachwelt nach 1945 reduziert auf zwei Titel „''Das Tagebuch des Dramaturgen“'' sowie “''Theater. Tagebuch des Theatermannes''“, seine schriftstellerische Tätigkeit blieb unerwähnt, nicht beachtet. Erst in der jüngeren Vergangenheit erscheinen Neuauflagen seiner anderen Bücher. Große Künstler machen nie allein den Weg an die Spitze; um die Top Ten zu erreichen brauchen sie viele „helfende Hände“, „Schatten“, die, das soll nicht verschwiegen werden, schon von den Zeitgenossen nicht wirklich wahrgenommen werden; die spätere Apologetik der Top Ten vergißt in schöner Regelmäßigkeit ebenso gerne darauf. Der Hauptdarsteller dieses „Spiels der Schatten“, mit verteilten Rollen, bleibt allein sichtbar, ist der Solist, im konkreten Fall von Arthur Kahane heißt er Max Reinhardt, ist Schauspieler, Regisseur und Theaterdirektor. In einem Nebensatz erwähnt dann die Geschichtsschreibung des Solisten die Rollenzuteilung an seine Schatten, und einer dieser Schatten trägt den Rollennamen „Dramaturg“. ''… Da der Regisseur im idealen Falle tatsächlich der Zusammenfasser aller Theaterkräfte zu einem einheitlichen künstlerischen Eindruck ist, so liegt hierin sicher ein großer Fortschritt in der von Gordon Craig geforderten Richtung. Aber es zeigt sich auch sofort eine große Gefahr: die Vorstellung vom Regisseur überflutet alle Grenzen. Man vergißt, daß er weder die schöpferische Leistung des Schauspielers ersetzen kann, noch die organisatorische eines Direktors – denn dieser hat noch einen weiteren zu umspannen als die vollendete Gestaltung eines Theaterabends: er soll Repertoire, Ensemble, Publikumswerbung, den ganzen Aufbau des Theaters so organisieren , daß a l l e diese Abende eine geistige Einheit bilden! Die Stelle des Regisseurs im Theater ist eine außerordentlich wichtige. Aber sie ist in der Tiefe wie in der Breite sehr scharf begrenzt, und die Erschütterung dieser Grenzen ist noch heute eine schwere Gefahr. … '' beschreibt Julius Bab, in „Theater der Gegenwart“, S. 147 die Rolle des Hauptdarstellers „Regisseur“, aber auch ihre Grenzen. Der Dramaturg ist der „Schatten der ‚geistigen Einheit‘ “, über seinen Schreibtisch werden die Fäden gespannt, die Inhalt und künstlerischen Ablauf vorgeben, formen. Reinhardts „dramaturgischer Schatten“ war Arthur Kahane. Aber wer war Arthur Kahane? Auf einigen wenigen Seiten habe ich versucht ein Leben, ein Werk nachzuzeichnen, das bisher nahezu unbeachtet geblieben ist, fast vergessen wurde. Die Suche nach dem familiären Hintergrund, der für Arthur Kahane in Jassy, in Rumänien beginnt, mußte weitgehend im Sand verlaufen: die Vernichtungsmaschinerie des Dritten Reichs hat sämtliche Spuren in Jassy, einer einst multinationalen Stadt, zerstört. Den Spuren der Familie in Wien nachzugehen erwies sich ebenfalls als sehr mühsam, auch hier sind die Verluste durch die Geschehnisse des Drittes Reichs sowie des 2. Weltkriegs groß. Die wichtigsten Lebenspunkte von Arthur Kahane ließen sich dennoch entdecken, wobei ich sicher nicht alles erschlossen habe. Der lange, ununterbrochene Lebensabschnitt war Berlin. Er beginnt um 1900, so sein jüngster Sohn Ariel Kahane, laut Akten im Berliner Landesarchiv 1901. 