Die Fledermaus versus Rosalinda

Version vom 21. Oktober 2024, 17:34 Uhr von Dagmarsaval (Diskussion | Beiträge)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Version vom 21. Oktober 2024, 17:34 Uhr von Dagmarsaval (Diskussion | Beiträge)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Inhaltsverzeichnis

Die Fledermaus versus Rosalinda

Berlin 1929 - New York 1942


Die Majestät wird anerkannt … 

Eine glanzvolle Premiere im Deutschen Theater am 8. Juni 1929

War es ein letztes Abendrot? Ein schöner Frühsommerabend war dieser 8.Juni 1929 – großes Defilée vor dem Deutschen Theater … die Damen in großer Toilette – Straußenfedern wippen, silbrige Kleider fegen den Gehweg und eine meist schwarzsilbrige Limousine  – in der Regel ein Maybach - nach der anderen entläßt seine  bunt gefiederte und geschmückte Pracht, elegant flankiert von großen, kleinen, dicken, dünnen – gelegentlich auch lebemännischen Erscheinungen in Schwarz – und Weiß, man begleitet SIE ins Theater.

Max Reinhardt, in den 20er Jahren ein seltener Gast in seinem Stammhaus, dem Deutschen Theater,  hat zu einer Premiere geladen. Und was bietet der Herr des Deutschen Theaters seinen Gästen: Die Fledermaus von Johann Strauß.

Ende der Vorstellung: Aus den weit geöffneten Türen des Theaters tönt rauschender Beifall,  die Zuschauer strömen aus dem Haus, der kleine Platz vor dem Theater wird unvermittelt zum Ballsaal – summend, tänzelnd , berauscht von Licht, Farbe, und in der Luft moussiert Champagner hat‘s verschuldet … die Majestät wird anerkannt, jubelnd wird Champagner der Erste genannt! …  

Die Gastgeber  - Johann Strauss, Erich Wolfgang Korngold, Max Reinhardt  - entlassen ihre Gäste in einen hellen Sommerabend und diese werden weiterfeiern - Unter den Linden, in der Friedrichstraße, in den vielen kleinen und großen, den schicken und den eingeführten Kabaretts und anderen Vergnügungsetablissements – und dort erst wird der Champagner für alle fließen.

Ein großer Erfolg für den von finanziellen Risiken gebeutelten Theaterkonzern der Reinhardt-Bühnen – die Fledermaus wird in den nächsten Wochen, Monaten volle Kassen bringen.

Sie wird sich einreihen in die von Stars wie Fritzi Massary, Richard Tauber dominierten Unterhaltungsangebote der Berliner Operettentheater, der Revuetheater, an denen das Berlin der 20er Jahre so reich ist.

Die heraufziehende Wirtschaftskrise wird sie zwar treffen mit weniger Zuschauerzahlen, aber nicht wesentlich beeinträchtigen.

Die andere längst greifbare Gefahr, der Ruck nach rechts, die immer lauter werdenden Angriffe der NSDAP hört jeder, spürt jeder, aber man weicht ihr nach Möglichkeit aus:  das Zauberwort heißt „ Amusement, Amusement, Amusement“ – und dieses Bedürfnis nach Amusement füllte die notorisch leeren Kassen der zahlreichen privaten Bühnen.    

 

Ein Blick in die und hinter die Kulissen

Warum fiel die Wahl für ein zugkräftiges Stück für die Sommersaison ausgerechnet auf eine Operette? – Die Fledermaus von Johann Strauß, auf eine Operette aus dem Ende des 19.Jh. ? – die der Zeitgeist längst als hoffnungslos veraltet abgetan hatte?

Die Fledermaus stand seit 1926 im Repertoire der „Städtischen Oper“ (mit Fritzi Massary als Adele), die Staatsoper Unter den Linden brachte Repertoirevorstellungen, die mitunter hochkarätig mit Richard Tauber(Eisenstein) und Vera Schwarz(Rosalinde) besetzt waren.

Nach Meinung seines Sohnes Gottfried konnte er, Max Reinhardt, Operetten nicht ausstehen, ausgenommen einige wenige von Jacques Offenbach; Orpheus in der Unterwelt hatte ihm im Sommer 1906 wochenlang volles Haus und volle Kasse gebracht; und nun sollte Die Fledermaus ähnliches bewirken?

Den Trend, den Geschmack im Unterhaltungstheater der 20er Jahre bestimmen die Ausstattungsrevuen, dominiert von den gut gebauten Tillergirls bis hin zu den Nackttänzerinnen der Hallerrevuen. Der „König“ des Revuetheaters war Erik Charell. Erik Charell hatte seit 1913 zu Max Reinhardt künstlerischen Arbeitskontakt; nachdem Reinhardt das große Schauspielhaus Anfang der 20er Jahre aufgeben mußte, verpachtete er es an Erik Charell. Und Charell wurde dort zum König der Berliner Revue.

Ende der 20er Jahre endet der Boom der Ausstattungsrevuen ziemlich abrupt; ihr folgte, sehr erfolgreich, die Operettenrevue oder  die Revueoperette, oder sollte man definieren „musikalisches Singspiel“. Und wieder ist es Erik Charell, der mit der Revueoperette im Großen Schauspielhaus Triumphe feiert, mit einer zur Revue-Opertte moutierten Lustigen Witwe, die Franz Lehar für Fritzi Massary nun als Hanna Glawarios bearbeitet hat, 1928; es folgen die Csardasfürstin von Emmerich Kalman und dem nie wieder erreichten Erfolg mit dem Weißen Rössl am Wolfgangsee von Ralph Benatzky. Mit dem 31.Januar 1933 ist alles zu ende. Hitler kommt an die Macht.   

Fast der gesamte Vergnügungsbetrieb, Sprechtheater, Operettentheater, die Revuetheater, ist privat finanziert, in der Regel von den zahlreichen Berliner Privatbanken. Auch das meist jüdische Großbürgertum beteiligt sich an der Finanzierung – und es zählt zum Stammpublikum dieser Häuser.

Ein nicht zu unterschätzender Faktor für eine gute Auslastung der zum Teil sehr großen Häuser (oft mit mehr als 1000 Plätzen) sind die Verträge mit den Publikumsorganisationen; mit der Funkstunde, mit der Volksbühnenvereinigung. Die Mitglieder dieser Vereine können für einen geringen Preis (die meisten Mitglieder dieser Vereine kommen aus der Arbeiterschicht, dem Kleinbürgertum) die angebotenen Vorstellungen besuchen.

Ein anderer großer Konkurrent der Theater ist der (noch stumme, bis 1929) Film; die Filmtheater bieten für den „kleinen Mann“ Unterhaltung und Flucht aus dem schwierigen Alltag für nur wenige Groschen, Pfennige an – Preise, die nicht einmal die Volksbühnenvereinigung, die Funkstunde mit ihren Abonnements im Angebot hat.

Die Theater versuchen die wirtschaftliche Lage durch einen Zusammenschluß ihrer Bühnen (Verwaltungsapparat und Kartenangebot) besser zu steuern: es entsteht REIBARO, das sind die Reinhardt-Bühnen, das Lessing-Theater von Viktor Barnowsky und die Bühnen der Gebrüder Rotter. Die REIBARO ist zusammengefaßt eine Mischung aus Sprechtheater und Operetten- Revue –Theater; die Gebrüder Rotter haben in ihrem Theaterkonzern Sprechtheater, Musiktheater, Operette sowie Revuetheater zusammengefaßt. 

Die große finanzielle Belastung für alle Theater waren die hohen Abgaben wie z.B. die Sozialabgaben, die Luxus-oder Vergnügungssteuer, dazu kamen die hohen Gagen für die Stars sowie die laufenden Betriebskosten.  Privattheater mußten demnach en suite spielen, d.h. auch in den Sommermonaten; dafür bietet sich das sogen. „leichte Genre“ wie von selbst an – Komödien, Schwänke, Operetten, Revueoperetten – das alles  besaß  den verführerischen Status „Unterhaltung“.

Was also lag näher als das „Sommerloch“ mit einer Revueoperette zu füllen?

Zurück zu Max Reinhardt. Der Regisseur hatte seit Jahren eine Operette von Jacques Offenbach zu seinem „Objekt der Regie-Begierde“ ausgewählt:  Das Pariser Leben.

Das Pariser Leben, La Vie Parisienne  ist ein rasant gezeichnetes Bild des Paris der 1860er Jahre – und sehr zeitgebunden in seiner Textgestaltung, Paris feiert sich als Tourismusmetropole – und eine echte OFFENBACHIADE. Formal ist La Vie Parisienne eine Art Vaudeville, was soviel heißt: Text und Couplets wechseln sich ab, wenig große Musiknummern für Solo, viele Tanzszenen und Chor.

Das Pariser Leben bietet dem Regisseur Reinhardt: kurze Szenen, viele Tanzszenen, Dialoge und als Spielort (Bühnenbild) einen Bahnhof, einen Salon in einem Privathaus sowie ein Restaurant oder Café.  

Bei Offenbach: Salon chez Gardefeu, Salon  de l’Hôtel de Quimper-Karadec* und ein Restaurant oder Café.

  • l’Hôtel ist die Bezeichnung im französischen für ein großes Wohnhaus  mit gelegentlichem palaisartiger Architekur. Es ist kein Beherbungsbetrieb.

Zusammenfassend: wenig bühnentechnischer Aufwand, weil vieles durch Requisitentausch verändert werden könnte. Kostensparend!

