Klavier spielen -Liebeserklärung an ein Instrument

Aus Dagmar Saval Wünsche

Version vom 13. März 2024, 11:47 Uhr von Dagmarsaval (Diskussion | Beiträge)

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Wie oft, wenn Deine schlanken Finger springen
Über das Holz, beglückt durch ihr Berühren,
Daß wunderbare Weisen ihm entklingen,
Die wohllautvoll mein Ohr und Herz verführen,
Beneid ich diese Tasten, wie sie nippen
Glückseligkeit, von Deiner Hand gespendet,
Derweil errötend meine armen Lippen
I h r Anrecht sehn an kühnes Holz verschwendet.
Gern würden sie um solche Wonne tauschen
Mit jeder Taste, die sich tanzend bückt:
Wenn lieber Deiner Hand melodisch Rauschen
Das tote Holz als meinen Mund beglückt.
Doch wenn das freche Holz geküßt sein muß;
Reich ihm die Hand, die Lippe m i r  zum Kuß! 1)


Wer war wohl die zauberhafte Schöne, die William Shakespeare so genußvoll beim Spielen beobachtet, den zarten Klängen des Virginals hingegeben lauscht ?. In diesem Sonett versucht er seine Empfindungen, Sehnsüchte  einzufangen, sie auszusprechen, in der Hoffnung für die Mühe des Zuhörens wenigstens eine Kuss als Lohn zu erhaschen?  – Wer Shakepeares Dichtungen liebt und kennt, weiß, daß Musik ein unverwechselbarer , gestalterischer Teil seines Werkes ist. Doch ich frage mich, hat er  Musik geliebt,  oder war es allein der Theaterpraktiker, der Bühnenmensch,  der wußte – ohne Musik geht’s nun mal nicht . Wenn er süchtig war nach Musik, drückt das Sonett seine magische Faszination aus oder liegt hier nicht vielleicht ein Fall von produktiver Verwechslung  vor mit seinem Objekt der Begierde, der Spielerin,  ? – Wie auch immer, klinisch nüchtern seziert: ein erster Fall von Tastenseuche.

Das arpicembalo che fà il piano e forte von Bartolomeo Cristofori  löst fast ein Erdbeben in der Spielmanier und Spielkultur aus, animiert die spielenden Komponisten neue Wege der  musikalischen Erfindung zu suchen, zu gehen. Töne sielen nun untereinander zwischen leise- piano und forte – laut in allen Abstufungen, Herausforderung auch für den Instrumentenmacher nach mehr technischen Möglichkeiten einer Verbesserung der Tongebung, der Spielmöglichkeiten zu suchen, sie anzubieten. Instrumentenbauer und Musiker spielen sich die Bälle gegenseitig zu.

Ein Jahrhundert später. Ich blättere in einer Anthologie  von Gedichten aus dem 18.Jahrhundert. Da fällt mein Blick auf ein Gedicht: An Laura von Friedrich Schiller

An Laura
 
Wenn dein Finger durch die Saiten meistert –
Laura, itzt zur Statue entgeistert,
Zauberin! Mit Tönen, wie
Mich mit Blicken, zwingst du sie.
Seelenvolle Harmonien wimmeln,
ein wollüstig Ungetüm,
Aus den Saiten, wie aus ihren Himmeln
Neugeborne Seraphim;
Wie, des Chaos Riesenarm entronnen,
Aufgejagt vom Schöpfungssturm, die Sonnen
Funkelnd fuhren aus der Nacht,
Strömt der Töne Zaubermacht.

Friedrich Schiller dichtet in vielen Strophen ein klavierspielendes Mädchen, vielleicht auch eine klavierspielende Dame an, setzt ihr ein liebendes Denkmal mit nicht nur einem Gedicht. Wer diese angebetete Laura war, wir wissen über sie genau so wenig wie über die bewunderte Schöne in  Shakespeares Sonett. Beide Gedichte erzählen von der Faszination die Klavierspielen auf den Hörer wie den Spieler gleichermaßen ausübt.

