"Mit meinen Flügeln " ... Ludwig Bösendorfer zum 100. Todestag 2019

Aus Dagmar Saval Wünsche

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„Wie oft, wenn Deine schlanken Finger springen …“

Das Klavier. Pandämonium-  Lustobjekt – Möbelstück – Ärgernis ?



Wie oft, wenn Deine schlanken Finger springen
Über das Holz, beglückt durch ihr Berühren,
Daß wunderbare Weisen ihm entklingen,
Die wohllautvoll mein Ohr und Herz verführen,
Beneid ich diese Tasten, wie sie nippen
Glückseligkeit, von Deiner Hand gespendet,
Derweil errötend meine armen Lippen
I h r Anrecht sehn an kühnes Holz verschwendet.
Gern würden sie um solche Wonne tauschen
Mit jeder Taste, die sich tanzend bückt:
Wenn lieber Deiner Hand melodisch Rauschen
Das tote Holz als meinen Mund beglückt.
Doch wenn das freche Holz geküßt sein muß;
Reich ihm die Hand, die Lippe m i r  zum Kuß! 1)
 
 
Wer war wohl die zauberhafte Schöne, die William Shakespeare so genußvoll beim Spielen beobachtet, den zarten Klängen des Virginals 2) hingegeben lauscht ?. In diesem Sonett versucht er seine Empfindungen, Sehnsüchte  einzufangen, sie auszusprechen,  in der Hoffnung für die Mühe des Zuhörens wenigstens eine Kuss als Lohn zu erhaschen?  – Wer Shakepeares Dichtungen liebt und kennt, weiß, daß Musik ein unverwechselbarer , gestalterischer Teil seines Werkes ist. Doch ich frage mich, hat er  Musik geliebt,  oder war es allein der Theaterpraktiker, der Bühnenmensch,  der wußte – ohne Musik geht’s nun mal nicht. Wenn er süchtig war nach Musik, drückt das Sonett seine magische Faszination aus oder liegt hier nicht vielleicht ein Fall von produktiver Verwechslung  vor mit seinem Objekt der Begierde, der Spielerin,? – Wie auch immer, klinisch nüchtern seziert: Ein erster Fall von Tastenseuche.

Das arpicembalo che fà il piano e forte von Bartolomeo Cristofori 3) löst fast ein Erdbeben in der Spielmanier und Spielkultur aus, animiert die Komponisten neue Wege der  musikalischen Erfindung zu suchen, zu gehen. Töne spielen nun untereinander zwischen leise- piano und forte – laut in allen Abstufungen, Herausforderung auch für den Instrumentenmacher nach mehr technischen Möglichkeiten einer Verbesserung der Tongebung, der Spielmöglichkeiten zu suchen, sie anzubieten. Instrumentenbauer und Musiker spielen sich die Tasten-Bälle zu.

Ein Jahrhundert später. Ich blättere in einer Anthologie  von Gedichten aus dem 18.Jahrhundert. Da fällt mein Blick auf ein Gedicht: „An Laura“ von Friedrich Schiller 4)









AN LAURA
Wenn dein Finger durch die Saiten meistert –
Laura, itzt zur Statue entgeistert,
Zauberin! Mit Tönen, wie
Mich mit Blicken, zwingst du sie.
 
Seelenvolle Harmonien wimmeln,
ein wollüstig Ungetüm,
Aus den Saiten, wie aus ihren Himmeln
Neugeborne Seraphim;
 
Wie, des Chaos Riesenarm entronnen,
Aufgejagt vom Schöpfungssturm, die Sonnen
Funkelnd fuhren aus der Nacht,
Strömt der Töne Zaubermacht.
 


Friedrich Schiller dichtet in vielen Strophen ein klavierspielendes Mädchen, vielleicht auch eine klavierspielende Dame an, setzt ihr ein liebendes Denkmal mit nicht nur einem Gedicht. Wer diese angebetete Laura war, wir wissen über sie genau so wenig wie über die bewunderte Schöne in  Shakespeares Sonett. Beide Gedichte erzählen von der Faszination die Klavierspielen auf den Hörer wie den Spieler gleichermaßen ausübt.
Die Gedichte „An Laura“, entstanden vor dem Erstlingswerk „Die Räuber“5), die 1782 in Mannheim uraufgeführt wurden; 1782 ein Schicksalsjahr in Schillers Leben. Der junge Dichter und sein Freund, der Musikus Johann Andreas Streicher 6) wollten unbedingt bei der Uraufführung anwesend sein, gegen das ausdrückliche Verbot des Herzogs von Württemberg, ihres Souverän. Sie reisten heimlich nach Mannheim, aber nichts ist so geheim, daß es nicht doch ans Licht kommt, und diese Insubordination blieb nicht folgenlos. Vor der drohenden Festungshaft und anderen peinlichen Bestrafungen flohen die  beiden aus Stuttgart nach Mannheim.  Hier trennten sich ihre Wege: Schiller verschlägt es nach Weimar, Johann Andreas Streicher zieht auf dem Umweg über Augsburg, wo er heiratet, nach Wien.
Wien ist um diese Zeit das Zentrum des Klavierbaus;  nach und nach werden mehr als 200   Klaviermanufakturen in der Residenzstadt des Habsburgerreiches ihre hochwertigen Produkte anbieten. Die Manufaktur Johann Andreas Streicher/ Nanette Stein war um 1800 eine der wichtigsten Manufakturen. Besonders bemerkenswert für diese Zeit: nicht ein Mann leitete die Manufaktur und baute die Instrumente, sondern es war eine Frau, Nanette Streicher, Komponistin und Pianistin. Ihr Mann, Johann Andreas Streicher, der Freund von Friedrich Schiller, war ihr Associé, auch er Komponist und Pianist. Es konnte nicht ausbleiben, schon wegen der hochwertigen Instrumente, die beide fertigten, daß sie die Aufmerksamkeit von Ludwig van Beethoven auf sich zogen, und in seinen letzten Lebensjahren zu seinem engsten Kreis gehörten.
Um 1800 ist das Klavier ist immer noch ein Instrument des Salons, der Aristokratie, doch die ersten Anzeichen der Veränderung seines gesellschaftlichen Stellenwerts  und Nutzwerts zeichnen sich ab, nehmen zu. Zunächst einmal läßt es sich scheinbar ganz harmlos an, immer mehr Frauen und Mädchen sitzen stundenlang hinter dem Instrument und spielen, singen … Doch dahinter steckt mehr. Aus Spielen wird Dressur. Die Begründung für diese unsägliche Klavierdressur der Frauen und Mädchen ist vielschichtig: Rigide Sittlichkeitsregeln für Mädchen und Frauen greifen in alle ihre Lebensbereiche ein, und dazu gehört auch das Musizieren. Klavierspielen ist erlaubt, denn die Haltung an dem Instrument entspricht den männlichen Visionen von Sittlichkeit für ihr Eigentum, sei es nun die Tochter, die Ehefrau oder sonst eine weibliche Verwandte. Am Klavier sitzt man mit geschlossenen Beinen, den Rock züchtig über die Füße gelegt. Ein anderes Instrument, wie etwa die Geige oder das Violoncello, kam schon wegen der dafür nötigen Körperhaltung erst gar nicht in die engere Auswahl. Also sperrte man die Mädchen vor dem Klavier förmlich ein, wie in „Einzelhaft“ (Grete Wehmeyer).
Zunächst einmal wurde dies so begründet: Wenn sie das Instrument traktierten, kamen sie wenigstens nicht auf „dumme“ Gedanken, vergeudeten nicht ihre Zeit, sondern nutzten sie – immer aus der Sicht des „pater familias“ sinnvoll. Klavierspielende weibliche Familienmitglieder  waren zudem „leichter unter die Haube“ zu bringen.
Lernen für einen Beruf, eine Ausbildung durchlaufen, in dem von uns heute verstandenen Sinn des Wortes, war ihnen versagt; eine Frau, die mehr wußte, als es gesellschaftlich üblich war  – Motto: Küche, Kind und Kirche,  galt als Blaustrumpf, als nicht gesellschaftsfähig – war als Ehefrau, als Mutter der Kinder, vor allem des Stammhalters völlig ungeeignet. Die männlich dominierte Gesellschaft bestimmte es so, und wehe dem armen Mädchen, das ausbrechen wollte! Tat sie es dennoch, weil sie z.B. einen künstlerischen Beruf ergreifen wollte, dann war ihr die gesellschaftliche Ausgrenzung sicher. Die wenigen Frauen, die es trotzdem zu Ruhm und Anerkennung gebracht hatten, bezahlten in der Regel einen sehr hohen Preis.
Der Durchschnitt, Lieschen Müller, mußte als „Heiratsgut“ sticken, häkeln, stricken,  kochen lernen – und Klavier spielen. Das galt als weibliche Tugend, war gleichzusetzen mit der materiellen Mitgift.
Die  daraus entstehende „Klavierseuche“ ging auch auf das Konto ehrgeiziger Mütter, die nichts unversucht ließen um die Tochter möglichst rasch an den „Mann zu bringen“, unter die Haube, sie versorgt zu wissen. Eine junge Frau im 19.Jh., die mit zwanzig noch nicht verheiratet war, galt als unanbringbar mit grausamen Folgen.  Sie wurde als „alte Jungfer“ eingestuft, mußte sich den Lebensunterhalt mühsam verdienen, oft gesellschaftlich heruntergestuft, geduldet als klavierspielende arme Verwandte, als Gouvernante oder als Klavierlehrerin, immer bedroht sich auf der Straße wiederzufinden.
Das Klavier  wurde zum Prestigeobjekt, zum Vorzeigemöbel des gehobenen Bürgerstandes, zeigte, daß man es „zu etwas gebracht hatte“. Diese unselige Allianz dauerte bis weit in das 20.Jahrhundert.
Für die Klavierbauer brachen goldene Zeiten an, sie machten damit gute Geschäfte; in jedem bürgerlichen Haushalt mußte ab sofort ein Möbel namens Klavier stehen.
Das Instrument zur „Verführung“ potentieller Heiratskandidaten mußte natürlich ein Bösendorfer sein! Noch 1905 konnte ein Rezensent 7) zu Bösendorfers 70. Geburtstag und dem 50-jährigen Firmenjubiläum frisch und fröhlich reimen:


                                           LUDWIG BÖSENDORFER ALS EHRENRETTER DES KLAVIERS

 


Über weiße Tasten   gleitet
Eine weiche Frauenhand,
In ihr glanzerfülltes Auge
Blickt ein Jüngling unverwandt.
 
Und sie gießen in das Tonmeer
Liebestrunkenen Choral,
Dabei treten ihre Füße
Hübsch gemeinsam das Pedal.
 
Nebenan spielt Liszt, Beethoven
Ein gepriesner Virtuos,
Sieht das Kleine nur im Großen,
Und sieht sich den Kleinen groß.
 
Eine höhre Tochter martert
Mitleidslos das Instrument,
Ihre Mutter meint dann selig:
„Nicht wahr, Elsa hat Talent!“
 
Bei der neuzeitigen Folter
Mich nur eines nicht verdrießt
Daß vom alten Bösendorfer
Das Klavier gezimmert ist.
 
Meine ramponierten Nerven
Wärn zersägt, zerfressen schon
Hätte nicht der „Bösendorfer“
Seinen wundervollen Ton.
 
Deshalb ist zu seinem Preise
Höchstes Lob erst groß genug,
Denn sein „Flügel“ hat geschaffen
Des Klavieres „Höhenflug“.2)
 

                                           DA HÖRE ICH BUSONI PROTESTIEREND AUSRUFEN:


              Man achte das Pianoforte !
              Seine Nachteile sind offenbar, stark und unwiderruflich. Das Nicht-Halten des Tones,        und die unbarmherzige , harte Einteilung in unalterable Halbtöne. Aber seine Vorzüge              und Vorrechte sind kleine Wunder.
              Ein einzelner Mensch kann hier etwas Vollständiges beherrschen; die Möglichkeit vom          Leisesten und Lautesten in einem einzigen Register übertrifft alle anderen              Instrumente.
              … Das Klavier verfügt über die höchsten und die tiefsten anwendbaren Töne. Man        achte das Klavier.
              Der Zweifler bedenke, wie ein Bach, ein Mozart, ein Beethoven, ein Liszt das Klavier            achteten, ihm ihre kostbarsten Gedanken widmeten.
              Und das Klavier besitzt etwas, das ihm ganz allein eigen ist, ein unnachahmliches         Mittel, eine Photographie des Himmels, eine Strahl des Mondlichtes: das Pedal. Die   Wirkungen des Pedals sind noch unerschöpft, weil sie noch immer die Knechte einer            engherzigen und unvernünftigen harmonischen Theorie geblieben sind: man geht       damit um, als ob man Luft oder Wasser in geometrische Formen bringen wollte. –        Beethoven, der unbestreitbar den größten Fortschritt im Klavier vollführte, ahnte die               Natur des Pedals und ihm verdanken wir die ersten Freiheiten.- Das Pedal ist verrufen.        Sinnlose Ungesetzlichkeiten sind daran Schuld. Man versuche es mit sinnreichen
              Ungesetzlichkeiten. … 8)
Als Ferruccio Busoni diesen Text schrieb, da hatte er dreißig Jahre lang „Bösendorfer“ gespielt; mit seinem „Claviermacher Ludwig Bösendorfer“ verband ihn mehr als nur eine Geschäftsbeziehung.
Ich blicke zurück in das Jahr 1876, 8. Februar: Auf dem Podium des Bösendorfersaals sitzt vor dem Flügel ein Junge in Samtanzug und weißem Kragen. Er spielt mit Verve und Emphase, reißt die Zuhörer zu begeistertem Applaus. Es ist  der knapp 10-jährige Busoni, der als Pianist, er spielt ein Rondo von W.A. Mozart und als Komponist sowie fünf eigene Kompositionen, sein Debüt gibt. Er tritt in diesem Konzert als Konzertgeber auf, so der Programmzettel, ein für die damalige Zeit übliches Procedere.
Er schreibt an Céleste und Ludwig Bösendorfer:

Triest, 18. Februar 1876

              Gnädige Frau! Und Herr Ritter von Bösendorfer, Vor meiner Abreise habe ich die Ehre          gehabt den Herr Ritter und Frau Gemahlin zuhause zu treffen. Ich mache mich so frei             Ihnen zu schreiben um meine Dankbarkeit Ihnen zu zeigen für die Güte, daß der Herr        Ritter und die Gnädige Frau für mich gehabt haben.Mein Vater und meine Mutter               lassen Sie empfehlen, und ich verbleibe der Ihnen gnädige Frau und Herr Ritter        gehorsamer Diener Ferruccio Benvenuto Busoni  9)


