Änderungen

Die Fledermaus versus Rosalinda

541 Byte entfernt, 21 Oktober
keine Bearbeitungszusammenfassung
<div style='text-align: center;'>'''''Die Fledermaus ''''''''versus'' Rosalinda'''''</div>
 
<div style='text-align: center;'>'''''Berlin 1929- New York 1942'''''</div>
''''' '''''
 
''''' '''''
===='''''Die Majestät wird anerkannt …Fledermaus ''''''''versus'''''''' Rosalinda'''''===='''Berlin 1929 -  '''''' New York 1942'''
''' '''
=====<em style="font-size: 0.939em;">'''Die Majestät wird anerkannt …'''</em><strong style="font-size: 0.939em;"> </strong>=====
'''Eine glanzvolle Premiere im Deutschen Theater am 8. Juni 1929'''
''' '''
''' ''' '''''Ein Blick in die und hinter die Kulissen ''''' 
Warum fiel die Wahl für ein zugkräftiges Stück für die Sommersaison ausgerechnet auf eine Operette? – D''ie Fledermaus'' von Johann Strauß, auf eine Operette aus dem Ende des 19.Jh. ? – die der Zeitgeist längst als hoffnungslos veraltet abgetan hatte?
Bei Offenbach: Salon chez Gardefeu, Salon  de l’Hôtel de Quimper-Karadec* und ein Restaurant oder Café.
*l’Hôtel ist die Bezeichnung im französischen für ein großes Wohnhaus  mit gelegentlichem palaisartiger Architekur. Es ist kein Beherbungsbetrieb.
Zusammenfassend: wenig bühnentechnischer Aufwand, weil vieles durch Requisitentausch verändert werden könnte. Kostensparend!
'''Erich Wolfgang Korngold und Max Reinhardt ''' '''<strong style="font-size: 0.939em;"> ''' '''Vorspiel''' ''' '''</strong>
'''Vorspiel''''''  '''
Um das erste Zusammentreffen, 1910/11 mit dem berühmten Regisseur Max Reinhardt und dem ebenso berühmten Duo Korngold –Vater und Sohn – Julius Korngold, Wiens berühmtester, berüchtigster  Kritiker und Erich Wolfgang, dem Wunderkind, der junge Komponist auf dem Weg zum Ruhm – ranken sich verschiedene Berichte, Legenden.
Am 12.September 1910 fand in der Musikfesthalle in München die Uraufführung der VIIIder VIII. Symphonie von Gustav Mahler statt.
Reinhardt zählte zum Kreis der prominenten Ehrengäste wie auch die Korngolds. Eine Begegnung ist nicht verbürgt.
''… In den Proben zur „Schönen Helena“ sah man auch des öfteren den vierzehnjährigen Schüler des Dirigenten Alexander Zemlinksy … Daß Korngold eines Tages Reinhardts engster musikalischer Mitarbeiter werden sollte, speziell bei so mancher unfrommen „Helene“ ahnte damals freilich noch niemand …''
''Gottfried Reinhardt, S. 146f. ''
1925: Reinhardt sucht einen Komponisten für die geplante Aufführung der ''Turandot'' von Carlo Gozzi für die Salzburger Festspiele; seine Wahl fällt auf Erich Wolfgang Korngold.
Die konkrete Zusammenarbeit beginnt 1929 mit einem Gespräch zwischen dem Komponisten und dem Regisseur, dem Theaterdirektor in den Räumen des Theaters in der Josefstadt in Wien.
 
Frühjahr 1929: 
 