Die kurzen Szenen, Filmsequenzen ähnlich, die Dialoge – für die Besetzung mit Schauspielern nicht sehr aufwendig, viele Tanzszenen (Reynaldo Hahn nannte das Pariser Leben „un délire dansant“) der musikalische Anteil, Orchester, (kostenintensiv) kann minimiert werden. Begriff Reinhardt die Offenbach’schen Operetten als „Le Rire dansant“? – hat er mit der gemeinsam mit Korngold  ausgewählten Der Fledermaus diesem „Tanzenden Lachen“  Gestalt geben wollen?


Erich Wolfgang Korngold und Max Reinhardt 

'Vorspiel' 

Um das erste Zusammentreffen, 1910/11 mit dem berühmten Regisseur Max Reinhardt und dem ebenso berühmten Duo Korngold –Vater und Sohn – Julius Korngold, Wiens berühmtester, berüchtigster  Kritiker und Erich Wolfgang, dem Wunderkind, der junge Komponist auf dem Weg zum Ruhm – ranken sich verschiedene Berichte, Legenden.

Am 12.September 1910 fand in der Musikfesthalle in München die Uraufführung der VIII. Symphonie von Gustav Mahler statt.

Reinhardt zählte zum Kreis der prominenten Ehrengäste wie auch die Korngolds. Eine Begegnung ist nicht verbürgt.

Für das Jahr 1911 gibt es weitere Angaben über Begegnungen, Vorspielen – doch es bleibt letztlich unerheblich für die spätere Zusammenarbeit, wann und wo die erste Begegnung tatsächlich stattgefunden haben könnte.

De facto dürfte der erste Kontakt vermutlich über den Komponisten und Dirigent Alexander Zemlinsky zustande gekommen sein; Erich Wolfgang Korngold war Schüler von Alexander Zemlinksy. Zemlinsky war als Dirigent für Die schöne Helena (Jacques Offenbach) von Reinhardt für den Sommer 1911 engagiert worden, sein Schüler reiste ihm nach München nach. Im September 1911 wechselte Zemlinksy in das Engagement als Dirigent an das Neue Deutsche Theater in Prag; damit fand der Unterricht ein Ende.


… In den Proben zur „Schönen Helena“ sah man auch des öfteren den vierzehnjährigen Schüler des Dirigenten Alexander Zemlinksy … Daß Korngold eines Tages Reinhardts engster musikalischer Mitarbeiter werden sollte, speziell bei so mancher unfrommen „Helene“ ahnte damals freilich noch niemand …

Gottfried Reinhardt, S. 146f.

1925: Reinhardt sucht einen Komponisten für die geplante Aufführung der Turandot von Carlo Gozzi für die Salzburger Festspiele; seine Wahl fällt auf Erich Wolfgang Korngold.

Doch Korngold lehnte das Angebot ab, mit der Begründung, er wolle nicht „nachkomponieren“.

Der Hintergrund der Absage: Am 29.November 1924 war Giacomo Puccini gestorben, sein letztes Werk, die Oper Turandot blieb Fragment. Der weltberühmte  Komponist und Erich Wolfgang Korngold kannten sich, hatten miteinander musiziert. Puccini hatte dem jungen Komponisten viel Wertschätzung entgegengebracht; Erich Wolfgang Korngold seinerseits verehrte den Maestro und er hätte es als pietätlos empfunden so knapp nach dessen  Tod Musik zu einer – wenn auch nur eine Bühnenmusik für das Drama Turandot zu komponieren.

Die konkrete Zusammenarbeit beginnt 1929 mit einem Gespräch zwischen dem Komponisten und dem Regisseur, dem Theaterdirektor in den Räumen des Theaters in der Josefstadt in Wien.

Frühjahr 1929: 

… Max Reinhardt ließ anfragen, ob Erich „La Vie Parisienne“ von Offenbach für das Deutsche Theater in Berlin bearbeiten und dirigieren wolle. Erich zeigte sich das zweite Mal abgeneigt … erklärte er halte er halte „La Vie Parisienne“ für ein schwaches Werk … schließlich um nicht unhöflich zu erscheinen ging er doch zu Reinhardt ins Theater in der Josefstadt. Er kam zurück mit einem amüsiert-verlegenen Lächeln und – einem Kontrakt von dort zurück.  Er hatte Reinhardt seine Zweifel mitgeteilt … der bemerkte nur ruhig: „ Was würden Sie vorschlagen?“- Erich erwiderte spontan: „Warum machen Sie nicht die Fledermaus?“. Er könne, wenn ihm für Rosalinde, Adele und Alfred drei erstklassige Sänger zur Verfügung stünden, die übrigen Rollen der Operette für die Schauspieler arrangieren. … In der ersten halben Stunde ihres Zusammentreffens hatten Reinhardt und Korngold das Wesentliche für die Aufführung besprochen ….

 '… Wer hätte je einen ausgesprochenen oder unausgesprochenen Wunsch Reinhardts unerfüllt gelassen? Jeder, der seine Nähe, seine Persönlichkeit erleben durfte, setzte sein Äußerstes ein, diesem kreativen Geist im Schaffen seiner Phantasiegebilde beizustehen. Wenn Reinhardt die grauen Augen enttäuscht oder resigniert abwandte, so fühlte man sich schuldig wie vor einem Kind, dem man sein Lieblingsspielzeug vorenthalten hatte.

Reinhardt, dem „Professor“ wurde ich nach der Probe vorgeführt. Als ich das erste Mal dem direkten, neugierigen Blick der seltsam lichten Augen begegnete, geriet ich derart in Verwirrung, daß ich über und über errötete. Diese bemerkenswerte Persönlichkeit hatte die eigenartige Fähigkeit, Menschen einzuschüchtern, sie immer auf Distanz zu halten und gleichzeitig das Letzte und das Beste aus ihnen herauszuholen. …

Luzi Korngold, Erich Wolfgang Korngold, S. 50ff.

Hubert Marischka, Direktor und Eigentümer des Theaters an der Wien kämpfte – wie alle Theaterdirektoren seiner Zeit – um das Überleben seiner Bühne und versuchten mit Gastspielen erfolgreicher Produktionen viel, und auch neues Publikum anzuziehen. Für den Spätherbst 1928 hatte er Artisten (Georges Watters, Arthur Hopkins), ein revueähnliches Singspiel, das Reinhardt am Deutschen Theater erfolgreich herausgebracht, zu einem Gastspiel verpflichtet. Es gab 48 Vorstellungen, darauf sollte die Premiere von Rosen aus dem Süden von Leo Fall in der Bearbeitung von Korngold folgen, die allerdings erst am 22. Februar 1929 stattfinden konnte.

Korngold hatte 1923 mit einer Neubearbeitung  von Eine Nacht in Venedig, dieser lang vergessenen Strauß-Operette ein neues und erfolgreiches Bühnenleben gegeben. Er war seit jeher ein großer Kenner und Liebhaber der Musik von Johann Strauß jun., besaß zudem das volle Vertrauen und für  eventuelle Eingriffe in die musikalische Substanz das volle Einverständnis der Witwe Johann Strauß, Adele Strauß. Auf diese erste Operetten-bearbeitung folgten weitere Aufträge von Marischka. Ende 1928 erhielt er den Auftrag Rosen aus dem Süden von Leo Fall, der während der Arbeit an dieser Operette 1925 gestorben war, aus den Skizzen eine bühnenreife Fassung zu erstellen.

Gottfried Reinhardt berichtet ausführlich, daß sein Vater keineswegs ein Operetten-Liebhaber gewesen wäre, im Gegenteil, meint Gottfried, der Sohn, er verabscheute sie. Nur die Operetten von Jacques Offenbach hielt er für aufführungswürdig; seine ganz besondere Liebe hätte dem Pariser Leben gegolten. Noch bis zu dem entscheidenden Gespräch 1929 mit Korngold habe er diesen Plan verfolgt.  

… das ihm Korngold ausredete… Er war es, der stattdessen „Die Fledermaus“ vorschlug. … . Dieser spielte ihm das Werk am Klavier vor, und die musikalische Persönlichkeit des Interpreten bezauberte meinen Vater sogleich. Ich sage absichtlich „Interpret“, denn die Melodien können ihm nicht neu gewesen sein, und Korngolds eigenen Kompositionen konnte er nie etwas abgewinnen. Er hat sich auch mit ihnen niemals beschäftigt. …

Gottfried Reinhardt, S. 58f

' '                                      

Die Fledermaus''', Berlin, Deutsches Theater, 8.Juni 1929' 

                                          

… Was stets Reinhardts Bestreben gewesen war: das Publikum mit einzubeziehen, eine Brücke zwischen Bühne und Zuschauerraum zu bauen, hier hatte es höchste Vollendung gefunden. Die Stimmung von Sorglosigkeit und Leichtigkeit strahlte vom letzten Statisten auf den letzten Galeriebesucher aus, etwas wie eine selige Berauschtheit bemächtigte sich der Menschen, die nicht länger Publikum, mit „Brüderlein und Schwesterlein“ auf der Bühne einen Bund schlossen.

Luzi Korngold, S.50ff.

Luzi Korngold erhält in diesem quiproquo rund die Fledermaus seit ihrer Aufführung in Berlin 1929 eine – ich möchte sagen „zeichnende Rolle“. Sie begleitet ihren Mann Erich auch auf den Tourneen, muß gelegentlich korreptieren und – als begabte Zeichnerin hält sie fest:

seit ihrem ersten gemeinsamen Gespräch im Theater in der Josefstadt, 1929 „sinnen Max und Erich nur auf Possen“ wie man es heute in „Streich-Büchlein“ nachlesen kann. Luzi Korngold hat diesen „Streich“  den Streichen von „Max und Moritz“ von Wilhelm Busch abgelauscht.

Das Büchlein ist mit 1933 datiert; Inhalt: die Abenteuer „einer Fledermaus“. 