Ich blättere weiter in den Briefen zwischen Busoni und Ludwig Bösendorfer; meistens geht es um Klavierleihe, um den Transport zu einem Konzert –in Zeiten, in denen es nur die Post als Kommunikationsmittel gab - denn bei der Post geht’s nicht so schnell - bedeutete jeder Klaviertransport eine logistische Meisterleistung!.
Dann, endlich, finde ich das Credo des Claviermachers Bösendorfer, er schreibt an Ferruccio Busoni, am 16.März 1906
              Hochverehrter Meister, Ihr so überaus liebenswürdiger Brief hat mir größte Freude               gemacht. Eine so wohlwollende Äußerung und mich schonende Anordnung vonseiten        eines so großen Künstlers dem die ganze musikalische Welt Verehrung und      Bewunderung zujubelt, würde mich stolz machen können, wenn nicht der Gedanke    bei mir feststünde, daß der Claviermacher fortgesetzt verbessern muß um dem             vorausgeeilten Künstler dienen zu können. Die großen Pianisten habe ich stets als               meine Lehrmeister betrachtet.
              Mit Dankschuld im Herzen begrüße ich Sie in Hochachtung und Vertrauen, Ihr treu       ergebener Bösendorfer 10)
Ein unumstößliches Credo von Ludwig Bösendorfer: „… das Klavier darf nicht gequält werden …!“ Für Ludwig Bösendorfer ist das Instrument, das Klavier, kein Objekt, es ist Subjekt. Als solches muß es entsprechend behandelt, gepflegt, gespielt werden.
Nichts konnte ihn mehr irritieren, als ein Instrumentalist, der das Klavier rein technisch behandelte,  mechanisch spielte … und da er auch in der Prüfungskommission des Konservatoriums saß, erlebte er so manches pianistisches Sacrilegium. Was ihm aber besonders gegen den Strich ging, wenn bei Piano oder Pianissimo der Pianist die Verschiebung, das sostenuto-Pedal, einsetzte anstatt tatsächlich piano- pianissimo zu spielen. Das kam seiner Meinung nach einer Mißhandlung des Instruments gleich.
Und dann die jungen Pianisten! unerfahren, von Ängsten aller Art geplagt, besonders von der Prüfungsangst, die waren im „Mißhandeln“ des Instruments besonders erfinderisch.
Eine Episode, die diesen empfindsamen Umgang mit dem Instrument schildert, habe ich im „Fremdenblatt“ vom 11.April 1915 gefunden, der Anlaß des Berichts war der 80. Geburtstags des Claviermachers Bösendorfer; ich skizziere nach:
Prüfungstag der Clavierklasse, Ludwig Bösendorfer ist Mitglied der Jury.
Ein Kandidat nach dem anderen absolviert seinen Auftritt, viel Schweiß, viel Nerven. Doch dann muß einer auf das Podium, der vor lauter Angst ganz schweißnasse Finger, Hände hat. Nachdem er seinen Part beendet hat, zeigte die Tastatur sehr sichtbare Spuren dieser nassen Finger. Natürlich muß die Tastatur für den nächsten Prüfling in ihren ursprünglichen – trockenen Zustand zurückversetzt werden. Auf nassen Tasten tanzen keine Finger! Dem Saaldiener wird der Auftrag erteilt, die Tasten trocken zu wischen.
Der  Saaldiener kommt, wischt mit einem Tuch über die Tasten, geht. Da springt Ludwig Bösendorfer auf, geht mit energischen Schritten zum Klavier, zieht aus seiner Hosentasche ein weiches, weißes Tuch … und fängt an: …  Jede einzelne Taste, ob schwarz oder weiß, wird liebevoll, sanft und behutsam in voller Länge behandelt, so lange bis sie tatsächlich trocken ist. 88 Tasten lang! Danach zieht sich Ludwig Bösendorfer, beruhigt und zufrieden, wieder auf seinen Juryplatz zurück: Das Klavier darf nicht gequält werden.
Nun steht, zur Massenware geworden, das einstmals aristokratische Instrument in den bürgerlichen Wohnungen und dort muß es sich seither allerlei gefallen lassen; das reicht von der  Ablage für Mäntel, Bücher, Blumen, Wassergläser, bis zu …-  die Liste ist beliebig zu erweitern. Es dient  als „Zimmerzier“, wie „Fipps der Affe“ von Wilhelm Busch 11) meint: 


Mit Recht erscheint uns das Klavier,
Wenn’s schön poliert, als Zimmerzier.
Ob’s außerdem Genuß verschafft,
Bleibt hin und wieder zweifelhaft.
 