Die Gedichte „An Laura“ entstanden vor dem Erstlingswerk „Die Räuber“, die 1782 in Mannheim uraufgeführt wurden; 1782 ein Schicksalsjahr in Schillers Leben. Der junge Dichter und sein Freund, der Musikus Johann Andreas Streicher wollten unbedingt bei der Uraufführung anwesend sein, gegen das ausdrückliche Verbot des Herzogs von Württemberg, ihres Souverän. Sie reisten heimlich nach Mannheim, aber nichts ist so geheim, daß es nicht doch ans Licht kommt, und diese Insubordination blieb nicht folgenlos. Vor der drohenden Festungshaft und anderen peinlichen Bestrafungen flohen die  beiden aus Stuttgart nach Mannheim.  Hier trennten sich ihre Wege: Schiller verschlägt es nach Weimar, Johann Andreas Streicher zieht auf dem Umweg über Augsburg, wo er heiratet, nach Wien.

Wien ist um diese Zeit das Zentrum des Klavierbaus;  nach und nach werden mehr als 200   Klaviermanufakturen in der Residenzstadt des Habsburgerreiches ihre hochwertigen Produkte anbieten. Die Manufaktur Johann Andreas Streicher/ Nanette Stein war um 1800 eine der wichtigsten Manufakturen. Besonders bemerkenswert für diese Zeit: nicht ein Mann leitete die Manufaktur und baute die Instrumente, sondern es war eine Frau, Nanette Streicher, Komponistin und Pianistin. Ihr Mann, Johann Andreas Streicher, der Freund von Friedrich Schiller war ihr Associé, auch er Komponist und Pianist. Es konnte nicht ausbleiben, schon wegen der hochwertigen Instrumente, die beide fertigten, daß sie die Aufmerksamkeit von Ludwig van Beethoven auf sich zogen, und in seinen letzten Lebensjahren zu seinem engsten Kreis gehörten.

Um 1800 ist das Klavier ist immer noch ein Instrument des Salons, der Aristokratie, doch die ersten Anzeichen der Veränderung seines gesellschaftlichen Stellenwerts  und Nutzwerts zeichnen sich ab, nehmen zu. Zunächst einmal läßt es sich scheinbar harmlos an, immer mehr Frauen und Mädchen sitzen stundenlang hinter dem Instrument und spielen, singen … Doch dahinter steckt mehr. Die Begründung für diese unsägliche Klavierdressur der Frauen und Mädchen ist vielschichtig: Rigide Sittlichkeitsregeln für Mädchen und Frauen greifen in alle ihre Lebensbereiche ein, und dazu gehört auch das Musizieren. Klavierspielen ist erlaubt, denn die Haltung an dem Instrument entspricht den männlichen Visionen von Sittlichkeit für ihr Eigentum, sei es nun die Tochter, die Ehefrau oder sonst eine weibliche Verwandte.   Am Klavier sitzt man mit geschlossenen Beinen, den Rock züchtig über die Füße gelegt. Ein anderes Instrument wie etwa die Geige oder das Violoncello kam schon wegen der dafür nötigen Körperhaltung erst gar nicht in die engere Auswahl. Also sperrte man die Mädchen vor dem Klavier förmlichein, wie in „Einzelhaft“ (Grete Wehmeyer).

Zunächst einmal wurde dies so begründet: Wenn sie das Instrument traktierten, kamen sie wenigstens nicht auf „dumme“ Gedanken, vergeudeten nicht ihre Zeit, sondern nutzten sie – immer aus der Sicht des pater familias sinnvoll. Klavierspielende weibliche Familienmitglieder  waren zudem „leichter unter die Haube“ zu bringen.

Lernen für einen Beruf, eine Ausbildung durchlaufen, in dem von uns heute verstandenen Sinn des Wortes, war ihnen versagt; eine Frau, die mehr wußte als es gesellschaftlich üblich war  – Motto: Küche, Kind und Kirche,  galt als Blaustrumpf, als non misfits – war als Ehefrau, als Mutter der Kinder, vor allem des Stammhalters völlig ungeeignet. Die männlich dominierte Gesellschaft bestimmte es so und wehe dem armen Mädchen, das ausbrechen wollte! Tat sie es dennoch, weil sie z.B. einen künstlerischen Beruf ergreifen wollte, dann war ihr die gesellschaftliche Ausgrenzung sicher. Die wenigen Frauen, die es trotzdem zu Ruhm und Anerkennung gebracht hatten, bezahlten in der Regel einen sehr hohen Preis. …

Der Durchschnitt, "Lieschen Müller", mußte als „Heiratsgut“ sticken, häkeln, stricken,  kochen lernen – und Klavier spielen. Das galt als weibliche Tugend, war gleichzusetzen mit der materiellen Mitgift.