Zur Aufführung

Gusti Adler, Max Reinhardts Privatsekretärin und quasi so etwas wie ein „Mädchen für alles“ begleitete seine private Welt und seine theatralischen Träume. Sie erinnert sich:

Reinhardts Wunsch, die Fledermaus zu inszenieren, lag Jahre zurück. Jede verstaubte Fledermausaufführung, die er im Laufe seines Lebens gesehen haben mag, hat ihn wohl darin bestärkt. Es war ihm klar, daß nur ein Schauspieler – nicht ein Sänger – die Rolle des Eisenstein wirksam darstellen könne: Hermann Thimig erfüllte seine Erwartungen. Er war musikalisch, beschwingt, seine Komik wurzelte im Menschlichen. Bei Rosalinde (Maria Rajdl) und Adele (Adele Kern) überwog das Gesangliche, aber auch bei ihnen gelang es Reinhardt, ihre Darstellung vom Opernhaften zu befreien.

Gusti Adler, S. 246 ff.

136 mal „flatterte und tanzte“ Die Fledermaus über die Bühne des Deutschen Theaters, bevor sie in ein anderes Theater übersiedelte. Die letzte Vorstellung wurde zum Fest, zur Fest-Vorstellung:  Am 30.Mai 1930 feierte Max Reinhardt sein 25 - jährigen Bühnenjubiläum als Theaterdirektor des Deutschen Theaters/Kammerspiele. Es spielten Mitglieder der Staatskapelle der Oper Unter den Linden, dirigiert von Erich Wolfgang Korngold. Die Adele hatte Maria Ivogün übernommen und Maria Rajdl sang wie bei der Premiere die Rosalinde.

Gottfried Reinhardt als Zeitzeuge, Besucher, als Sohn doch etwas „befangen“ – und wenn man seine Aussagen zum Thema Musik auf der Bühne, sei es als Bühnenmusik, sei es als Musiktheater aufmerksam liest, kommt man um die Tatsache nicht herum: er hatte für Musik wohl nicht das „richtige Ohr“. Er  erinnert sich an die Premiere:

 „ … Reinhardt nahm der Verknüpfung von begnadeter Musik und billigem Schwank die Zufälligkeit. Er nahm dem Schwank das Billige und der Musik die theaterfeindliche Vormachtstellung. Er verschmolz seinerseits Musik und Handlung durch ein der Musik kongeniale Aufführung, welche die Handlung nicht ganz ernst nahm, ihr hauptsächlich den Übermut entlehnte. … Der Akzent auf dem Schauspielerischen hatte Änderungen in der Partitur notwendig gemacht. Melodien mußten ins Orchester verlegt werden. Im übrigen erforderte der freie tänzerische und sprachlich-rhythmische  Stil der Regie mehrere musikalische Einlagen (aus anderen Strauß-Werken). Klugheit …. Gebot, daß Frau Adele (Strauß) diese Neuerungen, wenn möglich coram publico gutheiße'.[Anm.d.Verf.: weswegen sie zur öffentlichen Generalprobe eingeladen wurde] …

„ Im ersten Bild … da kommt … jener Auftakt, nicht zu kurz und nicht zu lang – eine stumme, wenngleich in diesem Fall füglich von Musik begleitete Szene … eine einzige … Vision schien … den Geist des stückes zusammenzufassen und die Richtung anzugeben.  Diesmal lüftete sich der Vorhang über blühenden Kastanienbäumen. An einem der Tische des Wirtsgartens sitzt eine einsame Figur, ein Stutzer im wallendem Cape, und pafft besinnlich an einer glimmenden Zigarette in langer Spitze. Sein ruppiges Lächeln kündigt allerlei sündhafte Pläne für den dämmernden Abend an. Die Lichter gehen an, und Wiener Walzerklänge wehen durch Blätter und Zweige. Musik liegt in der Luft. Sie beschwingt den Gast. Die Zigarettenspitze wird zum zwanglosenTaktstock. Er leert das Glas, … wirft salopp eine klingende Münze auf die Tischplatte und erhebt sich. Das Cape breitet sich aus. Halb Herr, halb Flattertier, wiegt sich Falke  … im Rhythmus. Seine federnden Schritte, die kaum den Boden zu berühren scheinen, werden Walzerschritte. Immer übermütiger flattert das Cape, kreist die Zigarettenspitze; schwingt, tanzt, fliegt das Geschöpf ab. Ab? In die nächste Szene. Denn die Bühne selbst ist angesteckt und hat sich zu drehen begonnen. Die nächste Szene tanzt gleichsam ins Bild. Das Spiel mag anheben. Die von Falke geschmiedeten Pläne dürfen sich verwirklichen – unter den Fittichen dieser Kreatur. … wie aus dem Nichts sind die Elemente des Kommenden beschworen: Wien, Schabernack im Dreivierteltakt, Liebesspiel, ein Schluck zuviel. …

Der 2. Akt  Das Fest beim Prinzen Orlofsky

… die Gäste (versammeln) sich in den Vorräumlichkeiten des Ballsaals. Keine Komparsen, auch kein konventioneller Chor. Statt dessen hat jeder Herr und jede Dame einen Satz: Klatsch, parlando, skandierte Vorfreude mit rhythmisch pointierten Gesten, angefeuert von einem aufreizenden Mm-ta-ta, Mm-ta-ta, das von Korngolds Miniaturklavier quer neben seinem Pult zur Bühne dringt. Darauf begleitet er die „Verlegenheitsszene“ – sowie die ganze Vorstellung durchwirkenden ähnlichen Impromptus – und zaubert Rhythmen, Melodiefetzen aus Strauß-Motiven in seiner unnachahmlichen Art.  …

Gottfried Reinhardt,  S. 63ff.

Die Aussagen von Gottfried Reinhardt sind ein wenig widersprüchlich, denn im gleichen Atemzug versichert er:

 …Er [Max Reinhardt]verschmolz seinerseits Musik und Handlung durch ein der Musik kongeniale Aufführung, welche die Handlung nicht ganz ernst nahm, ihr hauptsächlich den Übermut entlehnte. …

Gottfried Reinhardt, S. 63ff.

Auch der erinnernde Bericht von Gusti Adler über die Premiere von 1929 enthält ein „Mißverständnis“- ein grundlegendes, wie ich behaupten möchte. Der Komponist Johann Strauß hat seine Musik aus dem Text „herausgehört“ – „hineingehört“ und nicht wie diese Erzählungen nahe legen, dem Text seine Musik, seine Komposition „unterlegt“.

Ein kleines Beispiel nur: Adele, Auftritt, 1.Akt, 1. Szene: sie liest im Brief ihrer Schwester Ida und setzt mit einer abfallenden Koloratur mit etlichen Staccati ihrem Auftritt den entsprechenden Akzent – etwas „jammernd“, aber nur ein bißchen, denn ganz so ernst meint sie es nun auch wieder nicht! Und sie endet im wiegenden 6/8 Takt „ach warum schufst du Natur, mich zur Kammerjungfer nur!...“


                     Die Premierenbesetzung vom 8.Juni 1929


                            Eisenstein – Tenor, besetzt mit  Hermann Thimig, Schauspieler

                            Rosalinde, seine Frau – Sopran,  Maria Rajdl, Sängerin

                            Frank , Gefängnisdirektor – Bariton, besetzt mit Otto Wallburg, Schauspieler

                            Prinz Orlofsky – Mezzosopran/Alt, besetzt mit Oskar Karlweis, Schauspieler

                            Alfred, Sänger – Tenor, Carl Jöken, Sänger

                            Dr. Falke – Bariton, besetzt mit Tibor Halmay, Schauspieler und Pantomime

                            Dr.Blind, Notar – Baß, besetzt mit Josef Danegger, Schauspieler

                            Adele, Kammerjungfer – Sopran, Adele Kern

                            Frosch, Gefängnisdiener  - Sprechrolle,  besetzt mit Hans Moser

                            Die Gäste (Chor) und die Entourage des Prinzen 

                            Choreographie: Grete Wiesenthal

                            Bühne und Kostüme: Ludwig Kainer

                            Regie: Max Reinhardt

                            Berliner Symphonie-Orchester

                            Dirigent und am Flügel: Erich Wolfgang Korngold


… Alles war auf eine Synthese von Wort und Tanz gestellt. Während der Ouvertüre wurde die sonst etwas verworrene Vorgeschichte der „Fledermaus“ für jedermann dadurch klar, daß man den Schauspieler Tibor von Halmay als Falke im Kostüm der Fledermaus durch die stadt tanzen sah. … Eisenstein war … Hermann Thimig, der seinen Text mit äußerster rhythmischer Präzision brachte. … Erich Wolfgang Korngold nahm schwerwiegende Eingriffe '['in die Partitur, Anm.d.Verf.] vor. Zunächst mußte er Phrasen der Gesangsstimmen, die von Sprechschauspielerinnen nicht gebracht werden konnten, ins Orchester umschreiben. Er legte Nummern aus anderen Straußwerken ein; im ersten Akt gab es ein richtiges Striptease-Duett, bei welchem Adele ihrer „Gnädigen“ Rosalinde zu einem Thema aus „Ritter Pasman“ ins Negligé half. ‘Machen Sie sich’s luftig, machen Sie sich’s duftig… ‚ sang man … Schlagerstil der Zwanziger Jahre.[ Gottfried Reinhardt]… Korngold, ein blendender Pianist, dirigierte vom Flügel aus und unterlegte den Dialogen phantasierend Straußmelodien. … „Das Licht hat gesungen“ , erzählt er [Gottfried Reinhardt] …

Marcel Prawy, Johann Strauß, Geschichte im Walzertakt, Molden-Taschenbuch 125, S. 188f.