Das Klavier - es ist und bleibt DAS magische Kultobjekt, es entfaltet jenes Pandämonium,  das nicht nur große Pianisten bis heute heraufbeschwören; wann immer jemand es zum Klingen bringt, gerät Jedermann in seinen Bann.
Der Pianist, der Komponist, ein jeder von ihnen ein Zauberlehrling (Goethe) braucht den Meister, und das ist der Klavierbauer. Er baut dem Zauberlehrling das Handwerkszeug, ganz nach seinen, des Zauberlehrlings, Vorstellungen entsteht „sein magisches Instrument“. Einer dieser großen Baumeister war der „Claviermacher“ Ludwig Bösendorfer.
In der großen Fabrikshalle steht Flügel an Flügel, vom „Mignon“ bis zum „Riesenflügel“, vom „Rubinsteinflügel“ bis zum „Imperial“; die Farbpalette reicht von Braun, Mahagoni, Elfenbein, Weiß bis – alle und alles dominierend - Schwarz  - glänzend oder matt - lackiert. Ludwig Bösendorfer geht von Flügel zu Flügel, in Gedanken läßt er die Wünsche der Künstler, der Freunde, an seine Instrumente, in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, Revue passieren. Moritz Rosenthal, sein ehemaliges Mündel, jetzt ein gefeierter Virtuose, wollte immer schwergängige „Stutz“(flügel) zum Üben, um sein „jeu perlé“ weiter zu perfektionieren. Franz Liszt forderte am 3.Mai1884 das „Piano-forte Octavier“ an für das Tonkünstler - Treffen des ADMV( Allgemeiner Deutscher Musik Verein), das vom 23. -28.Mai in Weimar stattfinden sollte.
Eine adelige Dame möchte einen Flügel mit besonders dekorativen Füßen ähnlich den Füßen des Kaiserin Elisabeth-Klavier von 1867; Alice Barbi, Sängerin, Pianistin, nunmehr Baronin Wolff-Stomersee, bestellt einen Flügel, der nach  Vilna, ihrem derzeitigen Wohnsitz geschickt werden soll, usw. usw. Überhaupt: die Transporte bedeuten trotz der inzwischen allgemein üblichen Eisenbahn noch immer eine große logistische Herausforderung um pünktlich an ihrem Bestimmungsort einzutreffen. Inzwischen sind die Techniker gekommen; es wird reguliert, intoniert, gestimmt. Bösendorfer setzt sich immer wieder an ein Instrument, spielt, stellt fest: Die Tondauer ist zu kurz. Er winkt dem Techniker – schnalzt mit den Fingern – und der weiß, was er zu tun hat. In einigen Fällen ringt sich der wortkarge Meister zu dem Kommentar durch: „Der Diskant muß pfeifen! “, denn nur so erreicht man die allerhöchste Brillanz.
              „Plötzlich eines Tages, schien es mir klar geworden: daß die Entfaltung der Tonkunst           an unseren Musikinstrumenten scheitert. Die Entfaltung des Komponisten an dem Studium der Partituren. Wenn „Schaffen“, wie ich es definierte, ein „Formen aus dem         Nichts“ bedeutet soll, (und es kann nichts anderes bedeuten); wenn Musik … zur               Originalität nämlich zu ihrem eigenen reinen Wesen zurückstreben soll, … wenn sie            Konventionen und Formeln wie ein verbrauchtes Gewand ablegen und in schöner          Nacktheit prangen soll; diesem Drange stehen die musikalischen Werkzeuge zunächst          im Wege. Die Instrumente sind an ihren Umfang. Ihre Klangart und ihre               Ausführungsmöglichkeiten festgekettet …abstrakten Klänge, zur hindernislosen               Technik, zur tonlichen Unbegrenztheit. … 12)
Ferruccio Busonis  Gedanken und Forderungen auf der Suche nach dem idealen Instrument, formuliert 1907 in seinem ersten „Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst“, lesen sich abgelöst von den technischen Bedingungen der Klavierbaukunst wie eine idealtypische Vorstellung dessen, das Ludwig Bösendorfer formuliert mit “Der Diskant muß pfeiffen“.
Der Claviermacher Ludwig Bösendorfer, in ständigem schöpferischen Dialog mit den Künstlern, die seine Instrumente spielten, versuchte ihren musikalischen Visionen die instrumentalen Möglichkeiten zu schaffen.
Der Name „Bösendorfer“ steht heute nur noch für ein Instrument, eine Klavierproduktions-firma, für Instrumente mit einem ganz eigenständigen, besonderen Klang, „dem Bösendorfer-Klang“. „Der Bösendorfer“, Ludwig Bösendorfer, wird in der entsprechenden Fachliteratur, in biographischen Werken, in sogenannten „table-books“ präsentiert, geschildert, geehrt, aber nach der Lektüre dieser Texte verdichtete sich – bei mir - die Frage: Wer war er, dieser Ludwig Bösendorfer? Was war das Movens, das ihn die Instrumente wie Kunstwerke zu kreiieren antrieb, mit einem Klang so verzaubernd , intensiv, daß man ihn nie wieder aus dem Ohr, dem Gefühl bekommt, sich unentwegt auf die Suche nach diesem Klang macht.
Für diese Klang-Idee scheute er auch nicht vor Konflikten zurück; die Auseinandersetzungen mit der Konkurrenz, nicht zuletzt auch um die Vorherrschaft auf dem heiß umkämpften Markt. Aus dem Wiener Musikleben seiner Zeit war er nicht wegzudenken,  er spielte eine wichtige Rolle, nahm Einfluß, war Mäzen – und präsidierte, organisierte seinen Konzertsaal,  vier Jahrzehnte lang, den Bösendorfersaal, Wiens wichtigsten Kammermusiksaal, in der Herrengasse 6, Wien - Innere Stadt.  
Als er 1835 geboren wurde, machte die alles beherrschende Zensur des Restaurationsstaates des Kanzler Metternich 13) aus Staatsbürgern mundtote Schattenwesen. Nach der Revolution von 1848 verwandelte sich das scheinbar gemütlich- biedermeierliche Wien rasant eine Großstadt, alles stand im Zeichen der industriellen Fortschrittsgläubigkeit.
Als Ludwig Bösendorfer im Mai 1919 starb, war diese Welt, seine Welt, brutal und gewaltsam zerstört worden, eine ganze Kultur untergegangen – der Erste Weltkrieg zerbrach nicht nur Staaten, er zerbrach vor allem Menschen. 
Dieser „Vogelflug“ über und quer durch die Ereignisse zwischen 1835 – 1919 gibt die Lebensfolie, die Kulisse, vor der und in der das Leben des Menschen und  Geschäftsmanns Ludwig Bösendorfer spielt, des „Claviermachers“, wie er sich selbst nannte.
Ich möchte mit meiner Zeitreise, aus dem Wissen heraus, daß ich zum Zeitpunkt des Erzählens schon das Ende kenne, den Menschen Ludwig Bösendorfer aus dieser lexikalischen, erzwungenen Zweidimensionalität befreien und ihm wenigstens ansatzweise ein gelebtes Leben mit allen Höhen und Tiefen geben.
Die Geschichte der Firma, die seinen Namen trägt, spielt mit, aber nicht als Hauptrolle; so lange Ludwig Bösendorfer lebte, ist Bösendorfer synonym für Bösendorfer -Klavier.
Meine Zeitreise ist nicht linear, nicht chronologisch, ich suche nach Impressionen, Spotlights, blättere in den Lebensseiten eines Menschen, treffe Menschen und Ereignisse einer anderen Zeit. Möglich, daß den Leser des 21. Jahrhunderts  manches wie Märchen aus 1001 Nacht anmutet, aber Retrospektiven stellen ihre ganz eigenen Regeln auf.

Anmerkungen

  1. 1. William Shakespeare, Sonett 128, Vers 1595 -1605, Übers. Friedrich Bodenstedt


In: William Shakespeare, Werke, Salzburg , um 1970, Bd.2, S.1046


  1. Die frühen Tasteninstrumente: Virginal, Clavichord mit 4-5 Oktaven, Spinett, Kielflügel mit zwei Registern


  1. Bartolomeo Cristofori, 1655 -1731, Instrumentenbauer. Lebte seit 1690 in Florenz am Hof Cosimo III.de Medici. Das herzogliche Inventar von 1700 verzeichnet ein „arpicembalo chè fà il piano e forte“, d.h. es kann differenziert leise oder laut gespielt werden, Tonumfang: vier Oktaven. Die technische Neuerung gegenüber den bisherigen Tasteninstrumenten: Ein Hammerkopf wird durch eine Stoßzunge gegen die Saite geschleudert (bisher wurde die Saite von Federn, Kielen gezupft) und sofort wieder zurückgeschleudert. Mit dem Drücken der Taste wird der Dämpfer gleichzeitig angehoben, der nach dem Loslassen der Taste die schwingende Saite abfängt. Zwei gleichgestimmte Saiten, auch Chor genannt, liegen nebeneinander und ergeben eine größere Lautstärke. Je nach Kraftaufwand des Spielers beim Niederdrücken der Taste kann die Lautstärke von piano = leise, stufenlos zu forte = laut, differenziert werden.


  1. Friedrich Schiller, 1759 – 1805. Dichter, Dramatiker, Historiker. „Laura am Klavier“,


In: Anthologie auf das Jahr 1782, S. 19 -21, Stuttgart, Metzler o.J.


  1. Die Räuber“, Drama von Friedrich Schiller. Mannheim, Hoftheater, 13. Januar 1782, Uraufführung


  1. Johann Andreas Streicher, 1761 -1833, Komponist, Pianist, Klavierbauer. Er besuchte wie Friedrich Schiller die herzogliche Karlschule in Stuttgart; die beiden wurden Freunde. 1793 heiratete er die Tochter des Augsburger Klavierbauers Johann Andreas Stein, Nanette. 1794 ließ sich das Ehepaar Streicher in Wien nieder und eröffnete eine Klaviermanufaktur. Streicher und seine Frau Nanette (1769 -1833) gehörten zum Kreis von Ludwig van Beethoven. Die in der Manufaktur Streicher/Stein gebauten Instrumente verfügten über 5 1/2 Oktaven.