Die  daraus entstehende „Klavierseuche“ ging auch auf das Konto ehrgeiziger Mütter, die nichts unversucht ließen um die Tochter möglichst rasch an den „Mann zu bringen“, unter die Haube, sie versorgt zu wissen. Eine junge Frau im 19.Jh., die mit zwanzig noch nicht verheiratet war, galt als unanbringbar mit grausamen Folgen.  Sie wurde als „alte Jungfer“ eingestuft,  mußte sich den Lebensunterhalt mühsam verdienen, oft gesellschaftlich heruntergestuft, geduldet als klavierspielende arme Verwandte, als Gouvernante oder als Klavierlehrerin, immer bedroht sich auf der Straße wiederzufinden.

Das Klavier  wurde zum Prestigeobjekt, zum Vorzeigemöbel des gehobenen Bürgerstandes, zeigte, daß man es „zu etwas gebracht hatte“. Diese unselige Allianz dauerte bis weit in das 20.Jahrhundert.

Für die Klavierbauer brachen goldene Zeiten an, sie machten damit gute Geschäfte; in jedem bürgerlichen Haushalt mußte ab sofort ein Möbel namens Klavier stehen.

Das Instrument zur „Verführung“ potentieller Heiratskandidaten mußte natürlich ein Bösendorfer sein! Noch 1905 konnte ein Rezensent zu Bösendorfers 70. Geburtstag und dem 50-jährigen Firmenjubiläum frisch und fröhlich reimen:


                                           Ludwig Bösendorfer als Ehrenretter des Klaviers
 ''Über weiße Tasten   gleitet
Eine weiche Frauenhand,
In ihr glanzerfülltes Auge
Blickt ein Jüngling unverwandt.
 
Und sie gießen in das Tonmeer
Liebestrunkenen Choral,
Dabei treten ihre Füße
Hübsch gemeinsam das Pedal.
 
Nebenan spielt Liszt, Beethoven
Ein gepriesner Virtuos,
Sieht das Kleine nur im Großen,
Und sieht sich den Kleinen groß.
 
Eine höhre Tochter martert
Mitleidslos das Instrument,
Ihre Mutter meint dann selig:
„Nicht wahr, Elsa hat Talent!“
 
Bei der neuzeitigen Folter
Mich nur eines nicht verdrießt
Daß vom alten Bösendorfer
Das Klavier gezimmert ist.
 
Meine ramponierten Nerven
Wärn zersägt, zerfressen schon
Hätte nicht der „Bösendorfer“
Seinen wundervollen Ton.
 
Deshalb ist zu seinem Preise
Höchstes Lob erst groß genug,
Denn sein „Flügel“ hat geschaffen
Des Klavieres „Höhenflug“.2)
 

Da höre ich Busoni protestierend ausrufen:

 '''Man achte das Pianoforte !

 'Seine Nachteile sind offenbar, stark und unwiderruflich. Das Nicht-Halten des Tones, und die unbarmherzige , harte Einteilung in unalterable Halbtöne. Aber seine Vorzüge und Vorrechte sind kleine Wunder.

Ein einzelner Mensch kann hier etwas Vollständiges beherrschen; die Möglichkeit vom Leisesten und Lautesten in einem einzigen Register übertrifft alle anderen Instrumente . … Das Klavier verfügt über die höchsten und die tiefsten anwendbaren Töne. Man achte das Klavier.

Der Zweifler bedenke, wie ein Bach, ein Mozart, ein Beethoven, ein Liszt das Klavier achteten, ihm ihre kostbarsten Gedanken widmeten.