Marcel Prawy, 1938 aus Wien emigriert, zunächst als Sekretär des Sängerehepaares Marta Eggert und Jan Kiepura, wechselte von New York nach Hollywood; auf der Suche nach einer Beschäftigungsmöglichkeit trat er auch mit dem Kreis um Salka Viertel in Kontakt. In diesem Mittelpunkt der Emigrantenszene in Hollywood lernte er u.a. Gottfried Reinhardt kennen. Prawy, schon damals so etwas wie ein „Mister Opera“ (seit seiner Jugend  gab es kaum eine Opernvorstellung oder ein anderes musiktheatralisches Ereignis, das nicht seine unersättliche Musikneugier geweckte hätte). Was lag also näher als Gottfried Reinhardt auszufragen ?! Prawy hatte von der Berliner Fledermaus gehört, war vielleicht sogar in eine Vorstellung gewesen.

Gusti Adler zur Vorgeschichte der Inszenierungsträume Reinhardts zur Fledermaus:

… Die Vorgeschichte der „Fledermaus“ hat Reinhardt immer interessiert, und er sprach oft davon ….'[in der französischen Aufführung, schreibt Gusti Adler, Anm.d. Verf.] nahmen die Darsteller zum ersten Mal keine Notiz vom Publikum …. In der Soirée des jungen Prinzen Yermontoff [ in ‚Le Réveillon‘, der in der „Fledermaus“ Orlofsky wird, Anm.d.Verf.] die Darsteller zum ersten Mal keine Notiz von Publikum, …

und sie fügt hinzu, daß es ein lang zurückliegender Wunsch gewesen wäre, Die Fledermaus zu inszenieren.

Gusti Adler, S.246ff.


Sie berichtet weiter, daß Reinhardt vermutlich viele – aus seiner Perspektive oder tatsächlich sehr verstaubte – Aufführungen der Fledermaus gesehen hätte – in Paris, in Berlin, in Wien … und dies hätte ihn in seiner Überzeugung bestärkt, daß vor allem die Partie des Eisenstein nur von einem Schauspieler dargestellt werden könne; die Hosenrolle des Orlofsky hätte er lächerlich gefunden und er war der Meinung diese Partie müßte unbedingt von einem Mann gesungen werden.

Luzi Korngold dagegen ist der Meinung, die Umdeutung von „junger gelangweilter Mann“ zum „gelangweilten ältlichen Habitué“ wäre eine Idee von Korngold gewesen.


Max Reinhardt über die Bearbeitung:

… Es ist nichts in dieser Bearbeitung, was etwa so weit ginge wie die in allen Opernhäusern zur Tradition gewordene Einfügung fremder moderner Musik (Gesellschaftszene z.B. von Lehár). Die Bearbeitung beschränkt sich im Wesentlichen auf den Dialog, der keinen Schutz verlangt, weil er wertlos ist und weil er in der früheren Form sinnlos, unverständlich und veraltet war. Die musikalischen Änderungen, von denen hauptsächlich die Rede ist, beschränken sich hauptsächlich auf die Instrumentierung. …

Gusti Adler, Max Reinhardt an Gusti Adler, 13.10.1937, S.255f.

Die Bemerkung Reinhardts 

… Die musikalischen Änderungen, von denen hauptsächlich die Rede ist,[damit spielt er auf die Kritik an, Anm.d.Verf.] beschränken sich hauptsächlich auf die Instrumentierung…

 

ist – vorsichtig kritisch formuliert - irreführend. Die Eingriffe in die musikalische Textur, durch die neue Textgestaltung, die Besetzung mit Schauspielern sowie die dramaturgische Umgestaltung waren – vor allem im 2.Alt, erheblich; auch wenn Luzi Korngold in ihrer Erzählung diese Eingriffe eher als minimalsitisch definiert.

Reinhardt kritisiert die historische Textfassung von Genée und Haffner, findet diese veraltet, wertlos, besonders die Dialoge. Aus der Sicht der „emanzipierten“ 20er Jahre mag dies teilweise zutreffen, doch so „wertlos und veraltet“ sind diese Dialogtexte nicht. Sie bilden die Verbindung und die Klammer zu den musikalischen Sequenzen, gehen, weil gelegentlich auch als Melodram nahtlos in die Komposition über.

Eine (behutsame) Textrevision für eine Aufführung im Berlin der 20er Jahre war in jedem Falle nötig, denn der Dialog des Originals aus dem Ende des 19.Jh. enthält sprachliche Wendungen, Begriffe, die in den 20er Jahren nicht mehr zum gängigen Sprachgebrauch zählen.

Reinhardt ist der Meinung der Dialogtext verlange keinen Schutz, weil er wertlos ist.

Daraus ergibt sich aber ein nicht wegzudiskutierender Widerspruch: Die von Richard Genée(unter Mitarbeit von Carl Haffner) vorgebenen Dialoge – unabhängig von den zeitgebundenen Formulierungen, enthalten sprachliche Details, Formulierungen, die die jeweilige Figur charakterisieren, ihr Eigenleben geben und das Lokalkolorit zeichnen.

Die neuen Dialoge stehen im häufig eklatanten Gegensatz zu den gesungenen Texten.

Die Umorientierung des Prinzen Orlofsky  - aus dem „jungen Prinzen, jungen Mann“(1. Akt, Szene Falke – Eisenstein- Komm mit mir zum Souper) wird bei Reinhardt eine Männerrolle, die er  mit einem Schauspieler besetzt.

Musikalisch bedeutet das: Teile der Gesangspartie, von Johann Strauß als Hosenrolle(Mezzo oder Alt) komponiert, müssen dem Schauspieler angepaßt werden oder ins Orchester verlegt werden.

Für eine Aufführung 1929 mußte das alte, überlieferte Orchesternotenmaterial genutzt werden; in diesem Notenmaterial  ist Orlofksy als 2.Sopran ausgezeichnet; der Blick in die  Besetzungzettel aus verschiedensten Jahren und Theatern ergibt: Orlofsky ist eine Hosenrolle.

Es bleibt die Frage: warum fand Reinhardt eine Hosenrolle „lächerlich“ ? – Als er die Personenregie für die UA des Rosenkavalier übernahm, war eine der Hauptrollen – eine Hosenrolle. Und wie stand er z.B. zu der Partie des Cherubino in Mozarts Le Nozze del Figaro? Die von Gusti Adler erinnerte Bemerkung des „Lächerlichen“ mutet als erinnerter Irrtum an.

Mit der Umdeutung in – reifer Mann – hat Reinhardt der Rolle auch etwas sehr Wichtiges genommen:– die Unentschiedenheit zwischen zwei Entwicklungsstufen – noch Jüngling, der eben seine Kindheit abgestreift hat und doch schon Mann; was den besonderen„charme“ der Hosenrolle ausmacht.  Und dieser junge Mann kaschiert seine seelischen Spannungen indem er sich als „blasé“ präsentiert und seine Millionen als Ballast betrachtet.     

Der reife Mann, der nun nach dem Willen des Regisseurs an seine Stelle tritt, wird zum Habitué, zum gelangweilten Genießer, dem nichts mehr fremd ist und der seine Millionen genießerisch für seine Marotten nutzt. 

Und nochmals Gusti Adler: Sie erzählt voller Euphorie  von der begeisterten Probenatmosphäre, die sich noch steigert, wenn sie Details der Aufführung auflistet.

Sie beendet ihren Ausführungen von den Aufführungen und Plänen Reinhardts zur Fledermaus  mit dem Bericht über eine Idee zu einer  Fledermaus -Inszenierung für die Salzburger Festspiele 1937. Spielstätte sollte das Landestheater sein. Die verfügbaren rund 600 Sitze des Theaters waren ihm nicht ausreichend, auch die technischen Einrichtungen des Hauses, fand er unzureichend; er kannte das Haus gut, denn bevor ihn Otto Brahm nach Berlin holte,hatte er für eine Spielzeit am Landestheaterengagiert gewesen. Mit einem Wort – für seine Fledermaus müßte das Haus umgebaut werden – Reinhardt der Theater-Umbauer! Kostenfrage: quantité negligeable – wie immer.

Vgl. dazu Gusti Adler, S.255 ff.


Ich greife einige Beispiele der Bearbeitung heraus. Grundlage ist der Klavierauszug von 1930, publ. bei August Cranz 1930, C 46 860

Ouverture blieb unverändert

1.Akt, 1.Szene      

Auftritt Falke:

Aus der Introduktion des Walzers „Geschichten aus dem Wiener Wald“  erklingen einzelne  Motive. Falke tritt auf und beginnt bei  Zi 2 seine Pantomime, tanzt hinaus bis Zi 4.

Die Pantomime, der Tanz der Fledermaus alias Dr. Falke, ist der für Reinhardts theatralische Kunst der typische, wirkungsvolle „Auftakt“  – das Publikum  wird in die nun folgende Story hineingezogen.  

Alfred, Adele.  

Mit Zi 4 beginnt das ursprünglich 10 –taktige Vorspiel für den Auftritt Alfred (hinter der Bühne) auf 4 Takte reduziert.

Zi 5 – 9

Eine kurze neue Szene zum Auftritt von Adele mit neuem Text und zu den Klängen zum 3. Walzer aus Geschichten aus dem Wiener Wald.

Zi 6

Text Adele: Das ist der neue Tanz, den sie jetzt überall tanzen.

Nur: Welchen Tanz meint Adele? – das Orchester spielt Motive aus dem Walzer Geschichten aus dem Wiener Wald.  