  1. Ludwig Bösendorfer als Ehrenretter des Claviers


In: Wiener Caricaturen, Nr.16, 16.4.1905, S.6


  1. Ferruccio Busoni, Neue Ästhetik der Tonkunst, Wilhelmshaven 2001, S.138


  1. Ferruccio Busoni an Ludwig Bösendorfer, Triest 18.2.1876, Nachl.Busoni, MuStaBi


  1. Ludwig Bösendorfer an Ferruccio Busoni, 16.März 1906, Nachl. Busoni, MuStaBi


  1. Wilhelm Busch, Fipps der Affe, In: Wilhelm Busch, Gesamtausgabe, Hamburg 1959, Bd.2, S. 331 – 336


  1. Ferruccio Busoni, Neue Ästhetik der Tonkunst, Wilhelmshaven 2001, S. 41


13. Clemens, Fürst Metternich, 1773-1859, Staatskanzler, Außenminister der k.k. Monarchie, in den Jahren 1809 – 1848


'Start eines Flügels.  Ignaz Bösendorfer'  

 


Liszt spielt! 10.März 1846, im Saal der Gesellschaft der Musikfreunde, Tuchlauben 12, gibt Liszt wieder ein Konzert, das Publikum bereitet ihm enthusiastische Ovationen, doch der Rezensent, Heinz Adami 1) von der „Allgemeinen Theater-Zeitung“ ist nicht zufrieden; er meint, Liszt solle doch besser statt des „Streicher’schen“ Flügels einen „Bösendorfer“ spielen. Er begründet dies nicht weiter. Neugierig geworden suche ich nach anderen Rezensionen, blättere in anderen Zeitungen und Zeitschriften, gehe einige Jahre zurück und dann finde ich:
              … Der Flügel, auf dem der Concertgeber (Anton Rubinstein, knapp 10-jährig, Anm.d.Verf.)diesmal spielte, war von Bösendorfer; an schönem Klange in den höheren Octaven den Stein’schen zwar nachstehende, aber durch   Gleichmäßigkeit  der Tonqualität und kräftigerem Baß zum Concertinstrumente    viel       mehr geeignet. Gez. A.J.Becher 2)
Der Weg zum Durchbruch, daß auch der Bösendorfer’sche Flügel zu DEM Konzertinstrument würde, war lang und schwierig, die Konkurrenz im Wien vor 1850 groß und mächtig. Doch Ignaz Bösendorfer 3), der Klavierbauer, setzte sein Instrument beharrlich durch. Mit 500.- Gulden Startkapital und zwei Gehilfen hatte er angefangen, er etablierte  seine junge Firma in der Werkstatt von Josef Brodmann 4), seinem Lehrmeister.  1832 zog sich Josef Brodmann ganz aus dem Geschäft zurück; er hinterließ seinem ehemaligen Schüler und nunmehrigen Firmenchef etwas sehr Wertvolles: seine altgedienten Mitarbeiter und mit ihnen auch die Betriebsgeheimnisse seiner Manufaktur. Wie ein Pianist die Musik in seinen Fingern hat, das gilt, meine ich, auch für den Klavierbauer, der Klang, das Geheimnis, wie man dem Holz den Klang entlockt, ihn zum Leben verhilft, das ist Handarbeit, das haben sie in den Händen.  
Der Innovationsschub, den die Klavierindustrie in den Jahren von 1820 und 1850  erlebte, ist enorm, nie wieder wurden so viele und so unterschiedliche Patente, die damals Privilegien genannt wurden, angemeldet, oder auch vergessen anzumelden, jedenfalls registriert wurden sie.
Die Klavierbauerindustrie „explodiert“ förmlich; in kürzester Zeit wurden die Klaviere  zum als Statussymbol der gut bürgerlichen Gesellschaft. Die Klavierbauer betrugen zahlenmäßig  drei Viertel der gesamten Wiener Instrumentenbauer. Wien wurde das Zentrum für den Klavierbau in den deutschsprachigen Ländern, für Mittel- und Osteuropa. Es wurde ohne Unterbrechung experimentiert, gebastelt, erfunden; Klavierbauer und Instrumentalisten, Komponisten beschäftigte die zentrale Frage: Ton und Klang , Qualität und Volumen den immer höheren größeren Anforderungen der Instrumentalisten, der Komponisten anzupassen – sowie den immer größer werdenden Sälen.
Aus der Arbeitssymbiose Klavierbauer – Komponist, Instrumentalist entstanden zahllose Neuerungen, die ihren Niederschlag in den Privilegien fanden: für Saitenmaterial, Resonanzboden, für die Bespannung der Hammerköpfe usw. und sofort. In immer neuer Form, variiert, verbessert, erweitert. Ludwig van Beethoven 5) ist der erste Komponist und Pianist, der dem Instrument mehr abverlangt, es geradezu herausfordert.
Aber es dauerte Jahre, es bedurfte vieler Versuche bis das zart und zierlich klingenden Instrument, das Hammerklavier mit den ätherischen Klängen einer Harfe, robuster wurde, der Ton voluminöser, die Mechanik stabiler, die Saiten stärker, um dem immer größer werdenden Druck  der zupackenden Finger und Hände der Komponisten, Virtuosen standzuhalten ohne zu zerbrechen, zu reißen .
1825 reicht Josef Brodmann, der Lehrherr von Ignaz Bösendorfer ein Privileg ein zur Verbesserung des Resonanzbodens (die mittlere Lage wurde nun quer verleimt).  
1829 wurde zum ersten Mal ein Flügel mit gewölbtem Resonanzboden vorgestellt von einen Klavierbauer mit Namen Carl Schmidt 6) aus Preßburg.
Auch der Gußeisenrahmen wurde auf der Wiener Gewerbs-Productenausstellung 1839 der Öffentlichkeit präsentiert; sein Erfinder war ein gewisser Friedrich Hoxa 7), nur leider dürfte er etwas zu leger mit seiner Erfindung umgegangen sein – er ließ sich kein Privilegium erteilen, und so geriet diese so eminent wichtige Erfindung in Vergessenheit. Sehr zum Schaden der Wiener Klavierbauer, die dann  in der 2.Hälfte des 19.Jh. das Privileg, das Patent für den Gußeisenrahmen teuer einkaufen mußten, nachdem die amerikanischen Klavierbaufirmen Chickering 8) sowie Steinway & Sons 9) den Gußeisenrahmen nach Europa gebracht hatten.
Reisen in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts war noch sehr beschwerlich, langwierig und kostenaufwendig. Ignaz Bösendorfer scheute aber weder das eine noch das andere, er wollte immer auf dem neuesten Stand der Information und Technik sein. Also bestieg er die  Postkutsche, nahm die Unbequemlichkeit in Kauf um die Innovationen anderer Klavierbauer kennenzulernen.  Wieder in seiner Werkstatt setzte er die Erfahrungen um, entwickelt vieles neu, veränderte, verbesserte. Daraus folgen bei den eigenen Instrumenten verschiedene Änderungen: die Holzkonstruktion des  Corpus wird massiv verstärkt, ebenso der Rahmen, die Saiten; diese werden immer noch parallel gespannt. Die massivere Holzbauweise führt zur Klangveränderung: der zarte, zirpende Klang der alten Instrumente wird umfangreicher, voluminöser, entwickelt eine größere Lautstärke. Die Verstärkung des Rahmens, des Corpus durch mehr Holz führt auch zu dem heute noch charakteristischen Bösendorferklang – reich an Obertönen, sehr warm, sehr gesanglich, schwingend im Bass wie im Sopran, ein sehr lebendiger Klang, der der menschlichen Stimme (wie ein Violoncello) sehr nahe kommt. Um mit Bach zu sprechen - ein wohltemperierter Klang.

