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Max Reinhardt-Helene Thimig, ein Briefwechsel

558 Byte hinzugefügt, 30 Juli
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Er kam als Emigrant; sein Berliner Theaterimperium hatte er bereits verloren, und er wußte, daß er, als er 1937 nach seiner letzten Wiener Inszenierung ("I''n jener Nacht''", von Franz Werfel, Th.i.d.Josefstadt) Wien verließ, es eine Reise ohne Wiederkehr war.   Der Untergang des Staates Österreich, der Ersten Republik, war nur noch eine Frage der Zeit.  
Schon beim ersten, sehr kursorischen“ Querkursorischen “Quer-Lesen " fielen mir etliche Details auf, in den Bildunterschriften, in den begleitenden Kommentaren, in den Anmerkungen, die mich „stolpern „ ließen.
Da lese ich z.B. auf  S. 551 (d.i. der editorische Hinweis) :
Die Familie Goldmann, Max Goldmann, änderte '''1904''' mit der Bewilligung des königl.ungarischen Innenministeriums den Namen Goldmann offiziell in den Namen '''Reinhardt'''.
(''Nach dem Zerfall der k.u.k. Monarchie wurde Westungarn Teil der Tschechoslowakischen Republik, nach der Teilung der Tschechoslowakei in Tschechien und Slowakei gehört Stupava zur Slowakei.)''
Ohne historisch weiter auszuholen: Die Bezeichnung „'''''Ostjuden'''''“ bürgerte sich um 1900 ein; in der k.u.k. Monarchie wie auch im Deutschen Kaiserreich. Es war die Reaktion auf die stetig steigende Zuwanderung aus dem Osten Europas (aus unterschiedlichsten Gründen, vorrangig aus Armut und immer wieder aufflammenden Progromen, insbesondere im Zarenreich), aus Galizien, aus Polen, aus dem Zarenreich/Russland. Zunächst wurde dieser Begriff als bewußte und gezielte Abgrenzung von der (weitgehend) assimilierten jüdischen (westlichen) Bevölkerung ( im Wohnsitzland) gebraucht;  diese - westliche - jüdische Minderheit empfand sich als integriert, man war gesellschaftlich etabliert.
Das Ostjudentum, die Aschkenasim, war tief religiös; die Sprache dieser Einwanderer war im allgemeinen „jiddisch“, der soziale Status im allgemeinen sehr niedrig, sie waren meist herumziehende Händler, sammelten und verkauften alles was sich ihnen bot. Natürlich gab es auch Ausnahmen, aber diese waren selten. Sie lebten im "Schtetl"(im Ghetto).
Alexander Granach, der als  Schauspieler bei Reinhardt groß herausgekommen war, kam aus dem "Schtetl". In seiner Autobiographie ''''' "Da geht ein Mensch"  '''''erzählt er, schildert er''''' '''''sehr farbig, sehr anschaulich die schwierigen Lebensbedingungenim "Schtetl".
Der sozio-kulturelle Gebrauch der Begriffe '''Ostjude-Westjude''' erhielt mit dem zunehmendem Antisemitismus seinen nationalistisch geprägten Sprachgebrauch, wurde zum Schlagwort für die völkisch antisemitische Publizistik und Propaganda. 
Weiters ist Frau Zehle (S.11) der Ansicht, '''Wilhelm Goldmann''', der Vater von Max Reinhardt, wäre ein „verkrachter!“ Kaufmann gewesen; das ist zwar ihr gutes Recht, aber sie übersieht dabei im journalistischen Eifer ein gewichtiges historisches Faktum.
Als die Goldmanns''' 1877 '''von Stupava/Stampfen nach Wien übersiedelten, waren die Folgen des Börsencrash von '''1873''', des „Schwarzen Freitags“, der den Boom der Gründerjahre jäh beendet hatte, noch immer vorherrschend;  die k.u.k. Residenzstadt, der Wirtschaftsraum der Monarchie, wie auch der der anderen europäischen Staaten litten an der darauf folgenden Depression  bis tief in die 1890er Jahre.
Wilhelm Goldmann war vermutlich kein sehr geschickter und gewiefter Kaufmann, es gelang ihm nicht auf diese schwierige wirtschaftliche Situation entsprechend zu reagieren. Ihn deswegen zum „verkrachten“ Kaufmann zu stilisieren ist  diskriminierend.