Und das Klavier besitzt etwas, das ihm ganz allein eigen ist, ein unnachahmliches Mittel, eine Photographie des Himmels, eine Strahl des Mondlichtes: das Pedal. Die Wirkungen des Pedals sind noch unerschöpft, weil sie noch immer die Knechte einer engherzigen und unvernünftigen harmonischen Theorie geblieben sind: man geht damit um, als ob man Luft oder Wasser in geometrische Formen bringen wollte. – Beethoven, der unbestreitbar den größten Fortschritt im Klavier vollführte, ahnte die Natur des Pedals und ihm verdanken wir die ersten Freiheiten.- Das Pedal ist verrufen . Sinnlose Ungesetzlichkeiten sind daran Schuld. Man versuche es mit sinnreichen Ungesetzlichkeiten …3)

 Als Ferruccio Busoni diesen Text schrieb, da hatte er dreißig Jahre lang „Bösendorfer“ gespielt; mit seinem „Claviermacher Ludwig Bösendorfer“ verband ihn mehr als nur eine Geschäftsbeziehung.

Ich blicke zurück in das Jahr 1876, 8. Februar : Auf dem Podium des Bösendorfersaals sitzt vor dem Flügel ein Junge in Samtanzug und weißem Kragen. Er spielt mit Verve und Emphase, reißt die Zuhörer zu begeistertem Applaus . Es ist  der knapp 10-jährige Busoni, der als Pianist, er spielt ein Rondo von W.A. Mozart und als Komponist, fünf eigene Kompositionen,   sein Debüt gibt. Er tritt in diesem Konzert als Konzertgeber auf, so der Programmzettel, ein für die damalige Zeit übliches Procedere.

Der erste Brief, ein Dankesbrief, das Deutsch ist noch etwas holprig,  ist  an Céleste und Ludwig Bösendorfer gerichtet:

Triest, datiert vom 18. Februar 1876

       Gnädige Frau! Und Herr Ritter von Bösendorfer, Vor meiner Abreise habe ich die Ehre gehabt den Herr Ritter und Frau Gemahlin zuhause zu treffen. Ich mache mich so frei      Ihnen zu schreiben um meine Dankbarkeit Ihnen zu zeigen für die Güte, daß der Herr  Ritter und die Gnädige Frau für mich gehabt haben.Mein Vater und meine Mutter  lassen Sie empfehlen , und ich verbleibe der Ihnen   gnädige Frau und Herr Ritter               gehorsamer Diener Ferruccio Benvenuto Busoni 

Ich blättere weiter in den Briefen zwischen Busoni und Ludwig Bösendorfer; meistens geht es um Klavierleihe, um den Transport zu einem Konzert –in Zeiten, in denen es nur die Post als Kommunikationsmittel gab - denn bei der Post geht’s nicht so schnell - bedeutete jeder Klaviertransport eine logistische Meisterleistung.

Dann, endlich, finde ich das Credo des Claviermachers Bösendorfer, in einen Brief an Ferruccio Busoni, datiert vom 16.März 1906…

              ''Hochverehrter Meister, Ihr so überaus liebenswürdiger Brief hat mir größte Freude gemacht. Eine so wohlwollende Äußerung und mich schonende Anordnung vonseiten eines so großen Künstlers dem die ganze musikalische Welt Verehrung und      Bewunderung zujubelt, würde mich stolz machen können, wenn nicht der Gedanke    bei mir feststünde, daß der Claviermacher fortgesetzt verbessern muß um dem vorausgeeilten Künstler dienen zu können.'''' Die großen Pianisten habe ich stets als meine Lehrmeister betrachtet.

              Mit Dankschuld im Herzen begrüße ich Sie in Hochachtung und Vertrauen, Ihr treu ergebener Bösendorfer

Diese Credo hat Bösendorfer noch erweitert:

                            … das Klavier darf nicht gequält werden …

Nach Ludwig Bösendorfer ist das Instrument, das Klavier, kein Objekt, es ist Subjekt. Als solches muß  es entsprechend behandelt, gepflegt, gespielt werden.

Nichts konnte ihn mehr irritieren, als ein Instrumentalist, der das Klavier rein technisch behandelte,  mechanisch spielte … und da er auch in der Prüfungskommission des Konservatoriums saß, erlebte er so manches pianistisches Sacrilegium. Was ihm aber besonders gegen den Strich ging, wenn bei Piano oder Pianissimo der Pianist die Verschiebung, das sustenuto-Pedal, einsetzte anstatt tatsächlich piano- pianissimo zu spielen. Das kam seiner Meinung nach einer Mißhandlung des Instruments gleich.