1929 war der (Wiener) Walzer kein neuer Tanz mehr. Selbst wenn man berücksichtigt, daß die Inszenierung auf die Entstehungszeit der Fledermaus zurückgreift, war der Walzer kein neuer Tanz mehr. Der Walzer, oder vielmehr „die Walzer“ war(en) DER neueste Modetanz des Biedermeier, also 1.H.des 19.Jh. Die Form der Walzerkette hatte Johann Strauß jun. übernommen, mit Introduktion und Coda aber zu der Tanzform gebündelt, die allegmein geläufig „Walzer“ genannt wird. Welchen Tanz also meint Adele? Einen der neuen Tänze der 20er Jahre? Charleston, Slow Fox usw.?

Mit Zi 9 kehrt die Musik zurück zur Original Fledermaus     

Adele: hahaha(Koloratur, Kadenz), Was schreibt meine Schwester Ida? ...

Endet:

… mich zur Kammerjungfer nur !

Im schwingenden 6/8 Takt

Rezitativ, N° 1 ¼

Rosalinde, Adele, Alfred

Dialogszene – Adele bittet darum, den Abend frei zu bekommen und Rosalinde sinniert über ihre ehemalige Beziehung zu Alfred. Gesprochen wird auf Tonhöhe? – Korngold begleitet die Szene am Klavier, Alfred singt hinter der Bühne

1.Akt , 4.Szene, bez, 4 ½ Duett und Szene Rosalinde, Adele, später Alfred

 Beginnt:

Tempo di Polka (moderato)

Rosalinde: … Also in Gottes Namen, gib mir das Negligé,

Adele:

 Machen Sie sich’s luftig, machen Sie sich’s duftig! Man muß leicht sein zum Souper!

Rosalinde: Ach nicht doch!

Adele: Kleider machen Sorgen, heute wie auch morgen! Frei macht erst das Negligé …

Neu eingefügte Szene, die Musik ist eine Paraphrase aus Motiven des 1. Walzers Rosen aus dem Süden (aus: Das Spitzentuch der Königin); Korngold begleitete am Klavier.

Eine Szene zwischen zwei Frauen, wie sie intimer nicht sein könnte. Rosalinde entledigt sich kichernd, unterstützt von Adele, ihrer vielen Unterröcke, der Tournure (Cul de Paris), des Korsetts und gibt Adele am Schluß der Szene frei; sie darf ausgehen … Rosalinde erwartet Alfred.

Kurzes Zwischenspiel auf dem Klavier von  Erich Wolfgang Korngold

Auftritt Alfred bei Zi 6, Walzertempo, Harfe und später Solovioline, bei Zi 7 Solo-Cello.

Diese Zwischenszene,  ursprünglich eine Dialogszene, wird zum Melodram,  der gesprochene Text ist mit Musik unterlegt; vergleichbar einem Rezitativ.

Alfred wird von der Solovioline begleitet (in Le Reveillon von Meilhac/Halévy ist er Violinist)

Die Überleitung zum Finale spielt das Solo Cello, pp mit Harfe

folgt

N° 5 Finale mit Trinklied, Couplet, Terzett

weitgehend unveränderter Text

Trinklied – Trinke Liebchen, trinke schnell

Auftritt Frank

Couplet – Mein Herr was dächten Sie von mir

Terzett

2. Akt

Der Regisseur Max Reinhardt ließ im zweiten Akt  seiner szenischen Phantasie freien Lauf, die Drehbühne spielte mit  – und nur dort, wo ihm die musikalische Form Grenzen setzte, blieb das Werk von Johann Strauß unangetastet; der Text von Richard Genée/Carl Haffner nicht unbedingt. Ich greife nur die wichtigsten Veränderungen heraus:

N°6 Introduktion und Chor Ein Souper uns heute winkt

Zi 4 Gäste treffen ein

Zi 6 ''Wie fliehen die Stunden … Amüsement, Amüsement'' 

6 1/4 Chorsprechszene als Reinhardt’scher Auftakt:

Nach N°6, Entr’act von 24 Takten

Beginnt der Chor  Ein Souper heut uns winkt …  endet …  Amüsement, Amüsement

Einschub der neuen Szene:

N° 6 ¼ 

Die Gäste geben ihre Garderobe ab

Walzertakt, von Korngold am Klavier begleitet, gelegentlich Blech(Horn, Posaune) als Unterbrechung – Gesellschaftsszene mit parlierenden Gästen in „pseudo-wienerischer Diktion “.

Folgt als Wiederholung:

N° 6 ½  Verwandlungsmusik, Chor Wie fliehen schnell die Stunden …

Folgt die Einladung von Orlofksy … sich jetzt an das Büffet zu bemühen …

Endet mit …Amüsement, Amüsement …

Mit der neu eingefügten rhythmisierten Chorsprechszene als Garderobenszene hat sich Reinhardt quasi selbst kopiert; Else Eckersberg, die im „Schwierigen“( UA, München 1921) die Rolle der Antoinette Hechingen spielte, erinnert sich daran in : „Schauspieler erzählen über ihre Arbeit mit Max Reinhardt“ publ. in Maske und Kothurn wie Reinhardt die Ankunft der Gäste, Beginn 2.Akt, in ein lockeres Kommen und Gehen mit leisem Geplauder aufgelöst hat.

Nr.7, Orlofsky – Couplet

 Ich lade gern mir Gäste ein …

Neuer Dialog mit Falke endet:  … auf mich wirkt er leider gar nicht so. ..,

Ursprünglicher Dialog Orlofsky mit Falke: 

… Ich habe in meinen achtzehn Jahren vierzig durchlebt, Doktor. Alles langweilt mich, ich kann nicht mehr lachen. Meine Millionen sind mein Unglück.

Die Textstellen in der Original-Dialogfassung: Orlofsky ist ein junger Mann von 18 Jahren und er lebt seine Jugend auch etwas „aggressiv- trotzig“ – singend aus.

Couplet

Ich lade gern mir Gäste ein … 

 wird umtextiert und beginnt: 

Ich bin zu allen Frauen nett,

Ich bin halt so charmant,

ob blond sie sind, ob sie brünett,

ich küsse ihre Hand Madame …

usw.

Johann Strauß notiert diese Ausbrüche durch Sprünge, z.B. von b‘ nach as‘‘, gibt diesem Ungestüm des jungen Mannes auch durch viele Dissonanzen den musikalischen Hintergrund.    

Die nun entstandene Figur nach Reinhardts Vorstellung, der Orlofsky müßte ein reifer Mann sein, ein ältlicher Habitué  aus dem Berlin der 20er Jahre, der seine Millionenbedingte Langeweile als Movens für seine Marotten einsetzt.

Ich lade gern mir Gäste ein, 

man lebt bei mir recht fein, 

man unterhält sich wie man mag, 

oft bis zum hellen Tag. …

Melodie und Rhythmus des neu getexteten Couplets stehen sozusagen „quer“ zum Rhythmus  und der Melodie von Johann Strauß.

Es klingt auch nach Plagiat, wenn Orlofsky sprechend „singt“:

Ich bin halt so charmant

Ich küsse ihre Hand Madame …usw.

Unversehens – und unhörbar - klingt die unvergessene Stimme von Richard Tauber auf, der dieses Tangolied als Double für Harry Liedtke in dem Stummfilm Ich küsse Ihre Hand Madame, einem der letzten Stummfilme, gesungen hat. Die weibliche Hauptrolle spielte Marlene Dietrich, die Filmmusik schrieben Ralph Erwin und Pasquale Perris. Der Text  des Liedes stammt von Fritz Rotter aus Wien.

Dieser Song -  Ich küsse Ihre Hand Madame– war ein Evergreen der ersten Stunde und 1929 hatte das jeder im Ohr … war doch Tauber DER Star im Berlin der 20er Jahre neben Fritzi Massary.

Der Refrain des Couplets bleibt unverändert, nur der Text s’ist mal bei mir so Sitte, chacun a son goût paßt nicht so richtig zu dem in einem Pseudo-Wienerisch auf kess getrimmten  Text.

Die literarische Figur des „blasé“ und seines „ennui“  findet man in der romantischen Literatur (Lord Byron, Alfred de Musset), doch sie lebt weiter in den  Schauspielen von Anton Tschechow oder Alexander Puschkin (Eugen Onegin). Doch vielleicht dachten die beiden Librettisten an den „Hausdichter“ des Carltheater  - an Nestroy und an die wienerische Variante des vom „ennui“ geplagten jungen Mann: an den Herrn von Lips im „Zerissenen“ von Johann Nestroy.

N°8

Ensemble und Couplet

Adele: Sehen Sie dies Fräulein zierlich …

N°8 1/2 Septettino/Walzer

Eine neue Walzerszene (mit Text) auf das Stichwort :

Orlofsky: Ist das ein Walzer ?

Adele, Ida, Mitzi, Orlofsky, Eisenstein, Falke, Frank

Endet mit

Eisenstein: Nein, auch im Walzerschritt sind alle Frauen gleich. Einen Schritt weitergeh’n müssen wir.

Adele: Nein

Eisenstein: Für Sie mach ich offen, was Sie wollen, Madame … geht zum Fenster

Auftritt Rosalinde

N° 9

Duett Rosalinde –Eisenstein – das Uhrenduett: Wie er girret, kokettieret'

N° 10

Neue Szene /szenische Umstellung zur Originalfassung

Beginnt:

Eisenstein: Woll’n Sie den Walzer mir schenken

Sie tanzen in den Saal (Drehbühne) – Ballsaal

Walzer Wein, Weib und Gesang als Einlage für das Ballett

In der Originalfassung: Ballettmusik, die aber bereits zu Lebzeiten Johann Strauß immer wieder gegen einen Strauß-Walzer ausgetauscht wurde.  