Das Vorwort von Frau Zehle führt den neugierigen Leser in die "Goldenen Zwanziger Jahre", in die Jahre der Weimarer Republik, in ihr abruptes Ende mit dem 30.Januar 1933.  
  <div style='padding-left: 210px;'>... New York, Berlin, een eenz'ger Satz</div> <div style='padding-left: 210px;'>rin in die jute Stube!</div> <div style='padding-left: 210px;'>Da habt ihr uns, die Weltstadt schreit:</div> <div style='padding-left: 210px;'>Keine Zeit! Keine Zeit! Keine Zeit!</div>''Walter Mehring, Mit der Hand übern Alexanderplatz .../Musik, Friedrich Hollaender''  Nichts läßt die Atmosphäre dieser 20er Jahre besser ahnen als dieses Chanson, gesungen von Paul Graetz, der vor allem Schauspieler bei Reinhardt war und in Hollywood 1937 gestorben ist.   Jetzt kann ich mit meinem Einspruchbeginnen:
Diese "Goldenen Zwanziger Jahre" (für Berlin) zerfallen in drei kurze Epochen: Kriegsende, Chaos, Neuordnung, Streiks, ein Putsch(Kapp-Putsch), ein Politikermord(Walther Rathenau) - das alles zwischen 1918 und 1924 - und über alldem die alles und jedes beherrschende Inflation, die erst mit der Einführung der Rentenmark zur Konsolidierung, zu einer kurzen wirtschaftlichen Blüte führt - und von dieser profitiert das kulturelle, das gesellschaftliche Leben Berlins in hohem Maße. Dieses lebendige Berlin, in dem alles möglich war, wurde das "Mekka" der Kunstschaffenden, der Theaterleute, der Literaten, der Musiker - Berlin - das hieß ZUKUNFT. Doch dieser "Blüte" war nur eine kurze Lebensdauer vergönnt - von 1924-1929. Mit dem New Yorker Börsenkrach im September 1929 fing es an, die Wirtschaftskrise ergriff ganz Europa. Besonders aber traf es die Weimarer Republik. Doch davon später im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Reinhardt'schen Theaterimperium. 
 ''... Konflikt Reinhardt/Korngold“ rund um „Rosalinda“/“Die Fledermaus ... ''.
Helene Thimig berichtet von der Verstimmung in der Familie Korngold über die fehlende Nennung von Erich Wolfgang Korngold als musikalischer Bearbeiter der "Fledermaus"/alias "Rosalinda", 1942. Korngold wird "nur" als Dirigent der Aufführung namentlich genannt. Ein Verweis auf die entsprechende Seite im Begleittext wäre als Orientierungshilfe sehr hilfreich gewesen. Ohne nun weiter in de Details der Aufführungsgeschichte der "Rosalinda" "einzusteigen"(die kann man in der einschlägigen Reinhardt-Literatur nachlesen), nur so viel: es war Korngold, der darauf bestanden hatte, daß Reinhardt als "producer" in das Team kam. Und last but not least: es geht bei Auseinandersetzungen dieser Größenordnung nicht zuletzt auch um Tantiemen. Es ist nicht bekannt, welchen musikalisch-bearbeitenden Anteil Korngold bei der "Rosalinda", 1942, tatsächlich gehabt hat. Hat er auf die "Fledermaus"-Version von 1929 zurückgegriffen?
'''Von der "Fledermaus" zur "Rosalinde"'''
Als ich die Briefe von Max Reinhardt gelesen hatte, fiel mir - fast möchte ich sagen automatisch - der erinnernde Text von''' Arthur Kahane''' ein, den er in seinem Buch "'''T'''<span style="font-size: 0.939em;">'''agebuch des Dramaturgen''' ", 1928, veröffentlicht hat. Er erzählt darin von seiner Begegnung mit Max Reinhardt im Café Monopol, nahe dem Bahnhof Friedrichstraße, 1902. Es folgt die Aufzeichnung des Monologs  in dem junge, aufstrebende Theatermann Reinhardt seine Vision, seinen Traum einer Theaterwelt skizziert: </span>
<em style="font-size: 0.939em;">"... Was mir vorschwebt, ist ein Theater, das den Menschen wieder Freude macht ..." </em>
Arthur Kahane, Tagebuch des Dramaturgen, Berlin 1928, S. 112ff.