Und dann die jungen Pianisten! unerfahren, von Ängsten aller Art geplagt, besonders von der Prüfungsangst, die waren im „Mißhandeln“ des Instruments besonders erfinderisch.

Eine Episode, die diesen empfindsamen Umgang mit dem Instrument schildert, habe ich im „Fremdenblatt“ vom 11.April 1915 gefunden, der Anlaß des Berichts war der 80. Geburtstags des Claviermachers  Bösendorfer; ich skizziere nach:

              Prüfungstag, Ludwig Bösendorfer saß in der Jury.

              Der Prüfling litt aus Angst unter reichlich schweißnassen Fingern und Händen,  nachdem er seinen Part beendet hatte, zeigte Tastatur sehr sichtbare Spuren dieser nassen Finger.
              Für den nachfolgenden Prüfling mußte die Tastatur in ihren ursprünglichen – also trockenen Zustand  zurückversetzt werden. Auf nassen Tasten tanzen keine Finger!   Dem Saaldiener wird der Auftrag erteilt, die Tasten trocken zu wischen.

              Der  Saaldiener kommt, wischt mit einem Tuch über die Tasten, geht. Da springt Ludwig Bösendorfer auf, geht mit energischen Schritten zum Klavier, zieht aus seiner Hosentasche ein weiches, weißes Tuch … und fängt an – jede einzelne Taste,    ob schwarz oder weiß, wird liebevoll, sanft und behutsam in voller Länge behandelt, so lange bis sie tatsächlich trocken ist. Danach zieht sich Ludwig Bösendorfer beruhigt  und zufrieden wieder auf seinen Juryplatz zurück: das Klavier darf nicht gequält werden.

Nun steht, zur Massenware geworden, das einstmals aristokratische Instrument in den bürgerlichen Wohnungen und dort muß sich seither allerlei gefallen lassen, das reicht von der  Ablage für Mäntel, Bücher, Blumen, Wassergläser , die Liste ist beliebig zu erweitern. Es dient  als „Zimmerzier“, wie Fipps der Affe von Wilhelm Busch meint:  


Mit Recht erscheint uns das Klavier,
Wenn’s schön poliert, als Zimmerzier.
Ob’s außerdem Genuß verschafft.
Bleibt hin und wieder zweifelhaft.
 

Wilhelm Busch reimt „Musik wird störend oft empfunden“ und und Fipps der Affe begründet dies:


 Oft wird es einem sehr verdacht,
Wenn er Geräusch nach Noten macht.
Der Künstler fühlt sich stets gekränkt,
Wenn’s anders kommt , als wie er denkt. 4)


Ich stehe vor einem Imperial, dem Flügel aller Flügel. Auch wenn Wilhelm Busch gerade versucht zu behaupten, das Musik als störend oft empfunden, darum sollte das Klavier besser schweigen. Das ist falsch.

Das Instrument „Klavier“  gibt uns immer Antwort, wenn wir nach Antworten suchen, mit Tönen, egal wie wir es traktieren; ob technisch perfekt, mit jeu perlé, wuchtig mit Akkordpasssagen, mit dem Ellbogen die Tasten vehement niederdrücken - so entsteht ein Cluster -, mit dem Daumen oder auch mit der ganzen Hand über die Saiten gewischt, ergibt ein mehr oder minder klingendes, wohllautendes Glissando, der Spielarten sind ebenso vielfältig wie das Instrument technisch komplex gebaut ist.

Es ist das magische Kultobjekt, es entfaltet jenes Pandämonium,  das nicht nur die großen Pianisten bis heute heraufbeschwören. Der Zauberlehrling, der Pianist und der Komponist braucht seinen Meister, und das ist der Klavierbauer. Er baut dem Zauberlehrling das Handwerkszeug, ganz nach seinen Vorstellungen entsteht „sein magisches Instrument“. Einer dieser großen Baumeister war der „Claviermacher“ Ludwig Bösendorfer.

Dagmar Saval, Wien, im Februar 2019


Anmerkungen

  • 1) William Shakespeare, Sonett 128, S.1595 -1605
  • 2) 'Wiener Caricaturen, 16.April 1905

3)    Ferruccio Busoni, Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst, Wilhelmshaven 2001,

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4)    Wilhelm Busch, Fipps der Affe,Gesamtausgabe, Hamburg 1959, Bd.2, S.331-336