               …Schon die Fortepianos an sich werden mit jedem Jahr durch neue Erfindungen und           Verfeinerungen veredelt, und noch ist nicht abzusehen, wann dieses complicirte          Instrument endlich als vollendet dastehen wird; und in selbigem Verhältnisse haben die Virtuosen unserer Zeit, durch ihr Spiel, sowie durch ihre Compositionen,           der Behandlung des Fortepianos eine Vollendung gegeben und dem Vortrage eine     Vielseitigkeit abgewonnen, die man früher nicht ahnen konnte“ . …

meint Carl Czerny 10) im Vorwort zur Klavierschule von August Eberhard Müller, 1825.


In einem Bericht von 1844 kann man lesen:
              …Es  waren auch fast alle Künstler, die auch auf seinen Flügeln sich hier hören         ließen, … Thalberg und Liszt, um nicht bloß für den schönen Gesang seiner               Fabrikate, sondern auch für deren Dauerhaftigkeit               (Solidität) vollkommene Garantie       zu haben. … Nicht zu verkennen ist auch, daß Bösendorfer, so wie Streicher mit          besonderer Humanität ihre Säle den Virtuosen zu Privatkonzerten überlassen, und               ersterer auch von Zeit zu Zeit Soirées veranstaltet, wo nicht nur anerkannte Meister,…                sondern auch aufstrebende Kunstjünger von einem sehr gewählten Kunstpublikum              gehört werden … 11)
Ein anderer Zeitgenosse, der Liszt und Chopin in Paris nicht nur besucht hat, sondern ein aufmerksamer und intensiver Zuhörer ihrer Kunst war, erinnert sich:
              … Liszt spielt nicht etwa Klavier, er erzählt am Klavier seine mit dem Gange unserer              Zeiten auf`s engste verknüpfte, sie wider spiegelnden Geschicke. Liszt ist  eine …      Geschichte des Tasteninstrumentes … Liszt ist Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft         des Pianoforte. … 12)
Mit dem Liszt-Konzert vom 10.März 1846 begann die enge Verbindung, wenn auch mit großen zeitlichen Unterbrechungen zwischen „Bösendorfer“ und Franz Liszt 13) und damit – möchte ich behaupten - der Höhenflug des „Bösendorfer“ – Klavier. Der „Bösendorfer“ kommt nun mit seinen „Flügeln“ überall hin, seine Flügel werden zu Wanderern zwischen den Welten.
1846:

             ''… Liszt spielt mit Karl Maria von Bocklet vierhändig  die Sonate in As-Dur von             Hummel, begleitete zwei Lieder von Hoven , … wobei Liszt das erste Mal an einen      Bösendorfer-Klavier spielte … 14)

Über ein Nachtkonzert vom 31,März 1846:

              … Er (Liszt) bediente sich diesmal des bekannten Bösendorfer’schen Ausstellungs-   Instruments mit der Erard’schen Mechanik, dessen Vortrefflichkeit an diesem heißen      Abende sich eigentlich erst recht bewährte. Nicht nur dessen schöner Klang machte   sich unter solchen Meisterhänden geltend, sondern auch Saiten und Stimmung hietlen               tüchtig bis zum Schlusse aus, was nach drei solchen Concertstücken und bei der       Energie, womit Liszt das Clavier hernimmt, gewiß nicht wenig zu wundern ist. …15)

Das Ende der Gastspieltätigkeit in Wien, 1846, bedeutet keineswegs, daß Liszt erst wieder in den 1870er Jahren nach Wien kommt; jährlich und regelmäßig fährt er nach Wien um hier mit seinem Onkel-Cousin Eduard Liszt 16), der im Schottenhof  wohnt seinen Namenstag zu feiern, Freunde, bEkannte besuchen, Kontakte pflegen. So kurz diese Aufenthalte auch immer gewesen sind, sie werden aufmerksam registriert, es wird darüber berichtet. Ein Besuch bei Bösendorfer, eine gesellschaftliche Begegnung hat es sicher immer wieder gegeben, wenn auch der nächste tatsächlich nachweisbare Kontakt mit 1870 beginnt; in jenen Jahren, die Liszt als seine „Vie trifurquée“ 17) bezeichnete. Das erste überlieferte Schreiben des Komponisten an Ludwig Bösendorfer datiert vom 17. November 1870. Liszt hält sich in Pest auf.