1902 beginnt die 30-jährige Tätigkeit an den Reinhardt-Bühnen, die 1932 mit dem Tod von Kahane endet. Wie gesagt, oberflächlich erscheinen diese Jahre als wenig spektakulär – allein die von außen einwirkenden Ereignisse – Erster Weltkrieg, aus dem deutschen Kaiserreich wird eine Republik- die Weimarer Republik. Das Ende der Republik erlebt Arthur Kahane nicht mehr; es trifft seine Frau Paula und seine drei Söhne – sie alle emigrieren. Die dreißigjährige Tätigkeit für die Reinhardt-Bühnen zu dokumentieren ist nur noch apokryph möglich. Es wird immer wieder berichtet, daß Kahane die Geschehnisse seines theatralischen Büroalltags in Kladden, in Notizbüchern akribisch notiert hat; diese Aufzeichnungen gibt es nicht mehr. Was veröffentlicht wurde: Texte des täglichen Theaterbetriebs, programmatische Schriften, Beiträge zu Programmheften, oder Feuilletons , verstreut publiziert in Zeitungen, Zeitschriften; ebenso überliefert die nicht sehr zahlreichen monographisch veröffentlichten Schriften. Der Kreis um die Person Arthur Kahane, ohne zu unterscheiden – wer eng, weniger eng befreundet war, liest sich wie das „Who is Who“ der Berliner Kulturszene, zwischen 1902 – 1920. Lesbare Spuren dazu findet man in Rezensionen, Gesellschaftsberichten; in den Archiven doch noch manchen Brief oder auch umfangreichere Korrespondenzen (sogar mit Gegenbrief, wie im Fall von Arthur Schnitzler). Der größere Teil muß – historisch bedingt - als verloren gelten. Es ist ungewiß, ob es überhaupt noch überlieferte Lebensdokumente von Arthur Kahanegibt; das Vergessen des wichtigsten Mitarbeiters von Max Reinhardt blieb nicht folgenlos. Peter Kahane, der Archäologe hat – soweit feststellbar, keine erinnernden Dokumente an seinen Vater hinterlassen. Ariel Kahane hat 1972 den Versuch unternommen, an die Tätigkeit und die Biographie seines Vaters - zumindest in Zusammenhang mit Max Reinhardt aufmerksam zu machen. Der kurze Text „in memoriam Arthur Kahane“ wurde gedruckt in „Maske und Kothurn“, blieb aber ohne weitere Resonanz. Ähnlich erging es dann auch den Erinnerungen von Henry Kahane an seinen Vater, 1978 in „Theatre Research publiziert, fokussiert auf Max Reinhardt. Die Resonanz blieb auch diesmal aus. Kahane blieb die Chiffre „Dramaturg“, sein Oeuvre reduziert auf die beiden Titel “''Tagebuch des Dramaturgen''“ und „''Theater. Aus dem Tagebuch des Theatermannes''“. Vielen Spuren bin ich gefolgt, habe sie nachgezeichnet, ob immer treffend, historisch korrekt, das bleibt zu überprüfen. Eines habe ich aber hoffentlich erreicht: einen Schatten in die dritte Dimension zurückzuholen. Ihm, wenn auch etwas skizzenhaft, Gestalt zu geben. ===='''Danksagung '''====Ohne die vielen helfenden „Hände“ hätte ich diese Spurensuche nie bewältigen können. Sie haben es erst möglich gemacht, daß mein Versuch mich der Person Arthur Kahane wenigstens in Facetten anzunähern, überhaupt zu einem lesbaren Resultat geführt hat. Ihnen allen möchte ich meinen Dank aussprechen; ganz besonders unterstützt, auch mit konkreten Hinweisen, haben mich: Peter Michael Braunwarth, Wien Stefan Dörschel, Archiv der Akademie der Künste, Berlin Michael Heltau, Wien Marina Schieke - Gordienko, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv, Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz Kurt Ifkovits, Theatermuseum, Wien Martin Luchterhandt, Landesarchiv, Berlin Claudia Mayerhofer, Bibliothek, Theatermuseum, Wien Bärbel Reissmann, Theatersammlung, Stiftung Stadtmuseum, Berlin Gerrit Thies, Deutsche Kinemathek, Berlin