''… Max Reinhardt ließ anfragen, ob Erich „La Vie Parisienne“ von Offenbach für das Deutsche Theater in Berlin bearbeiten und dirigieren wolle. Erich zeigte sich das zweite Mal abgeneigt … erklärte er halte er halte „La Vie Parisienne“ für ein schwaches Werk … schließlich um nicht'' unhöflich zu erscheinen ging er doch zu Reinhardt ins Theater in der Josefstadt. ''Er kam zurück mit einem amüsiert-verlegenen Lächeln und – einem Kontrakt von dort zurück.  Er hatte Reinhardt seine Zweifel mitgeteilt … der bemerkte nur ruhig: „ Was würden Sie vorschlagen?“- Erich erwiderte spontan: „Warum machen Sie nicht die Fledermaus?“. Er könne, wenn ihm für Rosalinde, Adele und Alfred drei erstklassige Sänger zur Verfügung stünden, die übrigen Rollen der Operette für die Schauspieler arrangieren. … In der ersten halben Stunde ihres Zusammentreffens hatten Reinhardt und Korngold das Wesentliche für die Aufführung besprochen'' ….
'' '' ''… Wer hätte je einen ausgesprochenen oder unausgesprochenen Wunsch Reinhardts unerfüllt gelassen? Jeder, der seine Nähe, seine Persönlichkeit erleben durfte, setzte sein Äußerstes ein, diesem kreativen Geist im Schaffen seiner Phantasiegebilde beizustehen. Wenn Reinhardt die grauen Augen enttäuscht oder resigniert abwandte, so fühlte man sich schuldig wie vor einem Kind, dem man sein Lieblingsspielzeug vorenthalten hatte.''
''Reinhardt, dem „Professor“ wurde ich nach der Probe vorgeführt. Als ich das erste Mal dem direkten, neugierigen Blick der seltsam lichten Augen begegnete, geriet ich derart in Verwirrung, daß ich über und über errötete. Diese bemerkenswerte Persönlichkeit hatte die eigenartige Fähigkeit, Menschen einzuschüchtern, sie immer auf Distanz zu halten und gleichzeitig das Letzte und das Beste aus ihnen herauszuholen. …''
'' '' ''Luzi Korngold, Erich Wolfgang Korngold, S. 50ff.'' '' ''
Hubert Marischka, Direktor und Eigentümer des Theaters an der Wien kämpfte – wie alle Theaterdirektoren seiner Zeit – um das Überleben seiner Bühne und versuchten mit Gastspielen erfolgreicher Produktionen viel, und auch neues Publikum anzuziehen. Für den Spätherbst 1928 hatte er'' Artisten ''(Georges Watters, Arthur Hopkins), ein revueähnliches Singspiel, das Reinhardt am Deutschen Theater erfolgreich herausgebracht, zu einem Gastspiel verpflichtet. Es gab 48 Vorstellungen, darauf sollte die Premiere von ''Rosen aus'' ''dem Süden'' von Leo Fall in der Bearbeitung von Korngold folgen, die allerdings erst am 22. Februar 1929 stattfinden konnte.
''… das ihm Korngold ausredete… Er war es, der stattdessen „Die Fledermaus“ vorschlug. … . Dieser spielte ihm das Werk am Klavier vor, und die musikalische Persönlichkeit des Interpreten bezauberte meinen Vater sogleich. Ich sage absichtlich „Interpret“, denn die Melodien können ihm nicht neu gewesen sein, und Korngolds eigenen Kompositionen konnte er nie etwas abgewinnen. Er hat sich auch mit ihnen niemals beschäftigt. …''
''Gottfried Reinhardt, S. 58f'' ''' ''' ''' ''' '''                                           ''' '''''Die Fledermaus'''''''', Berlin, Deutsches Theater, 8.Juni 1929 '''
'''Ausschnitt aus dem Programmheft                               ''''''                                      '''
'''''Die Fledermaus'''''''', Berlin, Deutsches Theater, 8.Juni 1929'''''' '''
'''                                           '''
''… Was stets Reinhardts Bestreben gewesen war: das Publikum mit einzubeziehen, eine Brücke zwischen Bühne und Zuschauerraum zu bauen, hier hatte es höchste Vollendung gefunden. Die Stimmung von Sorglosigkeit und Leichtigkeit strahlte vom letzten Statisten auf den letzten Galeriebesucher aus, etwas wie eine selige Berauschtheit bemächtigte sich der Menschen, die nicht länger Publikum, mit „Brüderlein und Schwesterlein“ auf der Bühne einen Bund schlossen.''
 