              … Nun haben Sie abermals für mein musikalisches Wohl in Pest trefflichst gesorgt.       Ihre beiden Flügel prangen im Salon der Stadt Pfarrei … Schönsten Dank , - zunächst    an Ihre Frau, die mich durch ihre liebenswürdige Blumen-Sendung … sehr erfreute –    und hoffentlich auf baldiges Wiedersehen  … 18)
Um 1850 stand Ignaz Bösendorfer vor einer bedeutsamen Entscheidung: erweitern, anbauen und damit die Verlagerung der Manufaktur in einen anderen Stadtteil, denn in der Josefstadt gab es nicht genügend Baugrund, oder in der Josefstadt im angestammten Umfeld bleiben mit dem Endeffekt, weniger Verkaufszahlen zu erwirtschaften, weniger öffentliche Anerkennung zu erhalten. Die Entscheidung fiel zugunsten eines völligen Neubaus, für den Umzug und die Verlagerung der Werkstätten, damit die Produktion nach dem neuesten handwerklich-technischen Standard weitergeführt werden konnte. Ein Konzertsaal für rund 200 Personen wurde in die Planung mit einbezogen. 19) Die Fertigstellung des neuen Hauses, der Werkstätten, der Schauräume und des Konzertsaals hat Ignaz Bösendorfer nicht mehr erlebt; sein Sohn Ludwig führte den Bau in seinem Sinn zu Ende.
In den „Blättern für Musik, Theater und Kunst“ berichtete ein „Flaneur durch Wiens Klaviersäle“  20) voller Begeisterung über den neuen Bösendorfersaal, das Wohnhaus, die Fabrik, die Schauräume in NeuWien, Türkenstraße 9:
              … Wenden wir unsere Schritte nunmehr nach den Ateliers der hervorragenden            Clavierindustriellen. Den Weg über das Schottenglacis einschlagend, gelangen wir    zu einer Reihe neuer Gebäude, unter welchen ein palastähnlicher Prachtbau bald    unser Auge fesselt. Imposant durch               seine zu vier Stockwerken emporragende Höhe,        bietet er mit seinem              symmetrischen Linien und der gediegenen Ornamentik seiner               Facade einen architektonisch bedeutenden Anblick. Auf ein großes und vortheilhaft            situiertes Terrain gestellt, bildet das Haus die Fronte nach     drei Gassen zu. Mit der            Hauptfronte dem Glacis zugekehrt, wird es eine Zierde des künftigen Boulevard           bilden. Über dem hohen Bogentore prangt in goldenen Lettern „Bösendorfer“; wir   befinden uns vor dem neuen kürzlich vollendeten Wohn – und Fabriketablissement der hochberühmten Firma Bösendorfer. Eintretend, empfängt uns ein in weichen               Bogenlinien aufstrebendes, reich ornamentiertes, mit glänzendem lichten               Marmorstuk bekleidetes, nachts von geschmackvollen Glaskandelabers glänzend      erleuchtetes    Vestibül, das in zwei Treppen mündet., deren eine zu den    Wohnungstracten, die andere in die Claviersäle und Fabriksräume führt. Unsere          Schritte nach letzterer hinlenkend, betreten wir zunächst das glasumschlossene              Stiegenhaus, das, gleich dem Vestibül, polirten Mamormorstuk als Wandverkleidung            zeigt. Der Fußboden hier wie auf den Stiegenabsätzen ist geschliffenes Mosaik.
              Im quadratischen Freiraum dieses Stiegenhauses steht die überlebensgroße, samt            dem Postamente bis zur halben Höhe des ersten Stockwerkes reichende, äußerst          gelungene Zinkstatue Beethoven’s. Über die mit zierlichem vergoldeten Eisengeländer            versehene breite, mit               eleganten Lauftüchern belegte Freitreppe ins erste Stockwerk               gelangend, treten wir, an einem die Höhe der Wand einnehmenden, versenkten       Venetianerspiegel. Mangels persönlicher Eitelkeit ohne weiteres            vorübergehend, in       den Claviersaal, dessen Raum 30-40 Instrumente bequem faßt, die sich da der      Auswahl der Käufer präsentieren. Der Saal,           ein Oblong, ist äußerst geschmackvoll            gemalt. Die Wände, von brauner Grundfarbe, sind durch lichtere, mit Goldstäben               eingefaßte Säulenstreifen in breite Felder geteilt. Der Plafond zerfällt in ein großes, mit einem mythologischen Bilde geziertes Mittelfeld, und zwei kleinere Seitenfelder,               die musikalische Embleme enthalten. … Lindtner ist der Name des Malers       … .         Außer der Büste des verewigten Gründers dieses, von dem Sohne … und Chef der       Fabrik Ludwig Bösendorfer, zur Vollendung gebrachten Baues … entbehrt der …    Saal               jedes weiteren  Einrichtungsschmuckes. … 
              Über dem Claviersaale, eine Treppe höher, liegt ein zweiter gleich großer Saal, der mit    lichtgrauen Tapeten bekleidet und einem arabeskenreichen Plafond geziert ,    provisorisch zu musikalischen Produktionen dient, in der Folge aber, bis der             große,  für ein Orchester und 6 – bis 800 Zuhörer Raum bietende Concertsaal zum      Ausbau gelangt, seiner Bestimmung, gleichfalls als Repositoire für fertige     Instrumente, zurückgegeben werden wird.   21)
Das vielfältige Angebot der Klavierfirma Bösendorfer wurde mit einer besonderen Attraktivität abgerundet: Übemöglichkeiten für minder bemittelte Sänger, Instrumentalisten. 1919, im Nachruf auf Ludwig Bösendorfer, erinnert sich der ehemalige Star der Hofoper, Caroline Gomperz-Bettelheim 22)
              … Ich war ein junger Fratz, als ich noch in der Türkenstraße im damaligen        Bösendorferschen Klaviersalon üben durfte und mir traumhaft und mit Verehrung      sein Name entgegenklang. Schon damals beglückte er (gemeint ist Ludwig    Bösendorfer, Anm.d.Verf.) arme Spieler mit ins Haus gelieferten „Flügeln“, damit sie          diesen leichter wüchsen. Die Konservatorien erklangen von seinen Fabrikaten und den    Preisgekrönten widmete er ein Bösendorfer-Klavier schenkweise (sic!) .  … 23)
Das Jahr 1859 wird zum Schicksalsjahr für Familie und Firma. Nach längerer Krankheit stirbt Ignaz Bösendorfer.
              Für das musikalische Wien war der 15.April [Todestag von Ignaz Bösendorfer, Anm.       d.Verf.] ein Tag begründeter Trauer. In den Abendstunden gab es  der entseelten Hülle   eines Mannes das letzte Geleite … .
              Des Künstlers bester Lobredner ist sein Werk. Ein ‚Bösendofer Flügel‘ ist nachgerade              ein Sammelbegriff aller Vorzüge geworden, welche die Erzeugnisse der            Clavierbaukunst aufweisen müssen, sollen sie den Forderungen der vorgeschrittenen     Technik, wie des Kunstgeschmackes               nach jeder Richtung hin entsprechen. Was für …        den Geiger eine Guarneri oder Stradivari, das wurde für Pianisten ein             Bösendorfer’sches Klavier – das Ziel ihrer Wünsche. … Bösendorfer als Menschen,        gebührt  aber ein nicht minder ehrenvoller Nachruf. Mit vielseitiger Bildung verband               der Dahingeschiedene eine Liebenswürdigkeit und Zuvorkommenheit des Benehmens,           die ihm das Herz eines jeden mit ihm in Berührung Tretenden gewann. Er gehörte            aber auch zu den wenigen Menschen, die das Herz auf dem rechten Fleck    tragen. Strengste Rechtlichkeit, Sittlichkeit und echte Humanität        wiederspiegelte sein   ganzes Leben, … Bösendorfer unterstützte die Kunst und ihre Jünger auf eine wahrhaft               chevalereske Weise, und die leidende Menschheit hat nie vergebens an seinen          Wohltätigkeitssinn appelliert. …  24)

 

 

Anmerkungen

1.Heinrich Joseph Adami, 1807 – 1895, Schriftsteller und Journalist


  1. Allgemeine Wiener Musik-Zeitung, 2.Jg., 29. Jänner 1842, S.50


  1. Ignaz Bösendorfer erhält 1828 Meisterbrief und Bürgerrecht der Stadt Wien.


Die Gewerbeverleihung erfolgte per Dekret vom 25.Juli 1828 :
              Von dem Magistrate der k.k.Haupt- und Residenzstadt Wien wird dem angehenden Klaviermacher            Ignaz Bösendorfer, wohnhaft Nr.43 Josefstadt, das unter dem 3.April         d.J.Z.6009, für den hierortigen        Jurisdiktionsbezirk zugesicherte Klaviermacher-gewerbe samt dem Bürger – und Meisterrechte,          nachdem derselbe diemit obigem Zusicherungsbescheide aufgetragenen Bedingungen erfüllt zu haben      sich ausgewiesen hat, hiemit wirklich verliehen und er zur sogleichen        Ausführung desselben mit dem               Beisatze berechtigt, daß er sich also gleich im hierortigen  Steueramte zur Erwerbsteuer aufnehmen zu           lassen und wegen Ablegung des Bürgereides   … zu               melden habe.  …
In: Hundert Jahre Bösendorfer, 1928, S.7
 
  1. Josef Brodmann, 1763 -1848. Werkstatt 1821 -1832, in der Josefstadt Am Glacis 43; von 1833 – 1838(?) in der Josefstadt, Lange Gasse 59. „Klavierbauer“ als Berufsbezeichnung war in der Zeit des Biedermeier eine Novität; anfangs galt er als Tischler und war damit an seine Zunft des holzverarbeitenden Gewerbes gebunden. Das neu entstandene Gewerbe „Klavierbauer“ war frei, d.h. es unterlag keinen Zunft gebundenen Regularien, genoß aber auch nicht den Schutz, den die Zunft ihren Mitgliedern bieten konnte.