N° 10 ½ Toast, Orlofsky und Chor

N° 11 Finale beginnt: Im Feuerstrom der Reben …

es folgt der Csardas Klänge der Heimat, gesungen von Rosalinde

/umgestellt/ aus dem ursprünglichen  Kontext; das „Uhrenduett“ -Rosalinde hat das „corpus delicti“, die Repetieruhr als Liebespfand ihrem Gatten abgenommen und nach einem kurzen Dialog, in dem ihr „Ungartum“ angezweifelt wird, folgt

 Klänge der Heimat …

Dann (im Original) Finale II mit:

Im Feuerstrom der Reben'

Finale in der Fassung Reinhardt/Korngold: Brüderlein und Schwesterlein… (gekürzt)

3.Akt ''' 

N° 12 Entre’act

N° 13 Melodram Frank-Falke neu gestaltet

Der Gefängnisdirektor Frank betritt sein Büro, noch ganz gefangen in der Seligkeit der vergangenen Ballnacht und während er friedlich unter seiner Zeitung eindöst, tritt Falke als Fledermaus auf.

Und wieder ein Reinhardt’scher Auftakt: getarnt als Traumsequenz/Pantomime, beginnt bei T. 17, N°5

N° 6 Walzereinschub in C-Dur

N°6, T. 16 schläft Frank richtig ein

N° 14

Couplet Frank – Adele –Ida Spiel ich die' Unschuld vom Lande …

N° 14 ½

Duettino : Eisenstein-Frank

Duettino ist mit neuem Text unterlegt

Folgt eine kurze Dialogszene; Eisenstein will seine Haftstrafe antreten und erfährt, daß er schon „sitzt“, der neue Text endet mit: Parterre links!

N° 15 Eisenstein im Original als Blind verkleidet(Perückentausch etc.). in der Reinhardt-Fassung spielt er den Konzipienten

Quartett Rosalinde, Alfred, Eisenstein, Blind  Ich stehe voll Zagen…

 ''N° 16 Finale, Solisten und Chor

 O Fledermaus … Champagner hat’s verschuldet!...

Die Majestät wird anerkannt! …

 

 

Rosalinda, New York 1942

 

Vorgeschichte des Projekts „Fledermaus alias Rosalinda“

 

Die Produktionsgesellschaft der Managerin und Pianistin Yolanda Merio-Irion plante eine Fledermaus - Produktion für den Broadway,1942; seit ihrem Start Ende des 19.Jh. in New York,  auf dem Broadway hatte die Operette von Johann Strauß zunächst nicht so richtig Fuß fassen können, ihre New Yorker Bühnenlaufbahn war von Mißerfolgen gekennzeichnet.

Mit der neuen Produktion durch die New Opera Company sollte sich das nach dem Willen der Managerin Merio-Irion ändern. Als mögliches Erfolgsrezept – so ihre Überlegung standen für eine authentische Besetzung die nach New York emigrierten Künstler zur Disposition. Dennoch: Der Start der Rosalinda-Produktion war, faßt man die einzelnen Fakten zusammen, holprig und mühsam.

Autobiographische Aufzeichnungen, oft aus langer zeitlicher Distanz notiert, sind als Zeitzeugen von unschätzbaren Wert; dennoch gibt es in manchen Fällen ein nicht zu unterschätzendes Defizit – die chronologische Überlagerung in der Berichterstattung, oft auch fehlende oder nicht immer korrekt notierte Namen usw.

 Für die Geschichte der Rosalinda ergibt sich aus den autobiographischer Überlieferung :

Da ist die Erzählung von Grete Busch, der Witwe des Dirigenten Fritz Busch, mit Hinweisen zur  New Opera Company, der unfreundliche – um nicht zu sagen unsachliche-  Bericht von Gottfried Reinhardt;  des weiteren in den  Briefen von Max Reinhardt, Helene Thimig,  der Biographie von Luzi Korngold über ihrem Mann Erich Wolfgang Korngold – um nur die wichtigsten Protagonisten rund um die Produktionsgeschichte der Rosalinda zu nennen.

Die künstlerische Exilszene in New York ist ein – bei allen Problemen und Schwierigkeiten der Emigration lebendig, kreativ und voller Ideen und Projektionen; viele bleiben freilich Ideen.

Zu diesen Projekten gehört als eines der wichtigsten die „New Opera Company“. Die Company spielte in New York im Theatre 44th Street; auf dem Spielplan standen z.B. Macbetto von Giuseppe Verdi, oder Cosi fan tutte von Wolfgang Amadé Mozart. Der Dirigent dieser Produktionen war Fritz Busch.

Fritz Busch, am 7. März 1933 von der NS-Zelle der Dresdner Oper aus seinem Engagement gejagt, war emigriert; 1934 wurde das Festival of Glyndebourne eröffnet. Zu den „Gründervätern“ gehörte neben dem Initiator John Christie, der ebenfalls emigrierte Carl Ebert, Regisseur der Städtischen Oper und der Staatsoper Unter den Linden, Berlin sowie Rudolf Bing, u.a. Assistent von Carl Ebert, aus Berlin emigriert. Die von Fritz Busch in Glyndebourne dirigierten Aufführungen galten als „Musteraufführungen“. Der Kriegsbeginn bedeutete auch das Ende des Festivals von Glyndebourne.

In New York plante Fritz Busch, assistiert von seinem Sohn Hans,  in Zusammenarbeit mit der New Opera Company eine „Replik“ dieser Glyndebourner Musteraufführungen.

Die General Managerin der New Opera Company war die Pianistin Yolanda Merio-Irion. Sie war aber sehr viel mehr, sie war der „gute Geist“ der New Yorker musikalischen Emigration, half wo sie konnte – nur vom Theater – so ganz im allgemeinen - verstand sie nichts. Das hinderte sie aber nicht daran Opernproduktionen zu planen und zu realisieren. Doch als sie bei Fritz Busch anfragte (er war damals in Buenos  Aires, am Teatro Colón für die deutsche Saison, engagiert), ob er die Fledermaus in New York, für die New Opera Company dirigieren würde, lehnte er ab:

… Besonders beunruhigt bin ich von dem in Ihrem Namen ausgesprochenen Wunsch, daß, dem Beispiel Max Reinhardts folgend, die Rolle des Orlofsky mit einem männlichen Vertreter (Oskar Karlweis) gegeben werden soll. … daß ich … immer wieder betont habe, daß ich … nur eine traditionelle ‚Fledermaus‘  dirigieren könnte, frei von allen snobistischen Zutten und Veränderungen . … die Musik [verlangt] einen Mezzo, … den Orlofsky mit einem älteren Herren zu besetzen – so charmant er auch … sein mag. …  Mit Entsetzen erwarte ich den Moment, in dem Cherubino von einem Bariton gesungen werden wird! …Mit solchen Experimenten kann ich nicht einverstanden sein. …

 

Grete Busch, Fritz Busch, Dirigent. Fischer Taschenbuch 5648, Frankfurt/M. 1985, S. 227f.

Grete Busch berichtet weiter:

Für dieses Projekt rief sie (Irion) übrigens Max Reinhardt zu Hilfe, der aus der Fledermaus eine Rosalinda machte; sie wurde … ein Kassenerfolg. Das Stück wurde anfangs von Erich Wolfgang Korngold dirigiert, der Ende 1942 seinen alten Freund Rudolf  Kolisch als assistant concert master ans erste Pult holte …


Realiter kam Max Reinhardt erst sehr viel später ins Spiel. Merio-Irion hatte als Regisseur der Produktion zunächst Felix Brentano(d.i.Felix Weissgeber) engagiert; Brentano war vor seiner Emigration 1933 als Regieassistent am Deutschen Theater, bei Reinhardt engagiert gewesen; er sollte Die Fledermaus nach dem Reinhardt-Regiebuch von 1929 auf die Bühne bringen. Als Dirigent wurde Erich Wolfgang Korngold angefragt. Die Produzentin Merio Irion hatte allerdings „ihre Rechnung“ ohne Korngold gemacht; dieser bestand darauf, daß Reinhardt die Regie übernehmen sollte. Der Hintergrund: für die Broadway-Produzenten galt Reinhardt als schwierig, teuer und seine szenischen Realisierung als viel zu aufwendig und kostenintensiv.

… Eines Tages erhielt Erich von der New Opera Company in New York ein Telegramm mit der Anfrage, ob er bereit wäre, dort die „Fledermaus“ zu dirigieren.  … 

Schreibt Luzi Korngold in ihren Erinnerungen,  S. 83f.

Und sie berichtet weiter, wie es Korngold gelang, Max Reinhardt als „Producer“ durchzusetzen. Sie erzählt von der Produktion, von ihren Spaziergängen mit Reinhardt durch New York – und von dem Erfolg des Abends, bei dem Erich Wolfgang Korngold vom Klavier aus dirigiert hatte.


Helene Thimig, die in Los Angeles geblieben ist, um den Workshop weiterzuführen, schreibt etwas besorgt an Max Reinhardt:

… Über die „Fledermaus“ erzählte mir Frau Korngold! Aber ob etwas entschieden ist? Ich fürchte so sehr, daß eine Einnahme dich zu etwas zwingt, das dir schaden kann! Es soll doch ‚Volksoper‘ Niveau sein! …

Helene Thimig an Max Reinhardt, 6.10.1942, Nr. 261

Der Hinweis von Helene Thimig auf „Einnahme“ erzählt unbewußt von den enormen finanziellen Problemen (ohne auf Details einzugehen) mit denen Thimig- Reinhardt zu kämpfen hatten. Reinhardt mußte Geld verdienen und darauf zielt Helene Thimig ab; er konnte es sich nicht erlauben ein Engagement abzulehnen, selbst wenn es seinem künstlerischen Selbstverständnis zuwiderlief. Nur für die Fledermaus war ihre Sorge unberechtigt, auch durch das Eingreifen von Korngold.