''''' '''''
Luzi Korngold, S.50ff.
'''Zur Aufführung'''
 ''Gusti Adler, Max Reinhardts Privatsekretärin und quasi so etwas wie ein „Mädchen für alles“ begleitete seine private Welt und seine theatralischen Träume. Sie erinnert sich:''
''Reinhardts Wunsch, die Fledermaus zu inszenieren, lag Jahre zurück. Jede verstaubte Fledermausaufführung, die er im Laufe seines Lebens gesehen haben mag, hat ihn wohl darin bestärkt. Es war ihm klar, daß nur ein Schauspieler – nicht ein Sänger – die Rolle des Eisenstein wirksam darstellen könne: Hermann Thimig erfüllte seine Erwartungen. Er war musikalisch, beschwingt, seine Komik wurzelte im Menschlichen. Bei Rosalinde (Maria Rajdl) und Adele (Adele Kern) überwog das Gesangliche, aber auch bei ihnen gelang es Reinhardt, ihre Darstellung vom Opernhaften zu befreien.''
''Gusti Adler, S. 246 ff.''
136 mal „flatterte und tanzte“ ''Die Fledermaus'' über die Bühne des Deutschen Theaters, bevor sie in ein anderes Theater übersiedelte. Die letzte Vorstellung wurde zum Fest, zur Fest-Vorstellung:  A''m 30.Mai 1930 feierte Max Reinhardt sein 25 - jährigen Bühnenjubiläum als Theaterdirektor des Deutschen Theaters/Kammerspiele. Es spielten Mitglieder der Staatskapelle der Oper Unter den Linden, dirigiert von Erich Wolfgang Korngold. Die Adele hatte Maria Ivogün übernommen und Maria Rajdl sang wie bei der Premiere die Rosalinde.''
 ''Gottfried Reinhardt als Zeitzeuge, Besucher, als Sohn doch etwas „befangen“ – und wenn man seine Aussagen zum Thema Musik auf der Bühne, sei es als Bühnenmusik, sei es als Musiktheater aufmerksam liest, kommt man um die Tatsache nicht herum: er hatte für Musik wohl nicht das „richtige Ohr“. Er  erinnert sich an die Premiere:''
'' „ … Reinhardt nahm der Verknüpfung von begnadeter Musik und billigem Schwank die Zufälligkeit. Er nahm dem Schwank das Billige und der Musik die theaterfeindliche Vormachtstellung. Er verschmolz seinerseits Musik und Handlung durch ein der Musik kongeniale Aufführung, welche die Handlung nicht ganz ernst nahm, ihr hauptsächlich den Übermut entlehnte. … Der Akzent auf dem Schauspielerischen hatte Änderungen in der Partitur notwendig gemacht. Melodien mußten ins Orchester verlegt werden. Im übrigen erforderte der freie tänzerische und sprachlich-rhythmische  Stil der Regie mehrere musikalische Einlagen (aus anderen Strauß-Werken). Klugheit …. Gebot, daß Frau Adele (Strauß) diese Neuerungen, wenn möglich coram publico gutheiße''''.[Anm.d.Verf.: weswegen sie zur öffentlichen Generalprobe eingeladen wurde] …''
''„ Im ersten Bild … da kommt … jener Auftakt, nicht zu kurz und nicht zu lang – eine stumme, wenngleich in diesem Fall füglich von Musik begleitete Szene … eine einzige … Vision schien … den Geist des stückes zusammenzufassen und die Richtung anzugeben.  Diesmal lüftete sich der Vorhang über blühenden Kastanienbäumen. An einem der Tische des Wirtsgartens sitzt eine einsame Figur, ein Stutzer im wallendem Cape, und pafft besinnlich an einer glimmenden Zigarette in langer Spitze. Sein ruppiges Lächeln kündigt allerlei sündhafte Pläne für den dämmernden Abend an. Die Lichter gehen an, und Wiener Walzerklänge wehen durch Blätter und Zweige. Musik liegt in der Luft. Sie beschwingt den Gast. Die Zigarettenspitze wird zum zwanglosenTaktstock. Er leert das Glas, … wirft salopp eine klingende Münze auf die Tischplatte und erhebt sich. Das Cape breitet sich aus. Halb Herr, halb Flattertier, wiegt sich Falke  … im Rhythmus. Seine federnden Schritte, die kaum den Boden zu berühren scheinen, werden Walzerschritte. Immer übermütiger flattert das Cape, kreist die Zigarettenspitze; schwingt, tanzt, fliegt das Geschöpf ab. Ab? In die nächste Szene. Denn die Bühne selbst ist angesteckt und hat sich zu drehen begonnen. Die nächste Szene tanzt gleichsam ins Bild. Das Spiel mag anheben. Die von Falke geschmiedeten Pläne dürfen sich verwirklichen – unter den Fittichen dieser Kreatur. … wie aus dem Nichts sind die Elemente des Kommenden beschworen: Wien, Schabernack im Dreivierteltakt, Liebesspiel, ein Schluck zuviel. … ''
''Der 2. Akt  Das Fest beim Prinzen Orlofsky''
''… die Gäste (versammeln) sich in den Vorräumlichkeiten des Ballsaals. Keine Komparsen, auch kein konventioneller Chor. Statt dessen hat jeder Herr und jede Dame einen Satz: Klatsch, parlando, skandierte Vorfreude mit rhythmisch pointierten Gesten, angefeuert von einem aufreizenden Mm-ta-ta, Mm-ta-ta, das von Korngolds Miniaturklavier quer neben seinem Pult zur Bühne dringt. Darauf begleitet er die „Verlegenheitsszene“ – sowie die ganze Vorstellung durchwirkenden ähnlichen Impromptus – und zaubert Rhythmen, Melodiefetzen aus Strauß-Motiven in seiner unnachahmlichen Art.  …''
Gottfried Reinhardt,  ''S. 63ff.'' '' ''
Die Aussagen von Gottfried Reinhardt sind ein wenig widersprüchlich, denn im gleichen Atemzug versichert er:
 