Es gab im biedermeierlichen Wien bis zum Jahr 1850 rund 200 Klaviermanufakturen. Darüber berichtet ein Artikel in der „Beilage der Neuen Freien Presse, Die Internationale Ausstellungs-Zeitung“, Juni 1873, S.3, erschienen während der Weltausstellung 1873. In der Ausstellung wurden in einer Extra-Schau historische Instrumente gezeigt, um die „Geburtsstunde “ des Wiener Klavierbaus vorzuzeigen:
              …  Conrad Graf, der in Wien 1851 starb. Schon während seiner Lebensjahre waren J.B. Streicher       und        Ignaz Bösendorfer als Claviermacher ersten Ranges in seine               Stellung getreten. Nach Conrad Graf            schätzte man zur Zeit in Wien besonders Brodmann und Leschen. …
              J.Brodmann war der Vorgänger Ignaz Bösendorfer’s.  Die Pianoforte des Letzteren trugen anfangs die            Aufschrift „Ignaz Bösendorfer, vormals Brodmann“; ein solches benützte Grillparzer durch volle 40              Jahre, es steht noch in seinem unverändert               erhaltenenStudierzimmer in der Spiegelgasse. Ignaz               Bösendorfer’s im Jahre 1828 gegründetes Geschäft blühte rasch auf, und seine vortrefflichen Claviere               standen in den Vierziger – und Fünfziger Jahren mit den Streicher’schen zuhöchst in der Mode.
              Ignaz      Bösendorfer war ein tüchtiger Praktiker von großer Arbeitskraft, J.B.               Streicher nebenbei ein      erfinderischer Kopf. Schon seine Herkunft, der pianistische Adeldes Doppelwappens Stein und Streicher        mußten ihn ehrgeizig machen, auch konnte zu jener Zeit keiner seiner Berufsgenossen          sich einer so        gründlichen wissenschaftlichen Bildung und so wohl       großer Reisen rühmen. … Schon im Jahre 1824               baute er Fortepianos in Flügelform „mit Hammerschlag von oben“… .
              Im Jahre 1830 nahm er ein Patent auf seinen „Stoßzungen-Mechanismus“, eine Art Übergang von      der Wiener zur englischen Clavier-Construction. … Schließlich ist die Wiener Clavier-Fabrication noch     durch einen … Flügel von Karl Stein aus der Mitte der Vierziger-Jahre vertreten. … Als Begründer der         Pianino – Fabrication in Österreich darf man Martin Seuffert         ansehen, insofern er der Erste war,              welcher die früher sehr unvollkommene Form des „Piano droit“  schon im ersten Decennium         dieses               Jahrhunderts zu bedeutender Entwicklung brachte und salonfähig machte. …
              Mehr Aufsehen machte F. Hoxa in Wien, der 1835 Pianos mit doppelten Resonanzböden baute       und        die Hauptteile seiner Klaviere (Corpus,Stimmstock,Anhängleiste und Verspreizung) in einem Stück aus           Gusseisen herstellte. …
              Will man die neuesten Fortschritte kennenlernen, so braucht man nur 100 Schritte weiter in den
              Industriepalast zu gehen, und an den jüngsten Arbeiten von Friedrich Ehrbar, Ludwig Bösendorfer  und Emil Streicher den Abstand zu ermessen.
               … Das Fortepiano ist ein ganz anderes Instrument geworden; aus einer vergrößerten Zither ein    verkleinertes Orchester. Vergleicht man… die ausgestellten altenClaviere mit den neuen, so begreift     man es, daß jetzt anders gespielt und anders für Clavier komponiert wird, als zu Haydn’s und zu    Mozart’s Zeiten. …
Bedeutende Klavierbauer um 1800: Johann Schantz, um 1762-1828, Conrad Graf, 1782-1851, Martin Seuffert, um 1772 -1847, Eduard Seuffert, Sohn, 1817 – 1855


  1. Ludwig van Beethoven, 1790 -1827. Ludwig van Beethoven an Andreas Streicher:


 „ich hoffe, die Zeit wird kommen, wo die Harfe und das Klavier zwei ganz verschiedene Instrumente seyn werden …
       In: Das Klavier bis 1850, S. 204


  1. 1829 wurde zum ersten Mal Flügel mit gewölbten Resonanzböden vom „Klavierbauer Carl Schmidt, Preßburg“ hergestellt, mit der Fabrikationsnummer 86 u. 91. Dazu schreibt Schmidt in seinem Verzeichnis:

              … 6 1/2 Oktaven Nußbaum, verfertigt. Das erste mit gewölbtem Resonanzboden, der Kasten von    Moritz aus Wien, das Holz schlicht, der Ton heiter … . 15.Februar 1829. “

               … „Das 2te mit gewölbten Boden … 27.April 1829

              In: Das Klavier vor 1850, S.205


7.Friedrich Hoxa (1793 – nach 1858). Er war ein sehr erfindungsreicher Mann; seine wichtigste Erfindung, um nicht zu sagen Entdeckung, war der Gußeisenrahmen, den er auf der Wiener Gewerbe-und Produktenausstellung 1839 der Öffentlichkeit präsentierte. … Anhängeleiste, Stimmstock und Verspreizung ist von Gußeisen, alle Bestandteile miteinander verbindend aus demselben Metall sind auch die Stifte … damit ist der Resonanzboden von dem spannenden Druck der Saiten befreit . …
In: Das Klavier vor 1850, S.208
Hoxa meldet diese Erfindung nicht an; es gibt daher kein Privilegium/Patent, dafür aber ein vergleichbares oder ähnliches mit der Nr. 3481, eingereicht 1842 von der Manufaktur  Streicher.


  1. Klavierbaufirma Chickering &Sons, Boston, gegründet 1823


  1. Mitte des 19.Jh. verändert eine Erfindung die Klavierlandschaft zur Gänze. Die Brüder Steinweg, heute Steinway & Sons, verbessern den aus Gußeisen gefertigten Rahmen zur Saitenaufhängung und gehen dazu über, die Saiten gekreuzt statt wie bisher parallel zu spannen; beides erhöht die Zugkraft, verhindert das Verziehen oder Bersten des Rahmens bei zu hoher spieltechnischer Belastung.


  1. Carl Czerny, 1791-1857, Pianist, Komponist, Klavierpädagoge


  1. Allgemeine Wiener Musik-Zeitung, 4.Jg., 5.September 1844, gez. Gr. –Ath-s. Die Manufakturen boten neben den Schauräumen auch Konzerträume an, in denen öffentliche Konzerte stattfanden; das Wiener öffentliche Konzertleben begann erst mit der Gründung der Gesellschaft der Musikfreunde 1812.


  1. Wilhelm von Lenz, Die großen Pianoforte-Virtuosen unserer Zeit aus persönlicher Bekanntschaft. Liszt, Chopin, Tausig, Henselt. Berlin 1872, S. 4


13. Mit Franz Liszt wurde die Spieltechnik, die Mechanik, das Instrument einer „Radikalkur“ der Veränderung unterzogen. Franz Liszt spielte aus der Schulter; mit dem ganzen Armgewicht fallen die Finger auf die Tasten, die zeitgenössischen