Mit dem Hinweis „es sollte doch ‚Volksoper‘ sein“ spricht Helene Thimig die Einschätzung der Operette durch Reinhardt an – und greift damit zurück auf seine Anfänge. In einem Brief an Berthold Held schreibt der junge Reinhardt, daß er „Volkstheater“ – Theater für alle machen wolle.

 

Rückblick: Die künstlerische und private Verbindung zwischen Reinhardt und Korngold


… wäre es uns gegeben gewesen in die Zukunft zu schauen, hätten wir diesen 8. Juni im Kalender rot anstreichen müssen.

Ohne diese erste kongeniale Zusammenarbeit wäre Reinhardts schicksalshaftes Telegramm, das uns 1934 nach Amerika rief, niemals abgesandt worden. Der Grundstein zu einer Verbundenheit war gelegt, die fünfzehn Jahre lang bis zu Reinhardts Tod dauern sollte.

Luzi Korngold, S. 52


Luzi Korngold berichtet weiter von der nahezu schicksalshaften Verbindung zweier Künstler, die beide ins Exil gehen mußten und auch im Exil weiter eng verbunden blieben, künstlerisch und privat.  

Es ist vor allem Korngold, der immer wieder betont, daß er sein Leben, seine künstlerische Existenz – allen Unstimmigkeiten zum Trotz – Max Reinhardt verdankt; hätte Reinhardt ihn – Korngold- nicht für den „Sommernachtstraum“ - Film als Komponist zur Bedingung gemacht, er – hätte nie eine Verbindung zur Filmindustrie Hollywoods erhalten .

Ergänzend möchte ich hinzufügen, daß Erich Wolfgang Korngold mit seinen für die Filme komponierten Musiken mehrere Haushalte – neben seinem eigenen vierköpfigen - finanziell unterstützte: seine Eltern, Julius und Sophie Korngold, die angeheirateten Familienmitglieder Witrowsky (sofern  sie flüchten konnten) u. auch die Reinhardts.

 Diese künstlerische Verbindung blieb – vor allem in der psychologisch angespannten Situation der Exilzeit nicht ohne Spannungen. Teile dieser spannungsreichen Auseinandersetzungen ist die Tantiemenaufteilung zwischen Korngold als Komponist und Reinhardt als Regisseur; die Umgebung der beiden Kontrahenten mischte kräftig mit. 

 

Rosalinda

28.10.1942

Forty-Fourth Street Theatre

The New Opera Company (Lytle Hull, President, Yolanda Merio-Irion, General Manager Production)


Rosalinda (Die Fledermaus)

An Operetta in Three Acts and Prologue

Music by Johann Strauss

Version Max Reinhardt

Amerikanische Adaptation Gottfried Reinhardt, John Meehann jr.

Lyrics Paul Kerby

Dirigent Erich Wolfgang Korngold

Choreographie Georges Balanchine

Inspizient Felix Brentano(d.i. Felix Weissgeber)

Bühne Oliver Smith

Kostüme Ladislaus Czettel  


Premierenbesetzung


Eisenstein – Ralph Herbert

Adele – Virginia Mc Watters

Rosalinda – Dorothy Sarnoff

Falke – Gene Barry

Frank – Paul West

Orlofksy – Oskar Karlweis

Frosch – Louis Sorin


Anders als in Berlin waren in New York alle Gesangspartien, ausgenommen die des Prinzen Orlofsky, mit Opernsängern besetzt. Für die Premiere mußte die Partie des Eisenstein wegen Erkrankung kurzfristig umbesetzt werden; Ralph Herbert sprang für den erkrankten Ernst Mc Cheney ein. Ralph Herbert, gebürtiger Wiener, Stimmfach Bass-Bariton,  war seit 1940 in New York; sein Stammhaus war die Wiener Volksoper gewesen, bevor er 1940 emigrieren mußte.

Die Partie des Eisenstein, eigentlich Tenor, mußte für die Premiere transponiert werden, Herbert hatte nur wenig Zeit zum Einstudieren; das führte zu einigen Unzulänglichkeiten bei der Premiere, die auch Korngolds musikalischer Impetur nicht abfangen konnte.  Aber die Kritik, das Publikum feierte ihn ebenso wie die übrigen Sänger. Nur die Besetzung des Prinzen Orlofsky mit einem Schauspieler, mit Oskar Karlweis, löste etliche Kritik aus. Man fand ihn charmant, witzig, elegant, aber … ! die Kritiker bemängelten die fehlende gesangliche Gestaltung der Partie; die Fledermaus im Kleide der Rosalinda war keine Unbekannte in New York, wenn sie bis dato auch kein echter Publikumserfolg war .

Die Fledermaus alias Rosalinda nun wieder in ihrer musikalischen Fassung, unter der unübertroffenen Leitung von Korngold, war wie einst in Berlin eine Abend aus Licht, Farbe und moussierender Beweglichkeit.  Und wieder trug Johann Strauss den Sieg davon. Champagner hat‘s verschuldet! – es war der Walzerrausch, der Publikum und Bühne eins werden ließ, so wie es Luzi Korngold für die Berliner Aufführung von 1929 beschrieben hat.

Die Fledermaus trieb nun als Rosalinda auf dem Broadway ihr sehr erfolgreiches "Unwesen" mit 520 Vorstellungen bis zum 16. Januar 1944, zwischenzeitlich mit einer kurzfristigen Übersiedlung in das Imperial Theatre. Die Produktion wurde als „Wunder“ im Unterhaltungsgeschäft gefeiert.  

Der große Erfolg läßt sich – aus der Sicht von heute – auch daran messen, daß der New Yorker Verlag Boosey&Hawkes 1943 einen Klavierauszug  mit Text – „new english Lyrics“ by Ralph Kerby – publizierte, der sich nach dem Erfolg der Rosalinda des entsprechenden Verkaufserfolgs sicher sein konnte.


Nachwort

 

Warum gerade Die Fledermaus? Diese Frage drängt sich unweigerlich auf, denn nach dem Bericht von Luzi Korngold wäre der Vorschlag Die Fledermaus gemeinsam auf die Bühne zu bringen, von Reinhardt ausgegangen und nicht von Korngold, dem großen Strauß-Liebhaber.

Reinhardt  war vom „ maskierten Lachen“ der Offenbach’schen Operetten fasziniert;  es begann mit der Rolle des Merkur, die er als junger Schauspieler – noch nicht einmal zwanzigjährig - auf der Bühne der Pauline Löwe in Rudolfsheim – beim „Schwender“ in Orpheus in der Unterwelt gespielt hatte.


1906 ein erster – und sehr erfolgreicher Versuch eine Operette, Orpheus in der Unterwelt, der Offenbach’schen Mythentravestie mit Schauspielern zu besetzen, ausgenommen die Partie der Eurydike, die von Eva von der Osten gesungen und gespielt wurde. Ein kurzer Blick in das Jahr 1911: Reinhardt wird mit der Sängerin in Dresden, an der Hofoper, erneut zusammenarbeiten anläßlich der Uraufführung des Rosenkavalier ; Eva von der Osten singt den Ocatvian, eine Hosenrolle.

Die Intention – Besetzung mit Schauspielern – war, das operettenhafte – oft auch opernmäßig geprägte Spiel (mit vorgeprägten Gesten,an der Rampe singen) der Sänger auszuschalten, sie zu Sing-Schauspielern zu formen. Das Experiment gelang, es wurde ein voller Erfolg – der Theaterdirektor Max Reinhardt konnte zufrieden sein, täglich hieß es „Ausverkauft“ – und das während der Sommermonate. Zum besseren Verständnis: private Bühnen im Berlin der Kaiserzeit (und bis 1933) mußten für die Finanzierung ihrer Bühnen selbst sorgen, Subventionen gab es nicht; daher mußte auch im Sommer gespielt werden.   

Die Orpheus-Inszenierung ging nach 1918 auf  Gastspielreise durch Europa.

1911 München: als Sommerfestspiel Die schöne Helena; wie beim Orpheus wurde die weibliche Hauptrolle mit einer jungen Sängerin besetzt;  sie hieß Maria Jeritzaund sollte eine der bedeutendsten Sängerinnen ihrer Zeit werden.

Auch die Helena geht auf große Gastspielreisen.

Das Offenbach’sche Oeuvre – etwas plakativ beschrieben als eine Mischung aus homerischen Gelächter, von Bacchanal des Tanzens bestimmter Lebenslust, dem Doppel-Spiel mit  der Maske übte auf Reinhardts seit jeher seine ungebrochene Faszination aus.

Wesentlich daran … Das Offenbach’sche Werk bedingt einen Publikumskontakt, der sich nur durch das zeitgemäße. Aufgefrischte Spiel mit der Aktualität erzielen läßt … 

schreibt Arthur Kahane, Dramaturg bei Reinhardt seit 1905, anläßlich einer Silvesterpremiere von Orpheus in der Unterwelt, 1921/22.

Mit dem Orpheus von 1921 beginnt die Phase der zum Teil sehr intensiven dramaturgischen, textlichen wie musikalischen Eingriffe in das Offenbach’sche Oeuvre.

Das Konzeot von Reinhardt war  seit er begonnen hatte Regie zu führen: Publikumskontakt und der Bezug zur Aktualität. 

1923 schreibt Hugo von Hofmannsthal in seinem Rückblick auf die seit 1903 andauernde künstlerische Verbindung mit Reinhardt:


… er erfaßt mit der tiefsten Seele die fließende Bewegung, die jedem Drama innewohnt, und hat einen genialen Instinkt für die inneren Veränderungen in dieser Bewegung, die man dem Zuschauer fühlbar machen muß, um ihn durch einen rhythmischen Zauber in eine Art Trance zu bringen …

Hugo von Hofmannstahl, Max Reinhardt bei der Arbeit, 1923

In: Reden und Aufsätze 1914-1924, Bd.II, S. 295ff., Fischer Taschenbuchausgabe Bd.2167

Der rhythmischen Zauber von dem Hofmannsthal schreibt, erreicht seinen Höhepunkt mit dem Experiment Die Fledermaus von Johann Strauß. 