'' …Er [Max Reinhardt]verschmolz seinerseits Musik und Handlung durch ein der Musik kongeniale Aufführung, welche die Handlung nicht ganz ernst nahm, ihr hauptsächlich den Übermut entlehnte. … ''
''Gottfried Reinhardt, S. 63ff.'' ''Auch der erinnernde Bericht von Gusti Adler über die Premiere von 1929 enthält ein „Mißverständnis“- ein grundlegendes, wie ich behaupten möchte. Der Komponist Johann Strauß hat seine Musik aus dem Text „herausgehört“ – „hineingehört“ und nicht wie diese Erzählungen nahe legen, dem Text seine Musik, seine Komposition „unterlegt“.'' ''Ein kleines Beispiel nur: Adele, Auftritt, 1.Akt, 1. Szene: sie liest im Brief ihrer Schwester Ida und setzt mit einer abfallenden Koloratur mit etlichen Staccati ihrem Auftritt den entsprechenden Akzent – etwas „jammernd“, aber nur ein bißchen, denn ganz so ernst meint sie es nun auch wieder nicht! Und sie endet im wiegenden 6/8 Takt „ach warum schufst du Natur, mich zur Kammerjungfer nur!...“ '' '' '' '''''Die „Fledermaus“  -''''''''Die ''Neugestaltung'' von Max Reinhardt''' '''''Nach dem Klavierauszug, Fassung von Erich Wolfgang Korngold, ''''' '''''nach den Regievorgaben von Max Reinhardt '''''    '''                     Personenverzeichnis aus dem Klavierauszug von 1930'''  
Auch der erinnernde Bericht von Gusti Adler über die Premiere von 1929 enthält ein „Mißverständnis“- ein grundlegendes, wie ich behaupten möchte. Der Komponist Johann Strauß hat seine Musik aus dem Text „herausgehört“ – „hineingehört“ und nicht wie diese Erzählungen nahe legen, dem Text seine Musik, seine Komposition „unterlegt“.
Ein kleines Beispiel nur: Adele, Auftritt, 1.Akt, 1. Szene: sie liest im Brief ihrer Schwester Ida und setzt mit einer abfallenden Koloratur mit etlichen Staccati ihrem Auftritt den entsprechenden Akzent – etwas „jammernd“, aber nur ein bißchen, denn ganz so ernst meint sie es nun auch wieder nicht! Und sie endet im wiegenden 6/8 Takt „ach warum schufst du Natur, mich zur Kammerjungfer nur!...“