Anders als bei den Inszenierungen von Orpheus oder der Schönen Helena hatte Reinhardt in Korngold mehr als nur einen kongenialen „Mitstreiter in Apoll“ gefunden. Der Komponist

Erich Wolfgang Korngold Mitgestalter, er war de facto ein „Mitschöpfer“, „Miterfinder“, der diese Fledermaus zum Erfolg werden ließ. Der Komponist der „Toten Stadt“ griff falls erforderlich spontan aus der Situation heraus musikalisch improvisierend ein. Das hieß im konkreten Fall: musikalische Phrasen, die von den Schauspielern nicht gesungen oder wenigstens auf Tonhöhe gesprochen werden konnten (wurden, auch während der Aufführung – das sogen. blackout, der berühmte „Hänger“) „verloren“ einiges an musikalischer Substanz, wurden von Korngold (gelegentlich aus improvisierend) in das Orchester transponiert oder vom Klavier „abgefangen“. 

Mit Korngold konnte Reinhardt seine Vision einer musikdramatische Inszenierung endlich auf die „Bretter die die Welt bedeuten“ bringen.

Gusti Adler 

… Reinhardt ahnte neue Opernwege. Es hatte ihn seit jeher gelockt Musik dramatisch zu gestalten. Seine Inszenierungen der Uraufführungen von „Rosenkavalier“ und „Bürger als Edelmann“ mit „Ariadne auf Naxos“ waren bahnbrechend gewesen. So wurde er auch auf diesem Gebiet zum Vorläufer einer Erkenntnis, um die gerade heute erneut und erfolgreich gerungen wird; die Musik einer Oper auch auf darstellerischem Wege zu verlebendigen. Er spürte den Absichten des Komponisten nach und gestaltete sie, so wie er es bei den Dramatikern wie Shakespeare und anderen Dichtern gemacht hatte.  …

Gusti Adler, S. 272

In welchem Kontext steht aber nun dieses Experiment Fledermaus in der Berliner Theaterlandschaft 1928/29?     

Die Berliner Vergnügungsindustrie – die Bühnen, die Operetten, Revuen spielten, wurde in diesen End - 20er Jahren vor allem von drei Namen dominiert: Richard Tauber und Franz Lehar sowie Fritz Massary.  

Nach dem Erfolgen von Der Zarewitsch, Paganini wurde die Operette Friederike 1928 – entgegen allen kritischen Anfeindungen( von rechts) - Goethe als Operettenheld! - , (gesungen von Richard Tauber) zu einem Kassenschlager ohnegleichen. O Mädchen mein Mädchen, wie lieb ich dich! … sang und pfiff man in Berlin an allen Ecken, in den Kneipen – es gab kaum einen Ort, an dem man vor diesem Lied sicher war. Die Partie der Friederike sang Käthe Dorsch, die nach anfänglichen Erfolgen als Sängerin später ins Schauspielfach wechselte.

Und am 28. Dezember 1928 folgte der nächste Theatercoup: Franz Lehar hatte für Fritzi Massary  und auf ihren Wunsch der  Lustigen Witwe  eine veränderte musikalische und teilweise auch dramaturgische Form gegeben.

Nun tanzte die Hanna Glawari von 1905 als Hanna Glawarios zu Lippen schweigen, s’flüstern Geigen …  mehr als erfolgreich über die Bretter des Metropol-Theaters und anschließend im Theater des Westens.

Die Lehar’sche Bearbeitung betraf den Text wie auch die musikalische Substanz. Es würde in diesem Zusammenhang zu weit führen, wollte ich Details auflisten; nur so viel: Melodien wurden an andere Partien, neu getextet, mit neuen Melodien unterlegt, viele davon an andere Partien verteilt sowie ins Orchester verlegt.

Die Staatsoper Unter den Linden, die Städtische Oper spielten Die Fledermaus. Die Lindenoper als Repertoirevorstellungen, mit zumeist hochkarätiger Besetzung., u.a. mit Richard Tauber(Eisenstein) und Vera Schwarz (Rosalnda); wie unvergleichlich und unübertroffen das Zusammenspiel dieser beiden Sänger gewesen sein muß, kann man noch heute mit dem Uhrenduett „Dieser Anstand, so manierlich, …“, in einer Aufnahme von 1928 nachhören.( Vera Schwarz singt – wie angenehm ohne „ungárischen Ákzent und Richard Tauber singt die hohen Töne der Partie voll aus ).

Die Fledermaus hatte 1926 Premiere, Fritzi Massary hatte die Partie der Adele übernommen.

Die Dialogtexte hatten – seit der Uraufführung der Fledermaus 1874 längst Patina angesetzt, waren vielfach geändert worden, überwuchert von Extempores etc. und nur die Gesangstexte waren unangetastet geblieben.

Zudem galten – so ganz im allgemeinen Operetten als veraltet, unzeitgemäß; die aktuelle Form war die Revue, oder die Revue-Operette, wie sie z,B. Marcellus Schiffer und Mischa Spoliansky für die beiden Theater am Kurfürstendamm (Direktor: Max Reinhardt) geschaffen hatte. 

Die Annahme drängt sich auf, daß der Auftrag zur textlichen Neugestaltung durch Rössler/Schiffer, von einem ähnlichen Konzept ausging. Das Resultat war, da die Gesangstexte unangetastet blieben, etwas zwiespältig.

Die etwas flapsig-lässige Diktion der 20er Jahre – nicht berlinisch, nicht wienerisch – steht in starkem Kontrast zu den Originaltexten der Gesangspartien. 

Operettendialoge erheben keinen Anspruch auf literarischen Höhenflug, sie stellen „Scharniere“ dar, leiten von einer Musiknummer zur anderen über. Aber gerade bei der Fledermaus finden sich in den Dialogen die – in Wien üblichen und gern gebrauchten – Wortspiele, doppeldeutige Begriffsverwendung durch unterschiedliche Betonungen usw.

Diese sprachlichen Nuancen, oft mit ironischem Unterton gesprochen., waren mehr als nur Textnuance: sie bildeten den Boden zur (komplizenhaften) Verbindung zwischen Bühne und Publikum. In der neuen Textfassung der Dialoge in dem von den beiden Bearbeitern gewählten Pseudo-wienerisch ging diese spielerische Möglichkeit verloren.

Ein Beispiel muß genügen: 1. Akt, Alfred singt sein Ständchen;  Adele will – weil er sie stört - den ihr lästigen Sänger Alfred vertreiben und repliziert auf seine gesungenen Phrasen zuletzt sehr aufgebracht:

Verlassen Sie den Garten, sonst wird man einen ganz anderen Ténor mit Ihnen singen…“

Und als das Ständchen endet:

Er verschwindet samt seinem Tenór. !“

Zusammenfassend ergibt diese neue Textfassung, die dramaturgischen Umstellungen, die  musikalische Bearbeitung in der inszenatorischen Gestaltung durch Reinhardt,  eine neue Form – nicht mehr Operette, aber auch nicht Revue. War diese Fledermaus  zur  Revue-Operette – zu einer Operetten-Revue mutiert, oder wie Marcel Prawy anmerkt: eine  Vorform, der Prototyp des späteren Musical?

Das Publikum nahm diese neue Fledermaus begeistert an, nicht so die Kritik, die nicht ganz so begeistert reagierte. Auch Künstlerkollegen, vor allem Musiker waren anderer Meinung:

Ein Dirigent erinnert sich: Kurt Sanderling (1912- 2011), der als junger Mann in einer Vorstellung der „Fledermaus“ war und seinem Assistenten Emile Kraemer davon erzählte. Er besuchte eine Repertoireaufführung.


... Reinhardt nahm als Regisseur kaum Rücksicht auf die besonderen Anforderungen der Musik … Dadurch war Korngold gezwungen, den Ton und die Instrumenteneinsätze "einschweben“ zu lassen. … [waren] die Einsätze gegeben, brachte er erst das Orchester zum vom vollen Klang  um die Stimmen zu tragen. …

 

Kurt Sanderling, Andere machten Geschichte, ich machte Musik. Berlin 2002, S.37


Erich Wolfgang Korngold, seit jeher ein großer „Straußianer“ besaß das Einverständnis von Adele Strauß. Adele Strauß erhob keinen Einspruch gegen die Umgestaltung des Werkes; sie wohnte der Generalprobe bei und war mit allem einverstanden.

 

Die Fledermaus ist um mit Marcel Prawy zu sprechen für jeden Regisseur eine Herausforderung; so manche Inszenierung kann als dem Werk und dem Zeitgeist kongruent genannt werden,andere wieder schonten nicht – frei nach Goethe  Prospekte nicht und nicht Maschinen, aber es wurde daraus keine Fledermaus. Das Geheimnis der Fledermaus ist ihre musikalische Lebendigkeit; Korngold als kongenialer nachschöpferischer Dirigent hat sowohl  in Berlin wie auch in New York als Rosalinda das Werk von Johann Strauß temperamentvoll, lebendig, spritzig wie moussierender Champagner einem begeisterten Publikum zu Gehör gebracht. Und er hat auch musikalische Spiel mit der Maske, die Doppelbödigkeit, das Ianusköpfige der Musik der Fledermaus hören lassen – Glücklich ist, wer vergißt…und Brüderlein und Schwesterlein … wenn wir morgen noch dran denken . …    


 

 

 Seite in Arbeit